Ist ein namentlich genannter Spieleautor wirklich der Autor eines Spieles? Die Frage ist gar nicht so trivial. In meiner Jugendzeit wurden noch zu keinem Brettspiel die Autoren genannt. Heute gibt es Starautoren, deren klangvolle Namen allein schon wegen des gewünschten Verkaufserfolges groß auf der Schachtel verkündigt werden. Zuweilen erhebt sich dann unter Spielprofis ein leiser Zweifel, ob dieser oder jener Autor an einer läppischen Neuerfindung wirklich seine Hand im Spiel hatte. Oder nur seinen Namen. Könnten einst als genial gefeierte Autoren wirklich so weit herunterkommen? Oder gilt auch in der weitgehend idealistisch geprägten Spieleszene das Motto von der Pecunia?
Sei’s wie es auch sei. Wer sich einen Überblick darüber verschaffen will, für welche Spiele welcher Autor verantwortlich zeichnet, der kann sich auf unserer Internetseite die Rezensionen alphabetisch nach Spielautor sortiert ausgeben lassen. Aarons fleißige Datenbank-Programmierung bringt hier Ergebnisse, die nicht so leicht noch anderswo zu finden sind. (Es sind natürlich nur Spiele aufgeführt, die wir selber gespielt und bewertet haben.)
Dazu noch eine Besonderheit: Von allen Autoren wird nur jeweils ein einziger Name aufgeführt. Und die Autoren werden nach dem Vornamen sortiert. Rüdiger Dorn muß man z.B. also unter “R” und nicht unter “D” suchen. Nur bei Friedemann Friese ist das egal. Er hat nicht nur seine Spieletitel, sondern auch seinen Autorennamen und seinen Verlag nach einem ganz einfachen lexigrafischen Kriterium zusammengestellt.
1) “Wikinger”
Ein neues Spiel aus dem Hause Hans-im-Glück. Michael Kiesling hat es sich ausgedackt und der Verlag legt damit alle Ehre ein.
Die Spieler müssen – wie so oft in diesem Jahrtausend – mal wieder ihre Entwicklung optimieren. Aus einer offenen Auslage müssen sie jeweils reihum ein Insel-Plättchen erwerben und daraus vor sich eine gut bewertete Insellandschaft zusammenbauen. Zu jedem Plättchen gehört eine Berufsgruppe Goldschmied, Späher oder Adeliger, die entweder Geld (für die nächsten Erwerbungen) oder Siegpunkte einbringt. Am Ende braucht man auch noch genügend Fischer, um seine Bevölkerung zu ernähren und Krieger, um die feindlichen Wikingerschiffe abzuwehren. Alles greift sehr gut ineinander.
Die ganze spielerische Interaktion findet in der Wahl des jeweils Plättchens für die Landschaft statt, wobei man für sich selbst natürlich das beste Stück herausfischen und damit seinen Mitspieler den besten Happen vor der Nase wegschnappen will. Doch liegt hier viel mehr Konkurrenzkampf drin, als es zunächst den Anschein hat. Die beste Plättchen sind am Anfang jeder Runde sehr teuer und für keinen erschwinglich. Nach einem sehr bemerkenswerten Prinzip werden sie aber immer billiger und das richtige Timing beim ihrem Erwerb ist einer der Faktoren zum Sieg.
Die Spielstimmung ist äußerst konstruktiv. Zu 99 Prozent geht es darum, seinen eigenen Spielaufbau zu fördern und nur zu einem Prozent will man einem Mitspieler schaden. Das Spiel bekommt auch sehr schnell eine natürliche Asymmetrie, so daß jeder Spieler andere Entwicklungsziele verfolgt und daß das Sich-gegenseitig-ins-Gehege-Kommen sich deutlich in Grenzen hält.
Aaron zog sehr schnell davon, so daß ausgerechnet unser friedlicher Günther das Hetzen anfing. Mit “Schaut mal unseren Aaron an!” fing es an und ging bis zum “Jetzt haben wir aber wirklich alle ein Feindbild”. Es traf zwar die objektiv Ausgangslage, war aber mit einem scherzenden Unterton ausgesprochen und konnte zu keiner Zeit Aggressivität aufkommen lassen.
In der Schlußwertung werden noch mal verschiedenste Kriterien mit Sonderpunkte belohnt: die längste Insel, die meisten Inseln, die meisten Bootsmänner, die Über- oder Unterernährung durch Fischer und ähnliche Extreme. Da wurde öfters tief durchgeatmet, wenn die Konkurrenz gut bedacht wurde und flüssig davonzog, aber auch dann, wenn der eigene Siegpunktstein an die vorderste Front geriet. Schlußendlich setzte sich aber doch Aaron mit 63 Punkte an die Spitze, und verwies Günther auf den zweiten Platz. Offensichtlich hat dessen ausgiebiges Üben erst zwei Tage vorher bei Hans-im-Glück nicht geholfen.
WPG-Wertung: Aaron: 8, Günther: 8, Walter: 8, Wolfgang: 9 (einschließlich der Punkte-Bruchstücke der anderen Beteiligten)
2. “Um Kron und Kragen”
Ein veradeltes Kniffel-Spiel, bei dem die Spieler sich mittels Paschs, Straßen, Drillingen, Full-Houses etc. immer höherwertige Hilfskarten erwürfeln, mit denen sie sich immer mehr Vorteile für ihre nächsten Wurf-Runden erwerben (z.B. mehr Würfel oder willkürliche Manipulation der Würfelergebnisse).
Die von Zufall geschenkten guten Würfe kummulieren sich, weil man mit guten Würfen starke Hilfskarten bekommt, die in der nächsten Runde wiederum zu guten Würfen verhelfen. Wer hier nicht auf den fahrenden Zug aufspringen konnte, der gerät hoffnungslos ins Hintertreffen.
Während sich alle anderen mittels Bauer bereits den ersten Zusatzwürfel ergattern konnten, mußte sich Walter schon in der ersten Runde mit dem Hofnarren begnügen. Auch später orientierte er sich mit seinen Fähigkeiten lieber an der Dienstmagd als an der Hofdame, und als Günther die Königin errang und die Endrunde einläutete, war er aus der Küche noch nicht herausgekommen und konnte dann auch gleich drin bleiben.
Wolfgang wagte sich mit seiner Potenz an die Sex heran. Mit 11 Würfeln schaffte er genau 9 Stück, das reichte aber nicht, um Günthers 10-mal-dieDrei-Sieg zu gefährden.
Walter, der Wolfgang vor den Sexern gewarnt hatte, durfte außer Konkurrenz noch mal mit Wolfgang’s Potenz antreten. Seine 11 mal die Fünf wären der Sieg gewesen. Ja, wenn die Dienstmagd ihn nur nicht von Anfang an zum Hofnarren gehalten hätte
WPG-Wertung: Wolfgang lies mit seinen 9 Punkten den WPG-Durchschnitt um einen ganzen Punkt nach oben schnellen.
Für uns Westparker hat das Spiel noch eine besondere Bedeutung, weil unser Moritz beim Amigo-Wettbewerb um die Namensvergabe – genial, aber sonst mehr oder weniger zufällig (?) – den ersten Preis gewonnen hat.
3. “Bluff”
Ungewöhnlich früh fingen wir schon mit der 1 mal die Eins-Strategie an. Da waren noch 12 Würfel ausstehend! Aaron schaffte mit einem einzigen Würfel gegen je 3 von Günther und Walter das Endspiel, doch hier konnte er seine Chancen gegen Walter’s Stern nicht nutzen.
Im zweiten Endspiel fing Walter gegen Aaron mit 1 mal die Ein an. Günther folgerte hieraus messerscharf, daß Walter “auf keinen Fall eine Vier” haben konnte. Wie wahr! Ein deutlicher Nachteil für die eingefleischten “Immer-4-Strategen”