06.08.2014: Karten und Plättchen mit Wilhelm

Hanabi

Nein, heute wurde kein Hanabi mehr gespielt. Nicht direkt. Aber solange Wilhelm noch mit der Baustelle am Luise-Kiesselbach-Platz kämpfte, durfte Peter dem Oberschiedsrichter Günther die Prinzipien von Spocks Ablegemechanismus demonstrieren. Wie schon erwähnt, lassen sie sich auf die einfache Formel bringen: “Falls ein Spieler keine weitere Information mehr zum Nutzen einer Handkarte hat, so wirft er automatisch die am weitesten rechts gehaltene Karte aus seine Hand ab“.

Hebelt dieses Prinzip die Spielregeln aus? Die Meinungen gingen auseinander. Peter argumentierte: „Es ist nicht möglich, eine Regel innerhalb des Hanabi-Systems zu formulieren, die dieses Rechtsanstecken [oder war hier das Rechtsablegen gemeint?!] verhindern könnte.“ Günther wollte sich in diesem Auffassungsstreit (mal wieder) nicht klar positionieren. Walter kam Peter insofern entgegen, als er diese Ablegetechnik nur dann für illegitim hielt, wenn es auf Grund einer allgemeinen Absprache erfolgt. [„Absprachen über die Ablage von nicht-benannten Karten sind unzulässig!“] Als Schlussfolgerung aus dem über mehrere Runden lang Nicht-Benennen von Karten ist so ein Vorgehen aber durchaus spielimmanent.

Dass man diese schlussfolgernde Konvention dann auch noch bis zum Spielanfang extrapoliert, liegt höchstenfalls am Rande der Legalität. Und in Bayern gilt diese Positionierung in höchsten Kreisen immer noch als mitten drin in der Legalität.

Peter ließ noch zu Protokoll geben, dass er zweimal Recht gehabt habe. Hier steht es.

Was war eigentlich das „zweite“ Mal? Ach ja: Peter konnte seine heutige Demonstration nicht gewinnen. Es kamen einfach kein weißen und gelben Einser auf den Tisch! Aber hat das denn einer behauptet? Nicht jedes Kinderspiel muss man gewinnen können …

1. “Deutschland – Das Kartenspiel”

Wilhelm, unser Ehrengast aus dem hohen Norden (von Bayern aus gesehen), traf mit zwanzig Minuten Verspätung ein. So lange dauert es für einen Lippischen Preussen, von der Garmischer Autobahn kommend, sich durch die Tunnel-Baustelle am Autobahnende quälend, eine Stelle zum Linksabbiegen in die Krüner Straße zu finden.

Als Gastgeschenk hat er das kleine Kartenspiel mitgebracht, in dem Günter Burkhardt seinen erwachsenen (missratenen?) Sohn „Deutschland – Finden sie Minden!“ nach Wilhelms Meinung „auf den Punkte gebracht hat“.

Jeweils fünf Karten mit Namen deutscher Städte liegen auf dem Tisch. Jeder Spieler hat einen identischen Kartensatz mit den Bezeichnungen Nord, Süd, Ost und West, sowie „die meisten Einwohner“ und „die wenigsten Einwohner“. Dreimal muss man reihum verdeckt eine dieser Qualifikationskarten zu einer der Städte legen. Dabei bedeutet z.B. die Karte „Nord“, dass der Spieler die zugeordnete Stadt für die nördlichste aller ausliegenden fünf Städte hält.

Dann werden die Qualifikationskarten umgedreht, die falschen aussortiert, und die richtigen zusammengeschoben. Wessen Karte jetzt am nächsten an einer Städtekarte liegt, bekommt 3 Punkte, der zweitnäheste 2 Punkte und – falls noch vorhanden – der drittnäheste 1 Punkt.

Ein unterhaltsames, quizartiges Spielchen, bei dem man sich nicht nur ein bisschen in Deutschlands Geographie auskennen sollte, sondern bei dem man auch das Wissen seiner Mitspieler einschätzen können sollte, genauso wie das Risiko, statt eines sicheren Einzelpunktes als dritter Anleger bei der nördlichsten Stadt vielleicht doch lieber drei volle Punkte bei einer fragwürdigen kleinsten Stadt zu ernten, die die Mitspieler – vielleicht / hoffentlich – falsch eingeschätzt haben.

Wer weiß schon so genau, ob Paderborn nördlicher liegt als Kleve und welche der beiden Städte größer ist. Von Bayern aus gesehen.

WPG-Wertung: Günther: 5 (ein Wissensspiel, nichts für Halb-Wisser [und das als Kritik aus Günthers Munde!]), Peter: 6 (dabei 1 Punkt für meinen Sieg), Walter: 6 (er wird es ganz sicher mit seiner rheinruhrigen Verwandtschaft spielen), Wilhelm: 8 (das Spiel ist einfach sehr gut [er hatte zuerst 9 Punkte vergeben, ließ sich später aber davon einen Punkt runterüberzeugen])

2. “Royals”

Royals - Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Royals – Wilhelm zeigt Günther wo Spanien liegt
Wilhelm hatte den Prototyp von Abacus für Essen 2014 mitgebracht. Die Regeln stehen, das Umschlagsbild für die Schachtel auch, am Spielmaterial wird noch gedreht.

Wir ziehen Farbkarten in den vier Farben gelb (für Spanien), blau (für Frankreich), rot (für England) und grün (für the „German States“). Entsprechend den Farben können wir uns in den vier Staaten engagieren und dort Städte in Besitz nehmen,. Für einen Slum in Sevilla reicht eine einzige gelbe Karte, für den Palacio Real in Madrid braucht man deren acht. (Oder so ungefähr.) Dafür werden wir mit der einen Karte in Sevilla auch nur ein schlichter Baron (Entschuldigung Mischa v.R., so ist nun mal die Adels-Rangfolge), mit den acht Karten in Madrid hingegen werden wir König.

Man kann einen Mitspieler auch aus einer Stadt verdrängen, dazu muss man aber rechtzeitig eine Intrigenkarte statt der Farbkarten gezogen haben.

In drei Wertungsrunden wird das aktuelle Besitztum in Siegpunkte umgesetzt. Jede Stadt bringt Punkte, genauso wie die Majorität in den vier Ländern. Für das erstmalige Besetzen einer Stadt gibt es Sonderpunkte, ebenso für die erstmalige Präsenz (auch die verdrängte) in allen Städten eines Landes. In der Schlusswertung werden dann noch Majoritäten innerhalb der Royalitäten honoriert. Reichlich Siegpunktquellen.

Ein reizvolles Abwägen zwischen den leichten naheliegenden Siegpunkten in den Slums und den etwas schwereren, dafür aber auch nachhaltigeren Siegpunkten im Königspalast. Die Taube auf dem Dach ist besser als der Spatz in der Hand. Gute Karten helfen auch ein bißchen, ein wohldosierter Zufallseinfluß in einem schnellen, höchst interaktiven Spiel.

WPG-Wertung: Günther: 7 (locker), Peter: 6 (funktioniert, aber …), Walter: 6 (flüssig, vielseitiges Engagement, allerdings mit dem Hang zur Erbsenzählerei, Mitspielerchaos und – bei dem Maß an Interaktion unvermeidlich – Kingmakereffekten), Wilhelm enthielt sich als Befangener der Stimme.

Günther hielt die großzügige Landkarte für vergeudeten Platz. Man hätte die Länder besser zusammenschieben und den dadurch gewonnenen Platz als Ablage für die Nachziehkarten nutzen sollen. Peter: „Deswegen gewinnst Du auch nicht ‚Deutschland – Das Kartenspiel’“.

3. “CaCaO”

CaCao
Schachbrettmuster in “CaCao”
Ein weiterer Prototyp von Abacus, allerdings erst für Nürnberg 2015 vorgesehen. Jeder Spieler hat einen Satz mit acht grünen quadratischen Plättchen, auf denen jeweils vier Arbeiter platziert sind. Sie sind den vier Kanten zugeteilt, aber unregelmäßig, zu manchen Kanten gehören zwei oder drei Arbeiter, zu anderen Kanten gar keine.

Die grünen Plättchen werden einzeln reihum auf die imaginären weißen Felder der als Schachbrettmuster gedachten Tischdecke gelegt. Auf die schwarzen Felder kommen – sobald an mindestens zwei Kanten Arbeiterplättchen liegen, Produktionskärtchen. Jeweils drei Stück davon liegen offen aus, und der aktive Spiele wählt daraus – innerhalb enger Grenzen – welche aus: Kakao-Plantagen unterschiedlicher Ernteerträge, Kakao-Verarbeitung unterschiedlicher Erlöse, Bewässerung und einige andere Spezialeffekte.

Jeder Arbeiter an der Kante zu einem bereits ausliegenden oder gerade anschließend gelegten Produktionsplättchen kann die angebotene Produktion nutzen und bekommt dafür Siegpunkte. Wenn alle Arbeiterplättchen gelegt sind, ist Schluß.

Ein hübsches, fast kontemplatives Spielchen um das optimierte Nutzen und Erweitern der entstehenden Schachbrettauslage auf dem Tisch. Eine Menge indirekter Interaktion, ohne dabei in Aggressivität auszuarten.

WPG-Wertung: Günther: 6 (zu linear [heftiger Widerspruch von allen Seiten]), Peter: 7 (Superidee an der man allerdings noch ein bisschen herumfeilen könnte), Walter: 7 (schnell, konstruktiv, interaktiv), Wilhelm enthielt sich wieder der Stimme..

4. “Koryo”
Jeder bekommt jeweils einen Schwung Karten auf die Hand, darf einen – kleinen – Teil davon offen vor sich auslegen, und muß den Rest wieder abgeben. Das wird acht mal gemacht, die Auslagen wachsen und wachsen, und wer sich am Ende die reichhaltigste zugelegt hat, der hat gewonnen.

Wie sehen die Karten aus? Es sind Karten mit den Ziffern von 1 bis 9, dazu noch rote und schwarze Minus-1en.

Wieviele Karten bekommt man jeweils? Erst 10, dann 9, dann 8 usw., zuletzt nur noch 3.

Welche Karten darf man ablegen? Soviele man will, aber jeweils nur Karten mit den gleichen Ziffern.

Dürfen beliebig viele Karten in der Auslage sein? Nein, die Auslage ist streng begrenzt; zuerst dürfen nur 3, dann 4 usw., zuletzt nur insgesamt 10 Karten in einer Auslage sein. Man darf zwar kurzfristig mehr Karten spielen, hinterher muss man die überzähligen Karten in seiner Auslage aber bis zum erlaubten Limit wieder abräumen.

Was bedeuten die verschiedenen Ziffern? Jede Ziffernkarte in der Auslage hat einen eigenen Effekt. Die 6 erlaubt dem Spieler das Nehmen einen zusätzlichen Siegpunktchips vom öffentlichen Vorrat, die 2 erlaubt das Stehlen eines Siegpunktchips von einem Mitspieler, die 5 erlaubt des Ausspielen von Karten mit unterschiedlichen Ziffern. Und was der Effekte mehr sind.

Diese Effekte darf man aber nur dann nutzen, wenn man von der entsprechenden Ziffer unter allen Mitspielern die meisten Karten in seiner Auslage hat. Bei Gleichheit gehen alle leer aus.

Um die gewinnträchtigen Auslagen der Mitspieler ein bisschen aufzumischen, gibt es die Minuskarten. Mit der roten Minus-1 darf man eine Karte aus der Auslage eines Mitspielers entfernen, mit der schwarzen Minus-1 darf man zwei Karten der Mitspieler vertauschen. Vorzugsweise werden damit Mehrheiten auseinandergenommen.

Wer gewinnt am Ende? Es werden alle Auslagen aller Spieler verglichen. Wer von einer Ziffer die meisten Karten ausliegen hat, bekommt die Ziffer in Siegpunkten. Hier ist die 9 natürlich am besten, dafür bringt sie während des Spiels keinen besonderen Effekt. Außerdem gibt es davon am meisten Karten, so dass hier die Konkurrenz am größten ist. Bei zwei mittleren Ziffern, z.B. der 7 und der 6 die Mehrheit zu haben, sollte bereits zum Sieg reichen.

WPG-Wertung: Günther: 7 (hätte 8 Punkte vergeben, wenn dem Spiel eine Spielhilfe für jeden Spieler beigelegt worden wäre, auf der man die Effekte der einzelnen Ziffern ablesen kann. [Da hat der Verlag am falschen Ende gespart! Wilhelm hat das per Hand nachgeholt!]), Peter: 7 (ist halt ein Glücksspiel, aber es hat Spaß gemacht), Walter: 7 (schnell, locker), Wilhelm: 7 (unbefangen)

5. “Limes”

Peter hatte sich von „Koryo“ die vorletzte U-Bahn verpassen lassen und war diesmal erst mit der letzten U-Bahn abgedüst. Wilhelm packte nochmals das „Limes“ aus, das vorher von Günther als „zu solitär“ abgelehnt worden war. Jetzt als Absacker und zum Kennenlernen in einer Dreierrunde nach einem recht friedlichen Karten-Plättchen-Ablege-Spielabend wurde es akzeptiert.

Jeder bekommt den gleichen Satz quadratischer Landschaftsplättchen, aufgeteilt in jeweils vier interne Landschaftsfelder: Feld, Wald, Wiese und Wasser in beliebiger Kombination. Ein Spieler zieht blind jeweils eines seiner Plättchen und alle Spieler müssen das gleiche Plättchen – ausgehend von einem vorgegebenen Startfeld – bei sich anlegen. So entsteht vor jedem Spieler langsam ein am Ende vier mal vier Quadratplättchen großes Landschaftsbild.

In der Schlußwertung bekommt man dann für ein Feld-Gebiet soviele Siegpunkte, wie Feld-Landschaften zusammenhängen. Ein Wald-Gebiet bringt soviele Siegpunkte, wie unterschiedliche Landschaften drum herum liegen. Bei einem Wassergebiet zählen die umliegenden Fischerhütten, und bei einem Wiesengebiet die waagrecht oder senkrecht dazu befindlichen Waldgebiete. Es werden aber nur diejenigen Gebiete gewertet, auf denen man während des Anlegevorgangs rechtzeitig eines seiner insgesamt sechs Männlein platziert hat.

Warum baut nicht jeder die identische Landschaft zusammen? Diese Möglichkeit des Abguckens und Nachmachens wäre doch ein gravierender Designfehler! Wie ist das gelöst? Frage an die kluge Spielergemeinde! Ganz einfach: Die Startplättchen, von denen aus jeder Spieler seinen Landschaftsgarten beginnt, sind alle unterschiedlich!

Ein hübsches 2-Personen-Puzzle-Spiel (es geht natürlich, wie gerade demonstriert auch mit mehreren Spielern), mit dem man z.B. ausknobeln kann, wer heute den Abwasch erledigt oder zuerst unter die Dusche darf …

Noch keine WPG-Wertung.