25.05.2011: Nominierte und vergessene Spiele

Die Kandidaten für „Spiel des Jahres 2011“ sind nominiert. Die gemeinen Vielesspieler (lusor multiplex communis) sind zufrieden oder rümpfen wie gewöhnlich die Nase. Wir vom Westpark haben von den drei Top-Kandidaten immerhin schon zwei gespielt, das eine davon „cum laude“ und das andere „sin laude“. Falls das dritte das Rennen macht, wird es als Pflichtmenu bei uns wohl auch noch auf den Tisch kommen, ansonsten eher nicht.
Der auf der Spiel-2010 in Essen sehr populäre Spitzenreiter „7 Wonders“ hat es in der Kategorie „Kennerspiel“ bis in die Runde der letzten Drei geschafft. Anerkennenswert von der Jury, dass sie jetzt diese neue Kategorie eingerichtet haben, in der auch anspruchsvollere Spieler sich wiederfinden können. (Hallo Wilhelm, du darfst Dich mit deiner Klientel natürlich in jeder der beiden Kammern tummeln.)
Unser Leicht-locker-komplex-Favorit „Pantheon“ ist ganz durchgefallen. Vielleicht war er zu spät dran, vielleicht ist er aber auch im Spielablauf zu chaotisch, oder vielleicht war die ausufernde Balance gegen Spielende für kritische Analysten nicht mehr akzeptabel.
1. “Merkator”
Wir reisen als Kaufleute durch Europa, liefern an den verschiedenen Handelsplätzen wohldefinierte Warensortimente gegen Geld und Siegpunkte ab, säckeln die dort herumliegenden Handelswaren kostenlos ein, und bringen sie in unseren Kontor, um sie beim nächsten Zug von dort wiederum gebündelt in Aufrägen an anderen Zielorten abzuliefern.
Es ist eine scharfe Optimierungsaufgabe, bei der wir viele Mechanismen im Auge behalten müssen:

  • Auf dem Spielbrett liegen an den verschiedenen Orten in der Menge stetig anwachsende Handelswaren einer Sorte herum, bis sie mit einem Schlag von einem der Spieler abgeräumt werden.
  • Das Sortiment der Waren im eigenen Kontor muß mit dem Warensortiment gemäß den individuellen Aufträge, die ein jeder Spieler zu erfüllen hat, in Einklang gebracht werden.
  • Für einzelne Handelsplätze besitzt ein Spieler individuelle Bonuskarten zum Einheimsen für kostenlose Zusatzwaren; diese sollten mit Priorität angefahren werden.
  • Den Gelderlös kann man zum Erwerb von Siegpunktkarten einsetzen, um damit in der Schlußwertung den eigenen Besitzstand nach verschiedenen Kriterien in Siegpunkte umwandeln zu können. In der Anfangsphase des Spiels kann / sollte man damit aber auch Bonuskarten erwerben, damit man bei Anfahren der entsprechenden Handelsplätze die Zusatzwaren einsäckeln kann.
  • Man kann sich bei den Handelsreisen der Mitspieler als Trittbrettfahrer betätigen. Das kostet ein paar „Zeitmarken“ und bringt auch keine der herumliegenden Handelswaren ein, aber es erfüllt Aufträge für Geld und Siegpunkte.
  • So gilt es eine ganze Reihe von kurzfristigen bis mittelfristigen Alternativen abzuwägen. Eingebaut in “Merkator” sind auch ein paar sanfte Zufallseffekte: Die Aufträge, die ein jeder abwickeln muß, sind nahezu zu 100 Prozent vom Zufall gesteuert, und das Angebot an Siegpunktkarten kann, besonders in der Schlußphase, optimal zu den eigenen Mitteln passen oder halt auch eine gewisse Verlustleistung unvermeidlich machen. Als Spieler haben wir keinen entscheidenen Einfluß darauf. Unser Großhandelsexperte Horst fand hier das Glück des Tüchtigen: Mit seinem letzten Pfennig konnte er sich gerade noch die Siegpunktkarte kaufen, die ihn von einer umkämpften Führungsposition auf den unumstrittenen Siegesplatz emporhievte.
    WPG-Wertung: Günther: 6 (wünschte mehr Einfluß auf die Aufträge, die man erledigen muß), Horst: 7 (vor dem anschließenden „Pantheon“ waren es noch 8, „hat sehr viel Spaß gemacht, nicht schweißtreibend, mit 1 ½ Stunden passend in der Spieldauer, kann man einfach drauf los spielen“), Walter: 7 (funktioniert, enthält aber zu wenig Interaktion)
    2. “Die Goldene Stadt”
    Horst hatte sich gewissenhaft auf dieses Spiel vorbereitet, doch als wir es anfangen wollten, hatte er leider das Regelheft zu Hause vergessen. Lange Gesichter.
    3. “Pantheon”
    Hat schon mehrmals auf unserem Tisch gelegen, so dass wir uns einen ausführlichen Session-Report ersparen und uns auf eine verlängerte Nachtruhe freuen konnten.
    Walter versuchte sich in Moritz’ Säulenstrategie. Durch einen unglücklich-glücklich gemischten Kartenstapel fielen ihm die Bewegungskarten nur so vor die Füße. Nur ein krasser Spielfehler (Geld in Bewegungen anstatt in Säulen investiert) verhinderte die 12. Säule und ließen ihm 15 Siegpunkte (48 minus 33) durch die Lappen gehen. Doch auch so hätte es nicht zum Sieg gereicht. Günther fuhr die Götterstrategie und konnte sich in den letzten beiden Runden nahezu alle Götter unter den Nagel reißen. Das reichte mit einem großen Vorsprung für den Sieg.
    Wahrscheinlich sind bei jeder Spieleranzahl die Siegesstrategien anders. Schließlich gibt es dann jeweils unterschiedliche Konkurrenzen bei den siegpunktträchtigen Dominanzen. Planbar, spielerisch, mit jeder Menge Interaktion beim Wettlauf um die siegpunktträchtigsten Züge ist „Pantheon“ allemal. Nur die extrem gestiegen Auswahlmöglichkeiten am Ende mit ihren rasanten Bewegungen und Doppelzügen sind etwas problematisch. Einerseits schaffen sie ein schnelles Spielende herbei (plus), andererseits kann der allerletzte Zug nochmals leicht über 10 Prozent der Siegpunkte entscheiden (minus) und öffnet damit einer Menge chaotischer Unberechenbarkeit Tor und Tür.
    WPG-Wertung: Horst setzte sich mit 8 Punkten zur Mehrheit der übrigen Westparker.
    “Fussball”
    Wir gratulieren der Borussia von Mönchenglattbach und ihrem Trainer Lucien Favre für die erfolgreiche Krönung ihrer spektakuläre Aufholjagd um den Klasseninhalt in der Bundesliga.