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Im Westpark nichts Neues. Alle Augen schauen nach wie vor begehrlich nach Sankt Petersburg und träumen von göttlichen Eingebungen, die sie hier zum Größten machen.
Günther hat eine vorzügliche Umsetzung des Spiels in eine Computer-Version geschaffen. Für die Computer-Gegner gibt es eine Reihe von Einstellungsparametern, mit denen man sie von aufrechten Bauwerkern bis zu strammen Adeligen ausrichten kann. Hier kann jeder von uns seine Strategien entwickeln und testen. Die eingebauten Verhaltensmuster sind bereits so stark, dass man seine Computer-Gegner schon mal bewusst auf die falsche Fährte zwingen muss, um vor dem Schlafengehen noch ein paar Siege einfahren zu können.
Auch unseren Phantasten Moritz hat das kapitalistische Fieber gepackt. Mit gewohnter Selbstsicherheit drohte er uns eine "Killerstrategie" an. Ob sie uns allerdings vom Markt fegen könnte oder ob seine Worte nur ein bisschen Pfeifen im dunklen Walde waren, hat er nicht so deutlich durchblicken lassen.
Lange Rede kurzer Sinn: Wir fingen den Abend mit einer Runde Sankt Petersburg an. Und als das Spiel voller Kampf und Konzentration, voller geballter Aktivitäten im Bauwerke- und Adelsbereich nach einer guten Stunde über die Bühne war, waren alle - der Sieger sowie die drei Verlierer - sofort bereit zu einem Revanche-Spiel. Das kommt in WPG-Kreisen höchst selten vor!
Günther, Aaron und ich gingen abwartend ins Spiel. Die aufgelegten Karten und das Verhalten der Mitspieler sollten entscheiden, ob wir uns mehr den Bauwerken oder mehr dem Adel zuwenden sollten. Moritz verfolgte, wie angekündigt, seine - noch geheime "Killerstrategie" und drei Augenpaare versuchten bei jedem Zug zu erkennen, wohin seine Reise führen sollte. Aber Sankt Petersburg fügt sich nicht freiwillig in die Pläne der Kontrahenten. Mal bietet der Markt nicht die erwarteten Karten, mal schnappen die Mitspieler ganz schnöde die wenigen Objekte der Begierde einem vor der Nase weg. Ganz offensichtlich lief es nicht gut für ihn. Ja für keinen, außer für mich, der ich in der zweiten Runde bereits die super-adelige Hofdame erstehen konnte und damit allen Geldsorgen entronnen war. Sie bringt jedes Mal am Ende der Adelsphase ihre 6 Rubel ein, womit man alle seine Ambitionen auf dem nachfolgenden Handwerkermarkt befriedigen kann, ohne dafür Geld vorhalten zu müssen. Selbst dass ich mich im Laufe des Spieles noch einmal unnötig in überteuerte Handwerker verstrickte, konnte meinen Sieg nicht mehr aufhalten.
Im zweiten Spiel bekam Günther in der ersten Runde bereits die bewusste adelige Dame in seine Finger. Er hatte auch vorsorglich (!) genügend Geld gespart, um sie sofort aufdecken zu können. Damit war sein Sieg schon mal auf die Schiene gesetzt. Er musste zwar noch aufpassen, dass seine weiteren Weichenstellungen nicht ins Abseits führten, aber für den abgeklärten Entwickler der Computer-Umsetzung war das eine überschaubare Aufgabe. Moritz kämpfte mit Händen und Füßen, mit Bauwerken und Adeligen und Upgradern aller Art gegen Günthers reichliche Geld- und Siegpunkt-Zuflüsse, es reichte aber nur zum zweiten Platz. Gaaanz knapp!
Hätte er in seinem ALLERLETZTEN Zug fünf Strafpunkte geopfert und dafür den letzten Adeligen vom Markt genommen und eingebunkert, dann hätte er Günthers Ausbeute beim Adelsbonus um sieben Punkte kürzen können und wäre mit seiner Upgrader-Dominanz sogar noch Sieger geworden. Es gibt in Sankt Petersburg immer wieder neue Phänomene, die alte (oder brandneue) Denkgewohnheiten über den Haufen werfen können. Ein tolles Spiel!
Als gemeinsames Fazit bleibt die weitere Erkenntnis: Viele Wege führen nach Rom. Einige frühzeitige lukrative Einkäufe auf dem Handwerkermarkt und ein beglückendes Angebot einer gewissen Dame sind sichere Meilensteine dahin.
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©2004, Walter Sorger