1. “Jump Drive”
Dieses Spiel von Tom Lehmann hat uns schon oft in der Boardgame-Arena erfreut, zumindest zum Warming Up oder als Absacker. Jetzt hat es Günther erstmals als reales Kartenspiel auf den Tisch am Westpark gebracht.
Eigentlich „spielen“ wir es nicht, vor allem auch nicht gegeneinander, sondern wir versuchen, aus den uns mehr oder weniger zufällig zugeteilten Karten solitär jeder für sich das Beste daraus zu machen.
Pro Zug dürfen wir eine Entwicklungskarte und dazu entweder eine Planetenkarte oder eine Militärkarte offen auslegen. E- und P-Karten kosten Geld, d.h. pro Einheit eine der Restkarten, die wir noch auf der Hand haben; für M-Karten müssen wir die geforderte militärische Stärke besitzen. Jede Karte bringt Geld (neue Karten vom Stapel) und/oder Stärke und/oder Rabatt bzw. Stärke für den Erwerb weiterer Karten. Dazu enthalten manche Karten Symbole, die vor allem in die Siegpunktrechnung pro Karten eingehen, die ja überhaupt der Zweck des Spiels ist.
Jeder Spieler bekommt zu Beginn 5 Karten. Damit muss man natürlich haushalten. Kauf man sich z.B. gleich im ersten Zug einen „Bergbauroboter“ und eine „Künstlerkolonie“ für je 1 Einheit, ist man die beiden ausgelegten Karten plus je 1 Karte für die Kosten los, bekommt keine neue Karte und kann lediglich versuchen, mit der einen letzten Karte dem Hungertod zu entkommen.
Sehr viel besser ist man dran, wenn man gleich am Anfang die „Kometenzone“ zugeschustert bekommen hat und sie zusammen mit der Startbonuskarte „Erkundungsteam“ auslegt. Da ist man zwar gleich sein gesamtes Kartenpotential los, aber man bekommt (allein) dafür in jeder Runde 4 neue Karten und kann sich nach höheren Lorbeeren umsehen.
Später schwelgt man im Ertrag aller seiner Karten und weiß gar nicht mehr wohin damit, denn man darf immer nur maximal 10 Karten auf der Hand haben.
So muss ein jeder Spieler abwägen, ob er in Karten (am Anfang natürlich) oder in Siegpunkte (gegen Ende natürlich), in militärische Stärke oder in die paar siegpunktträchtigen Symbole investiert.
Das Ende kommt ganz schnell und – für alle außer bis auf den Sieger – überraschend herbei, und das ist einer der großen Vorteile dieses Spiels.
WPG-Wertung: Günther: 8 (besonders für die Online-Variante, schnell und konstruktiv), Moritz: 4 (es gibt keinerlei Strategie, lediglich ein bisschen Taktik, getragen von sehr viel trügerischer Hoffnung), Walter: 6 (auch in einer fröhlichen Runde kann man sich zuweilen eine Wettrennen-Patience leisten).
2. “Genesia”
Ein archaisches Ausbreitungsspiel. Alle Spieler haben identische Heimatgebiete, die sternförmig um einem gemeinsamen Zentralgebiet „Genesia“ anliegen. Alle Gebiete sind in Felder eingeteilt und jedes Feld enthält eine Zahl für die Siegpunkte, die man am Spielende bekommt, sofern man das Feld besetzt hat. Die Felder ganz unten an der Heimatbasis sind billig, die Felder neben dem Zentralgebiet sind schon ansehnlich, am lukrativsten aber sind die Felder in Genesia selber.
Per Geld und/oder Handkarten bezahlen wir das Wachstum und die Bewegungen unserer Bevölkerung. Nach jeder der drei Runden bekommt jeder Spieler, der auf einem Feld mindesten zwei seiner Pöppel stehen hat, dort kostenlos ein Schloss dazu.
Es gibt für jeden viel Raum und entsprechend wenig Streit. Sogar in der Spielregel steht, dass es in der ersten (von drei) Runden wohl keinen Kampf gibt. Und in der zweiten Runde besser wohl auch nicht, denn wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte. So könnten wir uns fast über drei Runden lang nur liebenswürdig aneinanderreibend ausbreiten.
Sofern ein Spieler aber doch einen besseren Platz an der Sonne erstreiten will, darf er loslegen. Der Kampf wird linear gerecht und billig abgewickelt: jede Kampfpartei räumt im Kampfgebiet zweier benachbarter Felder gleichmäßig ihre Leute ab, bis am Ende nur noch eine übrigbleibt.
Dabei hat der Startspieler der letzten Runde hier einen natürlichen Nachteil: Als Erster muss er seine Leute verteilen, und die Nachfolger können dementsprechend ablesen, ob und wo er Eroberungsgelüste hat: Sie können ihm dann erstens aus dem Weg gehen – dann stehen seine massierten Truppen vor einem Niemandsland, in das sie nicht einmarschieren dürfen – und zweitens können sie ihre Truppen an seinen Schwachstellen positionieren und seine paar Manschgerl mit der Mütze erschlagen.
So ähnlich war es auch bei uns. Moritz als Startspieler der letzten Runde hatte sämtliche – hoch dotierten – Felder des Zentralgebietes besetzt und seine Mannschaften dort ordentlich konzentriert. Er sah wie der sichere Sieger aus. Bis Günther an die Reihe kam. Der zog seine gesamte verfügbare Mannschaft auf ein einziges zum Zentralgebiet benachbartes Feld zusammen und begann von dort den Vernichtungskampf. Wenn Moritz nicht – zufällig – eine Verteidigungskarte gehabt hätte, die es ihm erlaubte, als Verteidiger Leute aus benachbarten Felder zu Hilfe zu holen, wäre es sein Waterloo geworden. So aber konnte er wenigstens einen Teil von Genesia halten. Zum Sieg reichte es ihm aber nicht.
WPG-Wertung: Günther: 6 (glücklicherweise gibt es nicht zu viel Kampf; allerdings sollte man im Endkampf nur maximal die Nachbarfelder erobern dürfen, aber keinen Komplettdurchzug machen dürfen), Moritz: 6 (das Kampfsystem ist unschön, da wären sogar Würfel besser gewesen), Walter: 5 (Wenn der – unschöne – Kampf nicht wäre, dann wäre das Spiel auch nur so eine Art Verteilungs-Patience).