Mini-Mäxchen und Mikro-Bluff mit 2 Personen(Teil 1)

Von Günther Rosenbaum , 11.05.2003

 

Mäxchen &xnbsp;und Bluff(von Richard Borg, FX Schmid, 1993)/Liars Dice(MB, 1974) sind bekannte Würfelspiele. Mäxchen habe ich schon als Jugendlicher gespielt und Bluff/Liar´s Dice ist auch heute an geselligen Spieleabenden immer wieder auf dem Tisch.

In der amerikanischen mathematischen Literatur findet man auch Analysen des Spieles Liar´s Dice – aber Vorsicht – hier ist das bei uns unter dem Namen Mäxchen (oder Meier) bekannte Spiel gemeint. Literatur über Bluff habe ich nicht gefunden.

 

In unseren Spielrunden kommt immer wieder mal die Diskussion hoch, welches denn nun die beste Strategie im Endspiel bei Bluff wäre und der eine oder andere behauptet dann auch mal inbrünstig, dieses oder jenes Verhalten wäre das optimale !

Den (mathematischen) Beweis schuldig geblieben sind bisher jedoch alle – und auch eine plausible, einfache Strategie hat bisher noch keiner angegeben!

Gerade wegen dieser angeregten Diskussionen stellt sich dem eingefleischten Spielefreak da natürlich die Frage nach einer optimalen Strategie für diese Spiele. Diese ist leider nicht so einfach zu finden – die Theorie bestätigt uns hier allerdings zumindest die Existenz einer solchen (gemischten) optimalen Strategie für 2 Personen.

 

Daher betrachten wir hier zuerst mal eine vereinfachte Version des Spieles MäxchenMini-Mäxchen für 2 Personen:

 

Es wird mit einem Würfel gespielt. Spieler 1 würfelt verdeckt, sagt eine Würfelzahl an und behauptet, dass er mindestens diese Zahl gewürfelt hat.

a) Spieler 2 kann dieses anzweifeln – in diesem Fall wird aufgedeckt und falls die behauptete Zahl größer als die gewürfelte Zahl ist gewinnt Spieler 2 ansonsten Spieler 1.

b) Spieler 2 kann diese Behauptung auch glauben – dann muss er erneut Würfeln und einen höheren Wert behaupten. Spieler 1 kann dann wieder glauben oder anzweifeln, u.s.w.

 

Dieses Spiel sieht sehr einfach aus – trotzdem ist die optimale Strategie nicht trivial.

Zu beachten ist hierbei, dass das Spiel ja das Zufallselement „Würfel“ beinhaltet – wir können (im Allgemeinen) also keine Strategie angeben mit der wir immer gewinnen. Stattdessen suchen wir eine Strategie, bei welcher wir bei häufiger Wiederholung des Spieles möglichst oft gewinnen!

 

Zuerst betrachten wir folgende (nicht optimale, aber einfache) Strategie:

Spieler 1: Sagt in der ersten Runde immer die Wahrheit und zweifelt bei einer Folgerunde immer an.

Spieler 2: Glaubt die Behauptung von Spieler 1 immer (außer die 6) und versucht besser zu würfeln.

 

Analyse:

Was ist die optimale Gegenstrategie für Spieler 2?

Da Spieler 1 immer die Wahrheit sagt, braucht Spieler2&xnbsp; also nie anzuzweifeln; da Spieler 1 in der zweiten Runde immer anzweifelt/aufdeckt, ist die Gewinnwahrscheinlichkeit für Spieler 2: {Spieler1 sagt 1 und Spieler 2 würfelt 2..6} + {Spieler 1 sagt 2 und Spieler 2 würfelt 3..6} + ...&xnbsp; = 1/6 * {5/6 + 4/6 + 3/6 + 2/6 + 1/6 + 0} = 15/36 .

Spieler 1 hat also eine Gewinnwahrscheinlichkeit von mindestens 21/36!

Was ist nun die optimale Gegenstrategie für Spieler 1?

Da Spieler 2 ja immer alles glaubt (außer die 6), ist es für Spieler 1 natürlich das Beste, die Chancen für das Nachwürfeln des Spielers 2 zu minimieren – er behauptet also bei 1..5 immer, mindestens eine 5 gewürfelt zu haben. Spieler 2 kann nun mit 1/6 Wahrscheinlichkeit noch eine 6 würfeln und gewinnen.
Spieler 1 gewinnt also mit Wahrscheinlichkeit von höchstens 1/6 * (5 * 5/6 +1)&xnbsp; = 31/36!

Ergebnis:

Wir sehen, die Strategie von Spieler 2 ist die optimale Gegenstrategie zu Spieler 1 aber nicht umgekehrt! Die beiden Strategien stehen also nicht im gegenseitigen Gleichgewicht zueinander – sie sind also nicht optimal!

 

Nun zur optimalen Strategie:

Spieler 1 gewinnt mit Wahrscheinlichkeit 41/60 (=Wert des Spieles).

Strategie Spieler 1:

Wurf 1 -> er behauptet 3 bzw. 4 bzw. 5 mit den Wahrscheinlichkeiten 3/10,&xnbsp; 5/10, 2/10.

&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp; (d.h. bei 1 lügt er immer!)

Wurf 2 -> er behauptet 2 bzw. 3 mit den Wahrscheinlichkeiten 3/10, 7/10

Wurf 3, 4, 5, 6 -> er sagt die Wahrheit

In der zweiten Runde zweifelt Spieler 1 alles an!

Strategie Spieler 2:

Vorgabe 1 oder 2&xnbsp; ->&xnbsp; immer glauben und nachwürfeln

Vorgabe 3&xnbsp;&xnbsp; ->&xnbsp; mit 1/3 Wahrscheinlichkeit anzweifeln, sonst glauben

Vorgabe 4&xnbsp; ->&xnbsp; mit 1/2 Wahrscheinlichkeit anzweifeln, sonst glauben

Vorgabe 5&xnbsp; ->&xnbsp; mit 3/5 Wahrscheinlichkeit anzweifeln, sonst glauben

Vorgabe 6&xnbsp; ->&xnbsp; immer anzweifeln

Falls Spieler 2 glaubt und nachwürfelt, so sagt er dann die nachgewürfelte Zahl an, sofern diese genügend hoch ist. Andernfalls erhöht er das Gebot des Vorgängers um 1.

In einer zweiten Runde zweifelt Spieler 2 alles an!

 

Beweis:

1) Wir nehmen jetzt an, Spieler 1 nutzt die angegebene Strategie und wir suchen jetzt die optimale Gegenstrategie.

a)      Wenn Spieler 2 die 6 hört, dann hat Spieler1 auch die 6 und Spieler 2 verliert beim zweifeln.

b)      Spieler 2 hört als Ansage die 5. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler 1 wirklich die 5 hat ist
P(Spieler1 hat 5 | Spieler 1 sagt 5)
= P(Spieler 1 hat 5 und sagt 5)/P(Spieler 1 sagt 5)
= (1/6 ) / (1/6&xnbsp; + 1/6 * 2/10)
= (1/6) / (1/5)
= 5/6
Wenn Spieler 2 anzweifelt, so gewinnt er also mit Wahrscheinlichkeit 1/6;
glaubt Spieler 2 das Gebot von 5, so kann er noch mit Wahrscheinlichkeit 1/6 eine 6 nachwürfeln und gewinnen.
Beide Wahlmöglichkeiten sind für Spieler 2 gleich schlecht – dieses Prinzip der „Indifferenz“ zwischen den sinnvollen Wahlmöglichkeiten ist charakteristisch für optimale Strategien!

c)      Spieler 2 hört als Ansage die 4. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler 1 wirklich die 4 hat ist
P(Spieler1 hat 4 | Spieler 1 sagt 4)
= P(Spieler 1 hat 4 und sagt 4)/P(Spieler 1 sagt 4)
= (1/6) / ( 1/6 + 1/6 * ½) = (1/6) / (1/4)
= 2/3
Wenn Spieler 2 anzweifelt, so gewinnt er also mit Wahrscheinlichkeit 1/3;
glaubt Spieler 2 das Gebot von 4, so kann er noch mit Wahrscheinlichkeit 1/3 eine 5 oder 6 nachwürfeln und gewinnen – denn Spieler 1 wird auf jeden Fall anzweifeln und ein Bluffen wird also nicht wirken.

d)      Spieler 2 hört als Ansage die 3. Die Wahrscheinlichkeit, dass Spieler 1 wirklich die 3 hat ist
P(Spieler1 hat 3 | Spieler 1 sagt 3)
= P(Spieler 1 hat 3 und sagt 3)/P(Spieler 1 sagt 3)
= (1/6) / ( 1/6 + 1/6 * 3/10 + 1/6 * 7/10) = (1/6) / (1/3)
= 1/2
Wenn Spieler 2 anzweifelt, so gewinnt er also mit Wahrscheinlichkeit 1/2;
glaubt Spieler 2 das Gebot von 3, so kann er noch mit Wahrscheinlichkeit 1/2 eine 4, 5 oder 6 nachwürfeln und gewinnen.

e)      Spieler 2 hört als Ansage die 2. Spieler 1 sagt also die Wahrheit, Spieler 2 glaubt und würfelt mit Wahrscheinlichkeit 2/3 etwas Besseres.

f)        Die Ansage 1 wird von Spieler 1 nie angesagt.

g)      Was ist nun die Gewinnwahrscheinlichkeit von Spieler 1 bei optimaler Gegenstrategie von Spieler 2?
Hört Spieler 2 eine Ansage von 3 bis 6 von Spieler 1, so können wir annehmen, dass Spieler 2 anzweifelt, da er ja gleich hohe Gewinnwahrscheinlichkeiten beim Zweifeln und Glauben hat. Spieler 1 gewinnt also, wenn er 3 .. 6 sagt und nicht gelogen hat.
Dies ist genau dann der Fall, wenn er 3, 4, 5 oder 6 gewürfelt hat (Wahrscheinlichkeit 2/3).
Zusätzlich ist noch der Fall zu betrachten, dass Spieler 1 eine 2 würfelt (1/6) und auch eine 2 ansagt (3/10) und dann noch Spieler 2 nichts besseres würfelt (1/3).
Also ist die Gewinnwahrscheinlichkeit für Spieler 1 mindestens
= 2/3 + 1/6 * 3/10 * 1/3 = 2/3 + 1/60 = 41/60&xnbsp; !!

2) Als zweites nehmen wir jetzt an, Spieler 2 nutzt die angegebene Strategie und wir suchen jetzt die optimale Gegenstrategie von Spieler 1. (D.h. wir suchen die maximale Gewinnwahrscheinlichkeit von Spieler 1.)

a)      Nehmen wir an, Spieler 1 wirft eine 1 oder 2.
Blufft er und sagt eine 3, 4 oder 5 an, so gewinnt er, wenn Spieler 2 dies glaubt und nichts besseres würfelt, also mit Wahrscheinlichkeiten
(bei 3): 2/3 * ½ = 1/3
(bei 4): ½ * 2/3 = 1/3
(bei 5): 2/5 * 5/6 = 1/3
Bei einer Ansage von 6 würde er sofort verlieren und auch eine Ansage von 1 ist mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 1/6 für Spieler 1 nicht sinnvoll.
Was geschieht jetzt noch bei einer Ansage von 2?
Spieler 2 glaubt diese und würfelt nach – womit Spieler 1 wiederum mit Wahrscheinlichkeit 1/3 gewinnt.
Auch hier ist also wieder das Prinzip der Indifferenz zu beobachten!
Spieler 1 gewinnt hierbei also bestenfalls mit Wahrscheinlichkeit 1/3.

b)      Nehmen wir an, Spieler 1 wirft eine 3.
- Würde er mit einer 1 oder 2 bluffen, so gewinnt er nur mit 1/6 oder 1/3 Wahrscheinlichkeit.
- Sagt er die Wahrheit – also die 3 – an, so gewinnt er, falls Spieler 2 anzweifelt oder wenn Spieler 2 glaubt und nichts Besseres würfelt.
Er gewinnt also mit Wahrscheinlichkeit 1/3 + 2/3 * ½ = 2/3.
- Blufft er mit 4, so gewinnt er nur, wenn Spieler 2 dieses glaubt und nichts besseres würfelt; also mit Wahrscheinlichkeit ½ * 2/3 = 1/3
- Blufft er mit 5 so gewinnt er mit Wahrscheinlichkeit 2/5 * 5/6 = 1/3
- Blufft er mit 6, so verliert er immer.
Also: Die beste Strategie ist hier, die Wahrheit zu sagen mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit 2/3!!

c)      Nehmen wir an, Spieler 1 wirft eine 4.
Wie unter b) sieht man wieder, dass man auch jetzt am besten die Wahrheit sagt mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von ½ + ½ * 2/3 = 5/6

d)      Nehmen wir an, Spieler 1 wirft eine 5.
Wie unter b) sieht man wieder, dass man auch jetzt am besten die Wahrheit sagt mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 3/5 + 2/5 * 5/6 = 14/15

e)      Wirft Spieler1 eine 6, so gewinnt er sicher wenn er diese auch ansagt.

f)        Mit welcher Wahrscheinlichkeit kann Spieler 1 also höchstens gewinnen bei der vorgegebenen Strategie von Spieler 2?
Wie oben berechnet erhalten wir
1/6 * ( 1/3 + 1/3 + 2/3 + 5/6 + 14/15 + 1)
=&xnbsp; 1/6 * (10/30 + 10/30 + 20/30 + 25/30 + 28/30 + 30/30)
= 1/6 *&xnbsp; (123/30)
=&xnbsp; 123/180 = 41/60

3) Die beiden beschriebenen Strategien für Spieler 1 und 2 sind also optimal im Sinne des Minimax Theorems der Spieltheorie und der Spielwert des Spieles beträgt 41/60.
Spieler 1 gewinnt also bei Anwendung der vorgegebenen Strategie mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 41/60 und Spieler 2 verliert höchstens mit einer Wahrscheinlichkeit von 41/60 bei Anwendung seiner optimalen Strategie !

 

 


&xnbsp;

 

Nachdem wir oben gesehen haben, dass selbst das sehr einfache Minimäxchen schon eine komplizierte optimale Strategie besitzt, betrachten wir nun das Spiel Bluff/Liar´s Dice und versuchen uns der optimalen Strategie des Endspieles bei Bluff (2 Personen mit je einem Würfel) langsam zu nähern...

 

Daher betrachten wir hier zuerst mal eine vereinfachte Version des Spieles Bluff

Micro-Bluff/Micro Liars Dice für 2 Personen:

 

Es wird mit je&xnbsp; einem Würfel pro Spieler gespielt. Beide Spieler würfeln verdeckt, Spieler 1&xnbsp;&xnbsp; sagt eine Würfelzahl und eine Häufigkeit an&xnbsp; und behauptet, dass beide Spieler gemeinsam diese Zahl in mindestens dieser Häufigkeit gewürfelt haben.

a) Spieler 2 kann dieses anzweifeln – in diesem Fall wird aufgedeckt und falls die Behauptung falsch war gewinnt Spieler 2 ansonsten Spieler 1.

b) Spieler 2 kann diese Behauptung auch glauben und das Gebot erhöhen – dann muss er(ohne erneutes Würfeln) eine höhere Würfelzahl bei gleicher Häufigkeit oder eine beliebige Würfelzahl mit höherer Häufigkeit behaupten. Spieler 1 kann dann wieder glauben oder anzweifeln, u.s.w.

c) Falls auf dem Würfel auch ein Stern vorhanden ist, gilt dieser als höchste Zahl und als Joker für jede andere Zahl. Die Ordnung der Gebote ist dann so, dass direkt vor 2k Einsen das Gebot von k Sternen einzuordnen ist.

 

 

Nano Liars Dice (I):

Mit Würfel W6 und den Geboten 1<2<3<4<5<6 , also ohne Pasch und ohne Stern!

 

Optimale Strategie(für Nano Liars Dice (I)):

Spieler 1 gewinnt mit Wahrscheinlichkeit 7/12&xnbsp; (=Wert des Spieles).

Strategie Spieler 1:

Spieler 1 sagt immer die gewürfelte Zahl an, also die Wahrheit.

In 2-ter Runde immer anzweifeln!

Strategie Spieler 2:

Ist der eigene Wurf von Spieler 2 höher als die Ansage von Spieler 1,&xnbsp; dann erhöht er auf die gewürfelte Zahl;&xnbsp; ansonsten zweifelt er an.

In 2-ter Runde immer anzweifeln!

 

Analyse/Beweis:

a)      Wir nehmen jetzt an, Spieler 1 nutzt die angegebene Strategie und wir suchen jetzt die optimale Gegenstrategie. (zu beachten ist hier, dass Spieler 1 ja in der zweiten Runde immer anzweifelt).

b)      Wenn Spieler 2 die 6 hört, dann hat Spieler1 auch die 6 und Spieler 2 verliert beim Zweifeln.

c)      Spieler 2 hört als Ansage ein x mit x=1,2,3,4 oder 5. Spieler 1 sagt immer die Wahrheit und zweifelt in der 2-ten Runde. Anzweifeln macht also keinen Sinn und Bluffen auch nicht. Also gewinnt Spieler 2 genau dann, wenn er besser als die Ansage von Spieler 1 gewürfelt hat und dieses dann ansagt!
Bei einer Ansage von x gewinnt Spieler 2 also mit Wahrscheinlichkeit (6-x)/6, wohingegen Spieler 1 mit Wahrscheinlichkeit x/6 gewinnt.

d)      Was ist nun die Gewinnwahrscheinlichkeit von Spieler 1 bei optimaler Gegenstrategie von Spieler 2?
(Spieler 2 hört 6&xnbsp; + Spieler 2 hört 5 und verliert + Spieler 2 hört 4 und verliert + ....)
P(Spieler 1 gewinnt) = 1/6 * (1 + 5/6 + 4/6 + 3/6 + 2/6 + 1/6) = 21/36 = 7/12 .

2) Als zweites nehmen wir jetzt an, Spieler 2 nutzt die angegebene Strategie und wir suchen jetzt die optimale Gegenstrategie von Spieler 1. (D.h. wir suchen die maximale Gewinnwahrscheinlichkeit von Spieler 1.) Beachte: Spieler 2 zweifelt in der 2-ten Runde immer an!

a)      Spieler 1 kann hier prinzipiell auch bluffen. Nehmen wir an, Spieler 1 blufft mit einer Ansage y < x , wenn er x gewürfelt hat.
=> Spieler 2 habe a gewürfelt; nach seiner Strategie gilt:
(I)&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp;&xnbsp; a < y&xnbsp; , Spieler 2 zweifelt . Spieler 1 verliert (außer, wenn a = y)
(II)&xnbsp;&xnbsp; y < a < x , Spieler 2 glaubt und behauptet a. Spieler 1 erhöht auf x und gewinnt.
(III) a > x , Spieler 2 glaubt und behauptet a. Spieler 1 verliert.
Hätte Spieler 1 nicht geblufft und gleich x behauptet, so hätte er im Fall (I) immer gewonnen, im Fall (II) genauso gewonnen und im Fall (III) noch bei a = x gewonnen.
In allen Fällen wäre er also ohne Bluff („tiefstapeln“) besser gewesen !
Da wir die optimale Gegenstrategie für Spieler 1 suchen, brauchen wir also den Fall, dass wir eine kleinere Zahl ansagen als wir gewürfelt haben, nicht mehr zu betrachten!

b)      Wir nehmen an, Spieler 1 hat x gewürfelt und y > x angesagt. Spieler 2 hat a gewürfelt.
Ist a = y&xnbsp; (Wahrscheinlichkeit 1/6), so gewinnt Spieler 1.
Ist a < y&xnbsp; (Wahrscheinlichkeit (y-1)/6 ), so gewinnt Spieler 1, falls er nicht gelogen hat.(Falls er gelogen hat, also y > x, so würde ein Bluff mit y+1 sofort erkannt werden, da Spieler 2 in der zweiten Runde ja immer anzweifelt. Hier benötigen wir Aussage a), denn bei y < x wäre eine Erhöhung auf x möglich).
Ist a > y, so gewinnt Spieler 2, da ja Spieler 1 wegen y > x nicht mehr ohne zu bluffen erhöhen kann!
Mit&xnbsp; P(a | b) = P(a und b) / P(b) erhalten wir also:
P(Spieler 1 gewinnt) =
= P(Spieler 1 sagt 1) * ( 1/6 ) +
+ P(Spieler 1 sagt 2) * (&xnbsp; 1/6 +&xnbsp; (2-1)/6&xnbsp; *&xnbsp; P(Spieler 1 hat 2 | Spieler 1 sagt 2)&xnbsp; )
+...+ P(Spieler 1 sagt 6) * (&xnbsp; 1/6 +&xnbsp; (6-1)/6&xnbsp; *&xnbsp; P(Spieler 1 hat 6 | Spieler 1 sagt 6)&xnbsp; )
= 1/6 * ( P(Spieler 1 sagt 1) + ...+ P(Spieler 1 sagt 6) ) +
+&xnbsp; 1/6 * P(Spieler 1 hat 2 und sagt 2) + 2/6 * P(Spieler 1 hat 3 und sagt 3)+
+ ... + 5/6 * P(Spieler 1 hat 6 und sagt 6)
= 1/6 * ( 1 ) +&xnbsp; 1/6 * P(Spieler 1 hat 2 und sagt 2) +
+ 2/6 * P(Spieler 1 hat 3 und sagt 3) +...+&xnbsp; 5/6 * P(Spieler 1 hat 6 und sagt 6)

Nun ist&xnbsp; P(Spieler 1 hat y und sagt y) < P(Spieler 1 hat y) = 1/6.
Damit erhalten wir
P(Spieler 1 gewinnt) <
<&xnbsp; 1/6&xnbsp; +&xnbsp; 1/6 * 1/6&xnbsp; + 2/6 * 1/6 + ... + 5/6 * 1/6
= 1/36 * (1 +2 +3 + 4 +5 + 6) = 7/12.
Die optimale Gegenstrategie von Spieler 1 gewinnt also mit einer Wahrscheinlichkeit von höchstens 7/12; wenn Spieler 1 bei einem Wurf von 2 bis 6 immer die Wahrheit sagt, so erreicht er diese 7/12 auch!


3) Die beiden beschriebenen Strategien für Spieler 1 und 2 sind also wieder optimal im Sinne des Minimax Theorems der Spieltheorie und der Spielwert des Spieles beträgt 7/12!

 

Bemerkung:
Der Spielwert des Spieles ist 7/12 und eindeutig; die optimalen Strategien sind im Allgemeinen nicht eindeutig!
Z.B. kann Spieler 1 im obigen Beispiel beim Wurf einer 1 auch jeden anderen Wert ansagen;
oder auch mit Wahrscheinlichkeiten 0,7 und 0,3 die Werte 3 und 4 ansagen . Seine Gewinnwahrscheinlichkeit bleibt weiterhin 7/12 bei optimalem Gegenspiel von Spieler 2!
Spieler 2 kann seine Strategie noch dahingehend verbessern, dass er auf nicht optimales Spiel seines Gegners reagiert – z.B. im Fall, dass er genau die Ansage seines Gegners auch gewürfelt hat (und damit beim Zweifeln automatisch verliert), kann er bluffen, die Ansage erhöhen und hoffen, dass sein Gegner nicht anzweifelt !

 

Nano Liars Dice (II):

Mit Würfel Wn und den Geboten 1<2< ... < n-1 < n , also mit einem n-seitigen Würfel und&xnbsp; ohne Pasch und ohne Stern!

 

Optimale Strategie(für Nano Liars Dice (II)):

Spieler 1 gewinnt mit Wahrscheinlichkeit ½ + 1/(2n) &xnbsp;&xnbsp;(=Wert des Spieles).

Strategie Spieler 1:

Spieler 1 sagt immer die gewürfelte Zahl an, also die Wahrheit.

In 2-ter Runde immer anzweifeln!

Strategie Spieler 2:

Ist der eigene Wurf von Spieler 2 höher als die Ansage von Spieler 1,&xnbsp; dann erhöht er auf die gewürfelte Zahl;&xnbsp; ansonsten zweifelt er an.

In 2-ter Runde immer anzweifeln!

 

Beweis:

Der Beweis ist identisch zu Nano Liars Dice (I).

Der Spielwert berechnet sich aus

(1/n2) * (n + (n-1) + ... + 1) =&xnbsp;

= (1/n2) * (n + 1) * (n/2)

= (1/n2) * (n2/2&xnbsp; + n/2)

= ½&xnbsp; +&xnbsp; 1/(2n)

 

Bemerkung:

Würde man noch den „Stern“ zulassen, als höchste Zahl – aber auch als Joker, so ändert sich die Strategie nicht. Würfelt jemand den Stern, so würde man diesen sofort ansagen und gewinnen.

 

 

Nano Liars Dice (III):

Mit Würfel W6 und den Geboten 1<2<3<4<5<6<11<22<33<44<55<66, also mit Pasch aber ohne Stern!

 

Wie ändern sich nun die Strategien der Spieler?

 

Hier ein paar Vorüberlegungen:

 

Kann Spieler 1 schon einen Pasch vorhersagen in seiner ersten Runde?

Wenn Spieler 1 eine 1 gewürfelt hat, dann könnte er 11 (Pasch 1) ansagen (und sich damit seine Gewinnwahrscheinlichkeit von 1/6 nach einer geworfenen 1 bewahren) – aber in allen anderen Fällen würde er sich seine Gewinnwahrscheinlichkeit ja auf 1/6 reduzieren!

Das Einführen des Pasches ist also wohl ein Vorteil für Spieler 2.

Allenfalls, wenn Spieler 1 in der ersten Runde „tiefstapelt“, könnte er in der zweiten Runde sinnvoller weise auf einen Pasch erhöhen.

 

Wie reagiert man, wenn der Gegner einen Pasch angesagt hat?

Wenn die Ansage falsch ist, so kann man ruhig anzweifeln – wenn die Ansage richtig ist, so kann man sowieso nicht mehr erhöhen und damit auch gleich anzweifeln.

Also: Ein vom Gegner angesagter Pasch sollte sofort angezweifelt werden.

 

Beispiel:

Spieler 1 sagt 6 an.

a)      Spieler 2 würfelt a zwischen 1 und 5.
Er kann Anzweifeln oder Pasch a ansagen. Will er aber bei Pasch a gewinnen, so müsste Spieler 1 auch ein a<6 gewürfelt haben und hätte somit bei der Ansage von 6 auch gelogen. Damit sollte Spieler 2 also direkt anzweifeln

b)      Spieler 2 würfelt auch eine 6.
Wenn er Anzweifelt, so hätte er verloren. Also kann er genauso gut gleich Pasch 6 ansagen und gewinnt, falls Spieler 1 nicht gelogen hat.

 

Korrekturen, Anregungen und insbesondere weiterführende Vermutungen und Lösungen werden gerne entgegengenommen!

 

Ende Teil 1&xnbsp; -- Fortsetzung folgt!?

 

 

 

 

 

Literatur:

 

Ferguson, Thomas. S.: Game Theory. Class notes for Math 167, Fall 2000

 

Ferguson, Christopher P.; Ferguson, Thomas S.:

Models for the game of Liar´s dice. Stochastic games and related topics. In honor of Prof. L. S. Shapley, Proc. Workshop, Chicago/IL (USA) 1987, Theory Decis. Libr., Ser. C 7, 15-28 (1991).

 

Freeman, G.H.:

The tactics of liar dice.

J. R. Stat. Soc., Ser. C 38, No.3, 507-516 (1989). [ISSN 0035-9254]

 

Ponssard, Jean-Pierre; Sorin, Sylvain:

Optimal behavior strategies in 0-sum games with almost perfect information.

Math. Oper. Res. 7, 14-31 (1982). [ISSN 0364-765X]