01.09.2009: Mit “Tulipmania” aus dem Urlaub

Cannes, Malediven, Plattensee, wie reimt sich das zusammen?
In Cannes der Peter seine Loredana braucht,
auf den Malediven der Aaron in die Tiefe taucht,
am Plattensee der Walter sich sein Kreuz verstaucht –
so reimt sich das zusammen.
Die Urlaubssaison ist hoffentlich vorüber. Der Westpark ist wieder zum normalen Spiele-Alltag zurückgekehrt.
1. “Tulipmania”
Ein einfaches, hübsches Wirtschaftsspiel. Die einzige Schwierigkeit gab es am Anfang, als jeder Spieler 5 Hundert-Gulden-Scheine ausgeteilt bekommen sollte, im Spielmaterial aber insgesamt nur 24 Hunderter vorhanden waren.
Wir handeln und spekulieren mit Tulpen. Jeder Spieler muß reihum eine Tulpe aus seinem Besitztum verkaufen, in Konkurrenz zueinander bieten die anderem darum, sie zu kaufen. Entsprechend verändert sich der Kurs der gehandelten Tulpensorte. Bei einem “normalen” Kauf steigt der Aktienwert um ein paar Prozente an, bei einem “Spekulationskauf” vervielfacht sich ihr Wert.
Fünf verschiedene Tulpensorten gibt es; ihr Kurswert geht praktisch ununterbrochen nach oben, dynamisch und dennoch friedlich, folgerichtig und dennoch chaotisch. Bis der Kurs einen Höchstwert erreicht und die Spekulation platzt. Jetzt müssen alle Spieler alle Tulpen dieser Sorte auf den Markt werfen. Die Erlöse gehen dabei schrittweise drastisch in den Keller. Wer passende Marktkarten gesammelt hat, ist bei den Spitzenpreisen dabei, wer hier zu kurz gekommen ist, muß seine Restbestände für einen Appel und ein Ei verkaufen.
Bemerkenswert noch der Bietprozeß um die angebotene Tulpe: Jeder zieht verdeckt eine Aktionskarte über Kauf oder Spekulation, über Eigenerwerb oder Verkauf an die Bank. Wer die höchste Aktionskarte gezogen hat, macht den Deal. Bei Gleichheit entscheidet eine um den Tisch wandernde Prioritäts-Karte darüber, wer den Deal macht.
Am Anfang, wenn das Geld noch knapp ist, sind die Aktionen der Spieler recht zurückhaltend; da sind Interessen und Marktverhalten der einzelnen Spieler noch sehr unterschiedlich und die Aktionskarten mit ihren abgestuften Wertigkeiten machen Sinn. Doch unweigerlich schwimmen früher oder später alle im Geld. Dann spielt jeder zwangsläufig nur noch die höchstwertige Aktionskarte. In dieser Phase entscheidet allein die Prioritäts-Karte das Spiel. Schade.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“hat Potential”), Birgit: 5 (“nicht aufregend”), Günther: 6 (störte sich an der Ungerechtigkeit der Prioritäts-Karte), Horst: 7 (“hübsch, aber nicht planbar”), Walter: 7 (“interessant”).
2. “Adel verpflichtet”
Eigentlich war “Automobile” als Hauptspeise des heutigen Abends vorgesehen. Doch der Tulpenhandel hatte – einschließlich einleitendem Palaver – über anderthalb Stunden gedauert, und Birgit und Horst dürfen nicht mit der vorletzten U-Bahn nach Hause fahren, sondern müssen schon um halb zwölf im Bettchen liegen. So begnügten wir uns mit einem bewährten Gericht aus dem letzten Jahrtausend.
In “Adel verpflichtet” wählen wir mittels verdeckter Karten, ob wir ins Auktionshaus oder ins Schloß gehen. Alle Spieler, die in das Aktionshaus gegangen sind, wählen in einer zweiten verdeckten Entscheidung, ob sie dort einen Kunstgegenstand kaufen oder als Dieb den Kaufpreis klauen. Mehrere Diebe im Auktionshaus neutralisieren sich, keiner kriegt den Barscheck. Alle Spieler, die ins Schloß gegangen sind, wählen, ob sie dort ihre bisher ersteigerten Kunstgegenstände ausstellen, oder ob sie dort als Dieb die Ausstellungen beklauen, oder ob sie als Detektiv die evtl. vorhandenen Diebe ins Gefängnis bringen.
Für erfolgreiche Ausstellungen sowie für das Dingfestmachen von Dieben gibt es Siegpunkte. Am Ende bringen die wertvollsten Sammlungen nochmals Bonuspunkte ein. Wer dann die meisten Siegpunkte hat, ist Sieger.
Birgit und Walter kooperierten erfolgreich im Auktionshaus. Einer erwarb einen Kunstgegenstand, der andere klaute den Kaufpreis. Immer abwechselnd. Bis Günther dazwischenfunkte und mit seinem eigenen Dieb das Klauen neutralisierte und die Schecks in der Bank verschwanden. Birgit und Walter machten sich nun auf in das Schloß, um auch hier in Absprache zueinander abwechselnd Ausstellungen durchzuführen und dafür Punkte zu kassieren bzw. sich zu beklauen. (Daß sie beide davon hätten profitieren können, wenn jeder eine Ausstellung organisiert, das ist ihnen im Eifer des Gefechts entgangen.) Doch auch hier störte Günther wieder das einvernehmliche Techtelmechtel und zerbrach mit seinem Detektiv die schöne Harmonie.
Inzwischen hatte sich Aaron ganz klammheimlich eine unschlagbare Kunstsammlung zusammengeklaut, sattelte zielgerichtet in eine ehrbare Galeristenlaufbahn um und wurde unangefochten Sieger.
1990 wurde dieses Spiel zum “Spiel des Jahres” gekürt. Auch heute ist es in vieler Beziehung immer noch modern. Zumindest was seine Eignung als pfiffiges Familienspiel betrifft.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“ein Spiel der 80er Jahre” – Das gilt als Einschränkung!), Birgit: 7 (“lustig, aber geistig nicht besonders anspruchsvoll” – Halt wie ein Spiel des Jahres), Günther: 7 (“gelungenes Familienspiel”), Horst: 9 (“ein glatter Neuner”), Walter: 7 (“auf Dauer vielleicht etwas kantig”).
3. “Poison”
A la “6-nimmt” legen wir jeweils eine Karte aus der Hand an ausliegende Kartenstapel auf dem Tisch an: jede Karte (rot, blau, violett) muß zum passenden gleichfarbigen Stapel gelegt werden. Überschreitet die Summe der Kartenwerte eines Stapels den Wert 13, so muß der Spieler alle Karten dieses Stapels an sich nehmen.
Am Ende zählen alle kassierten Karten Minuspunkte, nur die Karten einer Farbe, von denen ein Spieler mehr als seine Mitspieler hat, sind kostenfrei.
Das Spiel ist ein schneller, gelungener Absacker. Wer glaubt, darf sich bei der Zugabe seiner Karten sogar tiefschürfende Gedanken machen. Wer weniger glaubt, lebt von der Hand in den Mund und hofft, daß ihm am Ende gar nichts oder die Mehrheit einer Farbe in den Schoß fällt.
Günther hatte eine Strategie. Verraten hat er sie allerdings nicht. Immerhin wurde er Sieger.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (“6 nimmt” ist besser), Birgit: 7 und Horst: 8 (“perfekter Absacker”) konnten mir ihren Noten den bisherigen WPG-Durchschnitt nur um einen Zehntel Punkt nach unten drücken.
4. “Bluff”
Günther war in Zweifellaune. Aaron hatte das schnell durchschaut und Günther bekam Gegenwind. Bei insgesamt 12 Wertungswürfeln zweifelte er 9 mal die Fünf an. Zu früh. Jetzt wollte er mit dem Kopf durch die Wand und hob Aarons 4 mal Vier auf Fünf mal Zwei. Das war sein letztes Gebot des Abends.
Im Endkampf Walter gegen Aaron lies sich mit einer 5:1-Ausrüstung leicht Katz und Maus spielen.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.