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rezensiert von Walter Sorger
"Im Ehrfurcht einflößenden Metropolys herrscht geschäftiges Treiben. Talentierte Städteplaner und Architekten konkurrieren miteinander und errichten prächtige Gebäude aus Glas und Stahl, die alle Gesetze der Schwerkraft und Balance zu umgehen scheinen. Welcher Stil wird sich schließlich durchsetzen und seine Spuren in der Geschichte der Stadt hinterlassen? Die Antwort liegt in Ihren Händen!"
Jeder Spieler bekommt dreizehn Holzklötzchen mit den Zahlen von 1 bis 13. Ein Spieler ist Startspieler und legt irgendeines seiner Klötzchen auf irgendeines der bunten Felder auf dem Spielplan. Der nächste Spieler legt anschließend ein Klötzchen mit einer höheren Zahl auf ein Nachbarfeld zum Vorgänger. Das geht jetzt so reihum weiter bis kein Spieler mehr ein höheres Klötzchen legen will oder kann. Das Nicht-Können kann dabei zweierlei Gründe haben:
Jetzt ist eine Klötzchen-Kette mit aufsteigenden Zahlen entstanden und es kommt zur "Kettenreaktion": Alle Klötzchen bis auf das letzte werden wieder abgeräumt, d.h. sie kommen in den Vorrat der Spieler zurück. Das höchst-wertige Klötzchen bleibt stehen; das entsprechende Feld geht in den Besitz des zugehörigen Spielers über. Er ist neuer Startspieler und fängt mit einem beliebigen Klötzchen auf einem beliebigen freien Feld des Spielplans die nächste Kette an.
Damit ist schon fast das gesamte Regelwerk von Metropolys beschrieben. Jetzt fehlen nur noch auf die Siegbedingungen. Davon gibt es gleich eine ganze Menge zur Auswahl.
Einleuchtend wäre z.B., dass derjenige Spieler gewinnt, der seine Klötzchen als erster losgeworden ist. Dann müsste man während des gesamten Spiels mit seinen hohen Klötzchenwerten sehr strategisch umgehen. Man sollte sie so positionieren, dass man ein Feld kassiert, wenn man mit seinem letzten Klötzchen gerade ein isoliertes freies Einzelfeld ohne Verbindung zur Nachbarschaft erzeugt hat. Hierein kann man gleich anschließend sein niedrigst-wertiges Klötzchen platzieren und es loswerden. Diese Aufgabenstellung gefällt mir am besten, doch sie steht nicht in der Spielregel, ja nicht einmal als Zusatzwertung.
In "Metropolys" werden Felder einer bestimmten Farbe, Felder mit bestimmten Zusatzattributen und bestimmte Feldkombinationen (z.B. 3 Felder in einem Dreieck) belohnt. Dafür gibt es Siegpunkte und am Ende gewinnt der, der mit seinen Klötzchen auf dem Spielbrett die meisten Siegpunkte ergattert hat. Für "Familien" ist eine einfach durchschaubare Punktewertung definiert, für "Experten" werden die Siegpunkte für verschiedene Felder-Kriterien zusammengezählt. Doch in allen Fällen ist die Herausforderung ähnlich: Man muss seine hohen Klötzchen zurückhalten, bis die Klötzchenkette ein lohnenswertes Feld erreicht, das man sich dann mit seinem höchst-wertigen Klötzchen unter den Nagel reißt. Doch weil das alle Spieler machen, ist dieses Ziel nicht so einfach zu erreichen; und je mehr Spieler mitspielen, desto stärker wird die Chaos-Komponente. Allerdings eine sehr spielerische.
Jetzt habe ich noch vergessen mitzuteilen, dass die Metropolyten offiziell "Architekten" heißen, die an einem "Architekten-Wettbewerb" teilnehmen. Ihre Klötzchen sind Architektur-Vorschläge, mit denen sie jeweils eine Ausschreibung in einem Stadtviertel (= buntes Feld) gewinnen wollen. Diese Themen-Assoziation ist zweifellos gefällig, aber eigentlich nicht existent. Wenn wir unsere Klötzchen legen, dann denken wir nicht an Ausschreibungen für Arenen, Banken oder Casinos, sondern wir vergleichen das Zahlenpotential unserer noch übrig gebliebenen Klötzchen mit dem unserer Mitspieler. Stehen wir hier gut an, so bauen wir die Klötzchenkette in lukrative Gegenden, sind wir hier im Nachteil, dann steuern wir punktearme Gebiete an, wo auch die überlegene Konkurrenz nicht so einfach absahnen kann. Klötzchen-Pflege, d.h. sein eigenes Klötzchen-Potential für überdurchschnittliche Einkünfte zu schonen und im gegebenen Moment richtig zu investieren, das ist das Spielprinzip in "Metropolys".
Auf dem Spielbrett sind bunte Stadtgebiete aufgemalt und dazu Mauern und Gräben, die mehr das Trennende als das Verbindende betonen. Die Übergänge zu Nachbargebieten müssen immer erst mühsam erkundet werden, Irrtümer beim Planen und Ausnutzen von Sackgassen sind an der Tagesordnung. Funktionell wäre es günstiger, wenn hier wie beim Go-Spiel explizit - und ausschließlich! - die Verbindungslinien und nicht die Trennflächen eingezeichnet wären. Dann könnte man leichter die "Freiheiten" einer Kette abzählen und sein Augenmerk voll auf die strategische Richtungsplanung richten. Doch offensichtlich wollten die Designer gerade dies verhindern. Es ist ihnen erfolgreich geglückt. "Metropolys", so wie es vorliegt, ist eine gelungene Mischung einer überaus abstrakten Spielidee mit einem gegenständlichen Spielthema. Es darf gedacht und es darf gespielt werden.
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