„Elisabeth Schneider wendet das Strategiespiel Monopoly auf die Berliner Kulturlandschaft an“, so hieß heute eine Bildunterschrift in der Abendzeitung. Dieser Satz enthält mindestens fünf sachliche Fehler.
1. “Kingsburg”
Ein Brettspiel mit vielen Würfeln als dominierendes Spielelement, bei dem aber doch nicht vorwiegend die Summe der zufälligen Würfelergebnisse den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gibt. Jeder Spieler wirft mit drei (oder mehr) Würfeln und darf die Ergebnisse einzeln oder in beliebigen Kombinationen für seine Züge ausnützen. Er besetzt damit entsprechende Zahlenfelder („Gouverneure“), die ihm Einkommen in Form von Rohmaterial (Holz, Stein oder Gold) gewähren, Kampfstärke gegen regelmäßige feindliche Angriffe verleihen, oder Bonuspunkte für seine nächsten Würfelkombinationen vergeben.
Jedes Zahlenfeld (mit den Werten von 1 bis 18) kann pro Runde nur von einem Spieler genutzt werden. Wer mit seinen Würfelergebnissen nur noch auf Felder kommen kann, wo schon Mitspieler stehen, verliert diesen Zug. Deshalb setzt nach jedem Würfelwurf (gleichzeitig und öffentlich von allen Spielern) ein eifriges Analysieren ein, welche Kombinationen die Mitspieler auch erzielen können, welche Felder also umkämpft sind, und welche Zahlenwerte man nur allein kombinieren kann, für deren Zug man sich also noch Zeit lassen kann. Diese Phase dauerte bei uns zu dritt schon recht lange, bei vier oder mehr Mitspielern (Denkern) kann sie vielleicht sogar unterträglich werden.
Mit dem erworbenen Rohmaterial kann man Gebäude errichten, die erstens Siegpunkte einbringen, zweitens Kampfstärke gegen die bereits erwähnten Angriffe, drittens Vorteile bei weiteren Aktionen, und viertens vor allem Modifier für zukünftige Würfelkombinationen. Vor allem durch die Modifier werden die Auswirkungen von Fehlkalkulationen bei der Würfelanalyse gemäßigt, man darf ja noch etwas zulegen, um vielleicht ein benachbartes Zahlenfeld zu erreichen, das noch frei ist. Diese Modifier geben einem Profidenker aber noch mehr Gelegenheit, die insgesamt 10 bis 15 geworfenen Würfel ausgiebig zu analysieren, um für sich und seine Bauvorhaben die optimalste Ausbeute zu erzielen. Heute war glücklicherweise keine dieser zuweilen unangenehmen Spezies am Werk.
Horst verlegte sich bei seinen Bauwerken schwerpunktmäßig auf den religiösen Sektor. Allein über Standbild, Kapelle, Kirche und Kathedrale erzielte er 96 % seiner ingesamt 25 Siegpunkte. Doch seine Götter ließen ihn beim Kampf gegen Drachen und Dämonen im Stich. Hier mußte er zu viel Federn lassen, um noch aufs Treppchen zu kommen. Moritz ließ nichts anbrennen; seine planmäßige Konzentration auf Kneipen und Kasernen brachte ihm den Sieg.
WPG-Wertung: Host: 9 (hübsche Würfel-Kombinatorik, auch für Gelegenheitspieler bestens geeignet), Moritz: 7 (alles funktioniert, wirkt auf Dauer allerdings repetitiv, es kommen im Laufe des Spiels keine neuen Abläufe mehr hinzu, Walter: 7 (alles ist konstruktiv und sehr gut ausbalanciert).
2. “Partacus”
Ein neues hübsches Kartenspiel von Bernd Eisenstein, das er zur Spiel 2011 in Essen herausbringen will. Wir sammeln „Besitzkarten“ verschiedener Kategorien (Armeen und Flotten, Land und Leute, Reichtum und Macht), die wir einerseits kostenlos von einem verdeckten Stapel ziehen, andereseits aus einer offen Auslage käuflich erwerben. Die unterschiedlichen Kategorien haben alle Einfluß auf Rabatte und Vergünstigungen bei unseren nächsten Zügen.
Wenn der Stapel mit den 74 Besitzkarten durch ist, ist das Spiel zu Ende, und der Spieler mit dem optimalsten Besitzstand hat gewonnen. Bevor wir uns recht versahen – nach knapp 30 Minuten – war das Spiel auch schon zu Ende. „Viel zu schnell“ war der einhellige Kommentar. Das Sammeln, Kaufen und Auslegen der Karten und das effiziente Wirtschaften mit den beeinflußbaren Einnahmen hat allen viel Spaß gemacht.
Noch keine WPG-Wertung für ein Spiel im Beta-Test.
3. “Rumis”
Ein schönes Spiel mit Bauklötzchen für Ingenieure und Topologen. Wir stecken unsere Elemente zu einem kompakten Gebilde zusammen, und Sieger wird der, von dessen Farbe am Ende die größte Fläche noch zu sehen ist.
Vor sechs Jahren hatte ich meinen Großneffen ein Exemplar dieses Spiels zu Weihnachten geschenkt, letztens – 5 Jahre später – erhielt ich von ihrem Vater dazu folgenden Kommentar:
Rumis war, nachdem Du es uns geschenkt hattest, einige Male ausprobiert worden, dann aber, wie so viele andere Spiele, erstmal im Spieleschrank verschwunden. An diesem Wochenende feierte das Spiel dann seine Auferstehung – nachdem Du dass Spiel in München unseren Kindern “näher” gebracht hattest. Ich muss allerdings gestehen, dass sich das Spiel – wie schon nach den ersten Testrunden, in grauer Vorzeit – bei mir sicher nicht so hoch platzieren wird, wie bei den WPG. Das Spiel ist “nett”, um es mit den Kindern zu spielen, kurzweilig, schnell, ohne komplizierte Regeln, aber offen gestanden für mich ein reines Glücksspiel. Bei zwei Spielern ist das mit Sicherheit anders zu bewerten, aber bei vier Spielern ist man absolut vom Wohl der anderen Mitspieler abhängig und es gilt sich eigentlich hübsch zurück zu halten, weil man, wenn man durch zu viele eigene Oberflächen, den Missmut der anderen Spieler auf sich zieht, gnadenlos gemobbt werden kann (bis hin zum “Spielausschluss”).
Wir werden das Spiel, weil es jetzt bei uns – speziell den Kindern – gerade “in” ist, in den nächsten Tagen/Wochen noch viele Male spielen, und ich werde mich dem auch nicht verweigern, weil es, wenn es um das Spielen an sich geht, wie beschrieben “nett” ist, hübsch aussieht und auch den Kleinen und Unbedarften eine Siegchance bietet. Wie aber diese Spiel sich den “Monatstitel” der WPG erworben hat erschließt sich mir momentan noch nicht.
Diese provozierende Kritik war der Auftakt zu einem vielseitigen Briefwechsel über Techniken und Strategien, sowie über eine mathematische Definition des Begriffs „Glücksspiel“. Rumis ist definitiv keines, doch ich bin nicht sicher, ob ich meinen Neffen davon überzeugen konnte.
Heute durfte Horst die Initiationsriten von Rumis über sich ergehen lassen. Er fand das Spiel „toll, aber nicht für mich“. Als Wertung vergab er eine „objektive“ 8, und eine „subjektive“ 3! Hallo Aaron, wie bringst Du diese Klassifikation in unser Wertungsschema?
WPG-Wertung: Lassen wir den WPG-Durchschnitt bei 8, auch Birgit ist dafür.
4. “Bluff”
Große Verluste im ersten Spiel, vor allem bei denen, die nicht mehr bezahlen konnten.
Dann setzte Horst zum großen Bluffen an und bevor wir hinter seine Masche kamen, hatte er dreimal hintereinander gewonnen. Jetzt ging es nur noch darum, ihn wieder zu enttronen. Es dauerte immerhin noch zwei Durchgänge, bis das geschafft war.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
PS: Hallo Birgit, ich wünsche Euch, dass Sebastian seine Nach-Impf-Probleme bald überwunden hat und auch Du mal wieder bei uns vorbeischauen kannst.
5 Gedanken zu „14.02.2011: Sammeln und Bauen mit Würfeln und Karten“
Kommentare sind geschlossen.
„Elisabeth Schneider wendet das Strategiespiel Monopoly auf die Berliner Kulturlandschaft an“, so hieß heute eine Bildunterschrift in der Abendzeitung. ”
5 sachliche Fehler?
Ok,
1) Monopoly ist kein Strategiespiel, geschenkt
2) Berlin hat (vielleicht) keine Kulturlandschaft (Ansichtssache)
3) Ein Spiel kann nicht auf eine Kulturlandschaft “angewendet” werden
4) wenn man ganz niggelig ist: man müsste wohl “heißt” anstatt “hieß” schreiben, da die Zeitung ja von “heute” ist
aber was ist der 5. Fehler, Walter?
“Elisabeth Schneider” ist falsch geschrieben?
Ich komm einfach nicht drauf….bitte hilf!
Moritz
Lieber Moritz,
2) ziemlich richtig: In der Zeitung war von der „Münchener Kulturlandschaft“ die Rede, und nicht von der „Berliner“.
2b) Ob wir in München eine “Kulturlandschaft” haben, kannst Du besser beurteilen als ich.
3) nicht richtig: Das hat die Künsterin lt. Zeitung nämlich getan. Der Versuch ist nicht strafbar.
4) auch ein bißchen richtig: Als ich den Artikel geschrieben habe, war „heute“ bereits „gestern“.
5) Die Künsterlerin hieß „Mizzi“, was eine Kurzform von „Maria“, aber nicht von Elisabeth ist.
5b) Ihr Familienname „Schnyder“ ist auch falsch geschrieben.
6) Der Artikel stand nicht in der Abendzeitung, sondern in der Süddeutschen Zeitung.
Und der Anlass, warum ich meinen Text überhaupt geschrieben habe, war Dein absolut richtiger Punkt 1:
Monopoly ist kein Strategiespiel, sondern ein ziemlich reinrassiges Würfel-Glücksspiel.
Aha, jetzt verstehe ich!
Vielleicht ist Monopoly aber einfach auch gar kein Spiel, sondern eine Art Folter….das denke ich mir immer wieder nach Galileo…
Ich muss hier übrigens auch nochmal betonen, dass der Horst wirklich ein Superspieler ist, mit dem man immer gerne spielt!
Danke für die Blumen, Moritz. Ich kann das Kompliment nur zurückgeben. so wie ich überhaupt finde, daß die Westpark Gamers eine klasse Truppe sind. Es macht immer einen Riesenspaß!