Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Nächste Woche fängt in Essen die Spiel 2007 an und die professionellen Spiele-Publizisten aus dem Ausland rücken jetzt schon langsam in Deutschland an. W. Eric Martin (lieber Eric, verzeih’ mir das Dabbeljuh!), Webmaster und Chefredakteur von Boardgame News, hat sich mit seiner Frau Linda bei uns angesagt, und ihm zu Ehren haben wir zwei Tische aufgemacht.
Gewohnt pünktlich um 20 Uhr hatten sich die acht Westparker eingefunden. Die amerikanischen Gäste ließen noch auf sich warten. Bange Blicke auf die Uhr: Hoffenlich haben sie ihre Uhren schon auf Mitteleuropäische Sommerzeit eingestellt! Wer weiß! Fangen wir schon mal an.
1. “Bluff”
Ein ideales Spiel, um die Zeit zu überbrücken, solange die amerikanischen Gäste noch nicht da sind und zum Warming-Up, als sie dann endlich erschienen waren. Für 10 Mitspieler braucht man zwei Sätze Würfelbecher und Würfel, aber nur ein Spielbrett und nur einen roten Vorgabe-Würfel. Nach einer Überrundung ist die “1” dann gleichbedeutend mit der “21” und bei Sternen mit der “11”. Die Varianz wächst mit der Anzahl Teilnehmer. Wer zu Unrecht anzweifelt oder mit Unrecht angezweifelt wird, ist ganz schnell ganz draußen. Aber “Bluff” hat ja die schöne Eigenschaft, daß man mit Lust und Spannung auch als Nur-Zuschauer dabei sein kann.
W. Eric konnte selbst die 40 Anfangswürfel mit Umsicht meistern. Sein haarscharf nochmal Davongekommensein quittierte er häufiger mit einem befriedigten “so close”! Das Endspiel bestritt er gegen Walter. Hier konnte er nochmal seine hervorragende Taktik und Psychologie ausspielen. Mit 2 gegen 2 Würfel legte er 1 mal den Stern vor. Walter hatte selber einen Stern und eine Zwei gewürfelt und fühlte sich schon als Sieger. Understatement war seine Devise: 2 mal die Eins! Eric zweifelte an, er hatte selber nur eine Zwei und eine Drei unter seinem Würfelbecher.
Beim 2:1-Stand ging Eric mit 1 mal die Eins ins Rennen. Walter hatte genau die 1 gewürfelt, was sollte er tun? Zwei mal die Eins? Das was sein Ende, denn Eric hatte wieder nur zwei mittlere Zahlen unter seinem Becher und konnte final anzweifeln.
2. “Uptown”
Jetzt teilte sich die Gruppe. Aaron, Birgit, Günther, Hans und Horst wendeten sich einem “Zooloretto” zu. Schließlich hatten sie es zum WPG-Spiel-des-Monats gekürt, da konnten sie ja nicht gleich mit “Nein, meine Suppe eß ich nicht!” die Nase rümpfen.
Andrea, Eric, Linda, Moritz und Walter durften dagegen ein nagelneues “Uptown” kennenlernen. Jeder Spieler hat den gleichen Satz von Plättchen, die reihum aufs Spielbrett gelegt werden. Jedes Plättchen gehört zu einer Gruppe, für die jeweils 9 der insgesamt 81 Felder des Spielbretts zugelassen sind: entweder eine vollständige Reihe, eine Spalte oder ein internes 3×3 Felder großes Quadrat. Man muß seine Plättchen so legen, daß sie am Ende möglichst wenige zusammenhängende Ketten bilden. Wer dann die wenigsten separaten Ketten hat, hat gewonnen.
In einer Fünfergruppe ergibt sich ein Menge Interaktion um die Felder, über die getrennten Ketten verbunden werden können. Man darf nämlich auch fremde Plättchen vom Spielbrett entfernen und seine eigenen dafür hinlegen, solange man damit eine fremde Kette nicht in zwei Teile zerlegt. Das Ergebnis ist ein spannender, kurzweiliger Kampf, der voller spielerischer Grundstimmung ausgetragen wird.
WPG-Wertung: Andrea: 8, Eric: 8, Linda: 7, Moritz:7. Walter: 8 (fast 9)
3. “Master of Rules”
Ein japanisches Kartenspiel von Susumsu Kawasaki, das heuer auf der Spiel 2007 in Essen vorgestellt wird. Jeder Spieler bekommt eine Reihe von Karten mit Zahlen und mit Bedingungen ausgeteilt und muß pro Runde je eine Zahlenkarte und eine Bedingungskarte ausspielen. Danach wird gewertet. Wenn die auf dem Tisch liegenden Zahlenkarten eine gespielte Bedingung erfüllen, bekommt der Spieler, der die Bedingungskarte gespielt hat, einen Siegpunkt.
Die Bedingungen lauten:
– Trio: Auf dem Tisch liegen mindestens 3 Karten der gleichen Farbe.
– Limit 23: Die Summe der ausgespielten Karten ist höchstenfalls 23
– Best of the Best: Ein Spieler hat die höchste Zahl in der meistgespielten Farbe ausgespielt.
– Unique: Die von einem Spieler ausgespielte Karte ist die einzige ihrer Art auf dem Tisch.
Hinter der Reihenfolge, ob man zuerst eine Zahl oder eine Bedingung ausspielt, können ganz komplexe Überlegungen stehen. Einerseits sollte man seine Bedingungen nicht zu früh verraten, andererseits muß man eine gewünschte Bedingungskarte rechtzeitig ausspielen, bevor es ein anderer tut, weil damit alle anderen gleichlautenden Bedingungskarten blockiert sind.
Dieses Blockieren ist ein ziemlich ärgerliches Element; der letzte Spieler hat oft keine freie Bedingung mehr, sondern muß zwangsweise eine Bedingung spielen, die er a priori schon nicht mehr erfüllen kann. Wir hätten es besser gefunden, wenn es deutlich mehr verschiedene Bedingungen gegeben hätte als Mitspieler.
WPG-Wertung: Andrea: 5, Eric: 6, Linda: 5, Moritz: 5, Walter: 5 (könnte mit leichten Regelvariationen verbessert werden)
4. Podcast beim “Pow Wow”
Während die Zooloretto-Gruppe sich noch mit Pow-Wow, einer Bluff-Variante, vergnügte, produzierten Eric und Moritz schnell noch on the flight eine Podcast-Aufnahme für die Dice-Tower-Reihe. Wir konnten es als verblüffte “Studiogäste” life miterleben. Gekonnt ist gekonnt.
5. “Verflixxt!”
W. Eric Martin und seine Frau Linda wollten mal wieder früher ins Bett kommen als die Tage davor. Auf Birgit wartete am nächsten Morgen eine anstrengende Untersuchung (was kann das bei einer Kriminalistin wohl sein?) und sie schleppte ihren Lebenspartner auch gleich mit ab. So blieben gegen 23 Uhr sechs reinrassige Westparker übrig und mußten sich auf einen Absacker einigen. Die Wahl fiel auf “Verflixxt! ” – Urversion, ein leichtes lockeres Würfelspiel um Plus- und Minuspunkte und um Zaubermittel, die Schlechten in die Guten zu verwandeln.
Günther gab Aaron Tips für gute Spielzüge, die ihm zwar auch selber zugute kamen, im Haupteffekt allerdings Moritz schadeten. Ausgerechnet Günther beging dieses große Sakrileg gegen unseren langjährigen Westpark-Gamers-Codex. Moritz fand das gar nicht gut. Er beklagte sich: “Wenn Günther gewinnt, dann nur wegen Aaron! ” Aaron verteidigte seine Züge: “Sonst hätte ich Dich begünstigen müssen!” Doch Moritz lies sich nicht beruhigen: “Ich habe aber nicht geführt!” Mit seiner genialen Spieleanalyse hatte er nämlich schon nach dem zweiten Würfelzug Günthers führende Position ausgemacht.
Womit er am Ende nach ungefähr einhundert Würfelzügen auch tatsächlich richtig lag! Dank Aaron?