A Game Of Thrones - cover
Designer Christian T. Petersen
Verlag Fantasy Flight Games
erschienen 2003
Spielerzahl 3 - 5
Spielzeit 3 Stunden

A Game Of Thrones - Spielbericht vom 19.11.2003

Dies ist wahrscheinlich das bisher ambitionierteste Spiel der in den letzten Jahren sehr erfolgreichen Firma “Fantasy Flight Games”, die sich bisher mit eher freakigen Fantasy und SF-Spielen (und einem sehr schlechten Golfspiel) einen Namen gemacht haben. Dies fängt schon mit der Ausstattung des Spieles an, die problemlos mit deutschen Spielen mithalten kann: Ein tolles, riesiges Spielbrett mit der obligatorischen Fantasykarte, qualitativ hochwertige Karten und Counter, ein grossformatiges und sehr gut geschriebenes Regelbuch im „Kosmos“-Stil, eine stabile und toll gestaltete Box mit Plastikeinleger für das Spielmaterial... Allein schon hiermit hebt sich „FF“ wohltuend von den oft billig hergestellten amerikanischen Brettspielen ab (allerdings sind „FF“ nicht die einzigen, die hier einen neuen Trend in den USA einleiten).

A Game Of Thrones - board

Das Spiel basiert auf der in Deutschland weniger bekannten Fantasy-Reihe „A Song of Ice&Fire“ von George R.R. Martin, die die epischen Thronfolgekämpfe eines Fantasyreiches beschreiben, und dabei weniger auf Magie und Monster als auf Personenkonflikte und tragische Verwicklungen setzen. Man kann aber ganz klar sagen, daß das Spiel so abstrakt gehalten ist, daß eine Kenntnis der Vorlage keineswegs für das Spielverständnis notwendig ist, von uns kannte keiner die Bücher, und das machte nix!

Das Spiel hat eine begrenzte Spieldauer: 10 Runden breiten sich die verschiedenen Königshäuser auf dem Kontinent aus, dann gewinnt der Spieler mit den meisten Burgenfeldern. Vorher kann es auch zum „sudden death“ kommen, wenn ein Spieler 7 Burgfelder besitzt.

Jedes Haus hat eine feste Startposition (hierbei sollte man beachten, daß es in der FAQ auf der Website von „FF“ eine wichtige Änderung gibt, die man unbedingt braucht!), und startet mit wenigen Einheiten, von denen es nur 3 gibt: Fußtruppen und Schiffe (Kampfwert und Kosten 1) und Reiter (2). Auch vorgegeben sind die Startpositionen auf den drei „Einflusstracks“, die sich im Laufe des Spiel durch Bieten ändern können: „Iron Throne“ (bestimmt die Zugreihenfolge, der Spieler auf Platz 1 entscheidet über alle Pattsituationen, außer im Kampf), „Fiefdoms“ (entscheidet Pattsituation im Kampf, Platz 1 kann 1x pro Runde plus 1 im Kampf erhalten) und „King’s Court“ (bestimmt die maximal verwendbaren Sonderbefehlsplättchen, Platz 1 kann einmal pro Runde einen Befehl ändern). Schließlich hat jeder noch einen „Versorgungstatus“ – je mehr Felder mit Fässern man benutzt, desto höher wird dieser sein. Der Supplystatus bestimmt, wieviele Armeen über einer Einheit man besitzen darf, und wie groß diese sein dürfen, eine interessante Regel, die verhindert, das Spieler mit Riesenarmeen übers Land ziehen. Daher braucht man auch die „Reiter“, die sonst keinen Sinn machen: Wenn man nur drei Einheiten in einem Feld haben darf, will man lieber doppelte als einfache Einheiten!

A Game Of Thrones - board

Nun geht das Spiel los, bis auf die erste Runde werden zuerst 3 Ereigniskartenhaufen abgearbeitet, die alle Spieler betreffen. Durch diese Ereigniskarten wird zum Beispiel bestimmt, wann Spieler aufrüsten dürfen, wann sich der Versorgungsstatus ändert, wann die „Wildlinge“ aus dem Norden angreifen (hier müssen alle Spieler zusammenhalten, und Machtpunkte einsetzen, wenn die Wildlinge gewinnen verlieren alle Spieler Armeen), und wann die Reihenfolge auf den Einflusstracks neu vergeben wird.

Danach legen alle Spieler Befehlsplättchen auf Felder, in denen sie Einheiten haben (verdeckt und gleichzeitig). Hier werden Ähnlichkeiten zu zwei Spielen deutlich, zuallerst „Diplomacy“ (das Bewegungssystem mit dem Vergeben von „Unterstützungsbefehlen“ und Seebrücken ist fast identisch) und auch „Magic Realm“ (die Anzahl der besonderen, „besseren“ Befehle mit Stern wird begrenzt). Nun werden die Befehle alle gleichzeitig aufgedeckt, und jeweils einzeln nach Spielerreihenfolge ausgeführt, zuerst die „Überfälle“, mit denen man Machtpunkte, die Währung des Spiels, klauen kann, oder andere Befehle unterbrechen kann, dann die Bewegungsbefehle, die oft in Kämpfen resultieren. Bei diesen Kämpfen wird zuerst die Unterstützung der umliegenden Armeen bestimmt (fast exakt wie in Diplomacy, denn auch hier muß die Unterstützung im voraus geplant werden), dann spielen beide Spieler eine von 7 Anführerkarten (bei jedem Spieler anders), die zum Teil Sonderfähigkeiten haben und 0-3 zum Ergebnis addieren. Die Karten, die die Gegner besitzen, sind offen und können jederzeit vor dem Ausspielen eingesehen werden, dadurch haben Kämpfe, bei denen immer die höhere Kampfsumme gewinnt, praktisch kein Glückselement.

Wer verliert, muß sich zurückziehen, oder wird vernichtet, wenn dies nicht möglich ist, dies ist auch eine Ähnlichkeit zu „Diplomacy“.

Danach haben bisher unbehelligte Felder die Chance, „Macht zu konsolidieren“, wenn Kronen auf dem Feld sind, können Machtpunkte gesammelt werden, und die braucht man wiederum zum Kampf gegen die Wildlinge, oder (am allerwichtigsten) zum Bieten auf die Einflusstracks.

Eine Runde geht vergleichsweise schnell, alle Spieler sind ständig beteiligt, weil immer nur ein Befehl pro Spieler abgehandelt werden kann.

A Game Of Thrones

Wie spielt sich das Ganze nun? Zuallererst muß man sagen, daß es sich hier um ein Wargame im Stile von „Diplomacy“ oder „Vinci“ handelt, also mit vereinfachten Kampfregeln ohne Glückselement, d.h. alles, was geschieht, wird davon bestimmt, wie stark andere Spieler gegen einen vorgehen oder nicht. Kingmakertum, Bündnisse und plötzlicher Bündnisbruch sind gang und gäbe, man sollte das Spiel also auf keinen Fall mit Leuten spielen, die hiermit Probleme haben, oder die meinen, sie müssten andere Spieler spielerisch bestrafen oder belohnen. Die Emotionen kochen hier gerne hoch, und zumindest in unserer Runde war der Eindruck dadurch etwas getrübt, was natürlich auch die Schuld des Spielsystems selber ist. Auch „Diplomacy“ kann entsetzlich oder großartig sein, je nachdem wie die Spielerzusammensetzung ist. Nach meinem Gefühl würde ich das Spiel daher nur eingefleischten Wargamern empfehlen, oder Runden, bei denen sich keiner kennt (da geht es dann meistens gerecht genug zu, und es werden nicht unterschwellig alte Fehden ausgetragen).

Das Spielsystem an sich ist aber nahezu perfekt, die Regeln sind durchdacht, elegant und logisch, und auch wenn man die Bücher nicht kennt, wird doch sehr viel Atmosphäre vermittelt. Mit Erklärung der Regeln würde ich in einer vollen Runde (eine 5-er Runde ist auf jeden Fall die beste Variante) etwas mehr als 4 Stunden für ein erstes Spiel veranschlagen, bei Kenntnis der Regeln verkürzt sich diese Zeit wohl auf 3 Stunden.

Bei uns waren die Meinungen letztlich sehr geteilt – Walter mag solche Spiele grundsätzlich weniger, gab also eine 5, Aaron eine vorsichtige 6, Andrea und ich dagegen finden das Spiel attraktiv und originell, vor allem die Befehlsphase hat mir persönlich gut gefallen, das ist wirklich spannend und tricky, also eine 8. Thomas muß sich hierzu noch melden!

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Wer an dem Spiel interessiert ist, sollte also ein Testspiel wagen, ansonsten ist die Anschaffung für Fans dieses Genres auf jeden Fall zu empfehlen!

©2003, Moritz Eggert (Eggo)