Junta

Hersteller: ASS

Autor: Vincent Tsao (ursprünglicher Entwurf); Ben Grossman / Eric Goldberg (Weiterentwicklung)

Getestet: Deutsche ASS Ausgabe, 1986

Tester: Walter Sorger

Szenario: Eine Bananenrepublik irgendwo auf der Welt. Die Spieler repräsentieren politische Gruppierungen innerhalb des Landes und versuchen auf Biegen oder Brechen den größten Teil des Staatshaushaltes auf Ihre Seite bzw. auf ein privates Konto im Ausland zu bringen.

Das Spiel: Das Spielbrett zeigt die politisch wichtigsten Quartiere einer modernen Hauptstadt (Präsidentenpalast, Abgeordneten-Kammer, Polizei-Reviere, Kasernen, Botschaften, Zentralbank, Millionärs- und Elendsviertel u.ä.). Das Spiel verläuft in 9 bis 11 Spielrunden ab, in denen jeweils Geld in Umlauf gebracht wird. Ist der gesamte Vorrat an Spielgeld ausgegeben, so endet das Spiel. Sieger ist derjenige, der das meiste Geld auf sein Schweizer Konto gebracht hat.

Ein Spieler ist Präsident, ein Amt, in das er in der Regel demokratisch gewählt wurde. Der Präsident vergibt die übrigen 6 Regierungsämter (Minister für innere Sicherheit, Kommandeur der Luftwaffe, Admiral der Marine und 3 Generalsposten) an die anderen Mitspieler. Er tut dies in freier Entscheidung, wobei jeder Spieler mindestens ein Amt und höchstens zwei Ämter bekommen kann. Hier zeigt sich die erste Vorliebe des Präsidenten: Er verteilt die Ämter nämlich nicht gleichmäßig auf alle Spieler, sondern er bevorzugt diejenigen, die ihm treu zu sein versprechen und mit denen er in der nun folgenden Junta-Phase sein Schäfchen ins Trocken bringen will.

Sein "Schäfchen" sind die zufällig gezogenen 8 bis 24 Millionen Pesos Staatshaushalt die der Präsident als "Entwicklungshilfe" einstreicht. Dieses Geld verteilt der Präsident absolut willkürlich an die Mitspieler. Hier sind der Verteilung keinerlei Grenzen vorgegeben. Der Präsident kann alles ausnahmslos für sich behalten; er kann aber auch alles oder einen Teil davon an einen oder an mehrere Spieler weitergeben. Die Aufteilung des Etats an die Spieler zeigt die zweite Vorliebe des Präsidenten und nennt sich "Staatshaushalt vorschlagen." Natürlich sind immer ein paar Spieler gegen die vorgeschlagene Verteilung, aber wenn die Mehrheit der Spieler dafür ist, dann ist der Staatshaushalt angenommen. Falls aber eine Mehrheit gegen die vorgeschlagene Verteilung ist, so kann der Minister des Inneren den Haushalt mit Gewalt durchsetzen.

Ein solches Vorgehen schafft natürlich keine Freunde. Aber Junta ist auch kein Spiel unter Freunden. Jeder spielt für sich. Allianzen werden nur für kurzfristige Ziele eingegangen und halten nur solange, bis sich lohnendere Ziele auftun. Das kann z.B. ein Attentat gegen einen reichen Verbündeten oder ein Putschversuch gegen die regierende Junta sein.

Ein Attentat kann jeder Spieler kann innerhalb der "Terror-Phase" einer Spielrunde auf einen anderen Spieler ausüben. Dies geschieht durch die Ankündigung: "Ich schicke einen Attentäter zum Ort X (Bank, Hauptquartier, Zuhause, Freundin, Nachtclub), um ein Attentat auf den Spieler Y durchzuführen." Das Attentat ist erfolgreich, wenn der betroffene Spieler sich tatsächlich an dem angekündigten Ort des Attentats aufhält. In diesem Fall bekommt der Beauftragende des Attentats das Bargeld des Opfers.

Ein Putsch ist ein Aufstand gegen den Präsidenten-Clan und kann von jedem Spieler ausgelöst werden. Ist der Putsch initiiert, dann entscheidet sich jeder Spieler, auf welcher Seite er in den Kampf zieht: ob er sich den Aufständischen anschließt oder ob er regierungstreu bleibt. Anschließend führen die Truppen der einzelnen Regierungsämter (eigentlich sind es alles Kriegsämter) die Putsch-Phasen durch, bei denen es darum geht, die Mehrheit der Schlüsselpositionen in der Hauptstadt zu erobern. Gekämpft wird durch Würfeln. Bei jeder geworfenen 6 wird eine gegnerische Truppeneinheit entfernt.

Siegen die Aufständischen, so ist der Präsident abgesetzt und die Rebellen wählen unter sich einen neuen Präsidenten. Siegt die Präsidentenseite so bleibt alles beim alten. Nach jedem Putsch kann die siegreiche Seite einen Spieler der Gegenseite erschießen lassen (Natürlich wird nicht der Spieler erschossen, sondern der Amtsträger den er repräsentiert. Bei der nächsten Runde sind alle Spieler bzw. Amtsträger wieder munter und fidel.) Ein "erschossener" Spieler verliert seinen gesamten angesammelten politischen Einfluss. Sein Geld erhält der Präsident.

Alles Geld, das die Spieler im Laufe der Zeit bekommen, ist zunächst mal nur Bargeld. Es zählt zur Siegesabrechnung am Ende des Spieles nicht mit. Zum Sieg zählt nur das Geld auf dem Schweizer Konto. Und wie kommt das Geld auf dieses Konto? Indem man es zur Bank bringt. Das klingt zunächst ganz einfach. Ist es aber nicht. In politisch unsicheren Zeiten ist die Bank geschlossen oder hat "Mittagsruhe" und nimmt keine Einzahlungen entgegen. Weiterhin lauern in der Bank die Attentäter, und es gibt kein begehrteres Opfer als ein Mitspieler mit viel Bargeld.

Spieldauer: 3 Stunden, zuzüglich Regelerklärung

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Kommentar der Westpark Gamers: Als Vorbereitung auf ein Junta-Spiel gibt die Spielanleitung den Tip 'Schreiben Sie 100 mal "Junta ist nur ein Spiel" auf ein Blatt Papier.' Dies ist ein sehr nützlicher Tip, denn Junta ist wirklich nur ein Spiel. Ein gutes Spiel - für gute Spieler, freigeben ab 18 Jahre (wie die Liebe!). Es ist eine geistreiche Umsetzung der politischen Winkelzüge in einer Bananenrepublik auf eine Spiel-Szenerie. Man braucht Humor (und Esprit), um die absolute Moral- und Gesetzlosigkeit der skizzierten Gesellschaft zu goutieren. Derjenige, der gerade noch im Schulterschluss mit Dir den Präsidenten-Palast erstürmt hat, stellt Dich gleich im Anschluss daran vor ein Erschießungskommando, um Dich zu beerben. So ist das Leben.

Die Spielmechanismen sind ausgereift und ausgewogen, so ungleich das Schicksal (der Präsident) auch die Güter des Staates verteilen mag. Wer offensichtlich gut bedacht worden ist, zieht sogleich die Neider auf sich und steht näher an der Schwelle des Todes als der Habenichts, der über ein Attentat oder einen Putsch zu plötzlichem Reichtum kommt und diesen womöglich auch noch unangefochten zur Bank bringen kann.

Und wie gewinnt man dieses Spiel? Peter versucht es als Präsident durch psychischen Druck, durch Terror nach allen Seiten - und ist damit oft erfolgreich. Moritz glaubt an den Minister der Inneren Sicherheit, als der er einmal pro Runde ein zusätzliches Attentat versuchen kann. Ich weiß nicht (sicher), welche Prinzipien zur Siegstrategie gehören. Aber ich träume von dem ganz großen Coup, d.h. von dem bedeckten Abwarten auf die Gelegenheit, wo ich als letzter und harmloser Mitspieler ein Attentat auf denjenigen ausübe, der seinerseits gerade ein erfolgreiches Attentat auf einen reichen Mitspieler durchgeführt hat, der auch gerade ... . Und dies alles natürlich auf der Bank, wo ich meine Beute sofort einzahlen kann, bevor ich in der nächsten Runde gegen die gesamte Meute keine Chance mehr hätte. Dazu muss ich die Spieler-Reihenfolge genau vor Augen haben. Und dafür sollte ich Präsident sein und den Spieler links von mir zum Minister des Inneren ernennen ...

Walters Bewertung: 9 (von 10), wegen der geistreichen Abbildung einer Junta-Demokratie.

Westpark Gesamtbewertung: 8.8

Weiterführenden Informationen: Bruno Faidutti's "Junta" Review
Funagain-Seite mit Spieler-Kommentaren über "Junta"
Luding Link zu "Junta"