„Was immer noch nicht gesagt werden darf!“ Eine leidenschaftliche Diskussion zwischen Urlaubern und Einheimischen bestimmte das verbale Präludium. Das Hörner-Motiv läßt die Deutschen nach-wie-vor in die beiden Lager Ahörnchen und Behörnchen zerfallen. Zumindest werden sie in die entsprechenden Schubladen eingerümpelt. Heute wurden Konjunktive zu hysterischen Rundumschlägen hochstilisiert und Indikative als rhetorische Unschärfe abgetan. Das aus blindwütiger Überzeugung in den Ring geworfene Schlagwort „Rückfall“, wurde aus provokativer Lust mit dem Schlagwort „Neger“ gekontert. Glücklicherweise wurde niemand dabei verletzt.
Nach seinem viel kommentierten Chanson hatte der – heute nicht anwesende – Moritz in einem Interview mit der New York Times gesagt: “Every time you speak out and say something that isn’t super politically correct, there is a 99 percent chance that you are regarded as right wing.” Dem gibt es nichts hinzuzufügen.
Loredana drängt mehrmals darauf, endlich mit dem Spielen anzufangen. Erst als die Argumentation in die Fäkalsprache abdrifte, konnte sie sich durchsetzen.
Zwei Spiele-Erweiterungen standen zur Auswahl: eine zu „Stone Age“ und eine zu „Speicherstadt“. Günther hatte beide gewogen und für gut befunden, doch Peter zierte sich. Da entschied Aaron: „Wir spielen beide, und Peter darf sich aussuchen, welches zuerst.“
1. “Stone Age – Mit Stil zum Ziel”
Der „Stil“ in dieser Erweiterung sind Schmuckstücke, die wir erwerben und bei passenden Gelegenheiten in die benötigten üblichen Rohstoffe (Gold, Stein, Ziegel oder Holz) umwandeln können.
Das vorzüglich ausbalanzierte „Stone Age“, vor vier Jahren in die Auswahlliste zum „Spiel des Jahres“ gekommen, unterstrich wieder seine überzeugenden Qualitäten. Planbarkeit, wohldosierte Zufallseffekte, interne und externe Abhängigkeiten, Interaktion, Risikomanagement, Zukunftsstrategien und Gegenwartsopportunismus sind in einer meisterhaften Balance zusammengeschmiedet. Es gibt keinen Leerlauf, keine Blockaden, keine Frustration, nur konstruktive, nur gute und weniger gute, aber keine schlechten Züge.
Die Stil-Ziel-Variante hat einen Dorfplatz mehr: Hier werden Schmuckstücke erworben, und vor allem wird peut-a-peut die individuelle Umtauschquote Schmuckstücke in Rohstoffe verbessert. Damit wird das Spieltempo spürbar erhöht: Alle Rohstoffarten können leichter erworben werden; in quasi allen Zugoptionen steigt die Flexibilität und Effizienz. Zugleich wird den bisher schon vielfältigen Strategien (Nachkommen, Hunger, Werkzeuge, Gebäude, Karten) eine ganz neue, durchaus konkurrenzfähige Gewinnstrategie hinzugefügt: Beschreite ganz konsequent den Schmuckpfad und löse alle Deine materiellen Defizite als Schmuckhändler.
Aber natürlich ist auch diese Strategie wohlausgewogen in die Gesamtbalance des Spiels integriert. Nichts ufert aus. Jeder Spieler kann jedem anderen in die Strategie-Suppe spucken. Gerade das ist es, was die herausragende Eigenschaft von „Stone Age“ auszeichnet: Jeder hat für sich selber eine Menge konstruktive Züge; aber jeder hat auch einen wirksamen Einfluß auf dem Tummelplatz der Mitspieler.
In jedem Fall ist frühzeitiges Poppen angesagt. Eine große Nachkommenschar läßt uns an allen Brennpunkten ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Doch wie im richtigen Leben zeigt auch im Spiel diese Aktivität einen natürlichen Bogen: Zu Beginn poppt man aus Strategie und Lust, im Mittelspiel, weil man keine besseren Alternativen hat, und am Ende gar nicht mehr.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (1 Punkt mehr), Günther: 8 (1 Punkte mehr), Loredana: 8 (2 Punkte mehr), Peter: 7 (1 Punkte mehr; kann sich nicht mehr erinnern, was ihn vor ziemlich genau vier Jahren an „Stone Age“ genervt hat, Walter: 9 (1 Punkt mehr; auch der Level 1 unter „1830“ verdient eine gewisse Population).
2. “Speicherstadt”
Jetzt wäre eigentlich die Erweiterung von „Speicherstadt“ dran gewesen, doch Peter holte unverzüglich seine WPG-Hinterlassenschaft „Zoff im Zoo“ aus dem Regal. Es gab Einspruch. Walter forderte eine demokratische Abstimmung über das nächste Spiel und richtete an Peter die provokante Frage: „Oder bist Du immer noch kein Demokrat?“ Doch Peter ist rhetorisch nicht zu schlagen. Mit der simplen Antwort „Loredana entscheidet“ schlug er gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: er behielt seine potentielle politische Korrektheit und bekam zugleich die drohende Speicherstadt vom Tisch.
3. “Zoff im Zoo”
Ein Stichkartenspiel mit Chaos und Planung, mit Solos und Partnerschaften, mit Elefanten und Mücken. Günther war noch am Berechnen seines ersten Ausspieles, als er von Aaron den Rat bekam: „Einfach drauf los spielen.“ Peter ergänzte: „Dann gewinnst Du“.
Günther hielt sich konsequent an diesen Ratschlag, doch Peters Prophezeihung bewahrheitete sich nicht. Ganz im Gegenteil. Sogar Aaron fühlte sich in Günthers Partnerschaft von dessen (scheinbarem) Einfach-drauf-los-Spielen mit in den Abgrund gerissen.
Ein erfahrener Bridge-Spieler behielt die Oberhand. Aber das lag nicht an der bridgelichen Planung, eher am zoologischen Chaos.
Keine neue WPG-Wertung für ein lustiges 8,2 Punkte-Spiel.
4. “Bluff”
Eine Menge Würfel waren bereits herausgelegt, da kostete das Setzen auf 9 mal den Stern vier Spielern je einen Würfel. Das nächste, logisch keinesfalls abwegige Feld „18 mal Eins“ hätte einen Spieler gleich alle seine fünf Würfel gekostet.
Frage: Wieviele Würfel waren noch im Spiel? Nebenbedingung: Unter den bereits offen herausgelegten Würfeln befanden sich zwei Dreier!
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
Wenn 18-mal die Eins nicht abwegig war, müssen wohl noch mindestens 18 Würfel im Spiel gewesen sein, davon 9 Sterne und zwei Dreier, außerdem höchstens vier Einser. Mehr trau ich mich nicht zu sagen :)
Hallo Florian,
tut mir leid, ich glaube die Aufgabenstellung ist nicht eindeutig.
Immerhin: Deine Schlussfolgerung ist richtig ist: Es müssen 9 Sterne und genau 4 Einser gewesen sein.
Weiterhin waren nach Angabe (mindestens) 2 Würfel Dreier und 5 Würfel weder Stern noch Eins.
Hier hatte ich mir etwas kurzatmig vorgestellt:
18 Einser hätten es sein können = 18 Würfel
+ 2 Dreier = 20 Würfel
+ 5 Nicht-Einser und Sterne insgesamt
Macht zusammen = 25 Würfel.
Da habe ich aber eine Menge Redunanzen übersehen. War wohl zuviel Nacht und zuviel Wein dabei.
Gibt es eine hübsch zu formulierende weitere Nebenbedingung, damit die Lösung eindeutig wird? Wer sie findet (hübsch und Bluff-orientiert sollte sie sein), bekommt ein Flasche edlen Brunello aus dem Jahre 2006!
Hallo Walter,
danke für den Denkanstoß und den Köder für Freunde italienischen Weins wie mich …
Mir scheint, dass nach Deiner Vorgabe auch weniger als vier Einser unterm Becher liegen können. Aber dass es selbst nüchtern gar nicht so leicht ist, ein solches Rätsel wasserdicht zu bekommen, habe ich beim weiteren Basteln an der Aufgabenstellung gerade erfahren. Hier das Ergebnis …
Viele Grüße,
Florian
***
Mitten in einer Partie Bluff mit fünf Teilnehmern: Mehr als eine Handvoll Würfel waren bereits in die Mitte gewandert, doch außer mir hatte auch Walter noch alle fünf unterm Becher. Wieder einmal konnte ich erfolgreich anzweifeln und durfte den neuen Durchgang eröffnen. Drei meiner eigenen Würfel waren Dreier, also startete ich gar nicht so optimistisch mit 6-mal die Drei.
Am Ende kostete das Setzen auf 9-mal den Stern vier Spieler je einen Würfel. Das nächste, theoretisch gerade noch erfüllbare Feld “18-mal die Eins” hätte Walter, den es dann getroffen hätte, gleich aller seiner Würfel beraubt. Dabei gab es keine Würfelzahl auch nur ebenso häufig wie die Eins.
Am Ende des Spiels mussten wir feststellen, dass keine einzige Zwei oder Vier unter einem der Würfelbecher lag. Frage: Wie viele Würfel zeigten eine Fünf?
PS: Ich habe das Herauslegen weggelassen, das fand ich eher verwirrend. Aber ist natürlich persönliche Präferenz, wir spielen halt immer ohne.
Hallo Florian,
schön, dass Du Dich der Vervollständigung der ursprünglichen Aufgabenstellung angenommen hast. Dein Text ist hübsch, bluff-artig und in jedem Fall die Flasche Brunello wert. Dazu mußt Du mir noch Deine Adresse zukommen lassen.
Allerdings sind Deine Formulierungen nicht ganz präzise, deshalb zunächst ein paar grundsätzliche Fragen:
a) Bedeutet die Aussage „Dabei gab es keine Würfelzahl auch nur ebenso häufig wie die Eins“, dass anderen Würfelaugen WENIGER häufig vorkamen? Oder waren sie halt nur anders?
b) Bedeutet die Aussage, „dass keine einzige Zwei oder Vier unter einem der Würfelbecher lag“, dass von allen anderen Würfelergebnissen mindestens je eine vorkam?
c) Du hast das „Herauslegen weggelassen“? Lediglich in Deiner Erzählung weggelassen oder bedeutet dass, das das Herauslegen als Bluff-Option gar nicht zugelassen ist?
Aus dem „Herauslegen Weglassen“ und Deiner Aussage, dass „keine einzige Zwei oder Vier unter einem der Würfelbecher lag“, folgt dann, dass es überhaupt keine Zweier und Vierer gab!
Aus dem „Herauslegen Weglassen“ und Deiner Aussage, „das theoretisch gerade noch erfüllbare Feld 18-mal die Eins“ gewesen ist, folgt, dass noch genau 18 Würfel im Spiel waren.
Unter diesen Randbedigungen ist einzige mögliche Lösung
Anzahl der noch vorhandenen Würfel = 18
Anzahl Sterne = 9
Anzahl Einser = 4
Anzahl Zweier = 0
Anzahl Dreier = 3
Anzahl Vierer = 0
Anzahl Fünfer = 2
Falls irgend eine meiner Präzisierungen und a) bis c) aber falsch ist, dann gibt es mehr Lösungen.
Hier z.B. eine von mehreren weiteren Lösungen mit Herauslegen:
Eine Zwei und eine Vier waren herausgelegt, keine weitere davon unter den Würfelbechern:
Anzahl der noch vorhandenen Würfel = 20
Anzahl Sterne = 9
Anzahl Einser = 4
Anzahl Zweier = 1
Anzahl Dreier = 3
Anzahl Vierer = 1
Anzahl Fünfer = 2
Hallo Walter, verflixt, ich sag, ja, es ist schwierig … Immerhin sind alle Deine Präzisierungen korrekt und 2 die von mir erhoffte Antwort.
Florian