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Autor Friedemann Friese
Verlag 2F Spiele
erschienen 2004
Spielerzahl 3-6
Spielzeit 120 Minuten

Funkenschlag

rezensiert von Walter Sorger

Alle Spiele aus dem 2F-Spiele-Verlag von Friedemann Friese sind von überdurchschnittlicher Qualität, auch wenn einem die vielen Effs in den Titeln zuerst lustig, dann aber eher lästig vorkommen. Jetzt hat Friedemann die überbordenden Wort-Kombinationen auf ein einziges Schlagwort, "Funkenschlag", reduziert und seine Begabung als Spielautor voll auf Abläufe und Regeln konzentriert, und schon ist nicht nur ein sehr gutes, sondern ein geniales Spiel entstanden.

Pate gestanden hat die große Palette der Eisenbahnspiele: Strecken bauen und Verbindungsgelder kassieren sind die wichtigsten Elemente im Spiel. Doch das Milieu sind nicht Eisenbahngesellschaften und Gleisstrecken, sondern Energiekonzerne und Stromleitungen. Anstatt Renditen für Städteverbindungen zu erzielen, bekommt man sie für die Stromversorgung von Städten.

Die Spielidee ist überzeugend umgesetzt, beim Erwerben und Betreiben von Kraftwerken denkt man überhaupt nicht an die Baltimore & Ohio aus dem guten alten "1830", sondern eher an E.on und RWE, an den schwarzen Himmel über Rhein und Ruhr, an Biblis und Tschernobyl und an die grünen Davids, die mit ihren optimistischen Windschleudern die Welt in Bewegung halten wollen.

Es gibt verschiedene Arten von Kraftwerken zum Produzieren von Strom: Kohle, Öl, Müllverbrennung, Atom und Windkraft. Naturgemäß werden jeweils unterschiedliche Rohstoffe zum Betreiben benötigt, und den muss man sich auf dem freien Markt besorgen. Wind ist natürlich kostenlos.

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Die Kraftwerke werden versteigert, ein Spielelement, das für Interaktion und Variation beim Spielablauf sorgt. Doch im "Funkenschlag" sind die Versteigerungen kein chaotisches Element wie vielleicht bei "Kuhhandel", sondern sie sind ganz weich integriert in die vielfältigen taktischen und strategischen Planungen. Erstens sind alle Kraftwerke ziemlich gleichwertig, Preis, Kapazität und Wirkungsgrad halten sich die Waage. Bei den Versteigerungen geht es also keineswegs um Alles oder Nichts, sondern um gezieltes Durchsetzen (oder Erschweren) einer strategischen Stromerzeugungspolitik. Zweitens darf man pro Runde sowieso nur ein einziges neues Kraftwerk erstehen, wer also zu früh den Zuschlag erhält, muss anschließend zusehen, wie die anderen Mitspieler sich ihre Lieblingsobjekte für den billigen Nennpreis aneignen können.

Der bemerkenswerteste Spielmechanismus in "Funkenschlag" sind die Anti-Privilegien des Startspielers. Die Zugreihenfolge wird pro Runde jeweils neu ermittelt, und zwar nach dem ausgewiesenen Besitzstand: Der Spieler mit den größten Versorgungsnetzes und dem höchsten Wert eines Kraftwerkes wird Startspieler. "Startspieler" ist hier ein euphemistischer Ausdruck: Bei einer Aktion muss er als erster antreten, hingegen darf er bei zwei Aktionen erst als letzter agieren. In jedem Fall handelt er sich mit seiner Rolle nur Nachteile ein.

Die Startspielerrolle fällt zum Glück ja nicht vom Himmel, sondern sie ist eine planerische Größe im Kampf um Einnahmen und Positionsvorteile. Das Schielen auf diese Rolle hat Einfluss auf die freie Spielerentscheidung, welche neuen Kraftwerke man sich zulegt und wie viele neue Städte man in sein Versorgungsnetz aufnimmt. Hier gilt garantiert nicht unser Mantra von "1830" "keep fully invested". Gerade die richtige Dosierung von massiven Investitionen und von konsequenter Enthaltsamkeit ist eines der Erfolgsgeheimnisse für den Sieg in "Funkenschlag". Ein vorzüglich ausbalanciertes, intelligentes und zugleich sensibles Wirtschaftsspiel.

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