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Autor Maximilian Thiel
Verlag Eggert-Spiele
erschienen 2009
Spielerzahl 3-5
Spieldauer 90 Minuten
Wertung red starred starred starred starred starred starred starred stargray stargray star

Macht$piele

rezensiert von Aaron Haag

Wie definiert man eigentlich Macht? Das kommt sicherlich auf den jeweiligen Kontext an und wenn wir ins die Machtverhältnisse in einem Unternehmen anschauen, werden diese bestimmt durch Einfluss, Erfahrung, Privilegien und Anteile an der Firma. Mehr von jeder einzelnen dieser Komponenten bedeutet mehr Macht im Unternehmen.

"Bauldric & Friends" ist eine Gruppe von Spielentwicklern am Starnberger See rund um Maximilian Thiel, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, ein spannendes Spiel rund um den Machtkampf in einem Unternehmen zu entwickeln. Wer die meiste Macht im Unternehmen hat, gewinnt das Spiel. Hierzu bildeten sie die klassischen Organisationsstrukturen einer Firma nach: es gibt den Boss und den Vorstand und darunter die sechs Unternehmensbereiche Entwicklung, Personal, Kommunikation, Buchhaltung, Rechte & Patente und das Controlling mit deren jeweiligen Leitern und darunter die zugehörigen Abteilungen und Hauptabteilungen mit Führungskräften und Mitarbeitern.

Während die Anteile an einer Firma noch einfach als für Geld erwerbbare Aktienpakete abbildbar sind, brauchte es bei den drei anderen Machtelementen noch etwas Feintuning, um sie als Spielelemente nutzen zu können. So definiert sich Einfluss darüber, wie viele Positionen ein Spieler im Vorstand, einschließlich des Vorsitzenden (Boss) hält - sicherlich eine starke Vereinfachung, denn jeder weiß, dass auch die Anzahl der Organisationen, die man leitet, eine nicht zu vernachlässigende Komponente der Macht im Unternehmen darstellt. Konsequenterweise gibt es daher als zusätzliche Machtausprägung noch die Anzahl der "Hauptabteilungen", die von eigenen Führungskräften geleitet werden. Dass Macht im Unternehmen nicht immer unblutig gewonnen wird, hat sich ebenfalls niedergeschlagen, denn pikanterweise lässt sich Einfluss auch dadurch gewinnen, dass man eigene Mitarbeiter entlässt. Eine zumindest in Großunternehmen durchaus realitätsnahe Möglichkeit der eigenen Profilierung mittels kostenreduzierender Restrukturierungsmaßnahmen.

Erfahrung wird in der Regel in Form von externen Beratern in die Firma eingekauft. Und wie im richtigen Leben sind diese Kollegen auch im Spiel richtig teuer. Daher gibt es eine auf den ersten Blick weniger kostspielige Möglichkeit Erfahrung zu sammeln. Denn als Bereichsleiter gewinnt man natürlich im Laufe der Zeit selber Management relevante Erfahrung, und was liegt da näher, als aus dieser gewonnenen Erfahrung zusätzlich Profit zu schlagen und bei einem Beratungsunternehmen anzuheuern und dem ehemaligen Unternehmen die eigene Erfahrung als externe Berater wieder teuer zu verkaufen. Klingt komisch, soll aber auch in der Realität so vorgekommen... Für den der Firmenloyalität stärker verbundenen Spieler gibt es alternativ die Möglichkeit mit seinem Bereichsleiter in der Vorstand einzuziehen und dadurch Einfluss zu gewinnen. Und wie im wirklichen Leben verlieren in beiden Fällen die eigenen Abteilungen im nun kopflosen Bereich ihren Seilschaftsführer und werden aufgelöst und die Mitarbeiter entlassen.

Kommen wir zur letzten Machtkomponente, den Privilegien. Jeder Bereichsleiter bekommt die Privilegien seines Bereichs, die ihm besondere Fähigkeiten und Zusatzaktionen bieten. Als ein Aufbauspiel, das sich an der Realität in Unternehmen stark anlehnt und darauf bedacht ist, auch die Schattenseiten der Macht mit einzubeziehen, legt "Macht$piele" hier der Schwerpunkt auf die …(hüstel)… heute nicht mehr geübte Praxis der …(hüstel)… internen Korruption. Durch aktive Bestechung erlangt man die Privilegien derjenigen Bereiche, die man nicht selber führt indem man einem anderen Bereichsleiter verdeckt Geld bietet, damit ihm dieser seine Privilegien abtritt. Um dem Ganzen noch eins drauf zu setzen, gewährt einem der glücklich Bestochene seine Privilegien in einer verstärkten Version - da wäre es doch gelacht, wenn nicht von jedem Spieler gerne und oft bestochen würde. Verschärfend kommt noch hinzu, dass wer dem schnöden Mammon abspricht und eine Bestechung ablehnt, gleich selber einen Mitarbeiter verliert - offenbar lieben Mitarbeiter korrupte Chef Chefs mit vielen Privilegien... Und als ob dies noch nicht genug wäre sind nicht etwas Privilegien für den Spielsieg entscheidend, sondern die Korruptionsversuche bzw. deren Annahme. Böse, böse…

Der Kampf um den Sieg beginnt dabei leicht asymmetrisch, denn jedem Spieler wird gleich zu Beginn ein "Erzfeind" zugelost und es gilt, statt der normalerweise vier in nur drei zufällig gezogenen Disziplinen (wir erinnern uns: Einfluss, Aktien, Hauptabteilungen, Korruption und Erfahrung) die Siegbedingung vor diesem zu erreichen, um den Sieg in der Tasche zu haben.

Jede Spielrunde besteht aus einer variablen Anzahl von Spieleraktionen. Vier- bis siebenmal darf jeder Spieler eine Aktion durchführen, bevor es zu einer neuen Vorstandssitzung kommt, in der nach der aktuellen Machtkonstellation Bereichsleitungen und der Chefposten neu vergeben werden. Die Anzahl der Aktionsrunden festzulegen ist das Privileg des Bereichsleiters Kommunikation; ein nicht zu unterschätzender Vorteil in Bezug auf das Timing der eigenen Aktionen. Ohne hier auf die Details genauer eingehen zu wollen (die Spielregel steht online zur Verfügung), sind die möglichen Aktionen eines Spielers:

Jede dieser Aktionen verschiebt das Machtgefüge innerhalb der Firma und oft genug tun sich durch die Züge der Mitspieler gleich mehrere Baustellen im eigenen Imperium auf und man möchte oder muss mehr tun, als die aktuelle Position und die Spielregel zulässt. Gerade die durch Bestechung erhaltenen Privilegien sorgen für die eine oder andere Überraschung und eignen sich hervorragend, um eine Drohkulisse aufzubauen. Zum Beispiel zur richtigen Zeit das Privileg des Entwicklungsleiters zu übernehmen, um dann damit aktiv Mitarbeiter in anderen Abteilungen abzuwerben hat schon ganze Bereiche entvölkert und die betroffenen Abteilungen aufgelöst.

Bei "Macht$piele" führen viele Wege zum Sieg und die eigene Taktik muss sich immer an der der Mitspieler anpassen. Hier gilt es genau aufzupassen, auf welche der fünf Machtkomponenten sich die Spieler bevorzugt stürzen. Zu leicht ist übersehen, dass ein Spieler bereits bei zwei Komponenten die Siegbedingung erfüllt und damit unmittelbar vor dem Sieg stehen könnte, falls er dort besser steht als sein Erzfeind. Auch sind fehlende Siegpunkte bei drei Komponenten (Aktien, Hauptabteilungen, Erfahrung) mittels ausreichenden Geldes schnell erworben und Einfluss lässt sich ebenso schnell durch Mitarbeiterabbau vermehren.

Die Korruption im Spiel ist ein eher fragiles Instrument, dessen richtige Nutzung sich uns noch nicht vollständig erschlossen hat. Der Nutzen ist klar, aber der konkrete Wert einer Bestechung ist es nicht immer. Gerade die Ablehnung eines Bestechungsversuchs ist problematisch, da dies nicht nur entgangenes Geld und den Verlust von Mitarbeitern bedeutet sondern auch die eigenen Korruptionspunkte nicht vermehrt (Siegbedingung!). Schnell kann sich deshalb die erfolgreiche Bestechung zur Regelaktion mit Minimalbeträgen entwickeln, bis alle Privilegien ihren Besitzer gewechselt haben. Hier wird "Macht$piele" dann leider leicht chaotisch und unplanbar.

Das Thema Machtkampf im Unternehmen lässt im ersten Moment ein trockenes Aufbauspiel vermuten. Aufgrund seiner Vielzahl an Handlungsoptionen und Siegmöglichkeiten erscheint es auch zuerst entsprechend komplex. Wer aber sein Berufsleben in einem Großunternehmen verbracht hat, erkennt viele Elemente und auch Vorgehensweisen wieder und schaut mehr als einmal schmunzelnd auf die Möglichkeiten und Effekte seiner taktischen Winkelzüge. Und selbst die Angst in den Augen des Gegenübers sieht manchmal regelrecht vertraut aus; deshalb, trocken ist "Macht$piele" überhaupt nicht und der Komplexitätsgrad hält sich ebenfalls so in Grenzen, dass ab dem zweiten Spiel schon keine Regelfragen mehr auftreten sollten.

Alles in allem ist "Macht$piele" eine dicke Empfehlung wert und nicht nur für Führungskräfte und Büromitarbeiter, denn es ist eben nicht trocken und nicht abstrakt sondern hat ein alltägliches Thema stimmig in ein spannendes, kurzweiliges Spiel mit viel Spielerinteraktion umgesetzt. Dass es dabei nicht immer auf die feine Art zugeht, wenn Mitarbeiter mitleidlos entlassen, Abteilungen aufgelöst und Kollegen bestochen werden, bringt zusätzliche Würze für diejenigen ins Spiel, die das aus ihrem Berufsleben bereits kennen…

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