Peter und Loredana haben geheiratet. Die Trauerfeier fand un-heimlich aber unter Ausschluß der Öffentlichkeit in Malta statt. Am Westpark gab es heute dafür eine Nachfeier unter spielerischen Vorzeichen, heimlich vorbereitet, aber mit vollständiger Kern-Mannschaft.
Als Hochzeitsgeschenk gab es natürlich ein Brettspiel. Aarons Spiele-Finder war behilflich, ein mindestens 8 Punkte Spiel herauszufinden, für das P&L noch keine Wertungspunkte vergeben haben. Die Wahl fiel eindeutig auf “Manila”.
Die öffentliche Einladung erfolgte wie immer per Rundschreiben, die Absagen waren hingegen getürkt, weil P&L nach dem Peter-Prinzip ab fünf Teilnehmern nicht mehr dabei sind, bei kleineren Teilnehmerzahlen aber immer pflichtbewußt einspringen, um die Runde zu vervollständigen. Wie vorausgesehen ließen sie sich aus der selbstgewählten Reserverolle locken.
Die Mannschaft war schon vollständig da, als das jungvermählte Paar an der Tür klingelte und mit Wagners Hochzeitsmarsch auf die Terrasse geführt wurde. Zur Einstimmung gab es Sekt, die restliche Kost aus Choco-Crossies, Kartoffelchips und Gummibärchen war wie üblich.
1. “Bluff”
Wie bereits im Vorfeld vereinbart, spielten wir zur Einleitung ein gemeinsames “Bluff” in neunköpfiger Runde. Moritz’ und Andreas Nachwuchs Milo war auch von der Partie, sollte er dem jungen Paar doch den Mund wäßrig machen und gleichzeitig eine Zielvorgabe anzeigen. Allerdings werden die Würfel vom ihn noch weniger als Spielmaterial, sondern eher als Nahrungsmittel angesehen, so daß er diesmal in die Rolle des Supervisors abgedrängt wurde. Seine Fingerzeige und lautmalerischen Artikulationen waren aber immer zuverlässige Hinweise über die Anzahl von Sternen unter Aarons Würfelbecher.
Ein geschlagene Stunde dauerte das Spiel, wovon Hochzeits-Erinnerungen und die Erzählungen über das Gebaren von internationalen Standesbeamten einen wesentlichen Teil ausfüllten.
Andrea blieb im Endspiel Sieger gegen Günther, das Brautpaar belegte ehrenvolle Mittelplätze.
WPG-Wertung: Auch in erweiterter Runde ist Bluff eine unverwüstliche Ouvertüre.
2. “Ausgerechnet Buxtehude”
Andrea und Hans verabschiedeten sich. Sie hatten ihr Scherflein zur Überraschung des Abends beigetragen und durften sich nach dem einleitenden Absacker auf den Heimweg machen. Eigentlich hätten wir uns jetzt auf zwei Tische verteilen wollen, um dem Peter-Prinzip Genüge zu tun, doch der Bräutigam persönlich schlug vor, die lauschige Stimmung am gemeinsamen Terrassentisch fortzusetzen. Jetzt waren 7-er Spiele gefragt.
“Buxtehude” hatten wir letzte Woche schon angespielt. Als lockere spielerische Fortsetzung kam es uns jetzt wie gerufen. Deutsche Städte müssen in ihrer geographischen Lage richtig zugeordnet werden. Wichtig ist dabei natürlich auch, daß man unter schlechten Sichtbedingungen ein “Hamburg” nicht mir “Homburg” verwechselt. Die geographische Verwechslung von “Wittenberge” mit “Wittenberg” liegt aber meist weniger am spärlichen Nachtlicht.
Aaron wurde es zum ersten Mal bewußt, wie krumm der Rhein durch die deutschen Gaue fließt. Remscheid liegt westlicher als Koblenz! Günther konnte sich nicht mehr daran erinnern, ob Unna südlich oder nördlich von Marl liegt. (Was sagst Du dazu, lieber Wilhelm!)
Moritz versuchte seine Wissenslücken mit einer Online-Landkarte auf seinem Handy-Display zu stopfen. Interessant ist dieses Feature für uns Telekom-Freaks auf jeden Fall. Doch die Eingabe und die Suchfunktion ist immer noch zu langsam, als daß man damit in einer gewiefen Runde profitieren könnte.
Loredana war hier von ihrer rumänischen Herkunft her entschieden gehandicapt. Sie hätte ihre Hochzeitsreise halt nicht nach Malta, sondern vielleicht nach Fulda machen sollen. Auch dort soll es stramme Oberhirten geben. Und Aschaffenburg und Hanau wäre auch auf dem Weg gelegen. So aber stand sie mit den gelben Städtekärtchen oft vor unlösbaren Problemen. Sechs gnadenlose Burschen um sie herum – einschließlich Bräutigam – lauerten nur darauf, der erste zu sein, der durch ein hartes Klopfen auf den Tisch ihre Entscheidung anzweifelt und ihr dann einen Siegpunkt abnehmen kann.
Diese Jedermann-Freiheit zum Anzweifeln ist vielleicht ein Nachteil von Buxtehude. In einer größeren Runde kann der chaotische Kampf um das “Jus-primae-Knocktis” durchaus in rechthaberischen Streit ausarten. Natürlich nicht in einer Hochzeitsgesellschaft.
Keine WPG-Wertungsabfrage am Hochzeitstag
3. “Anno Domini”
Im Anschluß an das neugeborene “Buxtehude” wurde auch gleich seine Mama “Anno Domini” auf den Tisch gelegt.
Die Mama ist behäbiger und bietet auch nicht so viel freie Interaktion, aber sie besitzt dafür eine ansehnliche Themenvielfalt, gewährt einen größeren Handlungsspielraum beim Auswahl der Karten und ist mit ihrem streng geordneten Spielablauf deutlich gereifter. (Oder für reifere Semester geeignet.)
Fragen über die Schweiz sind urig, über China sind sie immer schwierig. Loredana erinnerte sich noch genau, wann in Bukarest die Straßen asphaltiert wurden: Es war deutlich nach der Erfindung des Honigs, aber noch vor der Butter.
Der Altertumskünstler Peter war nahe am Sieg, doch dann konnte ihm Moritz noch rechtzeitig ein paar Strafkarten reinwürgen. Aaron wurde Sieger, er hat ja auch Geographie studiert. Oder paßt das besser für Buxtehude? Jedenfalls konnte er ohne Zögern auch noch die Zusatzfrage beantworten: Er wußte auf Anhieb, wann in Holland ein Ulmen-Sterben stattgefunden hatte.
4. “6 nimmt”
Thomas brachte wieder seine Uralt-These vor, daß man “6 nimmt” nicht berechnen kann, sondern mit dem gleichen Erfolg auch blind seine Ausspielkarten ziehen kann. In einer 7er-Runde mag er nicht ganz verkehrt liegen. Richtig liegt er auf keinen Fall. Aber das muß noch bewiesen werden.
Nach dem ersten Spiel machte sich das frischgebackene Ehepaar auf den Weg. Peter hatte den gesamten Abend bis zur vorletzten U-Bahn ohne Pelzmantel durchgestanden. Wenn es ihn auch ein bißchen gefroren hatte, so konnte er diesen Temperaturtiefpunkt zuhause mit Hilfe seiner anvertrauten Wärmeflasche gleich wieder überwinden.
Das Rest-Quintett zog sich noch ein weiteres “6-nimmt” hinein. Eine 5er-Runde ist deutlich überschaubarer, doch lassen sich auch hier die sporadischen “Shit-happens-Situationen” nicht vermeiden.
Bilanz: Feierlich war’s, lustig war’s, eine würdige Hochzeits-Nachfeier in einem Freundeskreis von Spielern war’s. Doch das Peter-Prinzip hat auch seine Berechtigung. Wenn es nicht gerade um geselliges Beisammensein geht, dann ist die spielerische Substanz in einer kleinen 4-5er Runde meßbar größer. Diesmal spielte das glücklicherweise aber überhaupt keine Rolle.