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Autor |
Reiner Knizia |
Verlag |
Hans im Glück
Verlag |
erschienen |
2005 |
Spielerzahl |
2-4 |
Spielzeit |
45 Minuten |
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rezensiert von Walter Sorger
Als Euphrat & Tigris, das Brettspiel, 1997 das Licht der Welt erblickte, ließ es
sofort aufhorchen. Es gelangte in die Auswahlliste des Jahres und festigte den Ruf von
"Hans-im-Glück" als einer der besten Spielverlage der Welt. Heute besitzt es
einen schon fast legendären Ruf, und in der ewigen Bestenliste der Spiele aller Länder
dieser Erde sollte es wohl seinen festen Stammplatz erobert haben.
Reiner Knizia hat eine Menge neuer Ideen in diesem Spiel eingebracht; allein die
verschiedensten Arten von Kampfmechanismen für die eigene und gegen die fremde
Ausbreitung auf dem Spielfeld sind geniale Erfindungen. Das Besetzen von freien
Territorien, das Erobern von gegnerischen Positionen, das Sichern von Besitztum und
Privilegien und das Erringen von Siegpunkten schaffen einen riesigen Handlungsspielraum
für die Interaktion der Spieler untereinander.
Um den guten Klang von "Euphrat & Tigris" auf dem Spielemarkt zu nutzen
und ggf. die Oberfläche wieder etwas aufzupolieren, hat Hans-im-Glück jetzt eine
Kartenspiel-Version dieser Spielidee herausgebracht. Was hat sich geändert?
Bleiben wir lieber bei dem, was gleich geblieben ist:
- Jeder Spieler agiert weiterhin in den Rollen von König, Priester, Bauer und Händler.
Die entsprechenden Markierungssteine haben das ursprüngliche Aussehen.
- Die Spielfläche wird weiterhin mit den 4 Arten von Zivilisationsplättchen (Karten)
für Bevölkerung, Tempel, Landwirtschaft und Markt bedeckt.
- Die Spieler ziehen wie bisher ihre Anführer oder legen Zivilisationskarten auf die
Spielfläche.
- Die Spieler kassieren Siegpunkte für Zivilisationskarten, die sie an Territorien
anlegen, auf denen sie ihre passenden Anführer platziert haben.
- Die Spieler können die gleichen externen und interne Konflikten auslösen und die
Regeln, nach denen diese Konflikte entschieden werden und welche Prämien der Sieger
einstreichen kann, sind ebenfalls unverändert geblieben.
- Auch für solche Besonderheiten wie Katastrophen auslösen oder Monumente errichten
gibt es im Brettspiel und im Kartenspiel ganz analoge Vorgänge.
Was ist denn jetzt anders?
- Im Brettspiel ist alles offen und Königreiche können an jeder Stelle des Spielfeldes
neu gegründet werden. Im Kartenspiel sind alle Königreiche bereits vorgegeben, sie können
sich nur noch ausbreiten oder zusammenwachsen.
Konsequenz: Es gibt weniger Freiheiten (immer noch ausreichend viele!) und jeder
Spieler kann sich schneller zu seinem Spielzug entscheiden.
- Im Brettspiel kann ein Spieler Zivilisationsplättchen und Anführer weitgehend ohne
Einschränkung auf dem Spielbrett verteilen; im Kartenspiel darf ein Anführer nur auf ein
existierendes Königreich gelegt werden; die Zivilisationskarten müssen beim Auslegen
existierende Königreiche berühren.
- Konsequenz: Wie bei a) weniger Freiheiten und damit schnelleres Spiel.
- Das Versetzen einen Anführers geht flüssiger als früher: Das Herausnehmen und
Neu-Einsetzen gilt als ein einziger Zug.
Konsequenz: Mehr Flexibilität beim strategischen Umdisponieren (ohne daß damit das
Spiel verlangsamt wird).
- Jeder Spieler hat 8 anstatt 6 Zivilisationskarten auf der Hand.
Konsequenz: Auf den ersten Blick erscheint das unwesentlich; aber damit ist die
Kartenhand eines Spieler deutlich schlechter auszuzählen, insbesondere kann man sich
nicht darauf verlassen, einen Spieler durch Teilkämpfe ausbluten zu können. Insgesamt
werden dadurch Zufallsentscheidungen gefördert, doch keineswegs nimmt das Spielgeschehen
dadurch chaotische Züge an. Eher wird die spielerische Atmosphäre des Kartenspiels
unterstrichen.
Die Änderungen sind also nicht substantieller Art, sondern eher leichte, stilistische
Verschiebungen bei der Umsetzung. Wer das Brettspiel beherrscht, findet sich auch beim
Kartenspiel sofort zurecht. Doch der Spielablauf hat sich enorm beschleunigt, mindestens
die Hälfte der Zeit ist gewonnen (oder verloren). Wer sich noch kurz vor der Nachtruhe
ein Spielchen gönnen will, braucht nicht zu fürchten, damit andere Lebensqualitäten zu
verspielen. Schon allein diese Tatsache rechtfertigt die Anstrengungen von Autor und
Verlag. Vor allem, weil die großen, genialen Ideen alle erhalten geblieben sind.
©2005, Westpark Gamers