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Dumm gelaufen. Da erzählt doch der Müllmann, dass er gesehen hat, wie ich ein Taxi zum Flughafen nahm. Und schon bin ich wieder auf der Liste der Verdächtigen. Aber nicht lange, denn der Bürgermeister gehört zu meinem engeren Bekanntenkreis und dessen Glaubwürdigkeit sorgt dafür, dass ich umgehend rehabilitiert werde, denn der Täter fuhr gar nicht Taxi sondern Bus. Und damit steht jetzt mein linker Nachbar als Hauptverdächtigter da, umso mehr, da mein Gärtner angibt, dass er für die Tatzeit auch kein Alibi hat.
Dies beschreibt in kurzen Worten den Ablauf eines Zuges bei "Who Stole Ed's Pants". Es gibt einen vermutlichen Tatort, eine Tatzeit und eine Täterbeschreibung. Und es gibt jede Menge Zeugen, die mit ihren Aussagen sowohl Spieler belasten können als auch die vermutlichen Fakten wie Tatort, Tatzeit und Täterbeschreibung beeinflussen. Und wie bei allen Zeugen gibt es solche mit hoher und solche mit geringer Glaubwürdigkeit.
Zu Beginn des Spiels werden je eine Tatort, Tatzeit
und Täterbeschreibungskarte (die Faktenkarten) offen ausgelegt; diese beschreiben
den aktuellen Erkenntnisstand der Ermittlungsbehörden. Weiterhin werden die
Zeugenkategorien (Leute auf der Strasse, Verbrecher, Haushaltshilfen, Beamte,
Circusleute und Geschäftsleute) in zufälliger Reihenfolge offen ausgelegt. Diese
Reihenfolge bestimmt die Glaubwürdigkeit jeder Zeugenkategorie. Vor jedem Spieler
werden jetzt für den Tatort, die Tatzeit und die Täterbeschreibung je eine
Zeugenkarte ausgelegt. Diese Karte bestimmt, welche Glaubwürdigkeit ein Spieler bei
den jeweiligen Tatkategorien besitzt. Danach erhält jeder Spieler eine Faktenkarte
und je 2 Zeugenkarten und Beweiskarten verdeckt auf die Hand.
Ist man am Zug spielt man zwei Handkarten aus (wir
empfehlen die Profiregel, die deutlich mehr Kontrolle gibt). Zeugenkarten dienen
entweder dazu die eigene Glaubwürdigkeit in einer Tatkategorie zu verbessern, die
Glaubwürdigkeit eines Mitspielers oder die einer ganzen Zeugenkategorie zu
verändern. Beweiskarten spielt man immer gegen andere Spieler, um sie zu
Verdächtigten zu machen. Dabei spielt die Glaubwürdigkeit der eigenen Zeugen in
Relation zu der der Mitspielerzeugen eine entscheidende Rolle: nur wenn meine
eigenen Zeugen glaubwürdiger sind, kann ich einem Mitspieler eine Beweiskarte
unterschieben. Auch die Fakten lassen sich ändern in dem man eine Faktenkarte
ausspielt, wobei wieder die Glaubwürdigkeit der eigenen Zeugen ausschlaggebend ist.
Hierdurch lassen sich Mitspieler blitzschnell zu Verdächtigten machen und man kann
sich genauso schnell aus dem Kreis der Verdächtigten entfernen. Nach solchen
Veränderungen wird geprüft, ob die aktuellen Fakten mit den Beweisen eines Spielers
übereinstimmen wobei jede Übereinstimmung mit einem Marker gekennzeichnet wird.
Diese Marker zählen bei der Abrechnung Minuspunkte. Am Ende eines Zuges zieht man
von beliebigen Stapeln (Fakten, Zeugen, Beweise) zwei Karten nach.
Das Spiel geht über zwei Runden. Eine Runde endet,
sobald einer der Nachziehkartenstapel aufgebraucht ist. Dann wird die aktuelle
Verdächtigtensituation überprüft und Minuspunkte vergeben. Je mehr Marker man hat,
umso mehr Minuspunkte bekommt man (1=1, 2=3, 3=6, 4 und mehr=10), die auf dem
Spielertableau markiert werden. Am Ende der ersten Runde werden nur die Handkarten
der Spieler neu verteilt, alle ausliegenden Beweiskarten und die Fakten bleiben
liegen.
Es empfiehlt sich, das Spiel beim ersten Mal anhand der Spielregeln, die nicht unbedingt leichtverständlich geschrieben sind, mit einer kleinen Einführungsrunde zu beginnen. Hierbei lassen sich die wesentlichen Spielzüge und Wechselwirkungen schnell erläutern. In unserer Runde, die bis auf mich das Spiel nicht kannte, habe ich den Fehler gemacht und im Wesentlichen aus der Spielanleitung zitiert. Nachdem wir die Regel durchgearbeitet hatten, hieß es dann: "Ich habe nichts verstanden". Das führte dann letztendlich dazu, dass Walter das Spiel deutlich abqualifizierte, weil er kaum Einflussmöglichkeiten zu seinen Gunsten gesehen hatte (er hat das Spiel relativ hoch verloren).
Die nachfolgende Diskussion wurde kontrovers geführt: bietet das Spiel nun echte Handlungsmöglichkeiten und genügend Freiheitsgrade, um eine taktische oder vielleicht sogar strategische Spielweise zu ermöglichen? Sicherlich bieten sich dem Startspieler der ersten Runde relativ wenige Möglichkeiten, da seine Kartenhand zufällig ist und unter Umständen nicht zu den ausliegenden Karten passt. In der Regel bietet sich aber auch hier schon an, frühzeitig die Zeugenglaubwürdigkeit zu seinen Gunsten zu verändern. Großes Augenmerk ist auf die Pflege der Kartenhand und der eigenen Zeugen zu richten, da hierüber die Freiheitsgrade beeinflusst werden. Da die Fakten- und Beweisekarten auf ihrer Rückseite angegeben haben, um welche Art es sich handelt (Tatort, -zeit, Täterbeschreibung) ist die Kartenpflege in gewissen Rahmen planbar.
Timing spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Beweise spielt man gegen andere Spieler immer dann, wenn die eigene Glaubwürdigkeit dies zulässt, insbesondere wenn es sich um "starke" Beweise handelt, die z.B. gleich mehrere Tatorte oder relative große Zeitfenster betreffen. Außerdem bietet es sich an, bei den Gegnern nicht zu diversifizieren, d.h. es ist besser, je Gegner nur eine Beweiskategorie zu platzieren, diese dafür aber möglichst umfassend. Damit gibt's unabhängig von der Faktenlage auf jeden Fall mehrere Minuspunkte dort.
Da sämtliche platzierte Beweiskarten dauerhaft liegen bleiben ist die einzige Form der "Verteidigung" die Änderung der Fakten. Hierauf ist gerade in der zweiten Hälfte des Spiels zu achten und entsprechende Kartenhandpflege zu betreiben, um kurz vor Schluss die Fakten noch zu eigenen Gunsten zu ändern. Die wichtigste Maßnahme aber bleibt die genaue Beobachtung der eigenen und fremden Zeugenglaubwürdigkeiten, um im Vorfeld die möglichen "Angriffsrichtungen" der Mitspieler zu kanalisieren - ganz vermeiden lassen sich Angriffe nicht.
Ein weiteres Element in einer Vierer-Runde ist, dass gegenüber sitzende Spieler ein Team bilden. Damit kann man auch schon mal dem Partner aus der Klemme helfen bzw. sich von ihm helfen lassen. Geschicktes Zusammenspiel ist hier unbedingt notwendig. Leider macht die Notwendigkeit des Zusammenspiels das Spiel nicht leichter sondern etwas komplexer, da nun noch mehr Kombinationen von Beweiskategorien, Zeugenkategorien und Zeugen zu evaluieren und bewerten sind. Hier ist dann schnell einmal übersehen, dass ein eigener Zug dem Partner deutlich mehr schadet als den Gegnern.
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"Who Stole Ed's Pants" ist ein interessantes und lustiges Spiel, wenn man die Mechanismen verstanden hat und mag. Dass es sich um ein abstraktes Kartenablegespiel handelt wird einem Dank des sehr gut umgesetzten Spielthemas gar nicht bewusst. Der Einstieg ist etwas schwierig, was nicht zuletzt an der unglücklich strukturierten Spielregel liegt, der Wiederspielwert aber entsprechend hoch. Und wäre das Thema irgendetwas mit Aktien und Eisenbahnen würde es bestimmt auch Walter gefallen...
©2003, Aaron Haag