Heute wäre Hans 51 Jahre alt geworden. Von Peter kam die Idee, den Spielabend am heutigen Tag als „Westpark-Gedenkspieleabend“ für Hans zu gestalten. Hansens Geist sollte über unserer Begegnung schweben, und seine Lieblingsspiele sollten im Mittelpunkt stehen. Alle fanden die Idee großartig.
In der Halbzeit las Andrea einen privaten Brief von Hans aus dem Jahre 2003 vor, aus dem Hansens ernsthaftes Ringen über Wahrheit und Klarheit in den Themen Familie, Nähe, Verständnis, Prägung, Konventionen, Ethik und Perfektionismus zum Ausdruck kamen. Vielen Dank dafür, liebe Andrea.
Peter hat einen Nachruf auf Hans verfasst, der heute veröffentlicht wurde (unter dem Menüpunkt „Hans“ in der Rubrik „Kontakt“ von unserer Startseite aus direkt zugreifbar). Auch Dir, lieber Peter, vielen Dank für Dein geist-, pietät- und liebevoll zusammengetratenes Werk.
1. “MEGAcquire”
Zu Hansens Zeiten hieß das Spiel noch „Acquire“. Aus einem Vorrat von rechteckigen Hotelsteinen mit festen Koordinaten legen wir reihum jeweils einen Stein auf ein rechteckig strukturiertes Spielbrett. Sobald zwei Steine nebeneinander zu liegen kommen, wird damit eine Hotelkette begründet. Der Gründer bekommt eine Bonusaktie und kann sich anschließend noch weitere Aktien kaufen – von dieser oder von anderen bereits gegründeten Hotelketten. Der Kaufpreis für die Aktien steigt mit der Anzahl von Hotelsteinen, aus denen sie gebildet ist.
Wird ein Stein gelegt, der zwei Hotelketten verbindet, so verschmelzen die beiden Ketten: Die größere schluckt die kleinere. Die Aktionäre der kleineren erhalten einen erklecklichen Verschmelzungs-Bonus, die Aktionäre der schluckenden Kette freuen sich über der Wertzuwachs ihrer Aktien durch der erheblich gestiegenen Anzahl von Hotelsteinen, aus denen die Kette besteht.
Das Spiel beinhaltet ein Maximum an Interaktion. In irgend einer Ecke ein eigenes Süppchen zu kochen, bringt eigenen ungeteilten – aber auch bescheidenen – Gewinn. Sich ins Getümmel zu werfen und im Brennpunkt des Geschehens von dem Früchten der Wachstumspolitik aller Mitspieler mitzuprofitieren, das macht satt und reich. Und natürlich auch das langfristige Investieren in die Gesellschaften, die am Spielende noch übrig bleiben.
Das neue „MEGAcquire“ ist eine im Jahr 2012 fertig gestellte Kickstarter-Weiterentwicklung von Sid Sackson’s 50 (!) Jahre altem „Acquire“ mit folgenden Änderungen:
- Die Spielsteine sind hexagonal. Sie haben demnach 6 anstatt nur 4 Nachbarn. So bieten sie deutlich mehr Kombinationen beim Hotelketten-Gründen und Hotelketten-Verschmelzen.
- Jeder Spieler bekommt zu Spielbeginn zwei Jokersteine ausgeteilt, die er auf beliebigen Koordinatenpositionen im Spielbrett ablegen kann. Das erhöht die Flexibilität, vermeidet Engpässe, gleicht Benachteiligungen beim Austeilen und Nachziehen von Hotelsteinen aus und gibt berechtigte Hoffnungen auf zwei kalkulierbare Superzüge.
- Jeder darf jetzt pro Zug statt nur 3 gleich 6 Aktien kaufen. Das beschleunigt der Spielablauf, was in unserer schnelllebigen Zeit zweifellos als Vorteil empfunden wird.
- Man darf neue Aktien auch durch den Verkauf alter Aktien bezahlen. Das erlaubt ein ungehindertes Umschichten des Aktienbesitzes, gestattet aber auch einen etwas sorgloseren Umgang mit seinem Portefeuille. Kann man positiv oder negativ sehen, für ein lockeres Drauflos-Spielen ist das aber wohl eher positiv.
Bei BGG gibt es eine große Diskussion darüber, ob „MEGAcquire“ ein böses Plagiat ist oder nicht. So blindlinks abgekupfert wie der geschniegelte Karl Theodor hat der Autor Lloyd Solon aber nicht. Er hat neue Qualitäten hineingepackt. Im Übrigen würde mich hier eine Stellungnahme der SAZ unter dem Aspekt von Urheberrechtschutz brennend interessieren. Damit könnte die Zunft in ihre ziemlich ausgelutschte Urheber-Kampagne eine neue Geschmacktsrichtung hineinbringen …
WPG-Wertung für „MEGAcquire“: Andrea: 8, Günther: 9, Moritz: 9 (eigentlich 10, wenn die Idee nicht geklaut wäre), Walter: 8.
In memorian Hans wurden auch die Noten für das alte „Acquire“ heute neu justiert (in Klammern die bisherigen Punkte): Andera: 6 (7), Günther: 10 (9), Moritz: 10 (8), Walter 7 (7).
Hallo Peter, Du hast für „Acquire“ magere 2 Punkte vergeben. War das jetzt ein selbstloses Opfer für Hans, dass Du dieses Spiel für den heutigen Abend vorgeschlagen hast? Oder wußtest Du, dass wir es bereits über die Bühne gebracht haben, bevor Du von Deinem Tübinger Seminar zurückkommen und bei uns erscheinen würdest?
2. “Bausack”
Brettspieler waren zunächst etwas verdutzt, als ihnen dieses Spiel von Klaus Zoch als „Brettspiel“ untergejubelt wurde. Hochgejubelt wurde es auf alle Fälle, denn 1988 schaffte es immerhin die Aufnahme in die erlesene Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Verdientermaßen.
Das Bieten um Bausteine, die man in sein Gebäude einbauen möchte oder muss, bzw. nicht einbauen möchte, sondern seinen Mitspielern als häßliches Entlein zukommen läßt, hat zweifellos Brettspielcharakter. Und das taktisch und statisch richtige Einbauen der Steine in sein individuelles Hundertwasser-Gebilde ist konstruktiv, lustig, spannend und entspannend. Ein großes Spiel.
Unser Hans hat dafür 9 Punkte vergeben. Die übrigen Westparker stehen ihm mit jeweils 8 Punkten aber kaum nach.
Keine neue WPG-Wertung.
Ich nehme an, ihr Megacquire mit verdeckten Aktien gespielt? Wir hatten es einmal mit offenen gespielt und das zog sich furchtbar… Es gibt übrigens auch eine kleine Erweiterung für das Spiel (habe ich aber nicht gespielt)
Hallo Peer, nein, wir haben es mit offenen Karten gespielt. Und es zog sich am Ende tatsächlich ziemlich lang hin. Der einzige Nachteil im Spiel.
Nochmal zur Klarstellung zu Acquire:
Wir haben mit der Erweiterung “Jokersteine” gespielt.
Wir haben die alte, original Ende-Regel genutzt: alles sicher und nichts mehr gründbar. In der Megacquire Regel würde noch weiter gespielt, was leider eine unnoetige Regelaenderung ist. Trotzdem zieht sich beim original Acquire und beim Megacquire das Spiel am Ende etwas: aber diese Phase ist noch sehr wichtig, weil es sehr wichtig ist, welche Ketten bis zum Schluss überleben!
Strategie: Die ist doch sehr unterschiedlich zum normalen Acquire … Das habe ich am Mittwoch leider selten berücksichtigt!
Lieber Walter,
hier mal meine persönliche Meinung dazu:
Ob es sich um MegAcquire um ein Plagiat handelt, hängt im Wesentlichen davon ab, wie hoch die Schöpfungshöhe des Autors dieser Variante ist. Wenn ich Deine Beschreibung des Spiels richtig interpretiere, handelt es sich um Änderungen ggü. dem Original, die „neue Qualitäten hineingepackt“ hat, auch wenn die eigentlichen Spielmechanismen erhalten geblieben sind. Hier könnte man also eine ausreichende Schöpfungshöhe vermuten.
Da es sich um eine Variante des Klassikers Acquire handelt, spielt es außerdem noch eine Rolle, ob der ursprüngliche Autor seine Zustimmung zur Entwicklung gegeben hat. Dies war in diesem Fall nicht mehr möglich, da Sid Sackson vorher verstorben ist. Der Autor von MEGAcquire macht in seinen Statements zum Spiel aber deutlich, dass er sich von Acquire hat inspirieren lassen, und dass er sich bei den Verlagen um eine Genehmigung bemüht hat. Er hat also quasi korrekt “zitiert”.
Abschließend noch ein Kommentar zu Deinem Statement zur SAZ Kampagne: dabei geht es darum, dass Spiele-VERLAGE eindeutig und klar anerkennen, dass Spiele-AUTOREN Urheberrechte an ihren Werken besitzen. Es geht also nicht darum, ob ein konkretes Spiel ein Plagiat ist oder nicht, sondern darum, ob Spiele genauso wie Musik oder Schriftwerke das Ergebnis eines kreativen Schöpfungsakts sind und damit Urheberschutz genießen. Dies sehen leider immer noch nicht alle Verlage so. Die Argumentation der SAZ findest Du zusammengefasst unter http://www.spieleautorenzunft.de/spieleautoren-sind-urheber/articles/231.html?file=tl_files/files/Oeffentliche%20Dokumente/SAZ%20-%20Praezisierungen%20zum%20Forderungskatalog%20UrhG-v9.pdf .