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Autor Bruno Cathala
Ludovic Maublanc
Verlag Days of Wonder
erschienen 2006
Spielerzahl 3-5
Spielzeit 60 Minuten

Kleopatra

von Walter Sorger

Das Spielmaterial ist entzückend schön. Fast wie aus Elfenbein muten die zierlich geformten beigen Sphinxe, Obeliske, Tempelsäulen und der Thron an, mit denen die Spieler den heiligen Bezirk im Tal der Könige in Luxor ausschmücken sollen. Der Titel "Tal der Könige" ist leider schon seit 1991 für ein Spiel von "Kosmos" vergeben; zu dem jetzt mit "Kleopatra" vorgestellten Spiel von "Days of Wonder" hätte er ausgezeichnet gepasst. Doch sicherlich besitzt auch eine "Kleopatra" genügend Attraktivität und lässt die Käuferherzen höher schlagen.

Die "Baumeister" deuten allerdings an, dass vor der nackten Lust erst einmal harte Arbeit angesagt ist. Die Spieler müssen sich in den Steinbruch begeben, um dort im Schweiße ihres Angesichtes die Bauelemente aus dem harten Gestein hacken. Die Spielanleitung nennt diese Schwerstarbeit leichthin "besorgen"; Waren die alten Ägypter etwa bereits so kleptoman veranlagt wie heutzutage manches Klischee-Volk und haben die Sphinxe einfach mitgehen lassen? Na ja, immerhin sind die fraglichen Teile bereits fertig ausgestanzt und liegen in einem wunderschönen Plastik-Steinbruch zum Abholen bereit.

Ehe man im Steinbruch seine "Besorgungen" machen kann, muss man den "Markt besuchen". Hier erwirbt man alle Zutaten, die für die Bauelemente benötigt werden, also Steinblöcke, Marmorplatten, Bauhölzer und ähnliches. Ich habe früher im Geschichtsunterricht nie gelernt, dass die alten Ägypter sich erst mal auf dem freien Markt mit Steinblöcken eindeckten und diese dann in den Steinbruch trugen, um sich dort Sphinxe meißeln zu lassen. Doch bei "Kleopatra" funktioniert diese Vorgehensweise ganz ausgezeichnet.

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Die Art und Weise, wie die Zutaten (= Karten) auf dem Markt verteilt werden, enthält einen ganz neuartigen Verteilungsmechanismus: Die Zutaten-Karten werden zu Spielbeginn zur Hälfte offen und zur Hälfte verdeckt in einem Stapel vermischt und peut a peut in drei getrennten Paketen auf den Tisch ausgelegt, offen oder verdeckt, wie es das Schicksal entschieden hat. Ein Spieler, der den "Markt besucht", nimmt eines der drei Pakete als Zutaten-Vorrat vollständig auf die Hand, und legt anschließend auf jedes der Pakete auf dem Tisch eine neue Karte vom Stapel. [Bemerkung nur für Mathematiker: Auch ein leeres Paket ist ein Paket!] Die Pakete auf dem Tisch weisen demnach alle eine unterschiedliche Anzahl von Zutaten-Karten auf und jeder Spieler kann / muss sich entscheiden, ob er wenige Karten mit bekannten aber guten Eigenschaften aufnimmt oder viele Karten von teilweise fragwürdiger Qualität.

Im Standardfall stehen die Karten für eine Einheit eines bestimmen Baustoffes. Es gibt allerdings auch Sonderkarten, die gleich die doppelte Einheit eines Baustoffes beinhalten oder in denen die Art des Baustoffes frei gewählt werden kann. Diese Vorteile werden aber sofort wieder mit Nachteilen neutralisiert: Beim Spielen von solchen Sonderkarte bekommt der Spieler Minuspunkte ("Korruptionsamulette" genannt), die wie ein Damoklesschwert über seiner Seele lasten. Bei der Schlussabrechung werden die Minuspunkte aller Spieler miteinander verglichen, und wer die meisten hat, ist Letzter und scheidet aus.

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Die Minuspunkte aller anderen Spieler lösen sich in Luft auf und haben keinerlei Einfluss mehr auf die Siegerermittlung. Deswegen darf man vor den Minuspunkten nicht grundsätzlich Angst haben. Zu einem erfolgreichen Spiel gehört es sogar unbedingt dazu, die Sonderkarten mit ihren Vorteilen maximal zu nutzen. Ohne ihre Vergünstigungen kann man das Spiel nicht gewinnen. Nur muss man sein Schuldenkonto immer im Auge haben und konsequent alle Gelegenheiten nutzen, die das Spiel bietet, die Minuspunkte wieder zu verringern.

Eine Möglichkeit dazu ist das Tempelopfer, hier darf man sich nicht lumpen lassen: "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt!" Eine weitere Möglichkeit zum Abbau der Minuspunkte ist das Anlegen von Götter-Gärten, womit ein erheblicher Sündenablass gewährt werden sein kann. Viel sündigen, viel bauen, viel gewinnen und viel in die Sündenvergebung investieren, das ist für "Kleopatra" eine erfolgreiche Maxime. Das richtige Spiel mit den Minuspunkten ist überhaupt das wichtigste strategische Element. Wenn am Ende des Spieles nur ein einziger Mitspieler mehr Minuspunkte aufweist, hat man die Dreipunktlandung hingekriegt, frei nach einer Redewendung aus meiner Kindheit: "Evangelisch gelebt und katholisch gestorben, ist dem Teufel die Rechnung verdorben."

"Kleopatra" ist ein sehr gut ausbalanciertes konstruktives Sammel- und Aufbauspiel. Viele hübsche pfiffige Ideen sind hier eingeflossen. Viele Freiheiten und unterschiedliche Wege führen zum Erfolg. Alles zusammen ist in ein gelungenes Gesamtkonzept gegossen. Somit reiht sich "Kleopatra" verdientermaßen in die 2006er Generation der großen Aufbauspiele ein. Und sein bestechendes Spielmaterial hebt es noch ein bisschen darüber hinaus.

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