“Das Leben ist das einzige Spiel, bei dem es vorrangig darum geht, die Regeln zu begreifen. ” (Marc Flint). – Offensichtlich war der gute Marc kein großer Spieler!
1. “Container”
In einem demokratischen Palaver feilschten wir um die richtige Startaufstellung. Jeder hatte eine Idee wie er on-the-flight die Spielregeln verbessern konnte; am Ende setzten sich doch die Autoren Thomas Ewert und Franz-Benno Delonge durch.
Die angebotenen “Container” beziehen sich weder auf Müll noch auf Asylanten, sondern auf Frachten, die per Schiff über die Weltmeere transportiert werden.
Jeder Spieler hat eine Geländekarte vor sich liegen, auf der er Fabrikanlagen und Lagerhallen bauten kann. Sie kosten natürlich Geld, und Geld ist naturgemäß knapp. Man braucht es, um von den Mitspielern die produzierten Waren abzukaufen und in den eigenen Lagerhallen zu stapeln. Weiters braucht man Geld, um Waren auf fremden Lagerhallen aufzukaufen und auf sein Containerschiff zu verladen. Erreicht man mit seinem Schiff den Zielort, wird die Ladung versteigert. Auch dafür braucht man Geld, es sei denn, man überläßt die Ladung dem höchstbietenden Mitspieler, streicht das gebotene Geld ein und bekommt von der Bank nochmals gleichen Betrag von der Bank als Prämie ausbezahlt.
Bilanzieren wir Ausgabe-Möglichkeiten und Einnahme-Möglichkeiten:
Fast alles kostet Geld: die Immobilien in Form von Fabriken und Lagerhallen, und der Redereibetrieb in Form von Warenumschlag. Die Produktion ist kostenlos, der Schiffstransport ebenfalls, doch die Ladung zu löschen kostet schon wieder Geld. Da kriechen alle Spieler ganz schnell finanziell auf dem Zahnfleisch daher. Man kann zwar Kredite aufnehmen, um wieder flüssig zu werden, doch dann muß man dafür pro Runde zehn Prozent Zinsen hinblättern. Die Barmittel zerrinnen nur so unter den Fingern.
Einnahmen verschaffen einem die Mitspieler, wenn sie von einem die produzierte Fabrikware aufkaufen oder wenn sie Lagerware auf ihr Schiff nehmen. Doch dieser Geldverkehr bringt kein neues Geld ins Spiel, er sorgt nur für eine veränderte Verteilung innerhalb der Spieler. Damit kann die notwendige Wertschöpfung zum Kauf von Immobilien nicht erwirtschaftet werden. Nur wenn die Mitspieler eine Ladung ersteigern und die Bank den gleichen Geldbetrag nochmals dazulegt, steigt die Geldumlaufsmenge. Wenn aber Miesnickel unter sich sind und keiner dem anderen eine hohe Löschsumme vergönnt, dann kommt der Geldzuwachs nicht zustande und das Spiel zieht sich äußerst schleppend dahin. Keiner kann sein Geschäft selber in Gang setzen, jeder ist innerhalb des Wirtschaftskreislaufes mehrfach vom guten Investitionswillen der Mitspieler abhängig.
Diese Abhängigkeit von der Kauflust der Mitspieler ist ein ganz großes Problem in “Container”. Es kann auch eine willkürliche Benachteilung einzelner Spieler zur Folge haben. Wessen Waren nicht gefragt sind – das liegt teilweise an ihrer zufällig zugeteilten Siegpunktträchtigkeit – oder wer nicht genügend schöne Augen machen kann, bleibt auf seiner Ware sitzen, kann bei vollen Fabrikhalden nicht mehr produzieren, kann bei vollen Lagerhallen nichts mehr einlagern und darf seine Schiffe frachtlos über die Weltmeere schippern lassen.
Diese Situation kam gar nicht so selten vor, vor allem in der Schlußphase. Die einen wollten bestimmte Waren nicht mehr auf den Markt bringen, weil das ihre Siegpunkt-Erlöse beeinträchtigt hätte, die anderen konnten es nicht, weil sie ihre eigenen Waren nicht transportieren durfen. Es hätte zu einem Deadlock kommen können. Doch dann opferte sich Walter um das grausame Spiel zu beenden: Er erwarb eine weitere Fabrik, produzierte damit die letzte Ware einer Warenart und führte damit das Ende herbei. Seiner Meinung nach funktioniert das Spiel nicht! Es kann doch nicht sein, daß ein Spiel nur dann in Fahrt kommt, wenn die Konkurrenz sich gegenseitig anschiebt. Man stelle sich das ganze mal auf “1830” projeziert vor!
Ihm wurde von Aaron und Günther heftig widersprochen. Aaron hatte hoch gewonnen und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. “Alles, was ich machen wollte, hat geklappt!” Da war einer wohl auf dem falschen Dampfer!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (eigentlich 8), Günther: 6, Walter: 5 (eigentlich 4)
Walter wird eine Rezension schreiben. Zieht euch warm an!
2. “Im Jahr des Drachen”
Morgen fängt das chinesische Neujahr an. Das “Jahr der Ratte”. Da dürfen wir uns heute noch mal dem “Jahr des Drachen” zuwenden.
Peters Aussitzerstrategie (“An diesem Spiel kann man nur Spaß haben, wenn man nicht auf Sieg spielt!”) wollte keiner anwenden, jeder werkelte emsig vor sich hin, um die Hungersnöte zu mildern, die Krankheiten abzuwenden, die Mongolen in Schach zu halten und das schönste Feuerwerk zu veranstalten. Es ist ein schöner, höchst vielseitiger Wettlauf um die besten Startpositionen für die meisten Siegpunkte. Jeder hat für jeden Zug eine Menge Freiheitsgrade, viele Wege führen nach Rom, man muß flexibel auf die gebotene Auswahlmöglichkeiten und auf die Züge der Mitspieler reagieren.
Hier war Aaron heute nicht gut drauf und fand an allen Ecken und Enden etwas zum Kritisieren. Bei unserem Siegpunkt-Endstand 102 : 96 : 91 behauptete er, die Zahlen seien alle “gleich”. Er vermißte eine größere Differenzierung für gutes oder schlechtes Spiel. Er vermißte auch eine Abhängigkeit von den Zügen der Mitspieler! (Als dürfe man in “1830” nur dann eine Linie floaten, wenn jeder Spieler mindestens eine Aktie davon erworben hat!) Zum Autor Stefan Feld meinte er “Der schon wieder!” (Wahrscheinlich war das nur eine gewollte Provokation!) Für ihn hätten Zufallseffekte das Spiel spannender gemacht. (Wie wenn man bei “1830” in jeder Runde würfel müßte, ob man seine Lieblingsaktien behalten darf!), ohne Zufallseinflüsse fand er es langweilig. Er wollte uns einfach den Peter machen! Sogar indem er genauso wie Peter das Spiel gewann.
Günther drückte eine vermittelnde Erkenntnis aus: “‘Im Jahr des Drachen’ ist ein Spiel, das der eine mag und der andere nicht!” Wer hätte das gedacht!
Den bisherigen WPG-Durchschnitt von 7 Punkten unterbot Aaron glatt um 2 Punkte! “Bevor ich’s gespielt hatte, hätte ich ihm 4 Punkte gegeben!” Schönen Gruß an Peter!
Walter wird eine Rezension schreiben. Es wird Frühling.
Ein Gedanke zu „06.02.2008: Mit dem “Container” ins “Jahr des Drachen”“
Kommentare sind geschlossen.
1. Container
Die von Walter als willkürliche Benachteiligung einzelner Spieler beschriebene Abhängigkeit von der Kauflust der Mitspieler gibt es meiner Meinung nach nicht. Das Spiel setzt voraus, dass ich Waren produziere, die für die anderen Mitspieler interessant sind, weil sie ihnen viele Siegpunkte bringen oder weil sie billiges “Füllmaterial” sind. Welche Waren ich produziere liegt, mit Ausnahme der ersten zugelosten Fabrik, in meiner Hand (ist dann aber auch nicht mehr änderbar). Natürlich bleibe ich auf meinen Waren sitzen, wenn sie in der aktuellen Marktlage zu teuer sind! Aber das hat jeder Spieler selber in der Hand. Wichtig ist auch, den “Dreisprung”-Mechanismus des Spiels zu verstehen und auszunutzen. Waren, die ich produziere, müssen von anderen gekauft und gelagert werden. Diese gelagerten Waren kann ich dann wieder kaufen und in mein Schiff laden. Im dritten Schritt bin ich bestrebt, diese Ladung an andere Spieler wieder zu verkaufen. Wer also Waren produziert, die für ihn selber interessant sind, bleibt darauf sitzen, wenn der Preis zu hoch ist. Wer Waren einlagert, tut dies um fremde Tanker anzulocken, die die für einen selber wichtigen Güter transportieren. Auch hier muss der Preis stimmen, denn sonst ist der mögliche Transportgewinn zu gering und für die anderen Spieler uninteressant.
Das Spiel simuliert hervorragend das Auf und Ab von Angebot und Nachfrage. Wer hier nicht aufpasst, bleibt schnell mal auf seinen Gütern sitzen – wie im wirklichen Leben. Aber das ist sicherlich kein Mangel des Spiels!
Die von Walter beschriebene Deadlock-Situation ist vielleicht theoretisch möglich, wenn sich alle Spieler weigern irgendwelche Aktionen durchzuführen (bin mir da nicht sicher, ob dieser Fall nicht durch die Regel abgedeckt wird). Aber das ist dann kein Deadlock, sondern das Spiel wird dann einfach beendet und die Siegpunkte gezählt, was soll's.
2. Im Jahr des Drachen
Genau, anders als bei Container, bei dem ich die Aktionen der Anderen genau beobachten und mich darauf einstellen muss, ist bei IJdD alles von Anfang an klar: was wann geschieht, wann und wie ich meine Paläste erweitern, meine Leute einsetzen und wieder entfernen muss. Das bisschen Spielerinteraktion beim Setzen des Aktionsmarkers ist vernachlässigbar, da ziemlich klar ist, wer was wann machen wird und immer genügend Zeit da ist, eine notwendige Aktion auch einen Zug später zu machen. Und wenn dann am Ende die Siegpunktdifferenz zwischen erstem und letztem Platz so groß ist wie die mittlere Anzahl an Siegpunkten, die jeder Spieler in den letzten Runden pro Runde erworben hat, bleibt der Sieger zwar bis zum Schluss offen aber wer siegt hängt dann doch eher vom Zufall ab.