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rezensiert von Walter Sorger
Die Spieler wirtschaften im frühneuzeitlichen Hamburg; sie produzieren Bier, Zucker und Tuch, verkaufen diese Waren gegen Geld, mit dem Geld kaufen sie Holz und Ziegel, aus diesem Baumaterial bauen sie Häuser oder spenden es für den Kirchenbau. Am Spielende, wenn alle Kirchen fertig gestellt sind, werden die Kirchenspenden in Siegpunkte umgesetzt.
Es ist ein mehrstufiger Umschlagsprozess, den die Spieler optimal betreiben müssen. Die Aktionen dazu können sie frei bestimmen. Weitgehend frei: Kreisförmig sind alle möglichen Aktionen in einem Rondell auf dem Spielfeld angeordnet, insgesamt acht an der Zahl. Jeder Spieler besitzt einen Pöppel den er in dem Rondell eine beliebige Anzahl Kreissektoren vorwärts bewegt und auf einer gewünschten Aktion abstellt. Es wird nicht gewürfelt, andere Spieler, die bereits auf der gleichen Aktion stehen, stören nicht, die Aktionsauswahl enthält keinerlei Konkurrenzelement. Es gibt nur zwei kleine Einschränkungen zu beachten: Man muss seinen Pöppel mindestens um ein Feld bewegen, d.h. man darf nicht zweimal hintereinander die gleiche Aktion ausführen (wozu in der Regel auch keinerlei Anlass besteht) und man darf kostenfrei nur maximal drei Sektorenfelder vorwärtsgehen, für jedes weitere Feld muss man Siegpunkte bezahlen.
In der nachfolgenden Skizze sind die inneren Zusammenhänge der Spielzüge von "Hamburgum" dargestellt. Rot sind die Aktionen, die ein Spieler wählen kann, grün ist das Besitztum, das er in seiner Aktion hergeben muss oder erwirbt, und blau sind Unterstützungsobjekte, die ein Spieler erwirbt, um in seinen weiteren Aktionen mehr Umsatz und höhere Erträge zu erhalten. Diese blauen Objekte werfen bei der Spendenauswertung am Spielende auch zusätzliche Siegpunkte ab.
In den Spielablauf sind ein paar dynamische Effekte eingebaut, die auf den Umsatz der einzelnen Aktionen einwirken: Der Ertrag für die Waren Bier, Tuch und Zucker wird immer geringer, die Schiffe veraltern und können immer weniger Waren transportieren, der direkte Geldertrag, den man beim Erwerb von Ratsherren kassiert, steigt von Mal zu mal und die direkten Siegpunkte, die man für die fünfte Spende einer Kirche erhält, fällt konstant herab.
Das Spiel benötigt keinerlei Einschwingvorlauf, es geht sofort los; schon mit seiner Startausstattung besitzt jeder Spieler von allen Spielelementen genügend Substanz um bei der Produktion, beim Geldmachen, ja sogar bei den Kirchenspenden einzusteigen. Ob man schnell erst noch ein paar Waren produziert, bevor man sie im Kontor verkauft oder ob man sofort ins Kontor begibt um sein Tuch zu verscherbeln, oder ob man unverzüglich auf die Effizienz steigernden Berufsgruppen losgeht, unterliegt dem Temperament des Spielers. Alles ist möglich, vieles ist erfolgreich.
Das absolut berechenbare Spiel enthält keinerlei Zufallselement, alles ist der Planung und dem Geschick des Spielers überlassen. Ist damit schon ein "strategisches" Spiel geboren? Ja und nein. Nach Wikipedia ist eine "Strategie" ist ein längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben einer vorteilhaften Lage. Genau darin bestehen die guten Züge in "Hamburgum". Doch im griechischen Ursprung des Wortes "Strategen" liegt auch Krieg, Heerführung und Kampf. Davon enthält "Hamburgum" nahezu gar nichts. Die Aktionen der Mitspieler laufen parallel nebenher, sie haben fast keinerlei Auswirkungen auf meine eigenen Züge, ich brauche sie nicht zu beachten und - das ist der negative Effekt dieser Gleichgültigkeit - sie erzeugen in mir keine Spannung, ich warte nur darauf, dass sie endlich fertig sind und ich selber wieder an der Reihe bin.
Wer ein schönes, konstruktive Wirtschaftsspiel liebt, wer sich freut, seine Zuckerfabrik mit Zuckersiedern florierender zu machen, wem ein gleichmäßiger Warenerlös behagt und wer mit Lust seine Spendenquittungen für den Mariendom in Empfang nimmt, der ist mit "Hamburgum" sehr gut bedient. Das Spielmaterial ist ausgezeichnet, Karten und Spielhilfen sind extrem stabil hergestellt; Ziegel und Holz sind wunderschön geformt, und für die Fertigstellung einer Kirche gibt es eigens kleine Metall-Glöckchen mit Klöppeln. Die Mühe des Verlags, Qualität auf den Markt zu bringen, zeigt sich an allen Ecken und Enden.
Kriegerseelen müssen sich halt ein anderes Betätigungsfeld suchen. Der dreißigjährige Krieg ist in "Hamburgum" gerade zu Ende gegangen und die Menschen finden genug Lebensinhalt darin, sich mit emsiger Produktion und geschäftigem Umsatz den Himmel zu verdienen.
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