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rezensiert von Aaron Haag
Kann man Birnen essen? Richtige Antwort: "Es kommt drauf an." Wenn mit dem Begriff "Birne" die Frucht gemeint ist schon, aber was ist mit der Glüh-"Birne" (Osram möge mir verzeihen) oder dem Kopf meine Freundes? Offenbar gibt es im Deutschen Begriffe, die sowohl Form als auch Funktion beschreiben und es damit dem Kontext überlassen, welche genaue Interpretation die richtige ist.
Ähnlich ging es mir, als ich das Spiel "Wench!" sah. Wench? Noch nie gehört. Ein kurzer Blick bei leo.org fördert drei mögliche Interpretationen zu Tage: "Mädchen", "Frauenzimmer", "Hure". Damit ist zumindest die Form klar beschrieben: es handelt sich im eine Bezeichnung für eine weibliche Person. Bleibt noch die "Funktion" und da liegen Walter (siehe seinen Bericht vom Spieleabend) und ich doch etwas auseinander. Wench ist nach meiner Meinung ein Frauenzimmer, genau in der Bedeutung, wie Mann (und Frau) es meint und wie es detailliert auf wench.org von Dawn Ferchak beschrieben wird. Und die hat mit Prostitution vermutlich genauso viel gemeinsam wie George W. Bush mit der Friedensbewegung. Oder wir einigen uns auf Moritz' Kompromissvorschlag "Tussie", der wohl den Standardfall der Anwendung im Englischen am besten wiedergibt.
Aber nun zum Spiel. Die Schachtel lässt bereits erahnen, dass es um ein Kartenspiel geht und offenbar leicht bekleidete "Frauenzimmer" die Karten zieren. Der kleine Hinweis "M - mature" lässt vermutlich das ein oder andere Männerherz erst einmal etwas schneller schlagen, kämen dann nicht Karten zum Vorschein, deren Illustrationen sich eher an frühpubertierende Jünglinge richtet als an reiferes Publikum.
Nach dem Öffnen der Schachtel liegt einem ein Satz Pokerkarten (vier Farben mit je 13 Karten und 2 Jokern) in der Hand. Erster Verdacht: die Mini-Playboy Version von Poker. Dass es aber nicht um Poker geht, wird klar, wenn man die Karten kurz auffächert und feststellt, dass es "blaue" und "braune" Karten gibt. Außerdem hat jede Karte einen Titel und eine Anweisung, die als Text unter dem Titel steht. Spätestens beim Lesen dieser Texte wird klar, um welche Art Spiel es sich handelt: ein Partyspiel. Und aufgrund der Illustrationen eines für reine Männerrunden, wie der Schachteltext am oberen und unteren Rand auch deutlich verrät: "A drinking man's thinking game". Der "thinking" Anteil des Spiels beschränkt sich aber auf das Studieren der Spielregeln und verliert sich dann beim Spielen sofort um durch "drinking" ersetzt zu werden.
Die fünf Karten, die jeder Spieler zu Beginn zugeteilt bekommt, gilt es so schnell wie möglich wieder los zu werden. Das erreicht man durch Ausspielen von braunen Karten wenn man an der Reihe ist. Hat man keine, muss man nachziehen. Die ausgespielte braune Karte legt man vor sich ab und die darauf stehende Anweisung gilt ab sofort für alle Spieler bis man wieder an der Reihe ist.
Die Anweisungen bieten einerseits die Möglichkeit, Karten aus der eigenen Hand mit anderen Spielern zu tauschen, ausliegende Karten zu wechseln oder anderen Spielern bei Nichtbeachten der Anweisung Karten zu geben, der so genannten "primary penalty", die aber nur einmal pro Runde zu zahlen ist. Damit das Spiel auch wirklich zum "drinking man's game" wird, schlägt die Regel eine "secondary penalty" vor, die jeden Spieler trifft, der gegen eine ausliegende Anweisung verstößt. Hier rät die Regel zu "einen Schluck des Lieblingsgetränks".
Dann sind da noch die blauen Karten, die zu jeder beliebigen Zeit gespielt werden können, solange die auf der Karte beschriebene Bedingung gerade zutrifft. Und um den "thinking" Anteil zumindest beim Regelstudium zu gewährleisten, gibt es noch eine zweite Sorte braune Karten (allerdings nur vier Stück), die nicht wie die anderen braunen offen für eine Runde vor einem abgelegt werden, sondern deren Anweisung als "fast action" sofort und nur einmal umgesetzt wird.
Bevor wir noch einmal zu den Kartenillustrationen kommen, ein paar Worte zu den Anweisungen auf den Karten. Diese rangieren von trocken und unspektakulär über ganz lustig bis albern. Aber dank der "secondary penalty" Regel wird dafür gesorgt, dass nach einigen Runden die Stimmung steigt, vorausgesetzt, das Lieblingsgetränk hat den entsprechenden Alkoholgehalt. Und hier rät die Regel in echter amerikanischer Haftpflicht-Paranoia möglichst nur Plastik- oder Alubehälter für die Getränke zu verwenden und das Spiel zu beenden, wenn sich Spieler unwohl oder schwindlig fühlen. Klar, dass auch noch darauf hingewiesen wird, das Spiel nur dort zu spielen, wo es erlaubt ist. In unserer Runde gab es auch ohne gehobenen Alkoholpegel Lacher, aber echte Spielstimmung kam doch nicht auf.
Aber noch einmal zurück zu den Illustrationen. Beim Herstellen der Bilder für diese Rezension fiel mir auf, dass alle höheren Karten (10, B, D, K, A) deutlich weniger Comic-artig sind und die Gesichter durchaus echten Models nachempfunden worden sein könnten. Und siehe da, ganz am Schluss der Regel werden die "Card Models" namentlich erwähnt, und darunter ist mit Brigitte Cranford vermutlich die Ehefrau des Autors. Und wenn die beiden nicht gerade einen Rosenkrieg austragen, spricht das sogar dafür, Wench einfach nur mit "Mädchen" zu übersetzen…
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