Heute kein Spielabend. Die Hälfte der Belegschaft ist bereits in Essen auf der “Spiel 2011”, die andere Hälfte reist am Wochenende nach. Eine gute Gelegenheit für die noch Zurückgebliebenen, in den Archiven der Westparker mal zu graben und herauszufinden, was sich darin über den ominösen Westpark-Gamers Codex findet.
Aus gegebenem Anlaß kam am 11. August 2003 von Moritz per Email die erste, schriftlich nachweisbare Idee dazu: “Ansonsten hätte ich den konstruktiven Vorschlag eines ’Kodexes’, der die Verhaltensweisen bei bestimmten Unklarheiten oder Regelfragen in gewisser Weise reglementiert”.
Hans war sofort Feuer und Flamme; er meldete sich eine Stunde später mit dem Text: “Im Ernst, ich finde das eine tolle Idee”.
Vier Minuten später war auch Aaron dabei, er reklamierte für sich aber zugleich das Erstgeburtsrecht: “Hatte ich, glaube ich, schon mal vorgeschlagen wurde aber abgelehnt.”
Peter, unser Staatswissenschaftler und Philologe, war reserviert: “Ich würde am Mittwoch lieber Spielen statt Legislative spielen. Übrigens ist das alles nicht so leicht. ’Hetzen’ kann unangenehm sein, klar. Mich kann mich ’Arpadieren’ aber mehr nerven als Hetzen (sogar mehr als Hetzen gegen mich selbst).”
Dass ein Friede-Freude-Eierkuchenspruch analog §1 der Straßenverkehrsordnung:
“Jeder Spieler hat sich so zu verhalten, daß die gemeinsame Spielfreude am besten gefördert und kein Mitspieler mehr als nach den Umständen unvermeidbar gestört, geschädigt oder beleidigt wird.”
nicht ausreicht, zeigen schon die anderen hunderttausend Paragraphen und Strafvorschriften des Straßenverkehrs.
Günther brachte seine Erfahrungen über die Spieler-Moral bei den 18xx-Spielen ein:
“1830 ist wie üblich ein gutes Beispiel – und wird häufig auch mit einem gewissen Kodex gespielt.
- Eine gewisse ’berechenbare / nachvollziehbare’ Spielweise gehört dazu
- Bankrotte und damit Spielabbruch passieren schon häufiger mal [sie sind also sozusagen regelgerecht].
- Klare Absprachen werden IMMER eingehalten
- Bei Computer-Unterstützung [zur Abwicklung der Geldflüsse] läuft die Zeit immer mit, es gibt Punktabzug bei Überschreitung”
Moritz wollte dann noch ein recht weitgehendes Verbot von Kommentierungen einführen:
- “Ausser alle erlauben es ausdrücklich vor einem Spiel, sollten keine Kommentare zur Platzierung der Mitspieler und der eigenen Platzierung während des Spiels fallen.”
Das ging den anderen Spielern aber entschieden zu weit.
Günther steuerte wieder aus seinen reichen Erfahrungsschatz von den 18xx-Spielen bei:
“Es hat sich eingebürgert, im allgemeinen bei den Aktienrunden keine Tipps zu geben, allenfalls positive Tipps, wie: ’Kauf doch noch die letzte Aktie, dann haben wir beide 50% und sind ausverkauft’, etc. Aber nicht sowas wie: ’20% dieser Aktie zu behalten könnte problematisch werden, wenn die Gesellschaft ruiniert wird.’
Auch nicht: ’Schmeiß doch diese blöden Aktien, dann bist du die Gesellschaft los und X ist gelackmeiert !’
Während der Betriebsrunden sind Absprachen und Hinweise im allgemeinen jedoch erlaubt.”
In eine paragraphen-taugliche Form wurden diese Kodex-Beiträge nie gebracht, sie wurden auch nie verabschiedet und keiner mußte einen Eid darauf leisten. Bei Überschreitung der Regeln gibt es auch keine extrinsische Strafandrohung. Bisher hat die Moral mit ihrer quasi intrinsischen Strafandrohung dazu beitragen, diese Benimm-Regeln im allgemeinen einzuhalten. Ausnahmen bestätigen die Regel.