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Autor Bernd Eisenstein
Verlag Irongames
erschienen 2009
Spielerzahl 1-5
Spieldauer 60 Minuten
Wertung red starred starred starred starred starred starred starred stargray stargray star

Peloponnes

rezensiert von Walter Sorger

Die Spieler repräsentieren Zivilisationen auf der Peloponnes; jeder muss sein eigenes Reich aufbauen und versuchen, um am Ende damit besser dazustehen als die Mitspieler.

Zur Erweiterung unserer Reiche ersteigern wir Plättchen aus einem offenen Vorrat und legen sie sukzessive an unsere Ausgangsbasis an. Jedes Plättchen bringt in der Einkommensphase definierte Einnahmen mit sich: Holz und Steine zum Bauen, Bevölkerungszuwachs, Korn zur Ernährung der Bevölkerung, Geldmittel für die weiteren Einkäufe oder schlichtweg Siegpunkte in der Schlusswertung.

Die Versteigerung der Plättchen bildet das Herzstück des Spiels. Pro Runde werden fünf neue Plättchen ausgelegt. Jedes Plättchen besitzt einen Mindestwert, der geboten werden muss. Jeder Spieler darf, vom Startspieler angefangen, nur einmal einen Betrag bieten. Bietet der nächste Spieler für das gleiche Plättchen einen höheren Betrag, muss der Platzhirsch unverzüglich abziehen. Er darf sich ein anderes Plättchen aussuchen, muss dabei aber dort den Mindestpreis beachten. Gibt es für die von ihm gebotene Summe kein freies Plättchen mehr, so geht der Spieler leer aus, d.h. er bekommt gerade noch eine kleine Entschädigung für seinen Zug, sonst aber nichts.

Diesen Verdrängungsmechanismus zu meistern ist die Herausforderung in "Peloponnes". Jeder möchte natürlich so wenig wie möglich ausgeben, dabei aber mit einer gewissen Sicherheit dasjenige Plättchen bekommen, das seiner weiteren Entwicklung am förderlichsten ist, und nicht zuletzt möchte man beim Verdrängt werden noch ein sinnvolles Ersatzplättchen zweiter Wahl erstehen können. Die nachfolgenden Spieler versuchen ihrerseits, die Achillesfersen der Vorgänger zu entdecken und sie auf ungeliebte Plättchen abzudrängen oder nach Möglichkeit sogar, sie ganz leer ausgehen zu lassen.

Hierbei spielt eine wichtige Rolle, dass wir nicht jedes beliebige Plättchen in unser Reich einfügen können. Ein "Landschaftsplättchen" darf nur dann angelegt werden, wenn es in mindestens einer Einkommensart mit dem benachbarten Plättchen übereinstimmt. Ist das nicht der Fall, muss das gerade erworbene Plättchen ersatzlos zurückgegeben werden. Zur großen Freude unserer Mitspieler, selbstverständlich! Wer allerdings von vorneherein kein für ihn begehrenswertes Plättchen gefunden hat, kann ganz auf die Ersteigerung verzichten und sich dafür drei Geldmünzen nehmen. Das ist natürlich auch kein Pappenstil. Seine Bieterchance richtig einschätzen können gehört unbedingt zum Sieg.

In unregelmäßigen Zeitabständen brechen Katastrophen über uns herein, und unweigerlich müssen wir dabei Federn lassen: wir verlieren Bevölkerung, Nahrung, Geldmittel oder Plättchen aus unserem Reich. In gewissen Grenzen kann man sich dagegen schützen, vollständig aber nicht. Krisenmanagement ist gefragt. In der Summe aller Katastrophen am ungeschorendsten davongekommen zu sein, ist schon die halbe Miete.

Am Ende gewinnt derjenige, der seine Bevölkerung in Relation zu den Siegpunkten auf den ersteigerten Plättchen am weitesten entwickelt hat. Die Plättchen waren dabei ein ständig wachsendes Besitztum, um das wir uns keine großen Sorgen machten mussten, die Bevölkerung hingegen schwankt ständig und bindet in der Vorsorge gegen Ernährungsengpässe und Katastrophen die meisten Kräfte. Am liebsten würden wir sie ganz vernachlässigen. Doch in der Endwertung zählt jeder einzelne Mann.

Wir vom Westpark waren in der Endphase der Spielentwicklung zum Testen eingeladen. Daraus ist bis heute die Versuchung gegeben, an Regeldetails zu feilen, um die eine oder andere Balance zu verändern. Ganz heiß diskutiert war die Einschränkung, Landschaftsplättchen nur dann eingliedern zu können, wenn mindestens eine Einkommensart übereinstimmt. Ist diese willkürliche Regelvorgabe mit der damit verbundenen Einschränkung des Handlungsspielraums eine positive Konstruktion?

Ich bin ein entschiedener Befürworter dieser Regel.

  1. Sie erfordert mehr Vorausplanung, erhöht also die Anforderungen an gutes Spiel, ohne komplex zu sein. (Im Internet gibt es doch tatsächlich die Behauptung, dieses Aufpassen-Müssen sei ein häufiger Grund von Irrtum und Frust! Garantiert nicht bei dem Leser- und Spielerkreis, der im Internet Spielkritiken liest!)
  2. Sie macht den Biet-Mechanismus übersichtlicher: Man braucht nicht mehr hundertausende (!) von möglichen Alternativen bei sich und den Mitspielern durchzurechnen, um den "besten" Zug zu ermitteln, sondern nur einen Bruchteil davon.
  3. Das Weniger-Rechnen-Müssen reduziert nicht nur die eigene Rechenaufgabe, sondern auch die Auszeit der Mitspieler, die auf ein Ende der Denk- und Rechenzeit warten müssen.
  4. Die Einschränkung führt keineswegs zu einer absoluten Blockade mit Zugverlust, da man jederzeit statt zu bieten auch verzichten kann und dafür drei Goldstücke bekommt, mit denen man ja auch nicht schlecht fährt
  5. Sie fördert das spielerische Risiko-Element auf Kosten einer trockenen reinen Optimierungs-Rechnerei.

Eine weitere Diskussion hat sich bei uns um die Anzahl der Landschafts- bzw. Gebäudeplättchen entzündet, die pro Runde zur Verfügung stehen. Pro Spieler wird ein Plättchen zum freien Versteigern aufgedeckt, diese Summe wird zu einem Angebot von insgesamt fünf Plättchen pro Runde ergänzt, wobei die Ergänzungsplättchen in eine "Eroberungsreihe" gelegt werden, wo sie zu Fixpreisen erhandelt werden können. Bei geringer Mitspielerzahl stehen also relative mehr Plättchen pro Spieler zur Verfügung. Ist damit die Gefahr des Verdrängt-Werden und Gänzlich-Leer-Ausgehens deutlich vermindert? Wird damit der Biet-Charakter verändert? Welch eine Haarspalterei! Weniger Spieler reduzieren in einem Auktionsspiel grundsätzlich die Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten. Die "Eroberungsreihe" ist jedoch eine sehr gute Simulation von Mitspielern, die für ein Plättchen eben drei Geldeinheiten mehr als Minimum bieten.

Für mich ist "Peloponnes" eines der großen Aufbauspiele des Jahrgangs 2009. Es steht in der gleichen Ebene wir "Egizia" von Hans-im-Glück und "Assyria" von Ystari-Games. Und seltsamerweise haben diese drei Spiele, obwohl sie total unterschiedliche Spielatmosphäre erzeugen, im Design gleiche Grundprinzipien beherzigt:

  1. Ohne Würfel oder chaotische "Aktionskarten" werden die Spieler vor eine Planungs- und Optimierungsaufgabe gestellt, die sie besser lösen müssen als ihre Mitspieler.
  2. Die zu lösende Aufgabe wird durch unterschiedliche Karten / Plättchen bestimmt, die in jeder Runde in variierender Zusammensetzung zur Verfügung gestellt werden. Diese Elemente sind so ausgedacht, dass bis zum Spielende ein ständig wachsender Aktionsspielraum gegeben ist.
  3. Entweder per Startaufstellung oder bereits nach dem ersten Zug steht jeder vor einer anderen Herausforderung, in der unterschiedliche Mängel und Entwicklungsengpässe zu meistern sind.
  4. Neben dem eigenen Fortschritt muss man unbedingt auch die Probleme und Bedürfnisse der Mitspieler im Auge behalten, um ihnen bei passender Gelegenheit die günstigsten Brocken wegzuschnappen.
  5. Alle Spiele haben einen bemerkenswerten Kampf um den Startspielervorteil geschickt in den Spielablauf integriert. Dieser Kampf bestimmt einen wesentlichen Teil der Taktik.

Ein bisschen Überlegung gehört zum Siegen, ein bisschen Rechnen und Denken. Und erfreulicherweise auch ein bisschen Glück, gerade so viel, dass die gestellte Aufgabe niemals den spielerischen Charakter verliert.

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