Birgit hat erstmals ihren Frischling Sebastian der Mutter überlassen und sich mit Horst in die Spielhölle am Westpark gewagt. Aber nur knapp drei Stunden lang. Dann hat sich das Junge-Mutter-Herz doch durchgesetzt und sie hat die Hölle den vier Knaben überlassen. Schön wars mit Dir. Viele Grüße an Mutter und Kind.
1. “Die verbotene Insel”
„Ein Team, ein Abenteuer, ein Ziel“ heißt es plakativ in der Spielanleitung. Mit dem Slogan „Erlebe das Abenteuer, wenn du dich traust“ werden wir Unbedürfigen hinter dem warmen Ofen hervorgelockt. Auf die „verbotene Insel, die jahrhundertelang unentdeckt blieb … bis jetzt.“ Da darf der Unbedürftige doch mal kritisch hinterfragen, wer eine unentdeckte Insel verbietet, und wie er das Verbot durchsetzt.
Nun ja, Papier ist geduldig. „Die verbotene Insel“ ist schlichtweg eine Ansammlung von quadratischen Teilchen, von denen per Zufallskarten ausgewählt wird, welches zuerst flutet und dann untergeht. Wir Spieler sind ein kooperierendes Team, das sich über die Insel bewegt, zufällig verteilte Artefaktekarten findet, um sie zu Quartetten zusammenzutragen, und dazwischen emsig damit beschäftigt ist, die Inselteile wieder trocken zu legen, bevor sie endgültig versinken.
In unserer Runde war die Natur stärker als der Geist: Bevor wir die vier Artefakte-Quartette zusammen hatten, war ein lebenwichtiges Inselteil untergegangen und wir konnten die Team-Aufgabe nicht mehr zu erfüllen.
Vielleicht sind wir nicht optimal vorgegangen. Vielleicht haben wir unseren Aktionsspielraum mit dem Retten weniger essentieller Teile vergeudet und nicht immer das Allernotwendigste zuerst getan. Doch dafür müßte man die Eigenschaften und Abhängigkeiten der verschiedenen Quadrate eingehender studieren und sich in der Reihenfolge (und im Unterlassen) der durchzuführenden Aktionen der Teammitglieder einen exakten Plan zurechtlegen. Das kann man aber am besten in der Solitärversion tun, wenn man sich hinter den warmen Ofen verkriecht und dort die optimale Lösung ergrübelt. Viel Spaß!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (das Spiel ist schnell), Birgit: 4 (Thema verfehlt; es geht nur um ein ständiges Drehen und Wenden der Insel-Quadrate), Günther: 4 (“Pandemie” ist besser), Horst: 7 (eher eine Beschäftigung als ein Spiel), Walter:5 (solange noch unbekannt ist, welches die optimale Vorgehensweise ist, anschließend weniger).
2. “Trias”
Schon bald zehn Jahre alt ist dieses Spiel um eine zerfallende Insel, und durchschnittlich alle 4 Jahre kam es bisher einmal bei uns auf den Tisch.
Wir weiden unsere Herden auf den Hexagons der Insel, lassen sie sich vermehren und über die Insel ausbreiten. Dies geht absolut friedlich vor sich, hier gibt es keinen Kampf auf Leben und Tod um Weideplätze oder Überleben: wenn die Kapazität eines Hexagons erreicht ist, darf man sich darauf weder vermehren noch dürfen fremde Spieler durchziehen oder gar Stunk machen.
Allerdings darf bzw. muß pro Zug jeder Spieler auch noch ein relativ frei wählbares Insel-Hexagon versetzen. Damit kommt die Aggression ins Spiel: Die Herden auf dem Hexagon fallen ins Wasser und müssen von dem jeweiligen Herdenbesitzer explizit auf Nachbarhexagons gerettet werden, wenn sie nicht untergehen sollen. Reichlich Stoff für spielerische Freude und Schadenfreude.
Wird durch das Versetzen eines Hexagons ein Inselstück vom Rest abgetrennt, kommt es zu einer Zwischenwertung: Wer auf der neu entstandenen Insel die Herdenmehrheit hat, bekommt Siegpunkte: zwei Punkte, unabhängig von der Größe der entstandenen Insel. In der Schlußwertung bekommt jeder Spieler nochmals einen Siegpunkte für jedes Hexagon jeder Insel, auf der er eine Mehrheit hat.
Um zu gewinnen, muß man also nicht die größte Herde bis zum Spielende hochgezogen haben, sondern man muß während des Spiels viele – notwendigerweise kleine – Inseln mit eigenen Mehrheiten entstehen lassen und man muß am Ende des Spiels auf möglichst großen Inseln mit Mehrheit vertreten sein. Keine leichte Aufgabe und geometrische bzw. topologische Übersicht ist zweifellos eine nützliche intellektuelle Voraussetzung. Doch in jedem Fall dominiert eine spielerische Grundstimmung. Hübsch.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt, obwohl er unter Kartenpech gelitten hat und nicht diejenigen Hexagons versetzen konnte, nach denen er gelüstet hat), Birgit: 7 („viel zu tüfteln“ – War das jetzt gut oder schlecht?), Günther: 8 (bleibt), Horst: 7 (7 plus, solides Spiel, aber er vermißt die Würfel), Walter: 8 (spielerisch, große Interaktion, große Handlungsfreiheit).
3. “First Train to Nürnberg”
Wenn, nach Regelheft, “vor 175 Jahren die ersten Eisenbahnstrecke zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wurde”, wann kam dann „First Train to Nürnberg“ auf den Markt? Richtig, letztes Jahr in Essen war es eines der hoch gehandelten Favoriten. Vom International-Games-Award-Preisträger Martin Wallace.
Das Spielbrett zeigt die Landkarte zwischen Nürnberg und Fürth mit Grundstücken, Grundstückseigentümern, roten und grünen Passagieren, mit gelben Postsäcken und grauen Bierkästen. Wir bauen Eisenbahngleise über die verschiedenen Grundstücke (sofern darauf Grundstückseigentümer darauf herumlaufen, müssen wir die erst enteignen), kaufen Züge mit variabler Kapazität für Personen und Güter, und transportieren die Personen bzw. Güter, die am Wege liegen, zum Bestimmungsort. Für den erfolgreichen Transport bekommen wir Siegpunkte, müssen sie aber am Ende gegen die Größe unseres Eisenbahnnetzes verrechnen. Wenig Netto vom Brutto! Zum Sieg ist es also äußerst wichtig, unser Privatnetz rechtzeitig an die staatliche Eisenbahnverwaltung übertragen zu haben. Am besten tut man das jeweils gleich am Ende jeder Runde.
Das Herzstück des Spiels ist die Versteigerung von Einflußpunkten, die in fünf verschiedenen Kategorien benötigt werden:
Alle Kategorien sind wichtig, doch was am wichtigsten ist, wo wir am meisten punkten können, wo wir unsere Konkurrenten am stärksten schädigen oder uns am ehesten gegen deren Angriffe schützen können, ist nicht leicht zu erkennen. Hier ist das Spiel zweifellos komplex, obwohl die Regeln recht einfach und durchsichtig sind. Wir sind abhängig von den Ambitionen und Aktionen der Mitspieler, allerdings nicht in einem unberechenbaren Chaos, sondern in einem geplanten bzw. planbaren Im-Weg-Stehen. Wer zuerst Züge kaufen darf, kann sich die optimale Kombination von Passagier- bzw. Warenkapazität heraussuchen; die Nachfolger müssen hier ggf. mit Transporteinbußen leben. Wer zuerst seine Züge beladen darf, kann sich die knappe Fracht unter den Nagel reißen, die Nachfolgen gehen u.U. sogar ganz leer aus.
In meinen Augen hat das Spiel hier allerdings einen Geburtsfehler: Das Verkehrsaufkommen ist nicht progressiv, sondern degressiv: Wenn die zu Spielbeginn auf dem Spielbrett verteilten Passagiere und Waren ihr Zeit erreicht haben, sind sie weg, und das Spielbrett wird leerer und leerer. Am Ende entsteht ein Gerangel um den letzten zu transportierenden Passagier.
Freilich, es geht nicht darum, am Ende das größte Netz mit den besten Transportmöglichkeiten zu besitzen, sondern seine Gleise möglichst wieder alle losgeworden zu sein, und während des Spiel den besten Mix von Transportaufgaben erfüllt zu haben. Da muß man von Anfang an den richtigen Peil haben und die richtigen Weichen stellen. Fehlertolerant ist „First Train to Nürnberg“ nicht. Wer nicht den gesamten Spielablauf – einschließlich der spärlichen Einkommen am Ende – mehr oder weniger ständig im Auge hat, gerät ins Abseits. Aber das darf man dem Spiel nicht ankreiden. Es geht schließlich eher um Blut, Schweiß und Tränen als um Spaß an der Freud.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (die 2 Stunden Spielzeit vergingen ihm wie im Flug, nur den Schluß fand er “sehr unbefriedigend”), Günther: 5 (es funktioniert), Horst: 5 (fummelig und popelig), Walter: 5 (spielerische Elemente fehlen).