Spielbericht und Review vom 19.03.2003

Autor: Walter

am Tisch: Andrea, Thomas, Moritz, Günther, Aaron und Walter

auf dem Tisch: Kohle, Kies & Knete, Mogul, Das Amulett

  1. Kohl, Kie$ & Knete Kohle, Kies & Knete

    Ein wirklich gutes Verhandlungsspiel. Eine gelungene Mischung von Taktik und Glücksspiel. Hervorragende Spielmechanismen. Selten hat man bei einem Spiel dieser Art so viel Spaß. Jedes Mal waren die Spieler begeistert. Das Spiel verdient die Höchstbewertung.

    Dies ist die einhellige Meinung des Fachpublikums aus dem Internet. Und wie steht es mit uns Westparkern? Kurz und beschämt eingestanden: Wir waren nicht in der Lage, das Spiel über die Anfangsphase hinaus fortzusetzen.

    Dabei ist der Anfang ganz lapidar. Abwarten und Karten sammeln, heißt hier die Devise. Die Summen der Deals, um die es geht, werden ständig höher. Wer erst später einsteigt, hat im wahrsten Sinne des Wortes bessere Karten. Am Ende wenige Deals abzukassieren bringt mehr ein als gleich zu Beginn viele Deals an sich zu reißen. Irgendwie wurde das nicht verinnerlicht. Mehr oder weniger normale Spielabläufe ließen das Gefühl aufkommen, auf unlautere Weise zu kurz zukommen.

    a) Den ersten Deal macht Luise als Boss mit Poldie und Ronny. Es geht um 8 MD (Millionen Dollar), dabei sind 3 Investoren beteiligt. Die Beute wird gerecht verteilt, d.h. Poldie und Ronny bekommen je 2 MD, Luise bekommt 4 MD.

    Wenn ich hier das Wort "gerecht" gebraucht habe, meine ich das absolut ernst. Ich würde dafür sogar den Begriff "maximale Gerechtigkeit" vergeben. Jeder objektiv empfindende Mensch weiß sofort, was darunter zu verstehen ist: Alle Investoren bekommen zunächst mal gleich viel, den nicht-teilbaren Rest bekommt der Boss. Henny schluckt den ersten Wermutstrophen: sie wurde an der Beute nicht beteiligt.

    b) Für den zweiten Deal bringt Tony als Boss Poldie und Ronny unter einen Hut. Es geht um 10 MD und 4 Investoren sind beteiligt. Tony bietet "maximale Gerechtigkeit" an, alle Beteiligten nicken zustimmend. Der Deal ist gemacht.

    Ohne diese "Gerechtigkeit" explizit definiert zu haben, weiß jeder: Poldie und Ronny bekommen je 2 MD, Tony bekommt für seine beiden Investoren je 3 MD. Es wird zwar kurz gestutzt, als dabei herauskommt, dass Tony insgesamt 6 MD erhält, aber irgendwie war das doch klar. Es kann doch nicht "gerecht" sein, dass Tony als Boss mit seinen beiden Investoren nur 4 MD erhält und die beiden stillen Teilhaber 6 MD, oder?

    Henny erhebt Einspruch: Der Deal sei nicht ordnungsgemäß. Für sie hätten die einzelnen Quoten explizit genannt werden müssen. Ihr Einspruch wird zurückgewiesen. Henny schluckt den zweiten Wermutstropfen.

    c) Den dritten Deal bringt Ronny, der direkt neben Tony sitzt, mit ihm ganz schnell und unkompliziert unter Dach und Fach. Bevor erst groß palavert wird, haben sich beide über die Verteilung geeinigt. Henny versuchte zwar mit verlockenden Angeboten Ronny zum Umschwenken zu überreden - erfolglos: der Deal wird verkündet.

    Wieder erhebt Henny Einspruch. Irgendwie hatte sie nicht aufgepasst oder es war ihr entgangen, wie reibungslos die beiden Sitznachbarn die Kohle unter sich verteilt haben. Natürlich bekommt sie wieder kein Recht.

    Was soll dieses ständige Nach-Tarocken? Es ist doch weltbekannt, dass die kleinen billigen Deals des Anfangs keine Spiel entscheidende Bedeutung haben. Wer seine Karten behält, kann damit später umso höhere Summen einstreichen. Warum reagiert Henny nur so aggressiv? Nach ihrem Eigenverständnis aber muss sie gleich den dritten Wermutstropfen hintereinander schlucken. Ihr Maß ist voll.

    d) Poldie macht keinen Deal sondern kassiert mit seiner Priorität drei Einflusskarten. Öl in die Wogen?

    Kohle, Kies und Knete e) Jetzt ist Henny am Zug. Sie würfelt. Tony zieht für sie den Marker entsprechend dem Würfelergebnis um drei Felder nach vorne. Dabei wird den Regeln gemäß das Feld übersprungen, auf dem bereits ein Deal abgeschlossen war.

    Henny versucht den Deal zu machen. Luise nimmt ihr mit der "Ich bin der Boss"-Karte den Deal weg, aber Henny erobert sich mit der gleichen Karte den Deal zurück. Aber sie bekommt nicht genügend Investoren zusammen. Der Deal platzt.

    Das ist zuviel für sie. Auf einmal entdeckt sie, dass sie auf einem falschen Feld steht. "Wer hat den Dollarmarker versetzt?" Er hätte auf dem vorhergehenden Feld stehen sollen. Sie kann es mit dem Würfelergebnis 3 noch rekonstruieren.

    Dabei hat sie aber übersehen, dass das Feld mit dem abgeschlossenen Deal übersprungen werden muss. Heftig und unbeirrt besteht sie darauf, dass jemand den Marker verschoben habe muss. Sie habe selber den Marker vorwärts gezogen. Wir können uns nicht darüber einigen, ob der Dollarmarker versetzt wurde oder ob er schon immer auf dem - zweifellos - regelgerechten Feld gestanden hat.

    Das ist dann doch nicht die Atmosphäre, in der man ein solches Spiel über die Bühne bringen sollte. Ich bekunde meine Meinung, wir sollten das Spiel nicht weiterspielen und räume die Karten zusammen.

    Who is to blame?

  2. Mogul Mogul
    Immerhin schafften wir es, nach dem Desaster mit Kohle, Kie$ und Knete ganz friedlich zum nächsten Auktionsspiel überzugehen.

    Hier geht es darum, Aktienkarten zu ersteigern bzw. zu verkaufen und damit Punkte zu erwerben. Wer am Ende die meisten Punkte hat, ist Sieger. Nur die Punkte zählen in der Schlussabrechnung, die Aktien im Besitz sind wertlos, die Versteigerungschips auf der Hand werden im Verhältnis 1:5 als Siegpunkte addiert.

    Pro Versteigerungsdurchgang wird jeweils eine Aktienkarte aufgedeckt. Die Aktien unterscheiden sich durch die Blattfarbe und die Randfarbe. Wer bereits Aktien in derselben Blattfarbe wie die aufgedeckte Aktie hat, bekommt Aktie einen Punkt. Nun bieten die Spieler reihum. Wer nicht mit bieten kann oder will, steigt aus der laufenden Versteigerung aus und nimmt sich alle Chips, die bisher geboten wurde. Wenn er Glück hat, kann er 3-4 Chips einsacken. Wenn es dumm läuft, hat gerade der Vordermann die Versteigerungschips abgeräumt um man bekommt für das Aussteigen gar nichts. Wer bis zuletzt in der Versteigerung übrig bleibt, ist Sieger und darf eine von zwei Aktionen ausführen:

    Jede verkaufte Aktie bringt so viele Punkte, wie insgesamt Aktien dieser Farbe offen ausliegen.

    Hat der Sieger der Versteigerung seine Aktion gewählt, darf der Spieler, der am zweitlängsten mit geboten hat, die andere der beiden möglichen Aktionen ausführen. Manchmal ist es besser, eine Aktie aufzunehmen, manchmal ist der Verkauf besser. Das muss jeder Spieler nach seinem bisherigen Versteigerungsergebnissen bewerten.

    Mogul Da die Spieler am Anfang meist noch keine Aktien verkaufen können, ist es in dieser Phase nur lohnend, Sieger der Versteigerung zu werden. Der zweite Sieger geht leer aus. Hat man umgekehrt genügend lukrative Aktien zu verkaufen und der voraussichtliche Sieger der Versteigerung zeigt deutliche Vorlieben, die angebotene Aktien zu erwerben, dann reicht es, in der Versteigerung Zweiter zu werden. Vorausgesetzt, der Sieger wählt wirklich die Aktie und möchte einem nicht - unter eigenen Verlusten - das Geschäft vermasseln.

    Wer in einer Runde absolut keine Aussicht bzw. keine Ambitionen hat, die Versteigerung zu gewinnen, der muss zumindest versuchen, hierbei möglichst viele Fremdchips zu ergattern. Lieber ganz frühzeitig aussteigen oder erst gar nicht einsteigen, als mit Verlusten undankbarer Dritter oder Vierter zu werden. Bei sechs Mitstreitern kann man ganz schön in die "Eigenschwingungen" der Versteigerung geraten, d.h. immer wenn man dran ist, hat der Vordermann die Einsatzchips gerade abgeräumt, und man muss mit leeren Händen die Segel streichen oder dem schlechten Geld gutes Geld hinterherwerfen.

    Ich hatte einen vorzüglichen Lauf. In keiner Runde musste ich Federn lassen. Entweder konnte ich meine Chips vermehren oder eine Aktie aufnehmen bzw. verkaufen. In den ersten Runden hatte ich mich situationsgemäß mehr auf das Chip-Kassieren als auf den Aktien-Handel verlegt, so dass mein schmaler Aktienbestand bei den Konkurrenten auch keinerlei Neid hervorrufen konnte. Als ich dann mit meinen gesammelten Chip-Bestand auf den Markt ging, stieg die Konkurrenz relativ schnell aus. Mit gezielten "Zweiter-Sieger" Versteigerungen konnte ich meine Kasse gut beieinander halten und kam am Ende mit sicherem Vorsprung durchs Ziel.

  3. Das AmulettDas Amulett

    Auch das dritte Spiel des Abends war ein Versteigerungsspiel. Wieder mit einem ganz eigenen Versteigerungsprinzip.

    Es geht darum, sieben verschiedene oder acht beliebige Edelsteine zu ersteigern. Sie liegen zufällig verteilt auf dem Spielplan von 24 Feldern. Wer die Höchstsumme geboten hat, darf sich von dem aktuellen Feld einen Edelstein wegnehmen und den Feldmarker auf ein beliebiges Nachbarfeld ziehen, um dessen Steine die nächste Versteigerungsrunde geht.

    Währungseinheit bei den Versteigerungen sind Metallkarten, die durch Zauberspruchkarten in ihrer Wirkung noch modifiziert werden. Die Zauberspruchkarten und die Erwerbsanrechte für Metallkarten werden ebenfalls ersteigert. Alle diese Mechanismen sind sehr ausgewogen und das Spiel läuft ganz rund ab. Für weitere Informationen zum Spiel verweise ich auf das Internet. Allein bei Luding sind 30 Links mit Spielbewertungen registriert.

    Eine der Zauberkarten möchte ich vom Design her kritisieren: Sie erlaubt es, von einem beliebigen Spieler einen "Energiestein" zu entfernen. Dies ist die einzige Karte mit einem negativen Einfluss auf einen Mitspieler. Diese Wirkung ist unsymmetrisch und aggressiv. Welchen Spieler soll ich auswählen? Den Führenden? Oder den, bei dem die Entfernung eines Energiesteines den maximalen Schaden anrichtet? Oder den, der hinterher am lautesten lamentiert? Alles keine Kriterien, die den ansonsten friedlichen Wettstreit um die Edelsteine zum Konstruktiven hin fördern.

    Bei sechs Mitspielern ist das Spielgeschehen natürlich nicht ausrechenbar. Wer, wann, was, wie hoch ersteigert und erwirbt, hängt von vielen unkalkulierbaren Einflüssen ab. Als echtes Wirtschaftsspiel Jeder-gegen-Jeden sollte man sich aber am Anfang bedeckt halten und nicht die Missgunst der Konkurrenz erwerben. Im Windschatten der anderen lassen sich viel leichter die notwendigen Reserven für den Endkampf ansammeln.

    Ich war in den ersten Runden gleich zweimal ziemlich hoch eingestiegen. Dementsprechend fiel ich in der Mittelphase auf einen der hinteren Plätze zurück. Vor dem Endspurt gelang es mir, diejenige Zauberkarte zu erwerben, die mir bei jeder Versteigerungssumme um mehr als 6 Metallkarten eine davon zukommen ließ. Ganze 5 Runden lang konnte ich von dieser Eigenschaft profitieren. Dabei ging es in jeder einzelnen unserer 3-6 Versteigerungen pro Runde um mehr als 6 Metallkarten, und insgesamt habe ich auf diese Weise sicherlich 15 Metallkarten gutgemacht. So konnte ich wieder den Anschluss finden und am Ende - kurz nach Mitternacht - sogar etwas überraschend mit 7 verschiedenen Edelsteinen das Spiel beenden und die drängelnden U-Bahnfahrer nach Hause entlassen.