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"Arne" ist ein Kartenspiel. Die Spielanleitung charakterisiert es als ein Spiel "mit einem großen Schikane- und Glücksfaktor". Die Spieler ziehen reihum von einem verdeckten Stapel eine Karte. Wenn diese "gut" ist, dann darf man sie vor sich in seiner "Sammlung-guter-Karten" ablegen, wenn sie schlecht ist, dann darf man sie auf einem offenen "Garbage-Stapel" abwerfen.
Natürlich erfolgt dieses Ziehen und Abwerfen nicht streng sequentiell, sondern jeder Spieler hat einen Anfangspuffer von 8 Karten auf der Hand, in den er die gezogenen Karten erst einreihen und aus denen er die für den Abwurf bestimmte Karte auswählen kann.
Insgesamt gibt es 134 Karten. Einige davon darf man asynchron spielen, d.h. zu jedem beliebigen Zeitpunkt außer der Reihe. Mit diesen kann man allerlei Unfug anstellen, z.B. von einem beliebigen Mitspieler eine Karte wegnehmen, die Zugreihenfolge umdrehen, eine offen ausliegende Karte eines Mitspielers entwerten, und was dergleichen Schikanen mehr sind.
Für jeden Spieler gibt es genau 10 "gute" Karten. Die sind Karten, auf denen Zahlen in der Farbe des Spielers aufgedruckt sind. Die Zahlen sind die Pluspunkte, die man erhält, wenn die Karte am Ende des Spieles noch gültig in der eigenen "Sammlung-guter-Karten" liegt. Es gehört nicht viel Analytik dazu, um zu erkennen, dass bei 5 Mitspielern jeder im gesamten Spielverlauf durchschnittlich nur 2 "gute" Karten bekommt. In der Regel hat man überhaupt keine gute Karte (mehr) auf der Hand und legt halt irgendetwas ab, von dem man hofft, dass ein Mitspieler gierig und frustriert hinterher schaut.
Aber es ist noch krasser. Die Zahlenwerte der "guten" Karten gehen von 50 bis 1000, dabei kommen die unteren Werte häufiger, die Werte 500 und 1000 genau einmal vor. Um in der Endabrechung überhaupt eine Chance zu haben, muss man mindestens seine Top-Karte ergattern und ablegen. Aber man muss das ganze Spiel 5 mal komplett durchspielen, um ein einziges Mal die eigene 1000 rechtlich einwandfrei erworben zu haben.
Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt, an seine 1000er Karte zu kommen. Wenn ein Mitspieler diese Karte mit unverhohlener Schadenfreude auf dem "Garbage-Stapel" abgeworfen hat und ich eine asynchrone "Diebeskarte" auf der Hand habe, kann ich die abgeworfene 1000er stehlen und in meine eigene Sammlung einreihen. 9 Diebeskarten gibt es. Also durchschnittlich zweimal werde ich zum Stehlen Gelegenheit haben. Vorausgesetzt, ein Mitspieler wirft eine brauchbare Karte ab. Sicherer ist es für ihn freilich, diese Karte bis zum Spielende in der Hand zu behalten.
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, an hohe Zahlen zu kommen. Mit einer asynchronen "Chamäleonkarte" kann ich jede beliebig-farbige Zahlenkarte in eine Karte meiner Farbe verwandeln. Damit könnte ich jede der vorhandenen 1000er Karten in meine Sammlung einreihen. Durchschnittlich sollte ich eine davon bekommen. Allerdings kann mir jeder Mitspieler mit einer Diebeskarte diese Karte aus meiner Sammlung wieder stehlen. Dem gegenseitigen Ärgern sind keine Grenzen gesetzt. Natürlich unter der Voraussetzung, dass man - legal oder illegal - überhaupt in den Besitz einer 1000er Karte gekommen ist.
So hat alles - außer den oben geschilderten durchschnittlich 2 braven Zügen pro Spiel - was man bei "Arne" mit den Karten tun kann und soll, einen negativen Touch: Wegnehmen, stehlen, zerstören. Oder was sagt ihr dazu, liebe Spielfreunde?
Erstaunlich, dass jemand im Internet schreibt: "Das beste Familienspiel, das ich seit Jahren gespielt habe." Aber vielleicht ist diese Aussage nur eine Marketinglüge des Verlages. Der hat ja auch behauptet, schon 50.000 Exemplare von seinem Spiel verkauft zu haben. Und hierzu meint ein aufgebrachter Käufer: "Nie und nimmer wurden von diesem Spiel 50.000 Exemplare verkauft - es gibt keine 50.000 Spielidioten."
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Wenn wir bei den WPGs eine "Zitrone des Monats" zu vergeben hätten, dann wäre "Arne" der erste Anwärter darauf. So aber konnten wir alle unisono das Spiel mit 2 Punkten ad acta legen. 2 Punkte? Ja, wir waren eine lockere Runde und trugen die Ungereimtheiten alle mit Fassung. Es könnte ja eines Tages noch schlechtere Spiele geben.
©2004, Walter Sorger