Die Vorgespräche bis zur Vollzähligkeit drehten sich um Kleinfeld, Yspahan und Fazer.
Kleinfeld spricht für sich selbst;
zu Yspahan liegen jetzt gleich 3 französische Sprachversionen vor. Alle verschieden. Aaron entschied sich für diejenige, die auch eine Übersetzung der Help-Dateien beinhaltet.
Und was ist “Fazer”? Eine finnische Schokoladenmarke, der Aaron nicht wiederstehen kann, wenn er am Flughafen in Helsinki noch etwas Zeit hat. So wie heute.
1. “Perikles”
Ein Kriegsspiel von Martin Wallace. Das es aber im alten Griechenland angesiedelt ist, darf man den Krieg nicht so ernst nehmen.
Die Hauptstädte Sparta und Athen sowie die Bundesgenossen Argon, Megara, Korinth und Theben führen gegeneinander Krieg, jeder gegen jeden, sofern es den jeweiligen Führern gefällt. Für Siege streichen die Führer Siegpunkte ein, für die Führungsrolle bekommen sie auch welche, und zwar umso mehr, je häufiger ihre Stadt ihre Kriege gewinnt.
Führer einer Stadt wird ein Spieler, wenn er am Anfang jeder Runde die richtigen Platzierungskärtchen auswählt, die ihm erlauben, seine Pöppel in die Stadt zu setzen. Und wenn er sich dann noch rechtzeitig zum Führer wählen läßt. Auch dafür braucht man das richtige Platzierungskärtchen.
Das ganze Spiel ist ein einziges Spielen mit oder gegen den Zufall in folgender Form:
a) Ganz zu Beginn bekommen die Spieler eine zufällige Zaubereigenschaft zugeteilt, die ihnen erlaubt, einmal im Kampf ganz besondere Fähigkeiten zu entfalten. Z.B. gleich doppelt so stark zu sein oder a priori den Gegner zu dezimieren. Welche eine kalkulierte Freude, wenn jemand seine Zaubereigenschaft einsetzt
b) Eine Reihe von Platzierungskarten liegt offen aus. Die besten sind gleich weg. (Was immer man für die besten hält.) Dann wird jeweils eine Karte nachgezogen. Wer Glück hat, bekommt dann doch noch die Erlaubnis in Korinth zu kacken, wer Pech hat, sieht dabei in die Röhre.
c) Zum Führer wird, wie schon angedeutet, nicht der Spieler mit der höchsten Pöppelzahl gewählt, sondern einer, der sich mehr oder weniger ursupatorisch auf den Thron setzt. Er muß zwar noch mit einem Gegenkandidaten rechnen, und hier entscheidet tatsächlich die Mehrheit der Pöppel über den Thron, doch man kann auch einen Kandidaten meucheln. Ist das dann Glück, wenn man die richtige Karte in die Finger bekommt? Oder artet es nicht sogar in Kingmakerei aus, wenn man mit der Meuchelkarte in einer beliebigen anderen Stadt einen beliebigen anderen fremden Kandidaten abmeuchelt?
d) Sind die Throne in den Städten alle vergeben, setzen die Städtekämpfe ein. Welche Städte bekriegt werden, bestimmt der Zufall. Wer Glück hat, ist Herr in einer friedlichen Stadt und braucht seine Siegpunkte nicht zu verteildigen. Er darf sich aber trotzdem mit seinen Truppen auf den Kampfplätzen der bekriegten Städte engagieren. Normalerweise ist das triviale Kingmakerei, denn es gibt meist keinen Grund, sich für oder gegen eine Stadt zu entscheiden.
e) Für jeden Städtekampf legt jeder reihum verdeckt seine Truppen in Form von Schiffe oder Fußvolk auf die Angreifer- oder auf die Verteidiger-Seite. Wenn alles platziert ist, werden die Truppenkärtchen aufgedeckt und es wird sichtbar, wie stark die jeweiligen Fronten sind. Unterschiede in den Kampfstärken liefern Vorteile im Würfelergebnis, das man für einen Sieg erzielen muß. Geahnte Erwartungen und absolute Überraschungen halten sich beim Aufdecken der Truppenstärke die Waage.
f) Der Sieg wird ausgewürfelt. Mit zwei gegen zwei Würfeln. Selbst eine deutliche Kampfstärken-Mehrheit garantiert keinen Sieg. Ganz normale Wargamer-Realität.
Wo liegt hier eigentlich der Witz des Spieles? Welche Regel paßt zu unserer Maxime “to have a plan”? Im Engagement für Spartha oder Athen? Wir dachten alle bis zum Abwinken, manche länger manche kürzer. Einmal rief Moritz verzeifelt aus: “Ist ja komplex, wenn man sich das alles ausrechnen will!” Aaron tröstete und drängte ihn mit der Antwort: “Damit habe ich schon lange aufgehört. Also komm: Aus dem Bauch!”
Es half nicht viel. Dreieinhalb Stunden lang ließen wir uns zum Führer ausrufen, setzen unsere Truppen ein, kassierten Siegpunkte und reduzierten den Siegpunktwert fremder Städte. Dabei durfte jeder genau 30 Züge tun: 15 mal eine Platzierungskarte ziehen und Pöppel platzieren und 15 mal Truppen platzieren. Für jeden Spiele macht das in siebeneinhalb Minuten einen Zug aus. Für einen Eine-Karte-nehmen-und-zwei-Pöppel-platzieren-Zug! Ach ja, nicht zu vergessen: an den dabei entstandenen Kriegereien durfte jeder auch noch die Kampfentscheidung auswürfeln.
Zum Schluß kam es fast noch zu einem der (schon lange nicht mehr gehabten) WPG-Eklats. Nachdem wir alle unsere Zaubereigenschaft zwar zugeteilt, anschließend aber vergessen hatten, zog Moritz im letzten Kampf gegen Walter seine Karte hervor, die besagte, daß jetzt seine Kampfstärke doppelt zu zählen sei. Erst jetzt erinnerte sich auch Walter an seine Zaubereigenschaft, die besagte, daß er den Spartanern eine Kampftruppe wegnehmen durfte. Und zufällig war Moritz ein Spartaner.
Nach dem Kleingedruckten im Regelheft war Walters nachträgliches Reklamieren seiner Sondereigenschaft nicht zulässig. Nach unserem ungeschriebenen WPG-Kodex darf aber ein Spieler eine Zugvariation nachträglich einbringen, wenn sie in seinem Zug einfach logisch war, und er bei seinem Zug zur Beschleunigung des Spielablaufes einfach nicht alle seine Zugoptionen durchgecheckt und sie deshalb vergessen hat. Die letzte Truppenbewegung von Walter war genau seine Kampfansage gegen die Spartaner und hier diese Sondereigenschaft nicht auszuspielen, war kein taktischer Fehler sondern einfach Unkenntnis der Regeln!
Zwei Meinungen zweier ausgeprägter Spiel-Kampfhähne prallten aufeinander. Moritz erwies sich als der Klügere. Auch wenn es ihm schwer fiel und Aaron alle Überredungs- und Überzeugungskunst aufbringen mußte, Walters Standpunkt zu verteidigen.
Noch eine Schwäche von “Perikles”: Diese saublöde Eigenschaft kostete Moritz in einem einzigen Kampf etwa 12 Siegpunkte und brachte Walter 6 Punkte sein. Diese Differenz machte etwa 30 Prozent der gesamten Siegpunkte aus einer dreieinhalbständigen Schlachtenarie aus. Das war mehr als der Unterschied zwischen dem ersten und dem letzten Platz. Moritz war der moralische Sieger. Ich gebe es zu!
WPG-Wertung: Aaron: 5, Moritz: 6, Walter: 3, Wolfgang 6.
Moritz wird sicherlich eine Rezension schreiben.
2. “Bluff”
Wolfgang kickte sich mit überzogenen Stern-Vorgaben selbst aus dem Rennen.
Im ersten Spiel stand Moritz mit 4:1 Würfeln gegen Walter im Endkampf. Er hatte zwei Sterne, eine Fünf und eine Vier. Womit sollte er anfangen? WPG-Standard: 1 mal die Vier! Walter hob auf 2 mal die Vier und Moritz drehte auf 2 mal die Fünf. Walter hatte nur eine mickrige Eins geworfen und drehte verzweifelnd-bluffend auf 3 mal die Vier. Moritz hob auf 3 mal die Fünf. Damit gab er Walter noch eine Chance, doch dieser nutzte sie nicht. Bei 2 mal Stern hätte Moritz Nachwürfeln müssen.
Lehre: Wenn du mit einer deutlichen Würfelmehrheit ins Endspiel gehst, dann sage die höchste Kombination an, die du in deinen Würfeln hast und zweifele anschließend alles an, was dein Gegner dann noch sagt.
Achtung: Das gilt nur, wenn dein Gegner nur noch einen Würfel hat. Ansonsten könnte er mit guter Wahrscheinlichkeit einen passenden Wurf zum Erhöhen haben oder auch Nachwürfeln. Ganz so trivial ist die Gewinn-Strategie in “Bluff” doch wieder nicht.