Seit etwa zehn Jahren sind wir ein kleiner fester Kreis von 8 Stammspielern, die sich einmal pro Woche zu einer Runde zusammensetzen . Ab und zu erreichen uns Anfragen von Interessenten, die gerne bei uns mitspielen möchten. Natürlich sind wir offen für andere Spieler, doch da die verfügbaren Plätze in der Regel besetzt sind, können wir diese Interessenten nur auf eine Warteliste setzen und sie auf zukünftige Gelegenheiten mit dünnerer Besetzung vertrösten.
Jetzt ist Hans leider erkrankt, Peter und Loredana gehen in Arbeit unter, Moritz ist zur Boardgamegeek-Con nach Dallas geflogen und Andrea traut sich ohne ihren Mann schon gar nicht in die Spielhölle am Westpark. So wurden unsere treuen Alliierten Birgit und Horst aktiviert, die vor gut einem Jahr das letzte Mal dabei waren. Inzwischen haben sie einen Sohn bekommen (herzlichen Glückwunsch!), von dem damals noch kein Milligramm zu sehen war. Jetzt ist er zwei Monate alt und schläft seit zwei Tagen neun Stunden pro Nacht durch (auch dazu nochmals einen herzlichen Glückwunsch!). Doch trotz dieses göttlichen Schlafes blieb Birgit sicherheitshalber zu Hause, und Horst durfte sich alleine auf den Weg zum Westpark machen.
1.”Grand Cru”
Die Augen eines Weinliebhabers müssen strahlen, wenn sie diesen Namen lesen. Zwischen Fixin und Beaune im Burgund verläuft die „Rue de la Grand Cru“, wo die edelsten Weine der Welt wachsen, und wer einmal einen edlen Romanee getrunken hat, weiß, daß dieser Ruf nicht nur auf dem Papier steht.
Im Spiel „Grand Cru“ sind wir Weinbauern, kultivieren verschiedene Rebsorten, lagern sie in Fässer ein, lassen sie reifen, verkaufen sie auf dem lokalen Weinfest und finanzieren mit dem Erlös unsere Vergangenheit und Zukunft.
Unsere Anbauflächen müssen wir uns nach einem sehr raffinierten Bietmechanismus ersteigern. Wer am Zug ist, kann
Auf den erworbenen Anbauflächen wachsen von Jahr (Runde) zu Jahr neue Trauben (farbige Holzklötzchen). Wir sollten sie ernten, bevor sie verfaulen und unwiederbringlich verloren sind. Dazu müssen wir einen Zug investieren, um die Trauben einer Fläche in ein Faß in unserem Keller zu bringen. Geld für die Erntehelfer kostet das natürlich auch.
Neue Trauben kommen in das Faß des ersten Jahres. Jedes Jahr wird der Wein reifer und wird entsprechend in den Fässern verschoben, bis er die endgültige Reife erreicht hat und verkauft werden kann. Jede Rebsorte hat eine andere Reifedauer. Der grüne Gamay ist bereits im ersten Jahr fertig, der gelbe Syrah braucht zwei Jahre, der rote Merlot drei, der lila Cabernet Sauvignon vier und der blaue Pinot Noir fünf. Erst ein reifer Wein kann verkauft werden. Wer sich z.B. für den Pinot Noir entscheidet, muß fünf lange und entbehrungsreiche Inversitionsjahre abwarten, bis er den Wein verkaufen kann.
In der Zwischenzeit werden ihm von der Bank regelmäßig Zinsen abgeknöpft. Wir haben nämlich kein Startkapital, mit dem wir unsere Viticulture finanzieren können, sondern wir müssen uns bereits den ersten Franc von der Bank leihen. Und bevor unsere Weinwirtschaft in Schwung kommt, haben wir bereits eine ganze Handvoll Schuldscheine auf dem Buckel, die einen erheblichen Teil unserer Erträge regelmäßig auffressen. Damit ist ein weiteres sehr hübsches Spielelement verbunden: Wir können versuchen, sparsam zu wirtschaften, möglichst billig zu ersteigern, uns nur wenige Anbauflächen zuzulegen und möglichst schnell die Kredite wieder loszuwerden. Wir können aber auch klotzen, d.h. auf Teufel komm raus die besten Flächen (was immer das ist) zum Höchstpreisis einkaufen und mit viel Schulden auch früher oder später viel Geld machen. Wer zuerst seinen Kredit zurückgezahlt hat, beendet das Spiel. Auf lange Sicht hat der protzige Weinbauer naturlich Vorteile, doch ein sparsamer Wirtschaftler kann das Spiel beenden, bevor die Geldquellen der Konkurrenz erst angefangen haben richtig zu sprudeln.
Ich will von den vielen weiteren hübschen Spielelementen jetzt nur ein paar andeuten. Auf dem Weinfest werden Sonderprämien für die meisten verkauften Weine jeder Rebsorte vergeben. Mit den Prämien kann man Sonderaktionen wie Spätlese, Nachlieferung, Traubensaft und Primeur durchführen. Beim Versteigern kann man sich nicht nur Anbauflächen, sondern auch Sonderplättchen für höhere Ernteerträge, Abernten größerer Ernteflächen, Großabnehmer, Veredelung oder Werbung aussuchen.
Gelungen ist in „Grand Cru“ auch die Regel für die Anzahl der Züge, die pro Runde gespielt werden. Jeder Spieler darf pro Runde mindestens vier Aktionen durchführen. Eine Runde dauert aber anschließend so lange, bis der erste Spiele alle seine Anbauflächen abgeerntet hat. Das kann sehr viel mehr Züge zur Folge haben, vielleicht aber keine einzige mehr! Ein Weingroßbauer, der sich zu viele Flächen ersteigert hat, kommt gar nicht dazu, sie alle zu nutzen, weil der kleine Bauer mit seinen wenigen Anbauflächen eine Runde im Nu beenden kann.
So muß man in „Grand Cru“ die Aktionen der Mitspieler ständig im Auge behalten. Alle Züge verlaufen in höchster Abhängigkeit zueinander, und Alleingänge, auf welchem Gebiet auch immer, führen auf keinen Fall zum Sieg.
Beim meinem ersten Probespiel in Essen hatte ich alles auf den blauen Pinot Noir gesetzt, zwei oder drei Mitspieler hatten sich dagegen gemeinsam auf den gelben Syrah verlegt und gemeinsam die Preise hochgetrieben. Ich hatte noch keine einzige Flasche Wein verkauft, da war das Spiel schon zu Ende.
Heute hatte ich versucht, mit dem gelben Syrah einen kleinen Ertragszirkel aufzubauen. Wenig Geld für eine Monokultur aus drei Anbauflächen ausgeben, den Wein ein Jahr reifen lassen, mit etwas Werbung die Preise nach oben treiben und dann verkaufen. Doch immer gab es einen Mitspieler, der mit dem Verkauf von Miniquoten Syrah die Preise drückte und meine Monokultur zum Scheitern brachte.
Für das nächsten Mal muß ich mir einen neuen Plan ausdenken. Die Tatsache solcher Vorsätze deutet immer auf ein großes Spiel hin!
Ein überraschendes Spielende bescherte uns heute unser Aaron. Er war mit hohen Startkrediten ins Rennen gegangen, war gleich in der ersten Runde ein paar mal von seinen Mitspielern aus dem Versteigerungsprozeß ausgebootet worden und hatte sich sehr hohe Grundkosten eingehandelt, von denen er nur schwer herunterkommen konnte. In dieser recht aussichtslosten Lage wollte er gerne das Spiel beenden. Das geht den Regeln gemäß, wenn man die maximale Anzahl Kredite in Anspruch genommen hat und weitere Kosten anfallen. Eine solche Wirtschaftspolitik konnte man innerhalb einer einzigen weiteren Runde praktizieren. Aaron ließ sich zwei Runden Zeit, weil er den Druck genoß, unter den er alle siegeswilligen Mitspieler gesetzt hatte.
Hinterher kritisierte er dieses Element („absolut schlecht“). Ich fand es hingegen absolut gut! Wie viele Spiele, die einerseits saufad waren oder in denen die Einlaufreihenfolge schon Jahrhunderte vorher feststand, hätte ich gerne umgehend beenden wollen, aber keinen zulässigen Zug gefunden, der das ermöglicht. Mit der hier gebotenen Technik gibt es keine gelangweilten, miesepetrigen Spielverderber mehr, sondern nur noch aktive Spielebeender. Ist das keine tolle Verbesserung?
Günther war von „Grand Cru“ auch schon seit Essen positiv angetan, er hatte nur Bedenken, daß der Verdrängungsmechanismus beim Bieten sehr krasse Auswirkungen haben könne und das Spiel so außer Balance geraten könnte. Aarons Schicksal war eine Bestätigung dieser Ansicht, doch das ist keinesfalls signifikant gesichert. Es war unbestritten, daß Aaron mit allen seinen verdrängen Geboten ein Risiko eingegangen war. Außerdem kann man durch das Bezahlen des Höchstpreises auf jeden Fall eine Anbaufläche ersteigen und spart sich dabei auch noch einen Zug. Dieser Preis lohnt sich, zumindest in den ersten Runden!
Hallo Freunde, hier muß ich noch einen Regelverstoß beichten, den wir heute begangen haben: es gibt insgesamt nur soviel freie Versteigerungsplätze, wie Mitspieler. Dadurch, dass wir zu viert mit allen fünf Plätzen gespielt haben, war der Versteigerungsprozess erheblich verfälscht. Die Analyse der Balance muss von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen!
Eine weitere, auch anderweitig stattfindende offene Diskussion geht um die Frage, ob ein paar wenige Sonderplättchen (z.B. doppelte Ernte) spielentscheidend sind und somit auch die Balance gefährden. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Preise, Gesamtangebot an Auswahlplättchen, Pläne der Mitspieler, Kooperationen und Konkurrenzen spielen hier mit hinein. Die vielen tausend (!) verschiedenen Wege in „Grand Cru“ sind noch lange nicht ausgeleuchtet. Packen wir es an, spielerisch!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (problematisch), Günther: 7 (Einschränkung wegen des Verdrängungsproblems), Horst: 7 (gut, es sind aber nur bekannte Mechanismen kombiniert), Walter: 9 (ursprünglich 10, doch die Balance muß sich noch bewähren)
Horst behauptet, Birgit hätte für „Grand Cru“ nur 3 Punkte vergeben. Oh Birgit, mir blutet das Herz!
2. “7 Wonders”
Einfache Regeln, klare Aufgaben. Schon vor drei Wochen bei Moritz gespielt
Im Ärger der eingeschränkten Notengebung seiner Mitspieler für das Superspiel „Grand Cru“ meckerte Walter am Kartenglück in „7 Wonders“ herum: „Man wird gespielt“. Ob man Militär zur Verfügung hat, ob die Nachbarn aufrüsten, welche Resourcen oder Bonuskarten man erhält, hängt trotz des reihum Weitergebens aller Karten vom Verteilungsglück ab.
Günther fand es toll, daß das Spiel wegen der geringen Zugauswahl- (Kartenauswahl)-Alternativen schnell wird. Für Walter hingegen ist geringe Handlungsfreiheit noch niemals ein Qualitätsmerkmal gewesen.
Ein Spiel für Lieschen Müller! Oder für Birgit? Oh Birgit, melde Dich doch!
WPG-Wertung: Horst blieb mit seinen 8 Punkten („ganz nett, ein Einsteiger- oder Absackerspiel“) im gehobenen WPG-Bereich.
3. “Bluff”
Vorgezogen als Absacker für Horst, der vor Mitternacht noch zu Frau und Kind nach Hause wollte.
Drei Sterne lagen offen aus, Walter hatte mit 4 mal Stern angefangen, Horst auf 5 mal Stern erhöht und Aaron mit 6 mal Stern Günther vor eine hohe Hürde gestellt. Günther hatte selber noch einen Stern unter dem Becher, beim Auf-7-mal-Stern-Setzen-und-Nachwürfeln hätten aus 14 Würfeln 3 Sterne sein müssen. Da war gegen die Wahrscheinlichkeit. Er zweifelte an.
Doch es langen noch weitere 5 Sterne unter den Bechern. Drei 3 Sterne mehr als geglaubt unter den Bechern ist am Westpark neuer Rekord.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
4. “Railroad Barons”
Helmut Ohley leibt und lebt für die Spiele der „18xx“-Familie. Neben „Poseidon“ hat er in Essen auch ein 2-Personen Kartenspiel zu diesem Thema herausgebracht. Es gibt keinen Spielplan, keine Landkarte, keine Schienen und keine Bahnhöfe. Aber es gibt Gesellschaften, Aktien und Züge, die mit wachsender Technik veraltern und außer Betrieb genommen werden. Jeder Spieler hat Privatvermögen und Gesellschaftsvermögen, jeder kann Linienpolitik, Kurspolitik und Lokpolitik treiben. Vielseitig im Finanzgebaren, spannend für Wirtschaftshaie, trocken für Ingenieure.
Zum Kennenlernen der Mechanismen von „1830“ in jedem Fall geeignet.
Zum ersten Mal, daß ein Spiel der „18xx“-Familie um Mitternacht noch angefangen und lange vor Morgengrauen auch noch beendet wurde. So wie dieser Session-Report.
Keine WPG-Wertung für ein 2-Personen-Spiel.
Na, Deine Formulierungen bzgl. meiner Spielweise zwingen mich geradezu, einen Kommentar abzugeben.
Zu den „hohen Startkrediten“: in der ersten Runde hatten Günther, Horst und ich gleichviele Kredite aufgenommen (4 glaube ich), nur Du bist drunter geblieben. Ich halte 4 Kredite immer noch für einen sinnvollen Startwert, insbesondere dann, wenn bereits 2 der 3 anderen Spieler vor einem (ich war Letzter in der Runde) bereits 4 Kredite genommen haben, was ein deutlicher Indikator für die zu erwartenden Preise in der Runde ist.
Ausgebootet werden im Versteigerungsprozess: in der ersten Runde wurde ich 3-mal überboten, alle anderen nur einmal. Das erste Mal war Günthers Revange dafür, dass ich ihm die „Reiche Ernte“, die er mit 3 eingesetzt hat, mit 7 abnahm und von mir vorhergesehen. Das Überbieten durch Dich und Horst betraf die Trauben (gelb, glaube ich), die ich beide Male mit dem gleichen Betrag einsetzte, wie Du und Horst (nämlich 3). Dass ihr beide dann statt selber 3 auf eine neue Traube zu bieten, mich überbietet, verbuche ich unter „bad luck; will sagen: natürlich kann man immer gleich 7 bieten, aber es ist nicht wirklich kalkulierbar (zumindest in der ersten Runde, wenn man das Bietverhalten der anderen Spieler noch nicht kennt), wie hoch man unterhalb von 7 bieten muss, um nicht überboten zu werden (man kennt ja die Pläne der anderen nicht, insbesondere, wenn es Pläne gibt, die nicht zum Sieg führen können, wie Dein Minimalansatz).
Trotzdem glaube ich inzwischen, dass ich trotz schwacher Startrunde durch die im Verlauf günstig gekauften Sonderplättchen und dem finalen Ausbau mit 3 Reben sogar Chancen auf einen Sieg gehabt hätte. Und gerade deshalb stört mich diese Endebedingung über die Maximalanzahl Kredite: das schnelle Ende hat klar Günther bevorzugt, zumindest habe ich das so gesehen und genau deshalb auch das Ende herbeigeführt. Einfach weil ich mich über das Überbieten von Dir und Horst in der ersten Runde geärgert habe. Das ist Kingmakerei, die ein gutes Spiel nicht zulässt.
Dann noch zum Regelverstoß: ich kann mich nicht erinnern, dass wir irgendwann im Spiel mal die Situation hatten, dass ein Spieler sein Gebot nicht abgeräumt sondern ein neues, fünftes aufgelegt hat. Unter welchen Umständen würde man sowas machen? Wohl nur dann, wenn man sicher ist, beide durchzubringen. Wann ist das der Fall? Wenn alle aufpassen: nie! Eine Verfälschung des Bietprozesses sehe ich hier nicht, erst recht keine erhebliche.
Lieber Aaron,
musst Du Dich verteidigen? Meine Formulierung “hoher Startkredit” war keinesfalls eine Kritik, sondern ausschließlich eine wertneutrale Bezeichnung für Deine Anfangsstrategie. Egal, ob andere die gleiche Strategie gewählt haben oder nicht.
Dass Du überboten wurdest, war teils Pech, teils Risiko, teils Revanche. Die Folge davon war aber, dass Du vom Start weg nicht so viele Weinberge bekommen hat, wie Du mit Deinem Startkapital erhofft hast. Damit hattest Du in der ersten Runde natürlich etwas mehr totes Kapital, aber das war längst noch nicht spielentscheidend.
Dass Du dann das Spielende angestrebt hast, verbuche ich keineswegs unter Kingmakerei. Du hast keinen angeschoben und keinen ausgebremst. Du hast lediglich dafür gesorgt, dass die bis dahin an der Spitze liegenden Spieler den Sieger unter sich ausmachen konnten. Um zu gewinnen mussten sie bis dahin aber gut gewirtschaftet haben. Das ist für mich alles legitim und der hier zugrunde liegende Mechanismus ist gutes Design. Geschmacksache.
Du magst Recht haben, dass bei uns der fünfte Verkaufsplatz nicht genutzt wurde. Du hast aber absolut Unrecht, wenn Du meinst, das hätte keinen Einfluss auf die Versteigerungsbalance. Sind genau so viele Slots vorhanden wie Spieler, dann ist ein Verdrängen quasi zwangsläufig, und jeder muss bereits sein Erstgebot so hoch setzen, dass er dabei außerhalb der Schusslinie ist. Die Relation zwischen Billigem-Preis für die Mitspieler und Billigem-Preis für sich selbst (bzw. das Gegenteil davon) ist deutlich stärker korreliert. Lass mich das bitte nicht mathematisch beweisen, ich kann es nicht. Aber vielleicht kannst Du diesbezüglich Deine Sicht der “Unerheblichkeit” beweisen. Logisch-mathematisch!
> Sind genau so viele Slots vorhanden wie Spieler, dann ist ein Verdrängen quasi zwangsläufig, und jeder muss bereits sein Erstgebot so hoch setzen, dass er dabei außerhalb der Schusslinie ist.
Hmm, verstehe ich nicht. Wenn genauso viele Slots wie Spieler (hier: vier) da sind und erst einmal jeder nicht verdrängt, sind vier Slots voll, jeder von einem anderen Spieler. Wenn jetzt der erste wieder dran ist, hat er die Wahl entweder sein Gebot zu zahlen und das Plättchen zu nehmen oder jemanden zu verdrängen und damit in zwei Reihen vertreten und gefährdet zu sein. Die Zwangsläufigkeit der zweiten Alternative erschliesst sich mir nicht, ganz im Gegenteil.
Liebe Aaron, ich hätte von lieber eine mathematisch-logische Begründung erwartet als nur die Wiederholung Deiner Meinung.
Ich kann Dir zur Unterstreichung meiner Hypothese nur eine Binsenweisheit aus der Warteschlangentheorie anführen: Solange reichlich viel Überschuss einer Ressource da ist, läuft alles reibungslos. Wenn genauso viele Plätze frei sind wie Bewerber, dann gibt es unkalkulierbare lange Warteschlangen.
4 Plätze, vier Bewerber, also für jeden ist ein exklusiver Platz auf ein Plättchen da. Es kommt kein fünfter, der warten muss, sondern man kann seinen sicheren Platz nur aufgeben (besser: zu einem unsicheren Platz machen) und einen anderen von dessen Platz verdrängen. Man hätte ja statt zu verdrängen kaufen können, und wird nun stattdessen möglicherweise selber verdrängt. Dann, und nur dann gibt es die Möglichkeit einer Verdrängungskaskade an deren Ende überhöhte Preise bei den Beteiligten stehen. Kann man machen, erscheint mir aber als suboptimales Spiel. Ist es aber nicht besser, den sicheren billigen Platz zu kaufen und erst in der nächsten Runde wieder zu bieten? Freuen sich nicht die anderen Spieler, wenn zwei sich hier völlig unnötig beharken und Aktionen verschenken, statt sichere Plättchen zu kaufen? Die Zwangsläufigkeit des Verdrängens erschliesst sich mir einfach nicht.
Statt Binsenweisheiten, die nur bedingt anwendbar sind, zu lesen wäre ich froh über eine Erklärung, wo hier mein Denkfehler ist.
Nein, stopp. Das interessiert mich eigentlich gar nicht mehr. Die Tatsache, dass bei unserem Spiel der Fall, dass eine fünfte Reihe aufgemacht wurde nicht auftrat, ist für mich Beweis genug, dass wir hier eine völlig unnötige Diskussion führen. Da kann ich auch mit dem Aussage, dass ich absolut Unrecht habe, leben…
Hab’ mir nochmal die Regeln angeschaut und eine kleine Feinheit beim Direktkauf entdeckt, die mir nicht bewusst war und in dem Kontext der Diskussion hier nicht unwichtig ist:
Der Direktkauf belegt nicht notwendigerweise eine der Bietreihen. Man darf, auch wenn (bei 4 Spielern) alle vier Bietreihen bereits belegt sind, einen Direktkauf eines Plättchens aus dem Vorrat machen. Direktkäufe benötigen KEINE Bietstein. Für mich ist das gleichbedeutend damit, dass für die Dauer eines solchen Kaufs eine weitere (ggf. fünfte) Bietreihe aufgemacht wird. Alternativ darf man natürlich auch eines der zur Versteigerung stehenden Plättchen direkt kaufen ohne eine neue Reihe kurzzeitig zu öffnen (dann geht der bereits dort liegende Bietstein an seinen Besitzer zurück).
Damit ist der einzige Fall, der mir eingefallen ist, bei dem die Beschränkung auf Anzahl Spieler Bietreihen eine echte Beschränkung (im Sinne von Verbieten einer für mich SINNVOLLEN Aktion) darstellt, gar nicht existent.
Lieber Walter,
Ohne jetzt hier eine große Abhandlung schreiben zu wollen stimme ich aber dem Aaron im wesentlichen zu.
Nebenbei … Um Billiganbieter zu stoppen, koennten 2 Spieler die beiden anderen jeweils überbieten. Wenn die beiden anderen dann nicht bereit sind 6 oder 7 zu zahlen, bekommen sie gar nichts …
Das funktioniert natürlich nur am Spielanfang … Spaeter hat man noch viele andere Optionen.
Lieber Günther,
wie bereits gestern ausführlich am Telefon diskutiert kann eine extreme Strategie – zwei reiche gegen zwei arme Spieler – die gesamte Versteigerungsbalance aushebeln. Dann wäre es sogar wurscht, ob vier, fünf oder gar zwanzig Slots verfügbar wären.
Doch hier das gestern ebenfalls diskutierte Beispiel, wie 4 oder 5 Slots ein unterschiedliches Versteigerungsverhalten hervorrufen können.
Wenn jeder Spieler ganz friedlich einen Slot belegt hat und ich als Startspieler wieder am Zug bin, dann habe ich bei vier Slots auf dem Versteierungsungstableau nur die Möglichkeiten:
a) meinen Slot zu kaufen
b) einen Mitspieler zu überbieten
c) einen Direktkauf vorzunehmen.
Bei fünf Slots habe ich ZUSÄTZLICH die (VERNÜNFTIGE !) Möglichkeit, ein neues – gutes oder schlechtes – Plättchen zu einem beliebigen – niedrigen oder hohen – Preis auf den fünften Slot zu legen. Mit dieser zusätzlichen Möglichkeit gerät das gesamte folgende Bietverhalten auf neue Wege.
Du darft gemeinsam mit Aaron die Meinung vertreten, dies sei “unerheblich”. In meinen Augen ist es das nicht.
Im übrigen gilt nach wie vor der mathematische Grundsatz: Tausend Beispiele können eine Behauptung nicht beweisen, aber ein einziger Gegenbeweis führt eine Behauptung ad absurdum. (Weiterhin: Matthäus 11, 15)
Heute will ich mich auch mal trauen, einen Kommentar abzugeben. Nach jahrelangem Lesen. Eure Spielebesprechungen sind manchmal zwar lang, aber stets lesenswert, flüssig geschrieben und informativ. Solltet Ihr lieben Münchner also zufällig zu wenig Lob bekommen: Ich lese Euch sehr sehr sehr gern!