Spielbericht vom 26.06.2002
Autor: Moritz
am Tisch: Peter, Günther, Walter, Aaron, Moritz
auf dem Tisch: Flickwerk, Illuminati (Deluxe Edition mit „Year 2k“
expansion), Canyon (mit Expansion set)
Nach langer berufsbedingter Pause war ich mal wieder dabei, und es war schön, die alte
Proficrew wieder in voller Form zu erleben! Zuerst quälte uns allerdings Peter mit
- Flickwerk
....einem eher öden Schieberätselspiel von einem der umstrittensten Spieledesigner,
Friedemann Friese. Die Spieler versuchen quasi gemeinsam anhand der selben Legeteile,
eine halb zufällige Rätselaufgabe „nachzubauen“, wobei immer ein Quadrat aus
9 Teilen gebildet werden muß. Wer als erster fertig ist, gewinnt. Leider waren schon 2
der ersten Aufgaben unmöglich zu lösen – nicht besonders spannend, wenn man das
erst nach einer Weile erkennt! Und so wirklich interessant ist das Rätsellösen auch
nicht. Das kompetitive Element in „Rasende
Roboter“ z.B. ist viel spannender. Zusätzlich ist die Graphik der Teile
entsetzlich, und erinnert an schlimmste C-64-Nadeldrucker-Zeiten.
Westpark-Gamers – Bewertung: 4
Aus irgendeinem skurrilen Grund war Peter der Meinung, dieses Spiel müsste Walter
begeistern. Walter konstatierte trocken, daß dem nicht so sei, und beendete das Spiel.
Auf zu....
- Illuminati
...einem meiner absoluten Lieblingsspiele. Die geniale Spielidee hält sich nun schon seit
mehreren Jahrzehnten, und hat mehrere Inkarnationen überlebt, darunter auch eine nicht
unerfolgreiche Vermarktung als „Sammelkartenspiel“, und eine schöne Variante,
„Hacker“. Auch war es eines der ersten Spiele, daß die Idee des
„Expansion Sets“ einführte (obwohl dieser Verdienst hauptsächlich „Cosmic
Encounter“ zufällt). Angeblich brachte dieses parodistische Spiel um
Geheimgesellschaften und deren Netzwerke sogar den FBI dazu, die Büros von „Steve Jackson Games“ durchsuchen zu lassen!
Jeder Spieler startet mit einer grossen Geheimgesellschaft, zum
Beispiel den Bayerischen Illuminaten (frei nach den Büchern von Robert Anton Wilson). Diese
sitzt unangreifbar wie eine Spinne im Netz in der Mitte des eigenen Netzwerks. Von dieser
Gesellschaft gehen 4 Pfeile aus, die andere Karten, also andere Organisationen,
kontrollieren können. Dies geschieht mit sogenannten „Übernahme-Angriffen“,
wobei die „Power“ der angreifenden Organisation mit der
„Resistance“ der verteidigenden Organisation verglichen wird, um einen
möglichst hohen Wert zustandezubekommen, der dann auf 2 Würfeln unterwürfelt werden muss.
Zusätzlich kommen noch die Attribute der Gesellschaften ins Spiel: Sind sie
gegensätzlich, zum Beispiel „weird“ gegen „straight“, oder
„communist“ gegen „government“, fällt die Übernahme schwerer, ist
sie gleich, fällt sie leichter. Zusätzlich kann Geld,
„Megabucks“, eingesetzt werden, um den Versuch zusätzlich zu
„schmieren“. Leider können die anderen Spieler mit ihrem Geld dagegenhalten,
allerdings nur mit dem Geld, daß von der Hauptgeheimgesellschaft verwaltet wird, also auf
deren Karte liegt.
Gelingt die Übernahme, werden die neugewonnen Verbündeten an dem ausgehenden Pfeil der
Angreiferkarte angelegt, und können nun wiederum mit ihren offenen Pfeilen weitere
Gesellschaften angreifen. Da die Pfeile auf den eroberten Karten nicht immer in alle 4
Richtungen ausgehen, entsteht sogar ein kleines Legespiel, da man die Gesellschaften
nicht immer so platzieren kann, wie man möchte (sie dürfen sich nicht überlappen).
Interessanter als „Flickwerk“ (siehe oben)! Die Platzierung ist sehr wichtig
– Organisationen die besonders nahe an der Gründerorganisation liegen, sind gegen
Angriffe von anderen Spielern besser geschützt.
Man kann versuchen, Gesellschaften aus einem offenen Pool in der Mitte anzuheuern, aber
auch die anderer Spieler können abspenstig gemacht werden. Allerdings verteidigt hier
nicht nur der Etat der Ur-Gesellschaft, sondern auch der, der auf der Karte liegt –
und der zählt doppelt! Dennoch sind Spieler-gegen-Spieler-Angriffe sehr häufig!
Nicht vergessen sollte man noch 2 weitere Formen des Angriffs: Der
„Neutralisierungsangriff“ (+6, und die Karte kommt nicht zu einem selber,
sondern wird wieder „neutral“), und der „Vernichtungsangriff“
(Karte wird für immer zerstört). Die Rolle des Geldes ist sehr wichtig – jede
Organisation hat ihr eigenes Einkommen. Und die Geldhäufchen werden wie eine Spielfigur
auf dem eigenen Netzwerk bewegt – sind sie auf der Urorganisation, können Sie für
alles verwendet werden, sind sie auf einer anderen Karte, können sie nur für die
Verteidigung oder Angriffe dieser spezifischen Karte verwendet werden, und für nichts
anderes.
Auch erwähnen sollte man die Spezialkarten – diese haben
verschiedene regelverändernde Kräfte, können aber auch verwendet werden, um einen Angriff
„privilegiert“ zu machen, d.h. kein anderer Spieler kann sich einmischen (das
Spiel ist ohne die privilegierten Angriffe kaum zu gewinnen!). Und wie gewinnt man? Als
erster ein Netzwerk einer bestimmten Grösse, abhängig von der Spielerzahl, aufgebaut zu
haben. Oder die jeweils spezielle Siegbedingung der eigenen Hauptgruppe zu erfüllen. In
meinem Fall (ich spielte die „Diener des Cthulhu“) war dies, 8 Gruppen zu
zerstören. Ich hielt meine Organisation klein und konzentrierte mich allein auf dieses
Ziel – mit Hilfe von „Microsoft“, oder zumindest dessen parodistischen
Namensvetter, gelang es mir, die Weltherrschaft zu erringen.
Ach ja: Das lustigste Element des Spieles habe ich vergessen – die knapp 200
verschiedenen Karten mit sehr lustigen Geheimorganisationen wie den „Boy
Sprouts“, den „congressional wives“ oder den „phone
phreaks“. Alle Organisationen haben spezifische Eigenschaften und manchmal auch
Sonderfähigkeiten, und das Chaos der Interaktion der verschiedenen Netzwerke macht den
grossen Reiz des Spiels aus!
Wir spielten übrigens die neueste englische Ausgabe dieses Spiels, die „deluxe
edition“ zusammen mit dem „year
2k“-expansion set. Und es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß dieses Spiel
unter dem „Kill Dr.Lucky“-Syndrom leidet: Da der Sieg eines Spielers jederzeit
von allen verhindert werden kann – gesetzt den Fall, daß sie Geld und die nötigen
Karten haben – gewinnt am Ende der, der Glück hat, die anderen Spieler in einer
„ausgepowerten“ Phase zu erwischen, nämlich dann, wenn sie alle Resourcen
verbrauchten, um einen ANDEREN am Sieg zu hindern. Hierbei spielt die Zugreihenfolge
natürlich eine große Rolle. Dennoch ein schönes, originelles und vor allem lustiges Spiel
– ein echter Klassiker!
Westparkbewertung: 6.6
- Canyon
Zu guter Letzt spielten wir noch dieses deutsche Spiel schon etwas älteren Jahrgangs,
damals sehr gelobt. Es handelt sich um ein Kanurennen zwischen Indianern, daß durch eine
Serie von Stichspielen vorangetrieben wird – Einer der bizarrsten Kombinationen von
Spielmechanismen und Thematik, die mir je untergekommen ist, denn was sich spielt wie
jeweils eine kleine Version „Wizard“
(sieht man von der netten Idee der Spezialeigenschaftskarten ab), dient dazu die Zugweite
der Kanus zu bestimmen, und deren Bewegung spielt sich eher wie „Mississippi
Queen“ (spielt das eigentlich noch jemand????). Und was hat das Ganze mit
Indianern zu tun???? Man muß die Zahl der Stiche ankündigen, von der man glaubt, man
könne sie erfüllen. Schätzt man diese genau ein, geht man diese Anzahl als Felder und
bekommt noch einen Bonus dazu. Erfüllt man mehr Stiche, darf man sich auch bewegen, aber
der Bonus entfällt, und eventuell kommt man daher weniger weit. Überschätzt man sich, ist
es ganz mies: Es gibt gar keine Bewegung!
Natürlich spielt hier auch das Glück eine grosse Rolle, denn wer ständig schlechte Karten
hat, wird nie genügend Stiche machen, um sich wirklich weit bewegen zu können, selbst
wenn er sich nie verschätzt! Dennoch ein mehr als nettes Spielchen, vor allem mit dem
Expansion-Set, das Hindernisse und Spezialindianer einführt, die bestimmte Regeln des
Stichspiels ausser Kraft setzen. Ein Brettspielveteran, den man durchaus immer wieder mal
spielen kann!
Westparkbewertung: 7