1. “Terraforming Mars – Turmoil”
Nachdem der Mars endlich bewohnbar geworden ist und sich dort die ersten Zivilisationen einrichten konnten, schlägt der menschliche Polit-Charakter zu: Unternehmen, Pressure-Groups und sonstige Parteigänger kämpfen mit ihren Lobbyisten um ihre individuellen Vorteile. Dieses Geschehen hat der Autor der Basisspiels, Jacob Fryxelius, mit seiner 2019iger Expansion „Turmoil“ nachgebildet.
Neben den üblichen Aktionen zur Gestaltung des Lebens auf dem Mars müssen wir ein Parlament bedienen, Mehrheiten für unsere Parteivorlieben suchen, möglichst Parteiführer der Mehrheitspartei werden und als Parlamentspräsident auch noch einmal kurz absahnen, was abzusahnen ist.
Einen Lobbyisten, mit dem wir auf dem parlamentarischen Parkett auftreten können, bekommen wir pro Runde „geschenkt“. Wir müssen ihn einsetzen, sonst verfällt seine Wirkung. Beliebig viele weitere können wir für erschwingliche Summen dazukaufen, um bei entsprechenden Ambitionen damit doch noch unserer gewünschten politischen Zielrichtung zur Mehrheit zu verhelfen. Ein Kingmaker-Effekt bei dieser Art von Mehrheitsbildungen ist nie zu vermeiden. Ist er hier sogar Absicht?
Die Mehrheitspartei bestimmt den Bereich, über den ein zusätzlicher Geld- und Siegpunkt-Segen herabregnet: über das Besitztum an Eisen- oder Energieunternehmen, über Wissenschaft oder Weltraumforschung, über grüne Aktivitäten oder – als Malus – über die erreichte TM-Stufe.
Die Turmoil-Erweiterung wirkt äußerst aufgesetzt. Mit den sonstigen TM-Bestrebungen hat sie überhaupt nichts zu tun. Der Besitz an Standard-Errungenschaften ist nur ein kalter Maßstab für die Sonderausschüttungen. Dass es hier sogar Bestrafungen im Sinne von Punktabzügen gibt, ist spielpsychologisch kontraproduktiv. Noch dazu werden in „Turmoil“ die Einkommen der Spieler von Runde zu Runde reduziert, so dass die Finanzkraft der Spieler sehr bald nicht um Prozentzahlen, sondern um Größenordnungen differiert. Da geht die Balance verloren. Wer hier – warum auch immer – in den ersten Runden ins Hintertreffen geraten ist, kann anschließend stundenlang seine Rolle am Katzentisch absolvieren, auch wenn die „Roten“ mit ihrer Warmduscher-Philosophie versuchen, ihm noch unter die Arme zu greifen.
Bemerkenswert: Günther wurde Zweiter, im Prinzip ein gutes Zeichen für die strategische Herausforderung von „Turmoil“. Allerdings wurde Walter Erster, und das spricht dann doch schon gewaltig für entweder eine recht eindimensionale Gewinnstrategie oder für überreichliche Zufallseinflüsse.
WPG-Wertung: Aaron: 4 (2 Punkte weniger als für die Basisversion; ich bin von keiner Expansion angetan, und diese ist die schlechteste von allen, fast broken), Günther: 4 (für diese Expansion, bei 8 Punkten für die Basisversion), Moritz: 6 (die Expansion könnte gut als Idee für eine eigenständige Spielerfindung herhalten), Walter: 5 (in ein mehrere Stunden dauerndes Spiel kann man doch keine Bremsen einbauen, Gas-Geben wäre eher angesagt gewesen; schade um die viel zu vielen hübschen Ideen in dieser Spielefamilie).