Nein, diese Woche gibt es keine WPG-Session. Morgen, Mittwoch, machen wir uns (fast) alle auf den Weg nach Essen zur Spiel 2010. Ein hartes Stück Arbeit wartet auf uns.
Bevor wir uns in den hunderttausend Neuigkeiten (und Altigkeiten) verlieren, haben wir uns Gedanken über gutes Spieldesign gemacht. Wolfgang Kramer nennt in einem Vortrag für Spieleautoren „Wie entwickelt man gute Spiele“ eine Reihe von objektiven Kriterien, die ein gutes Spiel auszeichnen:
- Es ist originell und enthält neue Spielmechanismen.
- Die Wartezeiten sind kurz. Dazu darf z.B. in einem strategischen Spiel keiner bei seinen Zügen zuviele Alternativen durchrechnen können bzw. müssen.
- Die Spannung darf an keiner Stelle abfallen, sondern muß am Ende ihren Höhepunkt haben. Lieber sollte in den letzten Runden der Spielstand nochmals gründlich durcheinandergewirbelt werden können, als daß schon nach der zweiten Runde der Sieger feststeht.
- Der (zuweilen unumgängliche) Kingmaker-Effekt sollte so gering wie möglich sein. Keiner sollte Züge tun können, die für ihn selbst keinerlei Vorteile mehr bringen, hingegen aber entscheidenen Einfluß darauf haben, wer gewinnt.
- Ein Spiel sollte immer wieder neue Überraschungen bieten. Entweder weil der Zufall die Karten jedesmal anders mischt, oder aber – noch besser -, weil die verschiedenen Spielzüge der einzelnen Spieler zu jeweils neuen Abläufen und Konstellationen führen.
- Mit den eigenen Spielaktionen soll man nicht nur seine eigenen Gewinnchancen erhöhen, sondern auch die Gewinnchancen der Mitspieler beeinträchtigen können. Ohne eine solche Interaktion bekommen die Spiele einen Solitär-Charakter, und nutzen nicht die Geselligkeit einer Spielerrunde.
- Ein Spiel soll stimmig sein. Ein Glücksspiel sollte kurz und kurzweilig sein, in einem Strategiespiel darf der Zufall keinen entscheidenden Einfluß haben.
Aaron fand in einer Spielkritik folgende Passage:
“…no dramatic build-up of tension, no gambles which may or may not pay off, few long-term options, little player creativity. There simply cannot be many long-term choices as the cards which drive the entire thing are drawn at random from the deck every new round; and how these play out is determined by what your opponents got: which is equally random. Insert obligate ‘manage the luck’ comments here if you want: perhaps one should, but there are few things to manage it with…” (Maarten D. de Jong über Asara)
Hier scheint offensichtlich vieles falsch gegangen zu sein. Kein Spannungsbogen (build-up of tension), kein Risikomanagement (gambles), keine strategische Planbarkeit (long-term options) und wenig Handlungsspielraum (player creativity).
Aaron und Moritz sind gerade dabei, ihre eigenen Spielentwicklungen („18xx“ bzw. „Das kalte Herz“) in dieser Richtung auf Herz und Nieren zu prüfen. Dabei saugt Moritz aus seinem Thema, einer Märchenvorlage von Hauff, immer neue Gut-Böse-Mechanismen für den Spielablauf, Aaron schaut darauf, dass seine eher abstrakt ausgetüftelten Regelmechanismen ein treffendes Thema finden. Von den Eisenbahngesellschaften ist er dabei kurzfristig auf Expansion im Weltraum übergewechselt, jetzt ist er schon wieder auf dem Boden und läßt die Händler von Hanoi agieren. Oder die von Bangkok. Wo die reale Bestechung halt größer ist.
Schaun wir mal, ob wir damit – wenigstens in Gedanken – mit den Erzeugnissen in Essen Schritt halten könnten!