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Autor Acchitocca
(F. Brasini, V. Gigli,
S. Luperto, A. Tinto)
Verlag Abacus Spiele
erschienen 2006
Spielerzahl 2-5
Spielzeit 90 Minuten
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Maestro Leonardo

rezensiert von Walter Sorger

Den alten Rauschebart auf der Schachtel kann man unschwer als den Vater der Mona Lisa identifizieren, die Steinzeitmenschen mit Hacke und Webstuhl leiten dagegen in die Irre: das Zeitalter des Spiels ist die Renaissance und sein etwas mühsam zu buchstabierender Titel "Maestro Leonardo" benennt den große Meister Leonardo da Vinci als Held des Spiels. Leonardos genial voraus gedachten Erfindungen herzustellen und damit das meiste Geld zu machen ergibt den Sieg.

Die Art der Tätigkeit besitzt den Charakter von handwerklicher Produktion. Die Erfindungen werden "beauftragt" und zu ihrer Herstellung werden Rohstoffe benötigt und Arbeitsstunden von Meistern oder Lehrlingen investiert, aber kein einziger genialer Gedanke. "Maestro Leonardo" ist ein reines Wirtschaftsspiel, allerdings von der allerfeinsten Art. Es geht um Ressourcen-Management und Entwicklungs-Optimierung. In punkto Logik, Komplexität und Interaktion steht es zwischen den "Fürsten von Florenz" und "Caylus", doch Idee und Abläufe sind total anders.

Der Motor des Spielablaufes sind die Pöppel. Jeder Spieler besitzt davon 1 Meister und bis zu 9 Lehrlinge. Pro Runde nimmt ein Spieler alle seine Mitarbeiter auf die Hand und verteilt sie in beliebig vielen Zügen einzeln oder in Gruppen auf die elf möglichen Gebiete des Spielbrettes:

Rathaus und Laboratorien sind immer produktiv und bringen einem hier engagierten Spieler immer etwas ein, doch die Quellen für Rohstoffe und Betriebsmittel sprudeln zunächst nur für denjenigen, der sich hier die meisten Pöppel eingesetzt hat. Nur dieser bekommt kostenlos den entsprechenden Rohstoff oder das Recht, seine Betriebsmittel zu erweitern. Alle anderen müssen draufzahlen, wenn sie ihr erworbenes Recht in Anspruch nehmen wollen. Deshalb entbrennt in jeder Runde ein erbitterter Kampf um die Mehrheit in jedem Gebiet, den es mit Masse und Klasse, mit Taktik und Bluff zu bestehen gilt. Die optimale Verteilung der Pöppel ist die entscheidende Herausforderung im "Maestro Leonardo".

In ihrer Verteilungsstrategie müssen die Spieler folgende Elemente berücksichtigen:

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Als Besonderheit muss noch das Rathaus erwähnt werden. Wer sich hier positioniert, darf später noch mal einen beliebigen Pöppel versetzen (und damit Mehrheitsverhältnisse umkippen), oder für billiges Geld einen beliebigen Rohstoff kaufen, oder einfach Sitzungsgelder kassieren. Die Pöppel-Mehrheit im Rathaus bestimmt auch, wer in der nächsten Runde Startspieler wird.

Die spieltechnische Idee des Rathauses besteht darin, Unsicherheit und Asymmetrie bei den Produktionsstätten zu fördern. Es gibt einen wichtigen Platz mehr, auf dem man sich engagieren kann, und durch die Möglichkeit, Pöppel zu versetzen, werden alle Mitspieler gezwungen, sich auf ihren Lieblingsplätzen stärker als mit Minimum zu engagieren, um ihre Mehrheiten zu sichern.


Ein paar Überlegungen zur Spielstrategie

Startspieler

Ist es gut, Startspieler zu sein oder nicht? Die Rathausmehrheit darf ihn frei bestimmen; welche Entscheidungskriterien dazu gibt es?

Wer als erster zieht, bekommt in mehr Gebieten die zeitliche Priorität. Weiterhin kann er durch engagierten Einsatz lebensnotwendige Positionen relativ ungefährdet für sich beanspruchen. Dagegen kann sich der letzte in der Zugreihenfolge für seine Restpöppel konkurrenzlos den lukrativsten Einsatz aussuchen. Außerdem stellt er für alle Mitspieler eine Bedrohung dar: er kann noch jede schwache Mehrheit kippen.

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In fast allen Spielphasen ist die Startspieler-Rolle von Vorteil. Und falls einem Startspieler gar kein guter Zug einfallen sollte, kann er ja immer noch als Erster ins Rathaus gehen.


Produktionsmittel

Das einfache Einmaleins der Betriebswirtschaftsregel ergibt, dass der Gewinn umso höher ausfällt, je mehr Produktionsmittel eingesetzt sind und je länger sie arbeiten. Deshalb muss man so früh wie möglich seine Produktivkräfte erhöhen.

Mit höchster Priorität sollte man Lehrlinge einstellen. Man darf sie sich auch etwas kosten lassen. Sie sind universell einsetzbar, geben direkten Einfluss auf Mehrheiten und setzen sich umgehend in Macht und Münze um.

Zweite Priorität haben die Automaten. Sie besitzen die doppelte Arbeitsleistung wie Lehrlinge, können aber nur begrenzt eingesetzt werden, und in einem nicht produzierenden Laboratorium bringen sie gar nichts.

Drittens sollte man auch beim zweiten Laboratorium nicht allzu lange zögern. Es wird auch schon deshalb gebraucht, um hier die neuen Automaten unterbringen, ohne die man nicht gewinnen kann. Manchmal gibt es sie sogar ganz besonders günstig auf dem Markt. Dann sollte man genügend freie Kapazitäten bereithalten.

Um diese Produktionsmittel gibt es zu Beginn des Spieles natürlich ein großes Gerangel. Ein eigenes Engagement ist unbedingt erforderlich, doch wie viel Pöppel man hierfür einsetzen soll, ist sehr stark abhängig von der Spiellage und den sonstigen Ambitionen; auf einen totalen Machtkampf würde ich es allerdings nicht ankommen lassen; statt dessen würde ich dann lieber Geld opfern, um einen Lehrling und oder einen Automaten zu erhalten.


Pöppel- und Geldeinsatz

Wenn man genügend Geld besitzt, dann sollte man ohnehin hohe Pöppeleinsätze im Kampf um die Mehrheiten vermeiden. Es reicht dann, einen einzigen Pöppel in das entsprechende Gebiet zu investieren. Jeder zuviel eingesetzte Pöppel verschenkt einen Vorteil an die Mitspieler.

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Den Rest kann man mit Geld auszugleichen. Für maximal 4 Gulden ist man in den meisten Fällen dabei. Dies entspricht überschlägig dem Wert eines einzigen Pöppel in der Anfangsphase.

Bevor man sich mit Gewalt Mehrheiten verschafft, sollte man seine Pöppel besser auf weniger umkämpften Rohstoff-Gebieten einsetzen. Manchmal liegen Rohstoffe herum, an denen kein einziger Mitspieler interessiert ist. Solche Geschenke sollte man mit eingesparten Pöppeln unbedingt mitnehmen. Irgendwann gewinnt jeder Rohstoff eine Bedeutung, und dann wird er sprunghaft teuerer. Warum nicht bei den Gelegenheiten zugreifen, die quasi in den Schoß fallen?


Desaster

Wer in den letzten Runden seine Mittel schärfstens kalkuliert nur für bestimmte Rohstoffe einsetzt, um damit eine vorgegebene Erfindungsaufgabe zu lösen, der kann ins Ofenrohr schauen, wenn ein Mitspieler diese Aufgabe löst und damit den gesammelten Rohstoff-Vorrat obsolet macht; mit der erworbenen Rohstoff-Zusammensetzung kann man oft keine andere Aufgabe mehr starten.

Die Konsequenz daraus ist, dass ein Laboratorium leer stehen muss und man so in der Endabrechnung 20 oder mehr Gulden verliert; das sind gut 30 % des Gesamtgewinns. Durch vorsorgliche Investitionen in zunächst nicht benötigte Rohstoffe kann man dieses Risiko zwar noch abfedern, dennoch passt dieser Zufallseffekt nicht in ein so planerisches Spiel wie "Maestro Leonardo". Man sollte ihn per Regel-Modifikation unbedingt eliminieren.

Eine ganz einfache Lösung dazu ist, die Erfindungsaufgaben, an denen ein Spieler arbeitet, öffentlich anzuzeigen. Was geht denn dabei verloren? Nur das Chaos, sonst nichts! Sind diese Aufträge aber offen, so kann sich jeder Spieler gegen diesen krassen Überraschungseffekt schützen. Er hat immer noch alle Hände voll zu tun, seinen Produktionsbetrieb zu optimieren.


Fazit

Für Freunde von kalkulierbaren Wirtschaftsspielen ein reines Vergnügen, für Spiele-Freaks ein Höhepunkt der Spielsaison 2006/2007!

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