31.05.2006: “Mesopotamien”, “Taki” und Bekanntes.

Auch eine Autopanne kann einen geplanten Vierer-Abend zu einem unfreiwilligen Dreier-Abend verkürzen. Doch mit professionellen Liebhabern ist jede Konstellation eine spielerische Erfüllung!
1. “Mesopotamien”
Ganz ohne Würfel traben die Spieler mit verschiedenen Pöppeln durch das verlorene Paradies. Sie erweitern ihren geographischen Horizont, bauen Hütten, um sich bei ihren Vermehrungsaktionen vor den neugierigen Blicken der Nachbarn zu schützen, errichten Altäre, um daran ihr metaphysisches Rüstzeug aufzustocken, und bringen Opfergaben zum Tempel, um damit die notwendigen Siegpunkt-Bedingungen zu erfüllen.
Das Spiel ist ein Wettlauf um die besten Brutplätze, die besten Opferplätze und um das Baumaterial aus Holz und Stein. Leider war damals das Schießpulver noch nicht erfunden, und den Body-Check gab es nur beim Eishockey. So fehlen Mittel, einen davoneilenden Gegner noch zu Fall bringen zu können.
Ansonsten sind die Regeln vielseitig und sehr gut ausbalanciert. Um zu gewinnen, muß man seine überaus reichen Zugmöglichkeiten optimal durchkalkulieren. Das kann leider länger dauern, als es allen Mitspielern recht ist. Selbst unserem Logistiker Günther kam das ganze dann einen Schuß zu logistisch vor.
WPG-Wertung: Günther: 6, Moritz: 7, Walter: 7.
Moritz plant in 3 Jahren eine Rezension. Dann ist die Fußball WM vorbei, die Tantiemen für seine Eröffnungsmusik sind verpraßt, und seine Mozart-Collage für die Salzburger Festspiele ist hoffentlich ein Gassenhauer geworden.
2. “Thurn und Taxis”
Errichten von Poststationen und Bayern und Preußen (= alles was nicht Bayern ist). Vom Spielprinzip her ähnlich wie “Mesopotamien”: Jeder muß die gleichen Siegbedingungen in Konkurrenz zueinander erfüllen.
Moritz bedauerte, daß “Thurn und Taxi” weniger Entscheidungsfreiheit läßt. Günther fand das von Vorteil, denn dann dauert die individuelle Maximierungs-Phase nicht so lange. Insofern bringt “Thurn und Taxis” alle Eigenschaften mit, die für ein “Spiel des Jahres” gefordert sind. Frei nach Michael Andersch sind das:
– Optisch und qualitativ gutes Material
– SdJ-kompatible Spieldauer
– Kaum Wartezeiten zwischen den einzelnen Zügen
– Relativ einfaches Spielprinzip, dennoch stets interessante Entscheidungszwänge
– Geringer, aber dennoch vorhandener Glücksfaktor
– Hoher Interaktionsgrad (letzteres hat M.A. nicht über “T&T” gesagt!)
WPG-Wertung: Günther: 7, Moritz: 7, Walter: 8.
Walter schreibt eine Rezension.
3. “Taki”
Amigo hat ein nagelneues Kartenspiel herausgebracht, das unserem wohlbekannten “Mau Mau” ähnelt wie ein Ei dem anderen. Von letzterem weiß man nach Wikipedia, dass die Spielregeln aus den 1930er Jahren stammen. Die Spieler spielen reihum jeweils eine Karten aus und müssen dabei die traditionellen Zugabe-Regeln beachten. Bei bestimmten Ärgerkarten muß der Nachfolger ausstetzen oder neue Karten ziehen.
Damit ggf. noch existierende Patente nicht verletzt werden, hat der Autor Haim Shafir schnell noch ein paar neue Kartentypen dazugemixt. Z.B. darf der Besitzer eine “Taki”-Karte in einem Zug gleich alle Karten einer Farbe abwerfen.
Das ganze ist zwar schnell und lustig wie das echte “Mau-Mau”, aber auch nicht mehr.
Keine WPG-Wertung für ein neues altes Spiel
4. “6 nimmt plus”
Warum soll man bei “6 nimmt” immer nur Minuspunkte sammeln können? Um diesen oft geäußerten Vorwurf zu entkräften hat Amigo in seiner Jubiläumsausgabe von “6 nimmt” ein paar neue Regel-Varianten herausgebracht. U.a. auch das “6 nimmt plus”, bei denen die erworbenen Hornochsen ganz einfach als Pluspunkte zählen.
Dazu gibt es ein paar Regel-Schmankerl:
– Jeder Spieler darf pro Zug 1 oder 2 Karten legen; so kann er schneller einen begehrten Stapel abräumen und die Punkte einheimsen.
– Es gibt “Nuller-Karten”, mit denen ein Spieler die Zugpriorität erzwingen kann.
Bei uns erhob sich gleich die Frage, ob diese Nuller-Karten gleichmäßig an alle Spieler verteilt werden sollten, oder wir dem Zufall die Verteilung anvertrauen dürften. Wir waren unisono für die Gleichverteilung, doch wahrscheinlich hätte auch der Zufall keine größeren Probleme erzeugen können. Hier gilt die goldene Regel der Statistik: “Was an Nuller-Karten gewonnen wird, geht an Zahlen-Karten verloren.”
In jedem Fall erfordert das jetzige Erwerben-Wollen von Kartenreihen eine ganz andere Kartenbehandlung als das frühere Vermeiden-Wollen. Moritz stellte ganz schnell fest: “6-nimmt-plus ist eigentlich ein vollkommen anderes Spiel.” Wo er recht hat, hat er recht!
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
5. “Bluff”
In den ersten Runden fühlte sich Moritz nicht ausgelastet und glaubte sich parallel zu Bluff noch auf seinem Handy mit Poker beschäftigen zu können. Doch nachdem er zweimal blitzschnell ausgeschieden war, nahm er die Sache etwas ernster.
Im dritten Spiel mußte er im Endspiel mit einem 1:5-Handicap gegen Günther antreten. Günther hatte in seinen 5 Würfeln 1 Stern, 2 Dreien, 1 Vier und 1 Eins. Vorsichtig legte er 2 mal Eins vor, Moritz hob auf 3 mal Eins. Günther ging auf 3 mal Drei. Moritz hob auf 4 mal Drei. Günther zweifelte an und hatte verloren: Moritz einziger Würfel war eine Drei.
Im 1:4-Handicap gab Moritz 1 mal Vier vor. Günther hatte in seinen verbliebenen 4 Würfeln 1 Fünf, 1 Zwei und 2 Dreien. Er ging auf 2 mal die Drei. Moritz hob auf 3 mal Drei. Günther zweifelte wieder an und hatte wieder verloren: Moritz einziger Würfel war wieder eine Drei. Eine Sensation bahnte sich an.
Doch mit der “Immer-4-Strategie” beim 1:3-Handicap hatte Moritz anschließend kein Glück. Günther zweifelte sofort Moritz’ Vier-Vorgabe an; vor allem auch, weil Moritz gesetzt hatte, ohne seinen eigenen Würfel überhaupt anzusehen. (Diese Blind-Vorgabe ist übrigens kein fester Bestandteil der “Immer-4-Strategie”!). Keiner der 4 Würfel war eine Vier. Schade!
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.