Hispaniola cover
Autor Michael Schacht
Verlag Pro Ludo
erschienen 2004
Spielerzahl 3-6
Spielzeit 45 Minuten

Hispaniola

rezensiert von Walter Sorger

Ein stinknormales Stichkartenspiel mit einem absolut unnormalen Wertungssystem. 75 Karten in 5 Farben (rot, grün, gelb, blau, violett) werden gemischt und an die Spieler ausgeteilt. (bei weniger als 5 Mitspielern sind es entsprechend weniger Karten.) Die Spieler bestimmen die Trumpffarbe und los geht's. Jeder Spieler spielt eine Karte aus, wer nicht bedienen kann, darf trumpfen. Wer die höchste Karte zugegeben hat, bekommt den Stich. Soweit alles Standard.

Wieviel Stiche man machen kann, hängt natürlich zu 100 % von den zugeteilten Karten, also rein vom Kartenglück ab. Dazu kommen noch mal 30 % Glück, ob eine Farbe einmal oder zweimal von allen bedient werden kann. Wiederum reine Zufallsergebnisse. In welcher Reihenfolge ich meine Karten spiele, und ob ich meine Chancen für die erzielbaren Stiche optimal auswerte, das kann ich tatsächlich mit etwas Kartenintelligenz beeinflussen. Vielleicht zu 10 %, höchstenfalls.

Habe ich jetzt insgesamt mehr als 100 % Einflußfaktoren zusammengebracht? Nun ja, dann habe ich mich irgendwo verrechnet.

Aber wir werden die Stiche gewertet? Gewinnt der, der die meisten Stiche erzielt hat? Oder derjenige, der die Anzahl seiner Stiche am genauesten vorhergesagt hat? Denkste! Hier wird es kompliziert. Wer bei Spielende den LETZTEN Stich in einer Farbe gemacht hat, bekommt dafür satte 5 Punkte. Wer den vorletzten oder drittletzten Stich in einer Farbe gemacht hat, bekommt dafür nur einen einzigen Punkt. Alle anderen Stiche zählen gar nicht! Die ersten Pflaumen sind madig!

Aber das ist noch nicht alles. Wer in einer Farbe einen frühen Stich gemacht hat, und wegen drei nachfolgenden Stichen in der gleichen Farbe aus der Wertung fällt, bekommt dafür Minuspunkte. Je früher ein Spieler herausgefallen ist, desto mehr Minuspunkte werden es. Erst wenn man bis zu Minus 4 Punkten stillgehalten hat, kommt die Erlösung und der Stich geht mit 0 Punkten ins Nirwana ein.

Hispaniola boardUnd jetzt kommt ein Schmankerl (= Delikatesse). Alle Stiche, die ein Spieler gemacht hat, muß er auf einen einzigen Stapel zusammengeben. Diesen Stapel darf bis an sein Lebensende behalten, er darf ihn aber auch jedesmal (oder wann immer er will), nachdem er einen Stich gemacht hat, komplett an seinen rechten oder linken Nachbarn abgeben. Warum? Wegen der Wertung! Wer bei Spielende den dicksten Stapel hat, bekommt 4 MINUS Punkte, wer den zweitdicksten hat, bekommt 2 Minuspunkte. Was hat man sich denn dabei gedacht? Kingmakerei und Chaos in einer einzigen Regel! Ein an sich logisches Stichspiel sollte halt noch ein bißchen unberechenbarer werden. Oder witziger? Wer weiß!

Um die Stichreihenfolge für die einzelnen Farben besser verwalten zu können, und um aus dem stinknormalen Stichkartenspiel ein regelrechtes Brettspiel zu machen, wurde ein riesengroßes Spielbrett erfunden, das man auf dem Tisch aufbreiten kann und in dem die einzelnen Stichpositionen vermerkt werden können. Mit richtigen Holzpöpeln. Die heißen Piraten. Und wer jeweils den letzten Stich in einer Farbe gemacht hat, heißt Kapitän. Schaut ihn Euch an, wie furchtbar er auf dem Schachteldeckel daherkommt. Als hätte er in seinem Leben noch nie etwas zu Lachen gehabt. Genauso wenig wie wir in unseren Hispaniola-Runden!

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