1. “Novo Dice”
Mit 5 Würfeln müssen sich die Spieler in 3 Versuchen Gewinn-Kombinationen nach Art der einarmigen Banditen erwürfeln: Drei Pflaumen oder zwei Birnen und einen Apfel. Für seltene Kombinationen bekommt ein Spieler hohe Siegpunkt-Plättchen, die Trivial-Kombinationen oder gar Fehlversuche bringen Nieten ein.
Die Siegpunkt-Plättchen muss jeder Spieler so auf seiner Plättchenablage plazieren, daß dabei besondere Muster entstehen, die noch mal eigens honoriert werden: wenn in einer Reihe nur Plättchen von einer Sorte liegen, oder wenn umgekehrt in einer Reihe Plättchen mit möglichst vielen verschiedenen Sorten liegen, werden die Siegpunkte verdreifacht oder vervierfacht. Es geht also im Prinzip darum, zweimal vom Zufall begünstigt zu werden, zum einen beim guten Würfeln und zum anderen beim glücklichen Plazieren.
Aaron war mal wieder von seinem sprichwörtlichen Würfelpech verfolgt; er trug’s mit Fassung.
Günther glaubte nach seiner monatelangen Ysphahan-Programmierung, in den Würfeln müßte sich doch noch eine versteckte Würfellogik aufspüren lassen. Ungewöhnlich lange währten seine Denkerphasen vor und nach dem Würfeln. Doch es war untaugliche Mühe am falschen Objekt. Am Ende mumelte er gebetsmühlenartig wie der alte Cato sein “Ceterum censeo” immer wieder “Da ist das Siedlerspiel aber besser” in seinen nicht vorhandenen Bart.
Das Material gaukelt mehr vor, als dahintersteckt. Es braucht keine bunten Bildchen von Weltraum-Pflaumen und Birnen; simple Zahlenwerte auf einfarbigem Hintergrund hätten es auch getan. Vielleicht sogar besser, zumindest übersichtlicher. Doch manche mögen’s bunt.
Eine chaotisch ausgerichtete Würfler-Runde kann sich mit “Novo Dice” durchaus die Zeit vertreiben. Moritz wollte es sogar zu unserem neuen Absacker protegieren. Doch damit blieb er der einsame Rufer in der Wüste.
WPG-Wertung: Aaron: 3, Günther: 4, Moritz: 5, Walter: 5.
2. “Notre Dame”
Nach einer genialen Konstruktion wird das Spielbrett je nach Spielerzahl zu einer anderen Form zusammengesteckt, am Ende entsteht in der Mitte die Glasfester-Rosette von Notre Dame und darum herum erhält jeder Spieler eine Fläche zum Aufbau seiner eigenen Managerie. Standing Ovations begleiteten die Vollendung des Spielbretts für unsere 5er Runde.
In drei mal drei Spielrunden kämpft jeder Spieler einen ziemlich komplexen Kampf um seine optimalen Entwicklungsmöglichkeiten. Es gilt seine Pöppel zu vermehren, Geld zu verdienen, seine Bewegungsfreiheit auszudehnen und immer mal wieder Siegpunkte einzustreichen. Am Anfang ist alles knapp und man weiß nicht, wo man zuerst aktiv werden soll. Die Erträge steigen progressiv mit dem Einsatz, so daß sich Mehrfach-Investitionen auf dem gleichen Gebiet besonders lohnen, doch man muß sich in alle Richtungen engagieren, um für alle Wechselfälle des Lebens gerüstet zu sein. “Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel” heißt die Maxime. Oder auch: “Ohne Moos nix los”. Und eine Hand braucht man auch immer frei, um die allgegenwärtigen Ratten abzuwehren, sonst fangen sie unweigerlich an, die Siegpunkte anzuknabbern.
Das Spiel ist von seiner Anlage her absolut symmetrisch. Jeder Spieler hat die gleichen Aktionskarten auf der Hand, die seine zulässigen Spielzüge angeben. Doch ein pfiffiger Auswahlmechanismus sorgt dafür, daß sich alles ganz unsymmetrisch entwickelt: Für jede Spielrunde darf ein Spieler nur drei seiner Aktionskarten auswählen, davon muß er auch noch zwei Karten an seinen linken Nachbarn weitergeben und darf nur eine behalten. Nachdem er von seinem linken Nachbarn ebenfalls zwei Aktionskarten bekommen hat, muß er noch einmal eine Karte weiterschieben, so daß die Aktionskarten, die er schließlich seinen Handlungsspielraum ausmachen, zu zwei Dritteln von der Ablage seiner Mitspieler bestimmt ist.
Hans schlug an dieser Stelle für die “Seniorenversion” vor, alle Aktionskarten zusammenzulegen, zu mischen und jedem Spieler drei davon auszuteilen
Doch die gewollte Kombination von Zufall und Planung beim Original-Verfahren in “Notre Dame” ist in sich schlüssig.
Irgendwie erinnert mich “Notre Dame” an ” Caylus”. Und das hat immerhin im Jahr 2006 den Sonderpreis “Komplexes Spiel” gewonnen.
WPG-Wertung: Aaron: 8, Günther: 8, Hans: 8, Moritz: 8, Walter: 8.
Das Spiel ist eine Rezension wert. Moritz empfahl es Günther für seine nächste PC-Implementierung.
3. “Portobello Market”
Sieht auf den ersten Blick aus wie ein abgewracktes “Zug um Zug”: Anstatt Gleisteile auf Schienenstränge zu legen, stellen die Spieler Marktbuden entlang Marktstraßen auf. Wenn eine Straße voll ist (und an beiden Enden noch Käufer plaziert wurden), wird sie abgerechnet.
Bei “Zug um Zug” werden die Zugstrecken anhand gezogener Karten bestimmt. Das geht ganz schön flott und verschafft dem Zufall einen “eleganten” (Moritz’sche Formulierung) Einfluß. In “Portobello” kann jeder Spieler genau zwei, drei oder vier Verkaufstände aufbauen; da ist alles determiniert und wer will, könnte hier sofort das Rechnen anfangen und sich eine optimale Marktgassenstrategie zurechtlegen. Zum Glück ging es schon auf Mitternacht zu, und selbst unsere Profi-Denker wollten lieber spielen als rechnen.
In “Zug um Zug” kassiert jeder Spieler für sich allein. Er kann höchstenfalls bei seinem Streckenbau einem Mitspieler das Wasser abgraben. In “Portobello” können beliebig viele Mitspieler in der gleichen Straße ihre Marktbuden errichten; beim Abrechnen bekommen alle anteilig ihre Siegpunkte. Das fördert selbstverständlich Abkassier-Allianzen. Und wer nicht beteiligt wird, riecht hier sofort Kingmakerei heraus.
Walter leitete die letzte Runde ein. Günther traf es etwas unvorbereitet; er konnte mit seinen letzten Marktbuden keine Straße mehr vervollständigen, keine Siegpunkte mehr einstreichen und sah schon den letzten Platz auf sich zukommen. Aber unverdrossen fing er mit seinen letzten Marktbuden-Gleisen eine letzte hübsche Straße an und verlockte Hans dazu, sie abzuschließen. Hans biß an, strich selbst auch noch mal gehörig Siegpunkte ein, katapultierte aber zugleich Günther hoch auf den ersten Platz.
Jetzt war die Diskussion über Kingmakerei nicht mehr aufzuhalten. Doch weil die Stimmung bisher so friedlich war, richteten sich die Angriffe mehr auf das Spiel als auf die Spieler. Und dort landeten sie zweifellos nicht ganz unberechtigt.
WPG-Wertung: Günther: 7, Hans: 5, Moritz: 4, Walter: 6.
4. “Bluff”
Im Westpark nichts Neues.