Wenn die rheinischen Jecken ihre Kamellen verteilt und die Berliner ihren Wulff vergauckelt haben, trifft sich die bayerische Politprominenz in parteigebundenen Bierzelten, um den jeweiligen Gegner in die Pfanne zu hauen. Verbales Fingerhackeln um die griffigsten Sprüche. In den lokalen Zeitungen, ja sogar im Internetangebot der überregionalen Fernsehanstalten kann man sie nachlesen. Gerne hätte ich heute hier ein paar Kostproben dieses unseres Esprits an unsere außerbayerische Klientel weitergegeben. Doch sie waren samt und sonders flach, schal, hemdsärmelig und einfallsdumm. Im Original genauso wie im Plagiat. Als einziges aufmunterndes Sätzlein möchte ich in die Regionen jenseits der Mainlinie hinüberreichen: „Der FC Bayern hat das Champions-League-Hinspiel in Basel verloren.“
1. “Yunnan”
Moritz mußte sich seinem Besuch aus Australien widmen (vielleicht vor dem Fernsehapparat, um den vorgeführten FCB vorzuführen), Günther geht fremd, um für die Deutsche Brettspielmeisterschaft zu üben, P&L singen noch ihr Hosianna im Gelobten Land und Horst ist bei Sex, wo immer sich dazu Gelegenheit findet. So setzten sich Aaron und Walter in einer Minimalbesetzung tête-à-tête zusammen, um Aaron älteste Eigenentwicklung wieder einmal auf den Prüfstand zu bringen.
Seit fast zwei Jahren ist „Yunnan“ als Kampf- und Aufbauspiel in der Mache. Das führt mal wieder deutlich vor Augen, dass ein (gutes) Spiel nicht einfach in ein paar kurzen Augenblicken glücklicher Inspiration geboren wird, sondern dass viele Wochen heißer Schweiß von der Stirne rinnen muß, bis das Werk den Meister loben kann.
In „Yunnan“ spielt jeder Spieler eine Händlerdynastie weit hinter der Türkei zwischen Teeroute und Seidenstraße. Die Spieler müssen ihr finanzielles Potential in einem Versteigerungsprozess einsetzen
- um ihr Händlernetz personell zu erweitern
- um ihre Händler handfester zu machen als die der Gegenspieler
- um ihren Aktionsradius zu erweitern
- um die Transportwege für kostengünstigere Ausbreitung auszubauen
- um Lagerhäuser für einen effizienteren Vertrieb zu errichten
Pro Runde liefert das jeweilige Händernetz mit seinen Eigenschaften an Masse und Struktur einen Gewinn ab, den jeder Spieler beliebig in neues Investitionskapital oder in Siegpunkte verwandeln kann. Viele Wege führen nach Rom (zum Sieg). Allgegenwärtige Frage am Westpark: Sind die verschiedenen Optionen gut ausbalanciert?
Sehr schnell erkannten wir, dass die engen Händlerlimits in den verschiedenen Regionen bei den aktuellen Blockierungslimits eine schnellere Entwicklung behinderten. Auch die Startausstattung der Spieler sollte etwas üppiger ausfallen. Zweimal brachen wir nach jeweils einer knappen Stunde ab, um mit den entsprechenden Regelmodifikationen neu anzufangen. Dann kam alles gewünscht flott aus den Startlöchern. Allerdings hatte sich nach der Hälfte der Spielzeit ein Spieler deutlich an die Spitze gesetzt, von der er rein theoretisch nicht mehr zu verdrängen gewesen wäre. Die dazu von ihm durchgeführten – zweifellos guten – Entwicklungszüge müssen in ihrer Kosten-Nutzen-Relation noch etwas gebremst werden, damit das Gleichgewicht länger auf der Kippe steht. Möglichkeiten dazu fanden wir genug, Aaron wird sie noch verinnerlichen. Dann kann „Yunnan“ einer nächsten Testsession am Westpark unterzogen werden. Mit freudiger Erwartung.
Keine WPG-Wertung für ein Spiel in der Entstehungsphase.
1. “Bluff”
Zum Absacken ergänzte die beste aller ungarischen Ehefrauen die beiden alten Hasen zu einem Bluff-fähigen Trio. In der ersten Runde katapultierte sie sich mit der längst stumpf gewordenen Horstschen Sternenstrategie blitzschnell aus dem Kreis der aktiven Spieler. Walter stand mit einem einzigen Würfel im Endkampf gegen die fünf Würfel von Aaron. Da hilft nur, den Stier bei den Hörnern zu packen. Also gar nicht erst unter den eigenen Becher schauen, sondern gleich mit 3 mal die Fünf den übermächtigen Gegner unter Druck setzen. Aaron legte zwei Fünfen heraus, erhöhte auf 4 die Fünf und würfelte mit drei Würfeln nach. Walter fand jetzt erst die lumpige Vier unter seinem Becher und zweifelte erwartungsvoll an. Aber Aaron hatte Stern und Fünf nachgewürfelt und durfte triumphieren.
Da kommentierte das kluge Weib sehr treffend: „Das hat auch mit Glück zu tun.“ Ein Satz, der sich heute noch öfters bewahrheiten sollte.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.