1. “Barcelona”
Barcelona ist auch nicht an einem Tag gebaut worden. Ganz im Gegenteil. Schon vor mehr als zweitausend Jahren wurde hier gesiedelt und bis heute baut man noch an einem einzigen Gebäude, das vor mehr als einhundert Jahren begonnen wurde. (Na ja, immerhin ist es die imposanteste Kirche der Welt). Vor 150 Jahren hat der geniale Ildefons Cerdà einen neuen Stadtteil entworfen und wir dürfen ihm heute dabei helfen, ihn zu realisieren. Wir nehmen dabei aber keine einzelnen Bausteine oder Häuser in die Hand, sondern legen gleich ganze Straßenviertel an und lassen sie in die Höhe wachsen.
Agiert wird auf einem karierten Stadtplan mit 5 mal 5 Ecken (und entsprechend 4 mal 4 Flächen). Wir legen pro Zug zwei Einwohner-Plättchen auf einen Kreuzungspunkt und erhalten dafür einen Bonus, der für jede Straßenkoordinate spezifisch festgelegt ist. Es gibt Geldmittel in der Form von Münzen oder Tuch, Prestige, das sich in Faktoren für die Siegpunktberechnungen auswirkt, oder auch direkte Siegpunkte. Wir dürfen Straßenzüge oder Kreuzungen bauen, Pflastersteine legen, öffentliche Gebäude finanzieren, Bonusplättchen für die finale Abrechnung einhandeln und uns um die Sagrada Familia verdient machen.
Sofern um ein Stadtquadrat herum genügen Einwohner platziert sind, müssen wir am Ende unseres Zuges darauf ein Stadtviertel anlegen oder ausbauen. Die Einwohner werden vom Spielbrett genommen und die entsprechenden Kreuzungen sind wieder frei für nachfolgende Aktionen.
Überall winken Vorteile, Zusatzaktionen, Geldmittel und Siegpunkte. Die einzelnen Elemente, die wir bewegen, bringen nicht nur den geplanten Haupteffekt, sondern haben in der Regel mindestens einen Nebeneffekt, der sich in nicht-triviale Kettenzüge ummünzen lässt. Entsprechend lange kann jeder Spieler an seinem nächsten besten Zug rechnen, was am Westpark natürlich immer der Fall ist. (In einer Dreierrunde noch erträglich lange.)
Eigentlich ist „Barcelona“ eines der heute üblichen Workerplacement-Spiele. Das Besondere daran ist, dass die Orte, an denen wir unsere Arbeiter (hier gemeine Einwohner) platzieren können, sehr variabel sind: Ihr fix definierter Wert wird durch umliegende Einwohner entscheidend gesteigert. Außerdem werden sie durch dortigen Einwohner nur eine gewisse Zeitlang blockiert, die Blockade verschwindet aber immer wieder beim Bauen von Straßenvierteln. Bemerkenswerter Mechanismus.
Etwa eine gute Stunde brauchten wir für Günthers Einführung in die Spielregeln und für das Herrichten der Startaufstellung. Nach gut zwei Stunden waren wir durch. Mental nicht geschafft. Cerdà und Gaudi haben uns wach gehalten.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (solitär, Interaktionen sind mehr oder weniger zufällig, thematisch an den Haaren herbeigezogen, wenig planbar. Für das, was es ist, war es dafür relativ schnell), Günther: 6 (mit Tendenz zu mehr; es ist halt ein Siegpunktsalat, der am Westpark nie gut ankommt), Walter: 6 (einschließlich Sympathiepunkt für den Wohnsitz seiner Tochter, kolossaler Spielpunktbrei für unstrukturierte, voneinander unabhängige Optionen)
PS: Renate Gerling-Halbach schreibt in H@LL9000: “Hervorzuheben sind aber die an passenden Stellen eingebetteten historischen Notizen und Anmerkungen des Autors.” Unsere Meinung: Wenn ich im Regelheft eine Menge historischer Anmerkung unterbringe, so werden die Spielmechanismen noch um kein Milligramm thematischer. Ich kann z.B. “Road to Lord” seitenweise mit hochweisen Erklärungen über die “Wikinger” anreichern, ohne dass dabei die Lords das Schwimmen lernen. Wir auch nicht.