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von Günther Rosenbaum
Seit dem Hype über "Siedler von Catan" war es klar: Jedes größere Spiel braucht irgendwann einmal eine Seefahrererweiterung! Auch bei Dominion gibt es daher seit Essen 2009 die "Seaside Erweiterung"; diesmal handelt es sich tatsächlich um eine Erweiterung, denn man benötigt die Punkte- und Geldkarten aus einem der ersten beiden Spiele, um die Erweiterung nutzen zu können.
In diesem 4-ten Teil möchte ich daher einige wenige Karten von Seaside etwas genauer betrachten. Es wird in Seaside ein neuer Aktionskartentyp eingeführt: "Dauer-Karten", welche ihre Wirksamkeit über mehr als nur einen Zug erstrecken.
Zuallererst betrachten wird den Taktiker (Dauer-Karte). Beim Ausspielen des Taktikers(Aktionsphase) muss man alle übrigen Karten abschmeißen; zur Belohnung erhält man zu Beginn des nächsten Zuges : + 5 Karten, + 1 Aktion, + 1 Kauf.
Man kann also gewissermaßen anschließend einen Doppelzug durchführen, bei welchen man 10 Karten auf der Hand hält.
Geld-Taktiker(1)-Strategie |
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Simulationen mit mehreren Taktikern zeigen, dass der Kauf von nur genau einem Taktiker wohl die besten Ergebnisse erzielt.
Analysieren wir also die Geld-Taktiker(1)-Strategie für 5 und 4 Provinzen im Solospiel nun detailierter:
Diese Strategie ist also etwas besser als die reine Geldstrategie, da man den "Verschnitt" beim Kaufen von Karten mit dem Taktiker etwas ausgleichen kann. Verbessern kann man diese Strategie noch, indem man gegen Ende des Spieles auch mit dem Taktiker nur noch Siegpunkte kauft.
Da man mit dem Taktiker ja 10 Karten auf der Hand hält, so liegt es vielleicht nahe, ihn mit 2 Schatzkarten zu kombinieren: Hat man 2 Schatzkarten auf der Hand, so muss man sie entsorgen und darf sich dann 4 Goldkarten oben auf den Nachziehstapel legen!
Geld-Taktiker(1)-Schatzkarte(2)-Strategie |
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Die Feinanalysen ergeben dann:
Durch die Schatzkarten wird die Taktikerstrategie noch einmal verbessert. Allerdings wird die Varianz der Rundenanzahl jetzt recht hoch, d.h. die Kurve der kummulierten Wahrscheinlichkeiten ist um den Mittelwert herum recht flach!
Manchmal hat man also schon recht früh im Spiel beide Schatzkarten gleichzeitig auf der Hand - dann ist die Strategie recht stark. Allerdings kann man dies hier nicht selbst beeinflussen - man ist auf den Zufall angewiesen!
Lassen wir nun unsere beiden neuen Strategien im 2-Personenspiel gegen unsere bekannten Strategien aus den früheren Artikeln antreten:
So wirklich überzeugend sind beide Strategien nicht; insbesondere die hohe zufällige Komponente bei den Schatzkarten mag den echten Strategen wenig überzeugen!
Im Dominion-Blog wird darauf hingewiesen, dass möglicherweise die Schatzkarten in Kombination mit dem Lagerhaus (+1 Aktion, + 3 Karten, 3 Karten abwerfen) recht stark seien. Ich habe das noch nicht getestet, aber es hört sich ganz gut an. Zu bedenken ist allerdings, dass jede Nutzung des Lagerhauses die Anzahl der Karten auf der Hand um 1 reduziert.
In Seaside sind insgesamt 5 Angriffskarten enthalten. Eine davon ist das Piratenschiff, welches Geldkarten der Mitspieler entsorgt und gleichzeitig virtuelles Geld im eigenen Piratenschiff sammelt.
Piratenschiff(X)mit Geldgrenze(Y)-Strategie |
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Ich variiere nun die Parameter X und Y in einem Solitärspiel, bei dem ich davon ausgehe, dass die Piratenangriffe immer erfolgreich sind; außerdem ignoriere ich hierbei natürlich, dass die Mitspieler durch den Angriff negativ beeinflusst werden.
Man erkennt hier sofort, dass als Geldgrenze(Y) 8 gewählt werden sollte und man 4 bis 5 Piratenschiffe benötigt, um ein im Mittel möglichst kurzes Spiel zu erreichen!
Ich werde nun das Piratenschiff im 2-Personenspiel auch noch gegen einige andere Strategien antreten lassen. Das Ergebnis ist allerdings mit etwas Vorsicht zu genießen, da die anderen Strategien nicht auf den Angriff reagieren können, denn sie wurden ja ohne Berücksichtigung aller Arten von Interaktion definiert! Man beachte aber, dass Piratenangriffe in frühen Phasen häufig auch hilfreich sind, denn sie entsorgen ja zu Spielbeginn Kupfer, welches manchmal sowieso lästig ist!
Das Ergebnis sieht etwas enttäuschend aus!
Nur gegenüber der reinen Geldstrategie ist der Pirat klar überlegen. Zusätzlich scheint sogar die Taktiker(1)-Schatzkarte(2) Strategie vom Piraten am wenigsten gestört zu werden, denn sie ist hier unter den betrachteten Strategien der stärkste Gegner für den Piraten! Allerdings ist der Pirat in etwa gleichstark wie die bisher im 2-Personenspiel starke Kapelle-Labor3 Strategie.
Dass die Angriffsfunktion des Piraten notwendig ist und die reine "Münzsammlung im Piratenschiff" ohne Entsorgen von gegnerischen Karten zu schwach ist, sieht man in der folgenden Simulation:
Wir modifizieren den Piraten in der Form, dass er keine gegnerische Karte entsorgt, sondern immer beide Karten abwirft (friedlicher Pirat)!
Wie man sieht, ist der friedliche Pirat im 2-Personenspiel im allgemeinen schwächer als der normale Pirat. Zwei Dinge sind allerdings zu beobachten:
Erstens ist Kapelle-Labor3 jetzt wieder sehr stark - sie wurde durch das Entsorgen von Geldkarten wohl sehr stark gestört. Zweitens sieht man den erstaunlichen Effekt, dass TaktikerSchatzkarte2 beim friedlichen Piraten schwächer wird - diese Strategie hatte durch den agressiven Piraten tatsächlich profitiert!
Möglicherweise kann man daraus schließen, dass sich der Taktiker auch ganz gut mit einer Kapelle kombinieren läßt!? Probiert es mal aus!
An diesem Beispiel sieht man also sehr schön, wie sich die Strategien der Mitspieler durch Interaktionskarten sowohl positiv als auch negativ beeinflussen können!
Verlassen wir den friedlichen Piraten nun wieder und betrachten stattdessen einen "fluchenden Piraten": Der fluchende Pirat entsorgt , wie der friedliche Pirat, im Erfolgsfalle keine gegnerische Karte, sondern schiebt dem Gegner eine Fluchkarte unter (die Kapellen entsorgen natürlich auch Flüche).
Ups!! Der fluchende Pirat ist extrem stark - nur Kapelle-Labor3 kann ihm noch standhalten!
Wir sehen:
Das Piratenschiff aus Seaside ist gut ausgewogen; ohne Angriffsfunktion wäre es wohl etwas zu schwach und bei einer stärkeren Angriffsfunktion, wie dem Fluch, wäre es eigentlich zu stark!
Als Abschluss hier noch eine vergleichende Grafik der Strategien im Solospiel; zu beachten ist, dass die Angriffsfunktion des Piratenschiffs hier nicht berücksichtigt werden kann!
Diese Grafik sollte jedem wieder vor Augen führen, dass alle Aussagen über Strategien hier nur dann gelten, wenn man eine größere Anzahl von Spielen auswertet!
Die Aussage, eine Strategie ist besser als die andere, bedeutet immer nur: Im Laufe von vielen Spielen wird man häufiger mit der einen Strategie gewinnen als mit der anderen. Im Einzelfall kann die langfristig schlechtere Strategie durchaus auch große Siege gegen die bessere Strategie erringen! Die Taktiker-Schatzkarte2 kann manchmal in 14 Runden schon 5 Provinzen besitzen - manchmal hat sie diese nach 24 Runden aber immer noch nicht gesammelt (und irgendjemand anderes hat das Spiel bis dahin schon längst beendet...).
Hiermit endet der vierte Teil meiner Analysen. Ich hoffe, dass sich keine (großen) Fehler eingeschlichen haben und ihr meine Ergebnisse im realen Spiel auch bestätigen könnt.
Die vorgeschlagenen Strategien sind alle recht einfach gehalten; ich habe natürlich verschiedene Modifikationen ausprobiert, allerdings ist nie ausgeschlossen, dass man z.B. das Piratenschiff und auch die anderen Strategien durch geschicktere Anwendung noch verbessern kann. Versucht es mal!
Euch allen wünsche ich weiterhin viel Spaß mit Dominion und allen zukünftigen Erweiterungen!
Günther Rosenbaum, 31.10.09
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