Nach einer Stunde Palavern über das richtige Braten von Rindersteaks, sowie über die Gründung von neuen politischen Gruppierungen mit irrwitzigen Zielvorgaben und über die schwachsinnigen Slogans auf den Wahlplakaten ALLER Parteien, für die sie auch noch Millionenbeträge aus Steuergeldern kassieren, ging es ans Spielen.
1. “Underwater Cities”
Günther durfte eine Stunde lang die Regeln wiederholen, die wir uns vor fünf Jahren schon einmal angetan hatten. (Warum hat es eigentlich so lange gedauert?!) Er hatte das Spiel auch schon im Vorfeld angekündigt und Walter war eingedenk der definitiven Geschmacksänderungen unserer älteren Herren sowie von Aarons damaliger Kritik “das Spiel ist unheimlich zäh, die Langsamkeit hat extrem genervt, diese Herumoptimiererei ist ohnehin nicht mein Fall“) etwas skeptisch. Doch Aaron lenkte ein: „Zu viert, mit zwei Optimierern, reiße ich mich nicht um solche Spiele, zu dritt [mit nur einem Optimierer] ist das alles noch halbwegs erträglich.“
Jeder entwickelt seine Unterwasserwelt, legt Städte an, verbindet sie mit Tunnels (oder zeitlich umgekehrt), bestückt sie mit Fabriken für Brot und Arbeit, upgradet alle möglichen Dinge, und freut sich wenn alles schön grünet und blüht.
Die einzelnen Züge werden über Worker-Placements gesteuert, die jeweils verschiedene Entwicklungsrichtungen zulassen und innerhalb des Spiels eine gewisse (erhebliche) Konkurrenz darstellen. Ohne ein freies Feld für Städtbau oder für Tunnelbau kann ich die entsprechenden Objekte nicht bauen, und bei freien Feldern benötige ich auch noch die für jedes Objekt unterschiedlichen geforderten Ressourcen, die ebenfalls nur auf wenigen definierten Placements zu haben sind.
Zusätzlich zum Platzieren eines Workers darf ich auch noch eine von meinen drei Handkarten ausspielen, die genauso wie die Placements Ressourcen liefern, Bautätigkeit erlauben und ähnlichen Schnickschnack. Hierbei gibt es eine Besonderheit: den Segen einer Handkarte darf man nur nutzen, wenn diese Handkarte die gleiche (abstrakte) Farbe aufweist, wie der (abstrakte) Untergrund des Placements, auf dem ich meinen Worker untergebracht habe. Bei unterschiedlichen Farben verfällt dieser Segen.
Ein Vorteil dieses Mechanismus: Ich brauche für meinen Zug u.U. nicht alle möglichen Placements abzuchecken, sondern nur diejenigen, für deren Farbe ich auch eine Handkarte besitze. Das fördert die Geschwindigkeit mit der Entscheidungen gefällt werden können. Auch unser Optimierer Günther war heute erträglich schnell. In drei Stunden hatten wir in konstruktiver Kontemplation das für 80 bis 150 Minuten vorgesehene Spiel absolviert. Am Westpark fast eine Rekordzeit. Und die Zeit verging wie im Flug.
Spiel-philosophischer Diskussionspunkt bei Spielende: Die Handkarten werden in drei verschiedenen, sich in der Wirkung steigernden Stapeln auf den Markt gebracht. Ist diese Dreistufigkeit jetzt ein „spielmechanisch schwaches Designelement“ oder darf man dieses Detail kritiklos befriedigt zur Kenntnis nehmen? Aaron war der Meinung, dass der – von uns sehr geschätzte – Autor Vladimír Suchý es sich noch etwas mehr Denkschmalz hätte kosten lassen sollen, um Mechanismen zur Steigerung der Dynamik zu erfinden. Günther ist in solchen Diskussionen immer auf der Seite des Autors und verteidigte das in vielen anderen Spielen ebenfalls eingeführte Prinzip. Ist es ausschließlich eine Geschmacksfrage?
WPG-Wertung: Trotz Kritik und Gegenkritik blieben wir alle bei unseren Punkten: Aaron und Walter bei 7, Günther bei 8.“
3 Gedanken zu „15.05.2024: Unterirdisch“
Kommentare sind geschlossen.
Hallo Walter,
Es handelt sich hier doch nicht um einen Kickstarter von einem unbekannten Autor bei einem unbekannten Verlag. Autor und Verlag werden (schon aus Kostengründen) überlegt haben, ob man mit einem Drittel der Karten auskommen kann (oder mit gleich viel Karten und nur einem Stapel).
Da der Spielspaß für mich aber davon nicht abhängt, reduziere ich meine Spielbewertung nicht um einen Punkt aufgrund der 3 Kartenstapel (und unterstelle niemanden, zu wenig Zeit in ein besseres Design gesteckt zu haben…)
Hallo Günther, ich verstehe Deine “Aufregung” nicht. Erstens habe ich unsere Diskussion lediglich protokolliert und zweitens habe ich explizit geschrieben, dass Vladimír Suchý ein von uns geschätzter Spieleautor ist.
Vielleicht sollte ich jetzt auch noch was dazu sagen, da ja mein Statement zitiert wurde:
Warum halte ich ein gesplittet Nachziehdeck im Falle von Underwater Cities für ein eher schwaches Designelement (und gebe dem Spiel deshalb nur 7 statt 8 Punkte)?
Nehmen wir zuerst einmal an, es gibt einen spielmechanisch relevanten Grund, das Nachziehdeck in Kartensets aufzuteilen und diese nach und nach während des Spielverlaufs einzubringen (dazu gleich mehr). Dann sollten meiner Meinung nach bei einem thematischen Spiel wie Underwater Cities (darauf hat der Autor ja ziemlich großen Wert gelegt) die Triggerpunkte für einen Kartenset-Wechsel in irgendeiner Form organisch mit dem Thema und dem Status auf dem Spielbrett zusammenhängen. Dies ist hier nicht der Fall, da der Wechsel stur nach einer definierten Anzahl Runden geschieht. Es fehlt also jeglicher Zusammenhang mit dem Thema und dem Entwicklungsstand der Spieler. Bei einem rein abstrakten Spiel hätte ich darüber kein Wort verloren, aber hier hat ein guter Autor meiner Meinung nach geschlampt und es ist daher kein „a must have, never turn down a game“ 8-Punkte-Spiel sondern nur ein „very good, usually willing to play“ 7er.
Aber was ist eigentlich der Grund für die unterschiedlichen Kartensets? Günthers erste Vermutung war ja, dass damit ein „runaway leader“ eingefangen werden soll (oder man als Letzter auch gegen Ende noch eine Siegchance hat). Die Karten des IIIer-Sets, die ich gesehen habe, unterstützen diese Vermutung nicht. Da gibt es nichts, was einen abgeschlagenen Spieler fördert (und dem Führenden nichts nützt) oder dem Führenden schadet, aber dem Letzen nicht. Ich denke, hier wurde weitere Dynamik ins Spiel gebracht, was aber misslungen ist: Die Karten der späteren Sets sind auch nur „same, same but different“. Ob es ein Dynamikelement wie dieses bei diesem Aufbauspiel braucht, lasse ich mal dahingestellt (Terraforming Mars kommt jedenfalls ohne aus). Wenn das Spiel es tatsächlich doch braucht, dann ist es schlecht gemacht (s.o.).