rezensiert von Walter Sorger
Für mich ist "King Arthur" nur ein verkapptes Quartettspiel. Die Spieler
ziehen Karten vom verdeckten Stapel, freuen sich, wenn sie mit dem Karten in der Hand gut
zusammenpassen, tauschen passende Handkarten gegen offen auf dem Tisch liegende
Farbkarten ein. Und wenn sie genügend Farbkarten beieinander haben, tauschen sie diese
gegen offen auf dem Tisch liegende Siegpunktkarten ein. Wer am Ende in der Summe die
meisten Siegpunkte eintauschen konnte, hat gewonnen.
Dass die Karten auf dem verdeckten Stapel offiziell "Ritterkarten" heißen,
die Farbkarten "Widersacherkarten" und die Siegpunktkarten
"Abenteuerkarten" trägt zum Spielmechanismus nicht sonderlich bei. Es wird
nicht gekämpft und erobert, es gibt keine Siege und Niederlagen, es wird schlichtweg
gezogen, gesammelt und getauscht. Nur unser guter Moritz würde etwas vermissen, wenn
statt Monster und Orcs hier Äpfel und Birnen aufgedruckt wären.
Ich gebe zu, dass "King Arthur" kein triviales einstufiges Kinderquartett
ist, es ist schon mindestens zwei- oder dreistufig. Erst muss man die richtigen Ritter
beisammen haben, dann die richtigen Widersacher einsacken und schließlich die Abenteuer
bestehen. Doch für einen Fantasy-Gamer oder für einen Strategen wird nicht viel geboten.
Beim Ziehen der Ritterkarten hat er den Freiheitsgrad 0, beim Erobern von
Widersacherkarten eine Auswahlmöglichkeit unter etwa 0 bis 3 Alternativen, und beim
Eintauschen gegen Abenteuerkarten schon wieder keinen Freiheitsgrad mehr: Die
Abendteuerkarte nimmt man im Prinzip immer sofort an sich nimmt, wenn man die passenden
Widersacherkarten hat. "Sunst nimmt mer se de Anner!" hätte Gustav
Trockenbrodt dies begründet.
Meiner Abqualifizierung von "King Arthur" als ein Quartettspiel hat Peter
heftigst, fast aggressiv widersprochen. Schließlich hatte er mal wieder gewonnen, und ich
war als Letzter auf einem ganzen Haufen roter Widersacherkarten sitzen geblieben. Hören
wir hier seine Gegenstellungnahme:
Nein, König Artus ist nicht mein neues Lieblingsspiel. Aber es ist tatsächlich
nicht so blöd, wie Walter glaubt. Ein paar Hinweise:
- Es gibt eine dynamische Spannung, ob man hohe (Widersacher-)Karten oder niedrige
kauft. Für hoch spricht: Man darf pro Runde max. 1 Karte kaufen. Jede Zahl gibt schon die
Siegpunkte an. Wer also eine 1er Karte kauft, verzichtet auf den Kauf einer 2er.
Umgekehrt gibt es Punktkarten, die man mit beliebig kleinen Karten einkaufen kann, wo
dann kleine vorzuziehen sind. Jede Runde stellt einen also schon vor diese Entscheidung;
und dann kommen noch die Siegpunktkarten dazu.
- Apropos. Das wäre doch eine echte Walteraufgabe, auszurechnen, welche
Siegpunktkarte am meisten geschenkte Punkte bietet, und welche am schlechtesten ist. Ich
vermute, am besten ist (alle vier Farben), die man für 5 Punkte kaufen kann, also 10
Punkte geschenkt bekommt. Kostet aber vier Runden (weil 4 Karten gekauft werden müssen).
Dagegen gewinnt man beim Gral 8 Punkte weniger, braucht aber in einer guten Kombination
nur 3 Karten (lauter 4er oder der 5er). Ich habe für den Gral 4 Karten gebraucht, war
also nicht ganz so gut. Also, das ist doch wirklich eine Walter-Excelei.
- Es ist von großer Bedeutung, darauf zu achten, was die anderen sammeln. Das ist
ein trivialer Hinweis, wurde aber anscheinend auch übersehen, denn es gibt jede
Siegpunktkarte nur einmal! Nur ein Beispiel: Es gibt die Karte 5 oder (3 und 3). Auf der
5er Karte lag Aarons Chip, aber er hatte sie noch nicht. Ich musste also so spielen, dass
ich in meinem aktiven Zug bereits die zweite 3 hatte. Das ist trivial, lässt sich aber
auf die Farbkarten o.ä. ausweiten.
- Es ist empfehlenswert, immer ein paar Ritterkarten auf der Hand zu haben, um
Occassionen zu nutzen. Also vielleicht nicht die 4 kaufen, auch wenn du Cash dafür hat,
sondern lieber die 2 oder so. Jedenfalls ist es eine komplette Katastrophe, ganz
abgebrannt zu sein.
Würde ich weiterdenken, fiele mir mehr ein. Zu Quartett fällt mir nicht so viel
ein.
Lieber Peter, zu Deiner ausführlichen Argumentation möchte ich hier auch noch mal was
erwidern:
- Deine "dynamische Spannung" entspricht für mich der Spannung eines
Farbenblinden, ob er sich eine rote oder eine grüne Kerze anzünden soll. Erstens hat er
nur eine einzige im Hause, und zweitens kann er den Unterschied zwischen Soll und Haben
dann doch nicht erkennen.
- Natürlich kauft jeder gerne unter sonst gleichen Randbedingungen lieber billigere
Karten als teuere. Da aber die Siegpunktkarten begrenzt sind, muss man doch schauen, ob
für niedrige Widersacher angesichts von Angebot und Nachfrage überhaupt noch was zu holen
ist. Außerdem: Da die kleinen Karten immer sofort weggehen, muss man für eine
4-Farben-Siegkarte mit Sicherheit mehr Runden und sehr viel mehr Punkte opfern.
Außerdem kann man ja nicht beliebig zwischen billigen und teuren Karten wählen, weil man
mit der Zahlungseinheit Ritterkarten niemals reichlich ausgestattet ist, und man sich
immer nach der Decke strecken muss, tendenziell also immer die billigen.
- Die Siegpunkte haben hier unter Deinem Punkt 1) gar nichts mehr verloren, weil sie
als einziges Entscheidungskriterium für die Auswahl der Widersacherkarten bereits
ausgedient haben.
- Du hast Recht, es ist eine triviale Excelei, die Tabellen zusammen zu stellen, für
welchen Ritter-Widersacher-Einsatz man die meisten Punkte machen kann. Aber nur, wenn man
alles für den Nominalwert bekommt. Da hier aber die Aktionen der Mitspieler eine
mindestens 50% Abweichung zwischen Theorie und Praxis bedeuten, lohnt sich der Aufwand
nicht. Für mich nicht.
- Natürlich ist es "bedeutend" zu sehen, was die anderen sammeln. Es ist
sicherlich nicht geschickt, hohe rote Karten zu sammeln, wenn der Spieler vor mir das
auch getan hat. Es ist sicherlich lohnenswert, auf die Siegpunktkarten zu spekulieren,
auf die sonst keiner spekuliert. Ist das immer so klar?
Es sich doch wohl immer, billige Widersacherkarten zu erwerben, oder? Und was mache ich
dann, wenn ich die wenigen Objekte meiner Begierde gerade so eben nicht mehr bekomme.
Dann schaue ich noch mal nach, was die anderen gesammelt haben. Diesmal aber durch das
Ofenrohr.
- Mit dem "übersehen" haben meinst Du sicherlich mich Ich habe irgendwann mal
das Rote-8-Abenteuer bestehen wollen. Schien mir erstrebenswert. Bin dann bis zum
Spielende auf meinen roten Karten sitzen geblieben. (Hi Peter, garantiert nicht NUR, weil
ich zu blöd war!), und am Ende hat mir Loredana die Rote-8 vor der Nase noch
weggeschnappt. Aber da war meine Ergebenheit in das Schicksal eines Quartett-Spielers
schon so weit gediehen, daß ich mich darüber nicht geärgert haben, sondern mich nur noch
über das näher rückende Spielende freuen konnte!
- Du "musstest" also so spielen, dass Du die zweite 3 bekommst! Was hat Aaron
da verkehrt gemacht? Oder haben Günther und ich als Zwischenspieler vor Dir dazu etwas
verkehrt gemacht? Hast Du das alles vorausgeplant, dass a) eine 3-er Karte im Angebot
liegt, dass b) diese Karte das Abräumen auslöst (Experten-Regel), und dass c) vier
Mitspieler vor Dir kein Interesse an dieser Karte haben werden? Dann bist Du der geborene
Merlin!
- Dass man als "Abgebrannter" ganz schlechte Karten hat, kann ich
uneingeschränkt unterschreiben. Dies ist ein ganz wichtiger Hinweis von Dir, den ich als
Fazit an alle Arthurianer weitergeben möchte: Liebe Arthus-Ritter, vervollständigt erst
mal eure Tafelrunde, bevor ihr auf Abenteuer ausgeht. Und nur wenn Euch unterwegs
zufälligerweise mal ein kleines Häschen begegnet, dann vernascht es halt so en passant.
Passt aber dabei auf, dass ihr dabei hinter dem Ritter-Ofen nicht träge und gehfaul
werdet.
Ceterum censeo rex artus quartettus est. (Oder hätte ich hier den Akkusativ schreiben
müssen?)
©2005, Westpark Gamers