„Wenn ich Freude daran hätte, mit Nüßchen und Kreiseln zu spielen, warum nicht? Das Vergnügen kennt keinen Ehrgeiz. Es dünkt sich aus sich selbst reich genug und begehrt nicht zusätzlich Ruhm und Ehre.“ (Michel de Montaigne)
1. “Cuba Libre”
Kuba fasziniert immer (noch). Zuckerrohr, Rum, Samba-Rhythmen und heiße Tänze werden auch heute noch zu einem bewegenden Buena Vista gebündelt. Und selbst Kubas Politik läßt uns schon seit mehr als 50 Jahren staunen, bewundern, fürchten und beten.
In „Cuba libre“ wird die Politik von aller Hintergrundlastigkeit befreit und wir können in vier verschiedenen Parteiungen der Reinkultur der demokratischen Korruption, des Casino-Kapitalismus, des revolutionären Terrors und des studentischen Protests frönen.
Jede Partei darf eigene Operationen ausführen: neue Mitglieder, Polizei, Armee oder Guerillas ins Spiel bringen, Stützpunkte bzw. Casios bauen oder zerstören, sich gegenseitig enttarnen, abspenstig machen oder abmurksen, Terroranschläge inszenieren und damit die öffentliche Unterstützung für die Roten oder Blauen auf die eine oder andere Seite kippen lassen.
Bemerkenswert ist die Auswahl der jeweiligen Operationen. Im eingeschwungenen Zustand agieren pro Runde jeweils zwei Spieler, die anderen beiden erholen von ihrem gerade getätigten Zug. Es wird jeweils eine „Ereigniskarte“ aufgedeckt, die individuelle konstruktive oder destruktive Aktionen erlaubt. Zusätzlich definiert diese Ereigniskarte, in welcher Reihenfolge die Spieler handeln dürfen. Der Erstziehende darf wählen, ob er die spontane Ereignis-Aktion ausführt oder eine seiner Standard-Operationen, die er auch noch mit Spezial-Aktivitäten verstärken kann. Der Zweitziehende ist im Aktionsradius eingeschränkt und muss sich auch noch mit dem halben Effekt begnügen.
Man kann als aktiver Spieler auch passen und verzichtet damit in der aktuellen Runde auf seinen Zug. Dafür ist man dadurch nicht abgeschlafft, sondern ist kann sich im Vollbesitz seiner luderischen Kräfte auf die Abhandlung der nächsten Ereigniskarte stürzen. Dort darf man dann ggf. mit Priorität einen besonders wirksamen Schlag gegen Regierung oder Castraner ausführen.
Jede Partei hat ein eigenes Spielziel. Die Regierung muss alle Städt kontrollieren und ein bestimmtes Zustimmungsniveau erreichen. Castros Bewegung des 26. Juli muss im gesamten Land ein bestimmtes Oppositionspotential überschreiten. Das Syndiakat muss 8 Casinos eröffnet haben und damit eine bestimmte Gewinnsumme erzielen. Das Direktorium muss einen vorgegebenen Einfluss innerhalb der Bevölkerung erworben haben.
In einer guten halben Stunde hatte Moritz die Regeleinführung hinter sich gebracht und jeder wußte, welche Züge er machen konnte. Doch welche davon die aktuell wirksamsten waren, dazu brauchten wir noch eine Hilfestellung. Moritz spielte die Regierung, gab aber bereitwillig auch Castro und dem studentischen Protest uneigennützigste Ratschläge.
Er hätte jedem Spieler auch den Wegweiser in die Hand drücken können, wie die entsprechende Partei agieren soll, falls sie von keinem Spieler geführt wird. Solche Anleitungen sind dem Spiel nämlich beigelegt, so dass man in einer Solo-Variante auch ganz alleine seine Verdienste um die Befreiung Kubas erwerben kann. Klar, dass die Regierung, die über reichlich Geldmittel verfügt, ständig Truppen requirieren muss, um damit Städte und Wirtschaftszentren zu schützen. Klar, dass Castro’s wichtigsten Aktionen die Terroranschläge sind. Das Direktorium zieht mit Aufklärung durch das Land, und das Syndikat baut und schützt Casinos und seine Einnahmen.
Man kann mit vollster Leidenschaft seine Partei führen und entsprechend lustvoll auf die gegnerischen Gruppierungen draufschlangen. Man kann das Ganze aber auch wie eine Filmfiktion von Alain Resnai („Hiroshima mon amour“) und Steven Spielberg („Catch Me If You Can“) an sich vorbeilaufen lassen und darüber staunen, mit welcher Virtuosität Moritz die Regierung, das Kapital, die Revolution und die Aufklärung gegeneinander ausspielt. (Der Life-Ticker mit den Szenen zwischen Real Madrid und Schalke war nicht einmal halb so befriedigend!)
WPG-Wertung: Aaron: keine Note (die rein abstrakten Mechanismen funktionieren, besitzen aber keinerlei Thema; [Moritz:] als Herr des Syndikates war Aaron leider die langweiligste Rolle des Spiels zugefallen), Günther: 4 (kein Freund von Simulationsspielen; das Spiel lebt von den Karten, die man toll finden muss. [Oder es eben nicht tut.]), Moritz: 8 (mag dieses Genre. Fasziniert von Material und Mechanismen), Walter: 4 (es war höchst entspannend, sich von Moritz in allen kritischen Entscheidungen an der Hand führen zu lassen; wenn Castro gewonnen hätte, hätte das Spiel noch einen Punkte mehr bekommen …).
Günther’s Einsicht: „Spiele, die eine Solo-Variante beinhalten, sind mit Vorsicht zu genießen!“
Bei BGG wird „Cuba libre“ hoch gehandelt. 308 mal wurde es bewertet und kommt dabei einen Durchschnitt von 7,99 Punkten. Einer der wenigen 2-Punkte-Werter schrieb dazu: „Ich liebe das Thema, finde das Spiel aber extrem langweilig.“
Hallo Ralf, wir waschen unsere Hände in Unschuld!
2. “Blueprints”
Ein lockeres Bauspiel mit Würfeln.
Jeder Spieler bekommt einen eigenen Bauplan für ein Gebäude, das aus sechs zusammenhängenden Würfeln besteht. Aus einer Auslage von 7 Würfeln (in den Farben grün, orange, schwarz und weiß) muss er jeweils einen Würfel herauspicken und damit sein Gebäude sukzessive vervollständigen. Dabei ist lediglich darauf zu achten, dass ein Würfel, der auf einen anderen gelegt wird, mindestens die gleiche Augenzahl besitzt.
Für jeden herausgepickten Würfel wird ein neuer Würfel ins Spiel gebracht, die anderen bleiben in Farbe und Augenzahl unverändert.
Nach sechs Zügen hat jeder Spieler sein Gebäude fertiggestellt. (In seltenen Fällen, wenn zufällig für die oberen Etagen eines Gebäudes keine ausreichenden Augenzahlen ausliegen, ist eine Gebäudevorgabe auch nicht erfüllt.) Dann kommt die Wertung. Fertiggestellte Gebäude bringen Punkte ein. Dazu liefert jede Würfelfarbe noch eigene Beiträge für die Gesamtwertung: Grüne Würfel zählen, wenn besonders viele dafür verwendet wurden; bei gelben Würfeln zählt die Anzahl von Nachbarn, schwarze Würfel bringen besonders in den oberen Etagen viele Punkte, bei weißen Würfeln zählt die eingesetzte Augenzahl. Wer die höchste Gebäudewertung erzielt hat, bekommt eine Goldmedaille mit drei Siegpunkten, der zweite erhält zwei und der dritte einen Siegpunkt.
Weiterhin gibt es Sonderprämien für spezielle Topologien, z.B. lauter gleiche Augenzahlen oder lauter gleiche Würfelfarben.
Blitzschnell ist ein Durchgang zu Ende; die Siegpunkte werden notiert, neue Baupläne verteilt. Der Spieler mit der geringsten Wertungszahl wird neuer Startspieler.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (belanglos), Günther: 5 (das erfolgreiche Bauen ist zu nebensächlich, das hätte man stärker betonen sollen), Moritz: 6 (kurz und schnell; ein lockeres Familienspiel; durch das umfangreiche Bewertungssystem ist die hübsche Spielidee leider etwas überfrachtet), Walter: 6 (freut sich auf ein Spiel mit seinen Großneffen).
Moritz: Das Säckchen, woraus man die Würfel nachzieht, ist zu klein.
3. “Bluff”
Bei insgesamt 15 eingesetzten Würfeln zweifelte Günther Aarons Vorgabe von 12 mal die Fünf an. (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist geringer als ein Promille.). Später zweifelte er bei insgesamt 8 Würfeln die Vorgabe von 6 mal den Stern an (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist etwas größer als ein halbes Promille!) Beide Male kostete das ihn und Walter einen Würfel. Aaron erfocht einen Kantersieg.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
Bei insgesamt 15 eingesetzten Würfeln zweifelte Günther Aarons Vorgabe von 12 mal die Fünf an. (Die Wahrscheinlichkeit dafür ist geringer als ein Promille.)
### Wurde nachgewürfelt (wohl ja, oder?). Dann stimmt natürlich die Wahrscheinlichkeitsangabe nicht.
Claro, wurde herausgewürfelt. Und eine ganze Reihe von Würfeln auch herausgelegt. Die Zahlenangabe zur Wahrscheinlichkeit gilt nur für die statische Endsumme 12 aus 15 bzw. 6 aus 8. Und auch das nur unter der Voraussetzung, dass ich die richtigen Formeln angewendet habe …
Danke für den Spielbericht zu Cuba Libre. Besonders die Info “In einer guten halben Stunde hatte Moritz die Regeleinführung hinter sich gebracht und jeder wußte, welche Züge er machen konnte.” war für mich hilfreich, weil ich selbst für mich noch nicht abschätzen konnte, wie zeitintensiv man dieses Spiel seinen Mitspielern erklären kann.
Hattet Ihr die Errata vor Eurem Spiel eingearbeitet in Sachen Erklärung, Spielübersichten und den Karten? Oder brauchte es das für den Erstkontakt nicht? Weil die liegen bei mir noch unbesehen ‘rum.
Hallo Ralf, ich weiß nicht genau, ob Moritz die Errata eingearbeitet hat. Ich nehme es aber stark an. Er hatte sich extrem gut in das Material eingearbeitet, und die Spielhilfen sowie die wichtigsten Abläufe alle ins Deutsche übersetzt, entsprechende Skizzen gemalt, ausgedruckt und verteilt. Er brauchte keine Details in Regelheft und Spielbrett suchen, und hat einen absolut sicheren, einführenden Vortrag gehalten.
Ich habe jetzt die Errata noch einmal angeschaut – tatsächlich sind das vor allem Korrekturen in den Spielbeispielen vom Playbook, regelrelevant sind vor allem Formulierungsverbesserungen, keine grundsätzlichen Fehler. Die einzigen Korrekturen von Wichtigkeit betreffen ein mögliches Missverständnis der Sweep-Aktion ( das hatte ich aber intuitiv richtig verstanden) und eine Reihenfolgeänderung auf einer einzigen Karte, die aber bei uns nicht vorkam. Insofern kann ich also alle beruihigen, dass wir das Spiel richtig gespielt haben :-)
Ich habe das Spiel jetzt einige Male solitär gespielt, was schon sehr viel Spaß macht, ist aber sicherlich nicht für jedermann….