1. “Carolingi”
Der Großvater ist gestorben und die Enkel von dreierlei Söhnen kämpfen um die Vorherrschaft im Frankenreich. Ein rechtes Entwicklungs-, Ausbreitungs- und Kriegsspiel, wie so viele in unserer small World. Mit unseren wohlgewählten zwei Aktionen pro Zug müssen wir Leute zeugen bzw. zwischen den Ämtern Nobiles, Verfügungsmasse und Krieger-Gesandte jonglieren, sie aufs Spielbrett bringen, Länder in Besitz nehmen, aufständische Rotten unterdrücken, Truppen bewegen und Krieg führen. Letzter wird ganz logisch und übersichtlich ohne Würfel oder schmerzliche Sondereffekte abgewickelt. Beim Eintritt von Hungersnöten sollten wir uns auch soweit entwickelt haben, dass wir unser Personal ernähren können. Alles rund, alles wie gehabt.
Doch der Verlag war zum Scherzen aufgelegt. Gerade in unseren kriegerischen Zeiten wollte er kein konsequentes Eroberungsspiel auf den Markt bringen, sondern eine eher lockere (? na ja !) Auseinandersetzung mit dem Zufall.
- Die gewählten Aktionen der Spieler werden (als Holzplättchen) in ein Säckchen geworfen und blind gezogen. So kann man – mit Glück – einem Gegenspieler noch schnell ein Land wegnehmen, bevor der zum Trumpfmarsch bläst.
- Wenn wir Pech haben, wird von uns das Kampfplättchen aus dem Säckchen gezogen, bevor wir mit unseren Truppen in das vorgesehene Kampfgebiet ziehen konnten. Dann bleiben unsere stolzen Krieger alle Etappenhasen.
- Ab und zu strömen in zufällig nominierte Länder die Truppen ein, die alle Spieler vorsorglich oder keck in Außenbereichen stationiert haben. Zum unglücklichen Zeitpunkt kann das unsere Expansionsambitionen ganz schön dezimieren.
- Wann die Hungersnöte ausbrechen ist ebenfalls nicht sicher vorhersehbar. Konnten wir uns vorher noch entwickeln, müssen wir evtl. keine Federn lassen. Kommt die Not ohne Brot, ist die Hälfte tot. So ungefähr.
Dank dieser Unvorhersehbarkeiten spielten wir schneller, lockerer und lustiger als gewöhnlich. Moritz gewann nicht, obwohl er der anerkannteste Krieger unter uns ist. Er jammerte nicht einmal. Walter wurde wie erwartet Letzter, konnte seinen Privatkampf mit den falschen Zügen zur richtigen Zeit und dem richtigen Zufall zur falschen Zeit aber mit soviel guter Laune absolvieren wie noch nie.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (man hat unheimlich viele Baustellen, d.h. notwendige Züge auszuführen, um Unheil zu verhindern), Günther: 6 (nicht mein Thema; und für das, was es sein soll, ist es unglücklich designet. [WS: Hast Du den Scherz vom Verlag übersehen?], Moritz: 5 (es gibt einige El Grande-Mechanismen; das Tempo fehlt; die Chaoselemente haben zu viel Frustrationspotential; 80% Frustrationserlebnisse und nur 20% Erfolgserlebnisse. [WS: Was ein rechter Krieger ist, der kennt keinen Scherz]), Walter: 6 (überschaubare Mechanismen; das gewollt Scherzhaft-Unberechenbare des Designs ist mir auch erst hinterher beim Protokollieren bewusst geworden).
2. “Incal Infinite”
Ein echtes kooperatives Puzzlespiel. Auf dem Tisch liegen 6 Locations im Kreis, denen per Zufall eine uns unbekannte Ordnungszahl zwischen 1 und 7 zugeordnet wurde. Wir Spieler müssen diese Reihenfolge herausfinden, d.h. einer von uns muss vor dem allzu schnell herbeiseilenden Spielende die Lösung kundtun und die einzelnen Ordnungszahlen in der richtigen Reihenfolge aufdecken.
Wann darf ein Spieler eine Ordnungszahl aufdecken? Die Spieler laufen sequentiell den Kreis der Locations ab, und wenn einer an einer Location Halt macht und dort genau die individuell geforderten Kartenkombinationen liegen, darf er die Ordnungszahl aufdecken. Natürlich darf er sein Wissen niemandem verraten.
Wie kommen die Karten dorthin? Indem jeder Spieler, wenn er an einer Location Halt macht, von seiner Kartenhand passende Karten dort ablegt. Irgendwann wird die geforderte Kartenkombination schon erfüllt.
Es gibt noch ein Schmankerl: An einer weiteren freien Location darf man außergewöhnliche Dinge tun: Karten von Locations verschieben oder – hört, hört! – sein Wissen über bereits aufgedeckte Ordnungszahlen tatsächlich an einen anderen Spieler weitergeben.
Genau darin liegt die Strategie (!?) des Spiels. Es geht gar nicht darum, dass jeder ein paar Ordnungszahlen aufdeckt. Nur Einer, genau Einer muss alles wissen, und das geht nur, wenn ihn die anderen unterstützen, indem sie im richtigen Rhythmus und in der richtigen Quantität an den Locations Karten ablegen, so dass der auserwählte Alles-Wissen-Soller die geforderten Lektionen lernt. Oder es wird auch noch ein zweiter Etwas-Wissen-Soller erwählt und bei seiner Wissensaufnahme unterstützt, der zu gegebener Zeit über die Schmankerl-Location sein Wissen an den AWS weitergeben soll.
Und wer soll der AWS bzw. der EWS sein? Natürlich die beiden Spieler, die als erste Ordnungszahlen aufdecken konnten. Danach heißt es für die anderen nur noch: Unterstützen, unterstützen! Wie auch immer!
Lägen alle Handkarten – vier pro Spieler – offen auf dem Tisch, dann wäre es ein dickes Puzzle und alle würden sich gegenseitig beim Planen der Reihenfolge für die abzulegenden Karten überschreien. Da dies aber nicht der Fall ist und wir Westparker noch unter der Genickstarre der vielen gespielten Deduktionsspiele leiden, wo gegenseitiges Karten-Verraten verboten ist, spielten wir „Incal Infinite“ relativ schweigsam, höchstenfalls unter allgemeinem Kopfschütteln, wie denn dieses Spiel überhaupt funktionieren soll. Wir hatte ja noch keine Strategie. Wir waren ja auch noch Anfänger. Daher die schlechten Noten.
WPG-Wertung: Aaron: 3, Günther: 4, Moritz: 7, Walter: 5.
3. “Schräge Vögel”
Zwei Stapel Karten liegen mit der Rückseite auf dem Tisch. Auf jeder Rückseite sind zwei Ziffern zwischen 1 und 9 angegeben. Auf der Vorderseite ist es genau eine von den beiden.
Wer am Zug ist, darf einen der beiden Stapel auswählen, davon die oberste Karte nehmen und a) die Karte umdrehen und vor sich in nach Ziffern geordneten Stapeln auslegen oder b) die Karte verdeckt einem beliebigen Mitspieler weitergeben, der dies in seiner Auslage tun muss. Bei Spielende zählen alle Karten in allen ausliegend Ziffernstapeln als Pluspunkte, aber nur, wenn der Stapel eine ungerade Anzahl von Karten enthält.
Jeder Spieler versucht natürlich, möglichst viele Karten in seinen Ziffernstapeln unterzubringen, dabei aber bei Spielende eine ungerade Anzahl davon zu haben. Und man versucht, bei den Gegenspielern die einträglichsten Stapel zu neutralisieren, indem man sie auf eine gerade Anzahl Karten bringt.
Dabei gibt es drei Unsicherheitsfaktoren:
- Wann ist Spielende? Gibt es zu meinen Lieblingsstapel, auf dem gerade eine gerade Anzahl Karten liegt, noch eine passende Karte? Entsprechende Fragestellung zu den dicken Stapeln der Mitspieler mit ungerader Kartenzahl.
- Kann ich diese Karte überhaupt erwischen? Wird sie mir auf einem der beiden Stapeln angeboten?
- Welche der beiden Ziffern von der Rückseite steht auf der Vorderseite?
Wer Lust hat, kann kurz vor Spielende ausrechnen, welche Ziffern noch offen sind. Wer keine Lust hat, spielt einfach drauflos.
Noch lange nach Spielende und weit nach Mitternacht diskutierten wir über mögliche Strategien. Das Auszählen der Restkarten bei Spielende ist geblieben – wenigstens für die Lustigen. Ansonsten wird es wohl das Beste sein, JEDE aufgenommene Karte in seinen EIGENEN Stapel einzureihen, egal ob damit eine gerade oder eine ungerade Anzahl herauskommt. Erstens kommt es sowieso anders zweitens als man denkt. Damit wird das Spiel aber trivial bis öde. Na ja, ist es auch.
Aaron fragte, ob das Spiel besser wäre, wenn jeder Spieler noch eine weitere Auswahlkarte vor sich liegen hätte, die er anstelle der zuletzt gezogenen Karte bei sich ablegen oder einem Mitspieler geben könnte. Einhellige Meinung: ja.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (klein aber fein), Günther: 5 (Kneipenspiel), Moritz: (war schon in der vorletzten U-Bahn), Walter: 5 (lockerer Nobrainer).