Und Gott der HErr sprach: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei. – Man wird sie Männin heißen, darum dass sie vom Manne genommen ist.“ (1 Mose 2, 18)
Was ist bloß aus dieser einstmaligen „Männin“ geworden! Es gibt kaum einen Helfer in der Welt, der seinen Herrn und Meister so vollständig hinweggefegt und die Herrschaft an sich gerissen hat. Der Name des HErrn sei gelobt!
1. “Nobelinnen”
In der heutigen 5er Runde verzichtete Autor Aaron beim Test seines neuen 4-Personen-Spiels auf einen Startplatz und Männin Andrea konnte zum ersten Mal in die Tiefen von Ostfriesland, Island, Grönland oder Neuland eintauchen. Nach Vorschlag von Argentum wurde das Spiel um einen Durchgang verkürzt – von uns zuerst skeptisch aufgenommen, dann aber einstimmig so akzeptiert: jetzt ist es jetzt gerade richtig lang und gerade richtig taktisch.
Bekanntermaßen wird am Westpark anders gespielt als in normalen „braven“ Runden. Kein einziges Mal wurden heute die Herausforderungen erfüllt, kein einziges Mal konnte eine Mitspielerin die Häuptlings-Provision einstreichen. Dafür sorgten schon die drei männlichen Mitspieler, die je einmal die Verräterin einsetzten und damit die Erfüllungshürde in unerreichbare Höhen setzten. Nur unsere Männin verhielt sich hier konstruktiv zurückhaltend. „Jönne könne“ ist ihr als Kölnerin schon von Geburt an auf die Seele gebunden worden.
Moritz gewann mit Günthers Markt-Strategie: sich total aus der Politik raushalten, eine Geld-Generierungs-Combo aufbauen und dafür auf Teufel komm’ raus Siegpunkte kaufen. Am Ende hatte er mehr Siegpunkte als alle anderen zusammen. Die Effizienz dieser Strategie muss reduziert werden, denn politisches Lavieren gehört zur Grundidee des Spiel, ohne die man – eigentlich – nicht gewinnen können sollte. Problem erkannt und auch schon beseitigt.
Trotz des weiteren Bedarfs an Feintuning dürfen wir heute schon für Spannung, Interaktion, für die vielen Strategie- und Taktik-Möglichkeiten und die hohe Freiheitsgrade im Handlungsspielraum unsere Vorschusslorbeeren vergeben.
WPG-Wertung: Keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.
2. “Medieval Academy”
Eine Amerikanerin hat schon prognostiziert, dass dieses Spiel das „Spiel des Jahres 2015“ werden könnte. Aber wenn Amerikanerinnen ein Spiel hoch einschätzen, dann … Aaron hat es in Essen auf Anhieb gefallen und er hat es mitgebracht.
Wir sind Knappinnen und müssen uns in sieben Turnierdisziplinen bewähren. Die Disziplinen heiße offiziell Galanterie, Lanzenstechen, Turnierkampf, Gralssuche und so weiter, aber im Prinzip ist alles das gleiche: Auf jedem Turnierplatz hat jede Spielerin je eine Pöppelin stehen und muss sie über die sechs Runden des Spiels weiter vorwärts bewegen als die Konkurrenz.
Bewegen tun wir uns mittels Bewegungskarten, die mehr oder weniger zufällig ausgeteilt werden, und die uns erlauben, auf jeweils einem fest vorgegebenen Turnierplatz zwei, drei, vier oder fünf Schritte vorwärts zu gehen. Flexibilität wird uns geboten, weil wir von den fünf uns zugeteilten Bewegungskarten nur viel ausspielen; die letzte bleibt ungespielt. Theoretisch könnte jede Spielerin gleich zu Beginn einer Runde diejenige Karte auswählen, die sie nicht spielen will, und die anderen Bewegungen alle unverzüglich durchführen. Damit hätten wir wenigstens den Freiheitsgrad 4. (Falls wir – mit Glück – keine gleichen Karten auf der Hand haben.) Da aber die schlechteste Karte unserer Hand recht eindeutig bestimmt ist, ist unser praktischer Freiheitsgrad deutlich niedriger als 4. Fast in der Größenordnung von 0 (Null)! Sechs Spielzüge mit einem Freiheitsgrad zwischen 0 und 4, und das Spiel ist zu Ende! Für ein „Spiel des Jahres“ wäre das sicherlich ein Rekord!
Da wir aber andersherum vorgehen müssen und peut-a-peut die vier tatsächlichen Bewegungskarten ausspielen, dauert das Spiel länger, das, was sich auf den einzelnen Turnierplätzen abspielt, wird spannender wahrgenommen, und wir bekommen die Suggestion, das ganze sei interaktiver. Dabei nimmt unser Freiheitsgrad von Zug zu Zug nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch ab, bis auf den Wert 1 oder 0!
Noch ein Wort zur Zufälligkeit beim Austeilen der Bewegungskarten: Hier ist tatsächlich noch ein Quäntchen Einflussmöglichkeit gegeben. A la „7 Wonders“ bekommen wir pro Runde fünf Karten ausgeteilt, dürfen davon aber nur jeweils eine behalten und müssen den Rest an unsere Nachbarin weitergeben. Viermal weiterschieben und weitergeschoben-bekommen, dann liegt unsere Kartenhand fest. Damit wird zwar der blinden Zufällin ein Riegel vorgeschoben, der einäugigen Zufällin aber keineswegs.
Günther brachte das Spielprinzip auf die Formel: „60% Zufall, der Rest ist Gaudi.“ Zweifellos für Achtjähriginnen (nach Empfehlung des Verlages).
WPG-Wertung: Aaron: 7 (schnell, unkompliziert, macht Spaß), Andrea: 7 (überdurchschnittlich kurzweilig, interaktiv), Günther: 7 (locker, mit einem bisschen [WS: positiven?] Ärgerfaktor), Moritz: 7 (locker, nicht verbissen, auch nicht wahnsinnig originell, genau in die Richtung von „Spiel des Jahres“), Walter: 5 (repetitiv, hat kein Thema, hat kaum Freiheitsgrade)
PS: Die Siegpunkt-Erträge auf jedem Turnierplatz werden per Siegpunkt-Marker an die Spielerinnen ausgegeben. Wer auf einem Platz als Letzterin oder Vorletzterin landet, bekommt dafür u.U. auch Marker für Minuspunkte.
Spieltipp für Expertinnen: Diese Minuspunkte kann man im wahrsten Sinne des Wortes leicht „unter den Tisch fallen lassen“!
3. “Bluff”
Mit seinem „besten Move“ konnte Moritz auf einen Streich alle männlichen Konkurrenten rauskicken und das 5:3-Endspiel gegen seine Männin einläuten. Es endete 3:0 für den Mann.
Im zweiten Spiel kam Andrea mit zwei Würfeln gegen Aaron mit einem Würfel ins Endspiel. Aaron ließ sich mit einer Fünf unter dem Becher zu Günthers Immer-5-Strategie verleiten. Doch Andrea konterte mit einem Doppel-Walter (sowohl unter dem Becher als auch als Ansage) und entschied so das Spiel zu ihren Gunsten.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
PS: Liebe Andrea, bei allen In- und Innen-Formulierungen bist Du explizit NICHT gemeint!
Walter, erkläre als Mathematiker doch mal einem Physiker, was du mit diesen Freiheitsgraden meinst – ich kann dir da irgendwie nicht folgen. So habe ich gestern das Spiel erlebt:
1. Ich habe 7 “Plätze” wo ich mich engagieren kann aber nur 4 Karten, die ich ausspielen kann pro Runde. D.h. es ist wesentlich, sich zu überlegen, wo man sich beteiligt und wo nicht – überall ein bisschen mitmischen bringt wohl eher nix.
2. Der Kartenverteilmechanismus zu Beginn einer Runde bewirkt, dass mit in einer 5er-Runde 60% der Karten im Spiel bekannt sind. Das zusammen mit Punkt 1 zeigt mir, welche Kartenarten (nicht Werte) für mich gerade wichtig sind und welche nicht.
3. Der Tie Breaker Mechanismus (wer oben ist ist besser) sorgt dafür, dass das Timing wichtig ist. Gleich die hohe Karte ausspielen erhöht das Risiko, doch unten zu landen. Auch das ist wichtig für die Kartenauswahl. Und deshalb ist auch ein Runterspielen der kompletten Hand (minus 1) statt reihum immer nur eine Karte spielen eben nicht dasselbe.
4. Ich hatte fast nie die Situation, dass ich bereits vor dem Ausspielen meine “schlechteste Karte”, also die, die ich nicht spielen werde, kannte. Oft war es so, dass ich mir eine kleine Galanterie-Karte dafür reserviert hatte, die dann aber doch gespielt habe, weil es an anderer Stelle mehr brannte, als ich erwartet hatte. Die “schlechteste Karte” ist m.E. ein ganz wichtiges “Backup”.
5. Nimmt nicht bei jedem Kartenspiel mit fixer Kartenhand die Zahl der Freiheitsgrade mit kleiner werdender Hand ab? Warum ist das bei M.A. plötzlich ein Kritikpunkt?
6. Ankreiden kann man dem Spiel vielleicht ein gehöriges Maß an Mitspielerchaos oder euphemistisch “Interaktion”. Aber ist das nicht vielleicht bei 6 nimmt! genauso? Überhaupt würde ich vom Spielgefühl her M.A. mit 6 nimmt! vergleichen wollen.
Aber vielleicht habe ich das mit den wenigen Freiheitsgraden nur nicht verstanden…
Hallo Aaron,
es kann sein, dass ich hier mathematisch gesehen etwas „unscharfe“ Begriffe genutzt habe. Meine Aussagen gehen von folgenden Betrachtungsweise aus:
Wenn ich 1 Karte in der Hand habe und diese Karten spielen muss, habe ich 0 Freiheitsgrade.
Habe ich 2 Karten in der Hand, von denen ich eine spielen muss, habe ich 1 Freiheitsgrad, etc.. Dementsprechend habe ich 4 Freiheitsgrade, wenn ich 5 Karten in der Hand halte und genau eine davon spielen muss.
Die Freiheitsgrade ändern sich auch nicht, wenn ich von einer beliebigen Kartenhand ALLE Karten BIS AUF EINE spielen muss, vorausgesetzt es ist völlig wurscht, in welche Reihenfolge ich die Karten spiele. Habe ich 1 Karten in der Hand und darf 1 nicht spielen, so habe ich den Freiheitsgrad 0. Habe ich 2 Karten in der Hand und darf 1 nicht spielen, so habe ich den Freiheitsgrad 1. Habe ich 5 Karten in der Hand und muss alle bis auf 1 spielen, so habe ich den Freiheitsgrad 4. Soweit alles klar?
Jetzt könnte man argumentieren, dass in der „Academy“ ja auch die Reihenfolge, in der ich die Karten spiele, einen gewissen Freiheitsgrad innerhalb der Zugoptionen eines Spielers darstellt. Das ist nur bedingt richtig, denn am Ende bleibt nur eine Karte übrig, und darin allein liegt mein Freiheitsgrad. (In erster Näherung, d.h. unter der Annahme, dass die Reihenfolge belanglos ist, akzeptiert?)
Das Einzen-Ausspieln der Karten erzeugt bloß Spannung, genauso wie das langsame Ziehen der Lottokugeln. Man könnte sie alle auch auf einmal ziehen, das Endergebnis ist unabhängig davon.
Zur Plausibilisierung obiger Annahme: Bei der „Academy“ kann jeder Spieler – nach meiner Einschätzung – beim Betrachten seiner Kartenhand mit 80 %iger Sicherheit sofort sagen, welche Karte er am Ende NICHT spielen wird. Und dies wird auch Tatsache bleiben, wenn auf den verschiedenn „Turnierplätzen“ die verschiedenen Pöppel mal schneller mal langsamer vorwärts gezogen werden. Wenn Du meinst, am Ende auf einer dunkelblauen 5 sitzenbleiben zu können resp. zu wollen, dann kann ich Dir hier nicht mehr helfen!
Wenn also die letzte Karte, die aus jeder Kartenhand übrig bleibt (bleiben sollte), bei auch nur mittelmäßiger Vorausschau a priori festliegt, dann habe ich innerhalb einer ganzen Spielrunde den Freiheitsgrad 0! Lasse ich mir am Ende die Auswahl von zwei ungeliebten Schlußkarten, so habe ich mir bis dahin den Freiheitsgrad 1 „erarbeitet“. Mehr ist in der gesamten „Academy“ nicht drin.
Gruß Walter
“vorausgesetzt es ist völlig wurscht, in welche Reihenfolge ich die Karten spiele”: Genau das ist es aber nicht. Deshalb kann ich deine Ausführungen nicht akzeptieren. Beispiel gefällig: Du stehst auf Feld 3 des ‘beliebige Farbe außer dunkelblau’ Tableaus, ich auf Feld 0. Du hast eine hellblaue 2, ich eine hellblaue 5. Wir landen also beide, wenn wir unsere Karte ausspielen, auf Feld 5. Wer hier länger zurückhält, liegt einen Platz weiter vorne. Ganz einfach.
“Wenn Du meinst, am Ende auf einer dunkelblauen 5 sitzenbleiben zu können resp. zu wollen, dann kann ich Dir hier nicht mehr helfen!”: Verstehe ich jetzt überhaupt nicht. Meinst du jetzt, jede 5 ist eine gute Karte, die man auf jeden Fall spielen wird? Auch wenn in der 3. (oder 6.) Runde, wenn man damit trotzdem letzter auf einem Tableau bleibt bzw. nicht die 6 oder 12 erreicht auf dem dunkelblauen Tableau? Das dunkelblaue ist allerdings das einzige der sieben Tableaus, bei dem die Zugreihenfolge KEINE Rolle spielt.
Gut, ich akzeptiere, dass es nicht gleichgültig ist, wer als Erster auf ein Feld zieht, wenn ein anderer – mehr oder weniger zufällig! – auf das gleich Feld ziehen kann. (Incubus ist besser als succubus!) Irgendwie scheinst Du aber nicht verinnerlicht zu haben, dass Du alle Karten bis auf eine spielen musst. Wenn Du bei der Gralssuche oben liegt, liegst Du halt beim Stechen unten. Oder umgekehrt.
Gedanken darüber, welche 5er oder 4er Karte ich NICHT spiele, habe ich mir das ganze Spiel über NICHT gemacht. Genauso wenig habe ich bei der Kartenverteilung darüber nachgedacht, welche Karten jetzt im Spiel sind, und in welcher Farbe ich mir deshalb Hoffnungen machen könnte. Wenn Du daraus Deinen Spielspaß geschöpft hast, dann ist das schön für Dich. Ich bin für solche Memory-Kombinatorik schon zu alt.