Spielbericht 12.11.2002
Autor: Walter
am Tisch: Hans, Aaron, Günther, Walter
auf dem Tisch: ZooSim, Trias, Guillotine, Saloon
Drei Wochen hintereinander haben wir jetzt zwei getrennte Westpark-Gamers Sessions
durchgeführt. Einmal weil umständehalber die verfügbaren Slots deutlich kleiner waren als
die Zahl der Teilnehmer, ein andermal weil unser Künstler (und seine Frau) einen Tag zu
spät von einer Konzertreise zurückkam. Und diesmal, weil von Moritz und Aaron einer nur
Dienstags, der andere nur Mittwochs konnte. (Nur Peter kann immer.)
Nachdem ich für den reduzierten Teilnehmerkreis auch noch gleich mein Lieblingsspiel
vorgeschlagen hatte, wurden sage-und-schreibe 41 E-Mails hin und her verschickt, um
darüber zu philosophieren, ob das Spiel die Spieler oder die Spieler das Spiel bestimmen
sollten. Sollte es der Spontanität (sagen wir lieber: dem Zufall) überlassen bleiben,
welches Spiel schlußendlich aufgetischt wird, oder dürfen wir da vorausplanen? ("Uns
vorausfreuen!" möchte ich von meiner Warte aus klarstellen!) Zerfällt unsere Gruppe
in die Strategen und die Abenteurer?
Streit um des Kaisers Bart! In jedem einzelnen steckt doch viel zu viel "homo
ludens" (Peter, aufpassen!), als daß die gewachsenen wöchentlichen Aktivitäten
gefährdet sein könnten!
An Dienstag trafen sich also die "Strategen" der Westpark-Gamers. Es wurde
kein vorgegebenes Spiel gespielt, sondern Günther griff in seine Schatzkiste (sprich:
Plastiktüte) und zauberte daraus lauter Neu-Erwerbungen hervor, die wir ganz spontan
akzeptierten und uns einverleibten.
- ZooSim
Ein Auktionsspiel, bei dem es darum geht, den attraktivsten Zoo zu ersteigern. Der
"Zoo" besteht aus Plättchen, auf denen Wege, Bäume und natürlich Tiere
eingezeichnet sind. Insgesamt gibt es 5 verschiedene Tierarten. Attraktiv ist ein Zoo,
wenn er möglichst viele Bäume, möglichst viele Rundwege und Tiergehege mit möglichst
vielen Tieren gleicher Art aufweist.
Die Versteigerung erfolgt in fünf Runden á fünf Plättchen, die jeweils offen auf den
Tisch gelegt werden. Jeder sieht also sofort (oder erst ein bißchen später), was in der
jeweiligen Runde angeboten ist. Die ersteigerten Plättchen müssen so an die eigene
Zoofläche angelegt werden, daß alle aufgezeichneten Wege zueinanderpassen. Dabei ist es
sinnvoll , gleiche Tierarten, wenn möglich, nebeneinander zu plazieren, da sie so als ein
einziges Gehege gelten und sich damit die Anzahl der Tier im Gehege erhöht. Tiere in
getrennten Gebieten werden nicht addiert.
Das Anfangskapital besteht für jeden aus acht Euros (oder Dollars). Nach jeder Runde
erhält jeder Spieler soviele neue Euros, wie er Plättchen ersteigert hat. Wer also früh
und erfolgreich ersteigert, bekommt auch mehr zurück.
Nach jeder Runde wird geschaut, wer von welcher Tierart das größte Gehege besitzt. Der
Spieler bekommt zwei Siegpunkte. Der Spieler mit dem zweitgrößten Gehege bekommt einen
Siegpunkt. Entsprechendes gilt für die Bäume. Für Rundwege erhält jeder Spieler
unabhängig von der Konkurrenz einen Siegpunkt. Als notwendige Steigerung der Spieldynamik
gilt aber, daß die Siegpunkte der ersten Runde mit eins, die der zweiten Runde mit zwei
usw. multipliziert werden. Die letzte Runde ist die ertragreichste, hier werden die
jeweiligen Siegpunkte mit fünf multipliziert.
Das klingt alles sehr simple; ist es auch. Dies ist aber ein Reiz des Spieles.
Versteigerungsspiele können normalerweise nicht mehr viele Hunde hinter dem Ofen
hervorlocken. Dieses hier geht so flott über die Bühne, daß das Versteigerungsritual gar
nicht als solches wahrgenommen wird. Zudem besitzt das Spiel so viele nette Einzelheiten
wie das Zusammenpassen der Wege, die Anzahl und die Plazierung der Tiere, die Art und
Reihenfolge der aufgedeckten Plättchen, die alle irgendwie in Strategie-Überlegungen
einfließen können, daß es wirklich hübsch zu spielen und ganz schnell auch schon zu Ende
ist.
Bei uns hat sich Günther in der ersten Versteigerungsrunde sehr
zurückgehalten. Es fühlte sich als alter Hase und glaubte, sein Startkapital für die
lukrativen späteren Runden aufheben zu müssen. So bekam er kein einziges Plättchen. Aber
auch in der zweiten Runde wurde überraschend fleißig investiert, so daß er am Ende gerade
noch mit hohem Einsatz ein Plättchen ersteigern konnte. Sein Zoo war und blieb in jeder
Runde so dürftig, daß er (wer?) immer nur Zielscheibe von Spott war.
Ich zog gleich am Anfang feste vom Leder und war auch noch in der zweiten Runde
erfolgreich dabei, so daß ich schnell in Führung ging. Damit war ich aber so ausgepumpt,
daß ich die nächsten Runden nur Luft schnappen konnte und mir erst am Ende wieder einen
Platz auf dem Treppchen sichern konnte.
Aaron hatte in der dritten und vierten Versteigerungsrunde sehr gut eingekauft und
konnte sich spielend an die Spitze setzen. Doch dann waren auch seine Mittel zu sehr
strapaziert. In der letzten Versteigerungsrunde gab es zufälligerweise kein passendes
Teil, mit dem er seine Wege, seine Bäume und / oder seine Tiergehege geeignet abrunden
konnte. So nahm ihm Hans wieder eine Menge Punkte ab und erzielte mit Faktor fünf die
notwendigen Punkte für das Siegespodest.
Ein schönes Spiel, locker und leicht für die ganze Familie.
Westpark-Gamers Wertung: 7,0
- Trias
Das Spiel simuliert den Zerfall eines Kontinentes in lauter kleine Inseln. Die Spieler
sind Bewohner des Kontinentes, d.h. sie besitzen eine Anzahl von Klötzchen, genannt
"Herden", die sie auf dem Ausgangskontinent plazieren und dort wachsen und
gedeihen lassen. Die Herden können sich bewegen und/oder sich vermehren. Alles aber nur
im begrenzten Rahmen.
Der Kontinent besteht aus eine Anzahl von hexagonalen Plättchen, die um einen
Mittelpunkt, genannt "Südpol", herum angeordnet werden. Der Trick besteht nun
darin, daß jeder Spieler ein Hexagon aus dem Kontinent herausnehmen und an einer anderen
Stelle des Kontinentes, aber weiter entfernt vom Südpol als bisher, wieder einfügen muß.
Das hat zur Konsequenz, daß der Kontinent so langsam zerbröselt.
Sobald ein Teilstück vollständig vom Kontinent gelöst wurde und als eigene Insel im
Weltenmeer herumschwimmt, wird gewertet: Wer die meisten Herden auf der Insel hat,
bekommt zwei Siegpunkte, wer am zweitmeisten hat, bekommt einen Siegpunkt. Bei Gleichheit
bekommt jeder zwei bzw. jeder einen Siegpunkt.
Getrennte Inseln können wieder zusammenwachsen, wenn das Wasser zwischen ihnen durch
umgelegte Hexateilchen wieder überbrückt wird. Das ist nicht immer machbar, weil dabei ja
das Prinzip der größeren Entfernung vom Mittelpunkt eingehalten werden muß. Ein solcher
Spielzug liegt aber durchaus im Interesse des Spieler mit der Mehrheitsherde, denn wenn
die Insel im Laufe des Spieles wieder auseinanderbricht, werden erneut Siegespunkte
verteilt.
Das Spielende kommt herbei, wenn aus einem Kartenstapel, aus dem sich die Spieler
laufend bedienen, der "Meteorit" gezogen wird. Jetzt werden alle Inseln nochmal
gewertet, und zwar erhält die Mehrheitsherde jetzt für JEDES Plättchen, aus dem die Insel
besteht, einen Siegpunkt, der Spieler mit der zweitgrößten Herde erhält für jedes
Plättchen einen halben Siegpunkt. Das kann eine ganze Menge sein. Die Herde auf dem
Restkontinent, d.h. auf der Fläche von Hexagons, die mit dem Südpol verbunden ist, geht
leer aus.
In unserem Spiel versuchte ich sehr schnell, mir im Westen eine kleine Insel
aus drei Teilen herauszulösen, wo ich ganz alleine meine Herden weiden konnte. Aber Aaron
hielt mich mit Füll-Hexagons solange am Festland zurück, bis er sich ebenfalls auf
"meiner" Insel festsetzen konnte. Um einen verzehrenden Hegemonial-Kampf zu
vermeiden - es gibt ja so viele Brennpunkte in der Welt - schlossen wir ein
Gentlemen-Agreement, daß keiner die Mehrheit auf der Insel anzustreben versuchte, sondern
daß beide immer gleichviel Herden auf der Insel halten wollten, so daß wir beide in den
Genuß der Majoritäts-Prämie kämen. Das war auch sehr erfolgreich.
Ich möchte daraus ein konstruktives Prinzip für die Weltpolitik ableiten. Warum strebt
ihr Großmächte immer nach der absoluten Dominanz? Warum könnte ihr nicht gütlich teilen,
wenn es um die Weltherrschaft geht? Warum immer soviel Mittel verpulvern, nur um dann
alleine in den Genuß der paar Früchte zu kommen, die auf der verbrannten Erde noch
wachsen?
Zurück zum Spiel. Günther versuchte mehrmals, ebenfalls auf unserer Insel Fuß zu fassen,
und Aaron warf ihn immer wieder ins Wasser zurück. Das gab jedesmal Punkte für Aaron und
mich, wenn wir (Aaron) das von Günther verbundene Teilstück wieder zu einer Insel
abbrechen ließ. Schließlich gelang es Günther von einer anderen Seite aus, unsere Insel
zu verbinden und sich darauf einzunisten. So gründlich sogar, daß er seinerseits Aaron an
die frische Luft (sprich: ins Wasser) setzen konnte. Mir konnte es egal sein, mit wem ich
meine Herden grasen ließ.
Hans und Günther hatten inzwischen zwei kleine Inseln im Osten abgelöst und waren im
Begriff, sich dort auch ein ganz großes Stück unter den Nagel zu reißen. Das wäre für
Hans der Sieg gewesen.
Aaron, der mit seiner ganzen Herde auf den Norden des Festlandes zurückgeworfen war,
versuchte jetzt mit Macht, die große östliche Insel zu halten. Es gelang im auch sehr
gut. Und in der Vereinigungsmenge war er wohl der größte Schäfer.
Überraschend schnell kam das Ende herbei. Die erste mögliche Karte war bereits der
Meteorit und leitete das Ende ein. Jeder konnte noch zwei Aktionen durchführen, aber das
reicht nicht zum Bilden neuer oder zum Vereinigen vorhandener Inseln. Ergebnis: Das große
von Aaron beherrschte Stück war keine Insel, sondern das Festland, das mit dem Südpol
verbunden blieb. Keine Punkte für Aaron und Hans.
Günther konnte noch schnell vor mir die Mehrheit auf der Insel übernehmen, die ich mit
Aaron ganz zu Anfang gegründet hatte. Es reichte aber nicht, mir den Sieg zu nehmen.
Kleiner Tip für das Spiel (hätte Aaron vielleicht den Sieg gebracht): Nicht nur mit den
gezogenen Karten, auch mit Aktionspunkten kann man Teile versetzen und damit die
Inselformation beeinflussen.
Weiterer Tip für das Endspiel: Behaltet gegen Ende immer zwei Herden in Euerm Vorrat.
Die braucht ihr, um nach dem Meteoriten-Einschlag noch irgendwo Mehrheiten erzielen zu
können.
Fazit: Ein Super-Spiel, mit unzähligen Spielzügen, die immer wieder die Bewunderung
(oder die Verzweiflung) der Mitspieler hervorrufen können.
Westpark-Gamers Wertung: 7,8
- Guillotine
Ein Kartenspiel, bei dem auf den Karten Personen aus der Zeit der französischen
Revolution aufgedruckt sind. Es gibt konkrete Namen, wie einen Ludwig XVI, eine
Maria-Antoinette und einen Robbespierre; es gibt aber auch abstrakte Figuren wie
"ungerechter Richter" oder "Märtyrerin". Die Karten besitzen
unterschiedliche Wertigkeit, der König ist z.B. fünf Pluspunkte wert, der Unschuldige
einen Minuspunkt wert. Die Karten werden in einer sortierten Reihe vor der Guillotine
aufgedeckt. Jeder Spieler muß nun abwechselnd die vorderste Person vor der Guillotine
exekutieren, d.h. an sich nehmen. Er erhält dafür in der Schlußabrechnung den
aufgedruckten Zahlenwert, beim König dementsprechend einen Pluswert, beim Unschuldigen
einen Minuswert.
Damit das ganze nun nicht so allzu trivial und deterministisch abläuft, erhält jeder
Spieler eine Anzahl von Aktionskärtchen, mit denen er die Reihenfolge vor der Guillotine
verändern kann. Er kann vor der Exekution Personenkarten nach hinten oder nach vorne
versetzen. Er kann die Personen-Reihenfolge vor der Guillotine gänzlich umkehren oder
sonst noch ein paar läppische Aktionen durchführen, damit er eine lukrativere Person
umbringt, als ihm das Schicksal von Haus aus zugedacht hat.
Jeder hat viel zu viele Aktionskarten und muß keineswegs haushalten, um
für den Ernstfall eine gute Karte ergattern oder eine schlechte Karte vermeiden zu
können. Im Grunde geht es nur darum, wenn man am Zug ist, die vorderste Person zu
exekutieren, oder eine Aktionskarte zu spielen, um an eine bessere Karte herankommen zu
können. Auch wenn die Aktionskarten es anderes suggerieren: alles ist mit der
Kartenausteilung bereits entschieden. Die Spieler können durch ihre Vertauschungsaktionen
zwar etwas Nicht-Linearität vortäuschen, das ganze verschleiert aber nur die Tatsache,
daß der Sieger eigentlich von Anfang an feststeht. Er weiß es bloß noch nicht.
Günther hatte ganz am Anfang eine Aktionskarte übersehen, mit der er gleich zwei
Personen hätte exekutieren können und so mit einem Streich gleich sieben gute Punkte
hätte erwerben können. Statt dessen mißgönnte er dem Aaron den König Ludwig als fette
Beute und kehrte die Personenreihenfolge um. Trotzdem reichte es ihm am Ende noch zum
Sieg.
Haben Sie Lust, auch einmal einen König, einen Revolutionär oder eine unschuldige
Bürgerin auf die Guillotine zu bringen? Ich heutzutage nicht mehr. Entsprechend fiel
unsere Wertung aus.
Westpark-Gamers Wertung: 3,5
- Saloon
Nachdem Günther etwas enttäuscht seine Guillotine weggeräumt hatte, packte Aaron zum
Ausklang noch seinen "Saloon" aus: wiederum ein Kartenspiel. Diesmal wird eine
Saloon-Schlägerei simuliert.
Jeder bekommt Karten in die Hand, auf denen Angriffs- oder Verteidigungs-Aktionen zur
Schlägerei verzeichnet sind: Fußtritte und Kinnhaken, die dem Gegner Lebenspunkte
wegnehmen (mit 10 Punkten fängt jeder an), oder die das Punkte-Wegnehmen vermindern,
vermeiden oder den Punkteabzug gar auf den Angreifer zurückfallen lassen. Das soll alles
sehr lustig sein?
Ich kann nur nüchtern feststellen, daß ich ziemlich schnell in einem Schlagabtausch mit
Günther zu Boden gegangen bin, und daß sich Aaron am Ende mit einem Stuhlwurf gegen Hans
den Sieg geholt hat.
In der Spielebeschreibung steht, daß "Biggi" durch ihre zündenden Ideen diesem
Spiel doch noch den Durchbruch zum Spiel-Leben verholfen haben. Hallo Biggi, kannst Du
mir mal mitteilen, wo ich Deinen Ideen auf die Spur kommen kann? Karten ausspielen, einem
anderen damit Punkte abnehmen und das ganze solange wiederholen, bis nur noch einer übrig
bleibt: Wo ist der Witz?
Vielleicht hat bei uns der Peter gefehlt, dem Kinnhaken auszuteilen schon mehr Spaß
gemacht hätte. Oder der Moritz, der bei jedem Fußtritt auch noch tüchtig gejammert hätte.
Man muß wohl angesoffen sein, um bei diesem Spiel Gaudi zu erleben. Vielleicht hatten wir
alle nicht genug Whisky getrunken.
Westpark-Gamers Wertung: 3,5