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Autor Acchittocca
Verlag Tenki Games
erschienen 2008
Spielerzahl 2-5
Spieldauer 90 Minuten
Wertung red starred starred starred starred starred stargray stargray stargray stargray star

Comuni

rezensiert von Walter Sorger

Viele europäische Nationen sind im Kommen, wenn es um das Design ausgewogener, intelligenter, abstrakter und komplexer Spiele geht, darunter auch die Italiener. "Comini" ist eine Gemeinschaftsproduktion von acht namentlich genannten Entwicklern, den vielen Vokalen am Namensende nach zu schließen alle italienischer Provenienz. Als Thema haben sie den jahrhundertelangen Kampf der italienischen Städte um die Vorherrschaft, vor allem aber gegen die ständigen Besuche der Möchte-Gern-Kaiser deutscher Nation untergeschoben.

Die Spieler müssen ihre Stadt entwickeln, Erträge erwirtschaften, ein Verteidigungspotential aufbauen und immer mal wieder den Schaden durch kaiserliche Invasionen überstehen. Es gibt eine Menge Rädchen zu drehen, manchmal drehen dabei die Mitspieler in entgegengesetzte Richtungen, und selbstverständlich möchte man immer gerne einen Zug mehr machen, als einem gerade zusteht.

Die "Projekte" für die Stadtentwicklung muss man sich ersteigern. Dazu kann man aber nicht einfach das Höchstgebot abgeben und sie dann einsäckeln, sondern man muss eine Aktion und eine frei wählbare Menge Gold ausgeben, um sein Interesse für ein Sortiment von ausliegenden Projekten zu bekunden. Eine ganze Runde lang muss man aushalten und hoffen, daß man nicht von einem höherbietenden Spieler verdrängt wird, ehe man die Projekte erwerben und nutzen kann. Wird man aber verdrängt, so hat man entweder seine Aktion verloren, oder man gibt einen "Pilger" aus und wählt dann ein Ersatzsortiment aus. Dabei kann man seinerseits einen Mitspieler verdrängen, sofern man im ursprünglichen Gebot bereits mehr Gold investiert hatte als der Gegner. Dieses Projekt-Ersteigern ist eine sehr gelungene Mischung aus Klotzen mit Gold und Kleckern mit Pilgern.

Ein ersteigertes Projekt besteht aus ein bis drei Gebäudenkarten unterschiedlichen Typs (Kultur, Religion, Handel und Militär) mit jeweils verschiedener Wertigkeit (Zahlen 1 bis 4). In der Bauphase des Spiels kann man die entsprechenden Gebäude bauen, indem man die zugehörigen Karten offen vor sich hinlegt. Dabei sollten aus Gebäuden gleichen Typs möglichst hohe Stapel gebildet werden, denn wenn man später dafür Erträge kassiert, ergibt die Anzahl der Karten in einem Gebäudestapel den Betrag, den man bekommt. Lauter Einser-Stapel bringen insgesamt nur eine einzige Einheit, ein Vierer-Stapel aber gleich vier Stück davon.

Die Karten eines Gebäudetyps dürfen aber nicht beliebig auf einen Stapel übereinandergelegt werden, sondern eine angelegte Karte muss mindestens eine Wertigkeit besitzen, die der Höhe des Stapels entspricht. Durch Zugabe von Handwerkerkarten kann man hier etwas nachhelfen.

Das Spiel läuft ganz ohne Zufallseffekte ab. Alles ist planbar und trotzdem sehr spielerisch. Die Herausforderung besteht darin, die richtigen Projekte für einen möglichst günstigen Preis zu erwerben und sich zum besten Zeitpunkt die richtige Auswahl an Betriebsmitteln (Gold, Armeen, Pilger und Handwerker) zuzulegen. Was ist hier die richtige Reihenfolge?

Einen Glückwunsch aus der Seemannssprache abwandelnd kann man sagen: "Habe immer eine Handbreit Pilger unter dem Kiel!" Gold ist wichtig, wenn man sich auf der Setzleiste für die Bauprojekte das wichtigste Stück unter den Nagel reißen will. Da kann man jede Menge Gold gebrauchen. In der Endphase sollte man nicht mehr von bestimmten Bauprojekten abhängen, da lässt die Bedeutung des Goldes nach. Handwerker helfen Engpässe in höheren Bauphasen zu überwinden und Armeen sind seit alters her ein notwendiges Übel. In "Comuni" haben sie einen weitgehend defensiven Charakter: sie mildern die Schäden der periodischen Invasionen.

Dazu ist ein sehr pfiffiges Gemeinschaftselement eingebaut: Zur Verteidigung gegen die Eindringlinge gibt jeder Spieler freiwillig eine Anzahl Armeen in einen Gemeinschaftstopf. Kommen genügend Armeen zusammen, geht die Invasion schadlos vorüber. Ist der Aggressor stärker als die Verteidigungsarmee, so verlieren die Spieler Siegpunkte. Sehr bemerkenswert: nicht alle Spieler verlieren hierbei gleich viel, sondern jeder Spieler muss genau so viele Siegpunkte MEHR abgeben, wie er gegenüber dem letzten Mitspieler in Führung liegt. Das ist ein sehr gut durchdachtes Korrektiv gegen frühe Führung, und sicherlich ist es eine überlegenswerte Spieltaktik, sich lange auf den hinteren Siegpunkt-Positionen aufzuhalten (d.h. bewusst keine Siegpunkt-trächtigen Züge zu machen) und dann die Führenden bei der Abwehr von Invasionen im Stich zu lassen. Die Belohnung, die sie für den größten Einsatz im Verteidigungsbündnis bekommen, macht ihre Verluste durch den Siegpunkt-Vorsprung garantiert nicht wett.

"Comuni" kommt in einer sehr gelungenen Ausstattung daher, das Spielbrett ist hübsch ausgearbeitet, das Spielmaterial ist solide und das Regelheft professionell ausgearbeitet. Eine empfehlenswerte Anschaffung. Zumindest für anspruchsvolle Spieler.

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