1. “AuZtralien”
Ähnlich wie beim „Darien Apocalypse“ von letzter Woche müssen wir uns in „AuZtralien“ ein Land aus hexagonalen Flächen untertan machen: Rohstoffe aneignen, Verbindungen bauen und Farmen errichten. Dafür werden wir am Ende mit Siegpunkten belohnt. Und ähnlich wie letzte Woche werkeln wir drei Stunden in diesem Szenario, bis das Ende erreicht ist und der Sieger feststeht. Doch welch ein Unterschied!
Die Rohstoffe liegen nicht verdeckt sondern offen in der Landschaft herum; wir können gezielt, und sogar in einer gewissen Konkurrenz zueinander darauf zusteuern, um sie uns anzueignen.
Acht verschiedene Aktionen stehen uns zur Verfügung, von der Ressourcen-Beschaffung, dem Strecken- und Farmbau bis zur Beschaffung von Hilfskräften und militärischer Ausrüstung – richtig: gekämpft muss früher oder später auch werden! Die Aktionen haben unterschiedliche Potenz, sie kosten auch unterschiedlich viele Aktionspunkte, und gemäß einen wohlbekannten aber sehr stimmigen Mechanismus darf immer derjenige Spieler den nächsten Zug machen, der bis dahin die wenigsten Aktionspunkte verbraucht hat.
Dass im Gegensatz zu „D.A.“ hier keine Schimmelreiter herumhoppeln und unsere Aktionen unterbinden, ja sogar ganze Erdteile lahmlegen, ist für ein Design des Meisters Martin Wallace ja wohl selbstredend.
Und jetzt kommen wir zum Pfiff des Spieles: Sobald wir eine bestimmte Menge von Aktionspunkten verbraucht haben, d.h. sobald jeder Spieler in friedlicher Weise das Terrain abgesteckt hat, in dem er seine Siegpunkte zu machen gedenkt, kommen böse Gestalten in Spiel, die an definierten Punkten des Spielbrett auftauchen und sich auf die nächstbeste menschliche Behausung stürzen. Für deren Bekämpfung sollten wir rechtzeitig militärisch aufgerüstet haben. Mit einem gewissen Aufwand, evtl. auch unter der Inkaufnahme von Verlusten, können wir sie einzeln eliminieren, bevor sie großen Schaden anrichten. Dafür bekommen wir am Ende sogar Siegpunkte.
Hier haben wir in unserem ersten Spiel leider ein wesentliches taktisches Element übersehen: Da sich die Unholde grundsätzlich immer auf die nächstliegende Farm stürzen, kann man rechtzeitig „Opferfarmen“ errichten, mit denen man die Bösen von sich weg und auf die Niederlassungen der Mitspieler ablenkt. Auch kann man mittels Zeppelin einen noch schlafenden Unhold vorzeitig aufwecken, so dass er aktiv wird und ebenfalls dem nächstliegenden Mitspieler an die Wolle geht. Dieses indirekte Kampfsystem zum Schädigen der Mitspieler ist ein sehr gelungenes mächtiges Spielelement in AuZtralien. Wir werden es beim nächsten Mal sicherlich ausgiebig nutzen.
In unserer ersten, von solchen taktischen Winkelzügen eher freigebliebenen Partie hat Günther gewonnen, weil er am höchsten aufgerüstet hatte und – mit etwas Würfelglück – die meisten Unholde abknallen konnte. Moritz konnte mit seiner extensiven Landwirtschaft nur den zweiten Platz belegen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (es hat sich diesmal besser gespielt als letzte Woche in Brixen, die lange Spieldauer nervt etwas, allerdings ist das Spiel keineswegs repetitiv), Günther: 6 (das Farmen-Bauen ist etwas schwerfällig), Moritz: 7 (mir hat’s gefallen; das Spiel ist solide designed, wir hatten leider ein unglückliches Szenario mit zu vielen Kängurus, das ging zu Kosten der Spannung), Walter: 7 (lästig viele Hilfszüge, z.B. für die Ressourcen-Beschaffung; dafür können wir mit kleinen Zügen – die richtige Farm an der richtigen Stelle zum Ablenken der Unholde – große Wirkungen auslösen; spielerisch, kämpferisch, höchst schadenfreudig).
2. “Qwixx : Characters”
Jede tolle Erfindung ist 1 Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration. Vor 6 Jahren hat Steffen Benndorf entsprechend viel Transpiration investiert, um eine hübsche neue Würfelspielidee zu gebären. Seitdem geht es nur noch darum, mit deutlich weniger Schweiß den Preis heiß zu halten: jedes Jahr eine Expansion.
Letztes Jahr waren die „Characters“ dran: jeder Spieler bekommt einen individuellen Charakter zugeteilt, mit dem er sein Würfelglück aufpolieren kann. Z.B. darf „Tina Turner“ eine geworfene Augenzahl 3 in eine 4 verwandeln oder umgekehrt, und „Miss Take“ darf im Falle eines (echten oder willkürlich postulierten!) Fehlwurfes eine beliebige Zahl in ihrem Tableau ankreuzen. Auch wenn das Gros der Westpark-Gamers es auf Anhieb nicht wahrhaben wollte: Diese Charakter können niemals ausbalanziert sein, ein Charakter ist zwangsläufig stärker als der andere. Effekt: das lockere, flüssige Spiel mit den Würfeln wird a) um eine unnötige Denker- oder eine Miesnickel-Option erweitert und damit lästig verlangsamt und b) das ausgleichende Gesetz der großen Zahl wird durch eine unnötige systematische Schiefe aus den Angeln gehoben.
Sicherlich mag es Spieler geben, denen so etwas gefällt. Zudem ist die reine Qwixx-Idee ja von Haus aus so robust, dass sie auch mit einer solchen Kakophonie noch leben kann. Wir vom Westpark würden sie jedenfalls nie wieder einsetzen. Auch unser Würfel-Experte Horst würde hier – noch ungefragt – ein Veto einlegen.
WPG-Wertung: Keine neuen Noten für ein 7,2 Punkte-Spiel; die Charaktere sind unisono durchgefallen.