Spielbericht & Review 17.06.2003
Autor: Walter
am Tisch: Günther, Moritz, Peter, Walter
auf dem Tisch: Löwenherz, Quirks, Sharp Shooters, Coloretto
- Löwenherz
In einer lieblichen Landschaft aus Wäldern, Wiesen, Dörfern und Bergwerken muß jeder
Spieler zu Beginn drei Burgen plazieren und dann im Laufe des Spieles mit Mauern um seine
Burgen herum ein möglichst einträgliches Gebiet abstecken und erweitern. Gewonnen hat am
Ende, wer um seine Burgen herum das wertvollste Gebiet abgesteckt hat. Wertvoll ist ein
Gebiet, wenn es möglichst viele Dörfer, Waldteile und passende Bergwerke enthält.
Um Mauern zu setzen oder um sein Gebiet zu erweitern muß man Karten ausspielen, die die
entsprechende Aktion zulassen. Insgesamt hat jeder drei solcher Aktionskarten auf der
Hand. Sie werden immer zufällig von einem verdeckten Stapel nachgezogen oder aus einer
Menge von offen abgeworfenen Karten gezielt ausgewählt. Das Ausspielen einer Karte muß
man mit dem Betrag bezahlen, der auf der Karte aufgedruckt ist. Für gute Aktionskarten
muß man viel bezahlen, mäßigere Aktionskarten sind erschwinglicher.
Um zu Geld zu kommen, kann man auf das Ausspielen einer Aktionskarte verzichten, sie
lieber abwerfen und dafür einen entsprechenden Geldbetrag kassieren. Weiterhin erhält man
Einnahmen für alle Bergwerke, die man seinem Gebiet einverleibt hat.
Wenn zwei benachbarte Gebiete schon je einer Burg zugeordnet sind, darf einer sein
Gebiet zu ungunsten seines Nachbarn nur dann erweitern, wenn er stärker ist, d.h. wenn er
mehr Ritter in seinem Gebiet plaziert hat. Um Ritter plazieren zu können, muß man anlog
dem Mauern setzen eine passende Aktionskarte ausspielen und den Preis dafür bezahlen.
So fließt die Arbeit munter fort …
Im ersten Moment hatte ich den Eindruck, daß wir hier
vor einem Go-Spiel für 4 Personen standen. Es ist relativ leicht, sich in den Ecken
ein Gebiet zu sichern; dafür ist dieses Gebiet dann ziemlich klein. Mit etwas mehr
Aufwand kann man ein Gebiet am Rand aufbauen. Das hat dann auch bessere
Expansionsmöglichkeiten zu den Jagdgründen in der Mitte. Der Endkampf wird
schließlich um das große Gebiet in der Mitte entstehen, wenn die Randstellungen
verteilt und abgesichert sind.
Doch die Spielprinzipien sind ziemlich verschieden von Go. Die Mauern gehören jedem und
nicht dem, der sie aufgestellt hat. Sie sind auch nicht dazu da, einen Gegner
einzukreisen und zu erobern. In ein abgestecktes Gebiet darf der Gegner nicht mitten
hinein einbrechen, sondern nur vom Rande her und aus einem seinerseits bereits
abgesteckten Gebiet heraus. Mauern werden nicht erobert, sondern nur verschoben. Wenn das
eigene Gebiet um eine pro Aktionskarte festgelegte Anzahl von Feldern erweitert wird,
geht es nicht darum, Mauern zu sparen, denn es ist egal, wie viele neue Mauersteinchen
dabei benötigt werden.
Wer früh Mauern baut, ist noch keine Bedrohung. Er muß investieren und dient damit allen
Nachbarn zu gleichen Teilen, denn alle Mauern bedeuten ja für alle Anlieger den gleichen
Nutzeffekt. Zudem können die eigenen Mauern durchaus hinderlich sein. Kein
Gebietsbesitzer darf nämlich außerhalb seines geschlossenen Gebietes Mauern legen (nur
außenliegende Gebietsfelder sich einverleiben), dagegen können alle Konkurrenten in den
offenen Gebieten darum dies tun und so umfangreiche neue Gebiete entstehen lassen.
Eine andere Geschichte ist es, wenn ein Spieler recht früh ein geschlossenes Gebiet
entstehen lassen konnte und nun als einziger in den Genuß eines fortwährenden Geldregens
aus den darin enthaltenen Bergwerken kommt. Dies kann unter Umständen mehrere Runden lang
dauern. Wenn er damit weitere Mauern baut, so investiert er wieder für alle. Was ist
aber, wenn einer spart? Ich behaupte, wenn einer diese Gelder einfach einstreicht und
spart und ansonsten nichts anderes tut als das, was seine Mitspieler bis dahin nur tun
können, (Aktionskarten in Geld umwandeln, bessere Aktionskarten eintauschen, ab und zu
mal ein Mäuerchen bauen), dann hat er für das Endspiel erheblich bessere Siegchancen.
Endspiel! Hier entfaltet Löwenherz erst richtig seine Qualitäten. Hier entschädigt es
für alle Unsymmetrien, die sich am Anfang herausgebildet haben. Das Zusammenwachsen der
Randgebiete aller Spieler zur Mitte hin läßt ungeahnte Möglichkeiten zu einem ganz großen
Coup entstehen. Wer wird der Glückliche sein, der mit dem seinen Schlußstein eine riesige
Latifundie entstehen lassen kann und sich damit zum Sieger macht?
Zum einen hängt es davon ab, ob man die geeignete Aktionskarte (meist: 3 Mauern zugleich
bauen zu können) in der Hand hält. Zum anderen natürlich auch davon, daß der Vorgänger
entweder diesen Winning Move ahnungslos vorbereitet oder mangels Überblick übersehen hat.
Solche unvermeidlichen "Monsterzüge" werden auch schon in der Literatur
erwähnt. Bei uns war es Peter, der diesen Zug tun konnte. Und ich war es, der ihm
gedankenlos (oder unerfahren) diesen Zug ermöglicht hatte. Ja, etwas Erfahrung und
Übersicht (bei allen Mitspielern) gehört schon dazu, dann ist Löwenherz ein richtig
ernsthaftes Tüftelspiel für 4 Personen.
Peter vergab trotz seines Sieges nur 4 Punkte. Vielleicht war ihm das Spiel ZU ernsthaft.
WPG-Wertung: 5.75
- Quirks
Das Spiel versucht die Evolution auf den Tisch zu bringen. Jeder Spieler hat einen Satz
von Karten in der Hand, die Kopfteile, Körperteile und Schwanz von Lebewesen darstellen,
die man zu willkürlichen "crazy creatures" zusammensetzen und an 6 festgelegte
Positionen im Spielplan plazieren soll.
Diese 6 Positionen teilen sich auf in drei Spitzenpositionen und drei Hoffnungsplätze.
Wer alle drei Spitzenpositionen mit seinen Erzeugnissen besetzt hat, ist Sieger. Um
dorthin zu kommen muß man entweder dort geboren sein oder über die Hoffnungsplätze
dorthin gelangt sein.
Um einen Platz zu besetzen muß das eigene Lebewesen stärker sein als das dort
befindliche. Die Stärke jedes Lebewesens wird nach einer versteckten Zahlentabelle
ermittelt, deren Werte jahreszeitlichen Schwankungen unterliegen. Der Wechsel der
Jahreszeiten erfolgt automatisch, wobei jeder Spieler das Tempo des Wechsels jeweils mit
einem oder mit zwei Geschwindigkeitspunkten beeinflussen kann.
In der Startaufstellung mit vier Mitspielern bekommen zwei Spieler sofort je einen
Spitzenplatz und einen Hoffnungsplatz, einer bekommt einen Spitzenplatz, der letzte
bekommt lediglich einen Hoffnungsplatz. Was kann man daraus über die Gerechtigkeit dieses
Spieles ableiten? Entweder daß es keine gibt, oder daß die hoffnungslosen Positionen, die
man aktuell besitzt, keinen Einfluß auf die 3 Spitzenpositionen haben, die man zum Sieg
braucht.
Als letzter des Spieles durfte ich in meinem ersten Zug gerade mal eines der beiden
Teile meines einzigen Lebewesens auf dem Hoffnungsplatz austauschen. Gegen eine der
Teilekarten in meiner Hand. Damit hätte ich evtl. zu einer gegebenen Jahreszeit einen
besseren Kampfwert bewirken könnten. Ob der Austausch die Kampffähigkeit auch tatsächlich
erhöht oder nicht, ist ziemlich undurchsichtig. Im Endeffekt ist es davon abhängig, zu
welcher Jahreszeit man angreifen will oder angegriffen wird. Was kann man daraus
schließen? Daß man in der Evolution einen langen Atem braucht.
Peter konnte in seinem ersten Zug mit seinem Lebewesen vom Hoffnungsplatz Günthers
Lebewesen vom Spitzenplatz verdrängen. Damit besaß er nach quasi nach wenigen Sekunden
Spielzeit bereits zwei der drei Spitzenplätze zum Sieg. Was kann man daraus über die
Dauer des Spieles ablesen? Entweder ist das Spiel in Sekunden zu Ende, oder eine noch so
gute Ausgangsposition ist in keiner Weise ein Vorzeichen für den Sieg. Dann bestimmt
allein Chaos und Zufall Ablauf und Ausgang der Evolution. Bei Peters zweitem Zug war zu
erkennen, daß bei Quirks das zweite gilt.
Mike Mayer schreibt bei "boardgamegeek" unter Personal Comments for Quirks "First game was
abandoned before we started because the other players didn't like the rules. I still
want to try though." So war es auch bei uns. Allerdings war bei uns WPG nicht ich
der dortige "I".
Keine WPG-Wertung
- Sharp Shooters
Das Spiel wurde im Jahr 1996 von der amerikanischen Zeitschrift Games zum "Game of
the Year" gekürt. Es ist ein reines Würfelspiel nach dem Muster von
"Yatzee", allerdings würfelt nicht jeder seinen Zug für sich alleine aus,
sondern in Konkurrenz alle miteinander verwoben. Wer auf dem ausliegenden Musterbrett
keinen Würfel mehr unterbringt, oder wer freiwillig nicht mehr weiterwürfeln will, gibt
die Würfelreihenfolge an den nächsten ab. Wer eine Musterzeile vollständig gefüllt hat,
bekommt den zugehörigen Wert in Münzen ausbezahlt. Dabei gibt es allerdings auch schwarze
Schafe, d.h. Zeilen, für deren "Abkassieren" man einen Geldbetrag abgeben muß,
statt daß man ihn bekommt. Das ist auch der Grund, warum man in kritischen Situationen
freiwillig den nächsten Spieler zum Zug kommen läßt.
Fazit: Ein pfiffiges Würfelspiel. Wer Spaß hat an den Launen des Würfels und in sich in
entsprechender lustiger Gesellschaft befindet, der sollte es ruhig mal ausprobieren.
WPG-Wertung : 4.75
- Coloretto
Nichts Neues im Westen. Wer gewinnen will, muß sich mit vielen Farben, guten und
schlechten, anfreunden. Wer sich schon zu schnell mit einer einzigen guten Karte
zufrieden gibt, wird nicht weit kommen.
Immer wieder eine entspannende Absack-Übung.
Keine neue WPG-Wertung