Wir agieren im Weltraum. Gemeinsam segeln wir auf unserem Mutterschiff „Black Angel“ durchs All.
Wir legen uns Stück für Stück „Technologien“ zu, die wir auf einer 3 x 3-Matrix platzieren und pro Zug zeilen- oder spaltenweise zur Wirkung bringen.
Wir reparieren unsere „Black Angel“, die von Zeit zu Zeit von „Verwüstern“ heimgesucht wird, welche unsere Aktionsmöglichkeiten einschränken. Dieses Reparieren kommt allen zugute, ist aber kein Opfern für die Allgemeinheit, sondern bringt uns direkt nützliche Ressourcen für unser weiteres individuelles Handeln ein.
Wir stellen kleine Roboter her, die wir für mannigfaltige Aktionen im Weltraum brauchen.
Wir setzen kleine Satelliten-Raumschiffe aus, die im All herumgondeln, mit jeweils einem Auftrag bedacht werden, und uns zu gegebener Zeit ihre Ergebnisse in den Schoß fallen lassen.
Motor des Ganzen ist ein sehr geschickter Würfelmechanismus. Ein Teil unserer Roboter arbeitet an „Würfel-Steinbrüchen“ und bringt pro „A-Sequenz“ jeweils einen Würfel seiner Farbe ins Spiel. In der Regel kann jeder Spieler mit 3 bis 6 Würfeln würfeln.
Die Würfel weisen die Zahlen 0 bis 3 auf und geben einen Aktivierungsfaktor an, mit dem unsere damit ausgeführte Aktion verstärkt wird.
Alle Würfel aller Spieler stehen allen Spielern zur Verfügung (bis auf wenige explizit reservierte Würfel). Eigene Würfel darf jeder Spieler ohne Restriktionen einsetzen; nutzt er den Würfel eines fremden Spielers, muss er ihm dafür einen Obolus entrichten.
Findet ein Spieler keinen Gefallen mehr an der vorhandenen Würfelauswahl, dann führt er eine „Sequenz B“ durch: er setzt genutzte Zeilen oder Spalten seiner Technologie-Matrix zurück und bekommt für jeden seiner Steinbruch-Roboter einen Würfel, den er neu auswürfelt.
Wurde die „Sequenz B“ von der Summe aller Spieler eine definierte Anzahl oft durchgeführt, wird das Spielende eingeläutet; danach kommt es zur Schlusswertung. Spielende ist auch dann, wenn die Verwüstungen am Raumschiff ein gewisses Maß überschreiten. Letzteres dürfte aber sehr selten sein, da jede Reparaturen ja erhebliche Vorteile abwirft, die man sich nicht entgehen lassen sollte. Selbst am egoistischen Westpark kamen die Beschädigungen mit dem solidarischen Reparaturwillen nicht nach.
Mittels Ressourcen kann man die Augenzahl eines genutzten (eigenen) Würfels modifizieren. Für gutes Spielen muss man genau wissen, wie viele Roboter jeweils in den Steinbrüchen der verschiedenen Farben eingesetzt werden sollen, wie lange es sich lohnt, die eigenen Würfel – auch die Nuller-Würfel – zu nutzen und bis zu welchen Grenzen lukrative fremde Würfel von den Mitspielern gekauft werden sollen. Aber so weit sind wir noch lange nicht. Selbst nach den fünf Stunden, die wir zur Durchführung unserer ersten „Black Angel“-Session benötigten.
Günther hatte das Spiel in Essen gekauft, weil es dort irgendwie hoch eingeschätzt worden war. Für die heutige Premiere hatte er zuhause mindestens 2 ½ Mal die Spielregeln durchgelesen. Regelsicher absolvierte er mit seiner gewohnt ruhigen und beherrschten Manier die lineare Spielerklärung. Nach 1 ¼ Stunden gab es bei allen das erstes Aufatmen. Dann seine zeitliche Positionierung: „Das war erst der Überblick. Jetzt kommen die Aktionen im Weltraum.“
Jeder hatte bald den Verdacht, irgendwo nicht aufgepasst zu haben und stellte Rückfragen zu diesem und jenem Detail, wurde aber immer vertröstet: „Die Kartenerklärung kommt gleich“. War das geschafft, „dann gibt’s noch die Punktewertung, die haben wir ja noch gar nicht so richtig behandelt“. Und schlussendlich: „Jetzt nur noch Karten und Technologien.“ Fazit: 140 Minuten haben wir Günthers Einführung genießen dürfen oder müssen. Das soll jetzt aber keineswegs eine Kritik, eher ein Lob sein. Natürlich war hinterher allen noch nicht alles klar, oder besser: für jeden gab es noch genügend viele Unklarheiten.
Wir ließen uns Zeit, und wir diskutierten gemeinsam für jeden Spieler seine aktuellen Zugmöglichkeiten aufgrund der Würfellage und seiner aktuellen Ressourcen. So dauerte es nochmals geschlagene 45 Minuten, bis reihum jeder Spieler seinen allerersten Zug absolviert hatte. Alles in Geduld. Keiner wollte das Spiel in Blitzeseile durchgepeitscht haben. Schließlich konnte jeder von jedem individuellen Zug jedes Mitspielers lernen, und jeder war von der Nutzung der jeweiligen Würfel betroffen: ein Würfel weniger für die eigenen Möglichkeiten, ein Würfel weniger, mit dem uns ein Mitspieler in die Quere kommen könnte. Dieser Mechanismus ist in jedem Fall sehr gelungen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Mechanismen sind schön, ihr Umfang stellt allerdings ein Einstiegsproblem dar. Es gibt sehr viele kleinliche Dinge, die das Spiel nicht vorwärts bringen aber fehleranfällig machen; der Glücksfaktor ist für die 2 Stunden Spielzeit zu hoch), Günther: 7 (hübsches Aufbauspiel einschließlich Generieren einer ganzen Reihe von additiven Zugmöglichkeiten), Helmut: 7 (provisorische Note, weil es ein Probespiel war; die Artwork ist potthässlich [WS: über Farben lässt sich gut streiten] aber zweckmäßig; es ist prozessural gut aufgebaut; keiner hat heute optimal gespielt, aber für unsere Fehler sind wir selber schuld. Punktabzug in der B-Note für das Regelheft, dessen Terminologie in der deutschen Übersetzung eine ganze Reihe von Inkonsistenzen enthält), Walter: 7 (sehr gut konstruierter Würfelmechanismus, der innerhalb der vielen schöne Spielzüge nie außer Balance gerät).
Wir wünschen allen unseren treuen Lesern ein harmonisches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
194 Spiele hat Andrea in unserer Spiele-Rangliste bewertet. In ihrer schönen Zeit der jungen Liebe begleitete sie regelmäßig Moritz zum Westpark. Dann kam die Hochzeit, dann kamen die Kinder, und das außerhäusige Spielen köchelte auf Sparflamme. Vor dreieinhalb Jahren war sie das letzte sporadische Mal am Westpark dabei. Heute endlich auch mal wieder. Freuen wir uns doch schon auf die Zeit nach zwei Jahren, wenn die Kinder keinen Babysitter mehr brauchen und Andrea wieder standardmäßig mit oder ohne ihren Mann zum Westpark kommen kann.
1. “Game of Quotes”
Ein Geburtstagsgeschenk von Andrea an ihren Moritz. Die Rückseite der Spielschachtel hatte es ihr angetan: „Neue verrückte Zitate“ stand da drauf. Da spart man sich doch direkt das Selber-Erlesen und Selber-Ersuchen von zwechfellerschütternden Zitaten der Größen dieser Welt. „Man nehme ein Zitat und schiebe es frech einem falschen Verfasser unter“ heißt es weiter. Auch das klingt nach Spaß.
Doch die 170 Zitate, die hier geboten werden, sind eher lau bis mau. Und von ihnen sind wir leider abhängig, wir dürfen nichts dazu erfinden, sondern müssen mit dem gedruckten Nicht-Witz ohne Spritz auskommen. Hilft es uns da vielleicht, wenn wir einem humorlosen Text a la „America first“ wenigstens einen ungewöhnlichen Verfasser zugesellen.
Wenn der Verfasser stimmt, so kommt es auf das Zitat auch nicht mehr an. Nach diesem Motto ging Andrea vor, fand als genialen Universalverfasser „der Papst“, der selbst einem „America first“ noch ein gewisses Lächeln hätte entlocken können. Schauen wir uns mal an, was noch alles zum Papst gepasst hätte: „Ich sehe was, was Du nicht siehst“! Oder im direkt Körperlichen „Wenn ich alles lassen würde, was ich nicht darf, dann hätte ich gar keinen Sex“. Oder, zurück zum Ideellen: „Sterben ist nur was für Loser und Amateure“.
Doch diese Sprüche wurden uns gestern gerade nicht angeboten, und in den ersten beiden Durchgängen ist auch der Verfasser vorgeschrieben: (fast) lauter nichtssagende Typen a la Charlie Sheen, Chewbacca oder Trump. Erst im Freistil des dritten Durchgangs bespaßte uns Andrea mit dem Papst. So erhielt „Game of Quotes“ auch nur sehr mäßige Quoten.
Noch dazu ist die Wertung absolut missglückt, Moritz nannte sie „ein Desaster“. Jeder Spieler hat drei Wertungskärten mit „witzig“ und eine mit „doppel-witzig“. Von denen muss er verdeckt jeweils eine an einen der Mitspieler geben, nachdem alle ihr Zitate und ihren Verfasser zusammengestellt haben. Man weiß nicht, ob nicht doch noch mal etwas Witziges kommt und wann bzw. wem man das doppelte „witzig“ geben soll.
Bei uns gewann Andrea. Vielleicht hatte ihr Papst doch die entsprechende Überzeugungskraft; vielleicht aber war es auch ihr Charme, denn wem gibt man sein Wertungs-Witzig, wenn man eigentlich von keiner Zusammenstellung so recht überzeugt ist. Natürlich: „Und immer siegt das Weib!“ (der Papst)!
Natürlich sind wir vom „Spiel des Jahres 2019“ nicht überzeugt, obwohl es jetzt schon zum dritten Mal auf den Tisch kam. Aber Andrea sollte es wenigstens auch noch kennenlernen. Moritz’ „Adorf“ führte Walter zu „Mario“. Andrea’s „Basler“ ebenfalls. Zum Glück haben sie sich nicht ausgepattet.
WPG-Wertung: Endlich die Noten abgefragt: Andrea 5 (es macht Spaß, man muss halt reden [dürfen]), Günther: 6 (lustiges Familienspiel, ich finde bloß blöd daran, dass es SdJ geworden ist), Moritz: 5 (man kann es eigentlich nicht als „Spiel“ benennen, aber es hat Unterhaltungswert), Walter: 5 (es wäre mindestens 2 Punkte mehr wert, wenn man sich ein bisschen absprechen dürfte, und wenn das Ziel nicht die Rekordjagd nach gemeinsamer hoher Punktzahl wäre, sondern man einem Ratenden, der mit den angebotenen Schlagwörtern die Lösung noch nicht finden kann, mit Geist und Esprit so peu-a-peu auf die Schliche helfen dürfte).
3. “Azul – Der Sommerpavillon”
Auch Andrea sollte im Vergleich „Azul“ (Original) zum Ableger „Azul – Der Sommerpavillon“ ihre Meinung abgeben. Wie gehabt, das alte „Azul“ ist spielerischer und übersichtlicher. Es bietet damit auch reichlich Gelegenheit, einem Mitspieler das letzte lebenswichtige Azulejo einer Farbe wegzunehmen oder ihn mit einer Masse von überzähligen, nicht mehr nutzbaren Azulejos zu überschütten. Der Schadenfreude, einer der positivsten Emotionen eines erwachsenen Spieleabends, ist Tür und Tor geöffnet. Beim neuen „Azul“ sind die Ablegemöglichkeiten der gesammelten Azulejos hingegen derart ausgeweitet (plus-minus), dass es nahezu unmöglich (einem Spiel nicht angemessen) ist, die Punkte-Sammel-Strategie der Mitspieler alle zu bilanzieren und dagegen zu halten. Jeder spielt für sich allein, anspruchsvoll aber allein.
WPG-Wertung: Den bisherigen Azul-Durchschnitt von 8 Punkten drückte Andrea mit der heutigen 7 um eine Einheit nach unten. Walter reduzierte seine hervorragende 9 auf 8: am Ende reichten die Steine im Vorrat nicht aus; beim neuen Steine-Auslegen blieb eine Scheibe leer und wir mussten am Ende der Runde beim Einordnen der Steine jeden zurückgelegten Stein gleich wieder in die Rotunde legen. Das war – vom Verlag – Sparen am falschen Platz.
4. “Nova Luna”
Andrea hatte die Babysitter-freie Zeit ihrer Sprösslinge weit überzogen und zog eilends ab nach Hause. Die drei Männer mussten sich mit dem gewohnten Unisex-Trio begnügen.
Aus einer öffentlichen Auslage von quadratischen Plättchen sucht sich jeder Spieler in wechselndem Rhythmus jeweils eines aus und baut es in seinen Patchwork-Garten ein. Die Plättchen gibt es in den vier Grundfarben, auf jedem von ihnen sind Teller mit verschieden-vielen farbigen Kreisen in denselben vier Grundfarben aufgedruckt. Die Aufgabe besteht nun darin, die Plättchen so aneinander zulegen, dass möglichst viele der Teller in ihrer Nachbarschaft Plättchen in genau den Farben haben wie sie farbige Kreise aufweisen. Soweit so gut.
In der öffentlichen Auslage – einem Kreis – liegen 12 Plättchen, davon sind für jeden Spieler allerdings nur 3 erreichbar, an die anderen kommt man erst innerhalb der nächsten Züge per Annäherung. Es gibt gute und weniger gute Plättchen: Gut sind solche mit vielen Tellern und jeweils wenigen Kreisen. Die „kosten“ aber auch deutlich mehr als andere Plättchen. Sie kosten „Leben“; je mehr Leben ein Spieler verbraucht, desto weiter muss er vorrücken und desto später kommt er mit seinem nächsten Zug wieder dran. Alles schon mal gehabt.
Die Auswahlmöglichkeit ist bei 3 Plättchen natürlich äußerst begrenzt. Oft genug hat keines der verfügbaren Plättchen keinem Spieler in den Kram gepasst. Und wenn man auf ein weiter weg liegendes besonders geiles Plättchen spekuliert, dann ist keineswegs gewährleistet, dass es uns nicht ein anderer Spieler wegnimmt, sobald es innerhalb seines Zugriffsbereiches gelangt ist. Hier läuft alles mehr oder weniger von der Hand in den Mund ab.
Günther hatte beim Erwerb dieses Spieles sich so etwas wie „Patchwork“ erhofft, doch er – und wir auch – wurde enttäuscht.
WPG-Wertung: Günther: 6 (der Zeitmechanismus ist bewährt, es ist schnell, mit Glück und Zufall), Moritz: 3 (keine originellen Mechanismen, dröge, keinerlei Interaktion), Walter: 4 (reizlos, solitär).
5. “Tiefseeabenteuer”
Ein super Spiel. Zum Warming-up, als Absacker und auch dazwischen. Das wenige Spielmaterial passt in eine doppelte Zigarettenschachtel, die Spielzeit beträgt vielleicht nur zehn Minuten, aber welch eine Feuerwerk von Taktik und Strategie, Eigennutz und Interaktion, Freude und Schadenfreude, Vorsicht und Risiko. Einfach ein genialer Wurf.
Diesmal in einer 4er Runde und mit zwei neuen Chronicles.
Chronicle 1: Highlander
Ein spezielles Feld des Rundganges wird als „Highland“ ausgezeichnet. Wer hier vorbeikommt, muss einen Obolos in Form von Geld oder Ressourcen entrichten. Wer sich genau auf das Feld setzt, muss keinen Obolos entrichten, sondern er darf – wenn er das Feld wieder verlässt – alle entrichteten Oboloi an sich nehmen. Kurze Überschlagsrechnung: Bei vier Spielern plus einem Dummy bekommt jeder Highlander 4 Geldstücke (das ist die gängigste Form von Obolos), braucht selbst keines zu bezahlen und muss auch kein Kärtchen (gut oder schlecht) an sich nehmen, das ebenfalls a priori erst mal mit 3 Minuspunkten zu Buche schlägt. Kurz und gut: Dieses Highlanderfeld zu belegen bringt in etwa jedes Mal 8 Siegpunkte ein. – Günther hatte erkannt, was die Stunde schlägt, unangefochten – die anderen waren offensichtlich nicht so weit – durfte er in jeder Runde den Highlander mimen und damit schon mal die halbe Miete erzielen.
Die zweite Hälfte gewann er über die Kärtchen „Kenmore Fair“ (das war letzte Woche auch schon schon so!) und „Elgin“, die ihm über den Verkauf von multiplen Ressourcen zu massig Siegpunkten verhalten.
War das alleine seine eigene Entscheidung, oder hatte ihm Aaron dabei gute Ratschläge erteilt? Aaron hatte immerhin bekundet: „Ich will, dass Du gewinnst! Wenn Walter wieder gewinnt, muss ich dem Spiel 2 Punkte weniger geben!“
Expansion 2: Whisky-Veredelung
Ein paar der Standard-Plättchen werden durch Whisky-Produktion und Whisky-Alterung ausgetauscht. Es gibt noch mehr Möglichkeiten, Whisky zu produzieren und man kann ihn „altern“ lassen und damit wertvoller machen. Auf einem definierten Verkaufsplättchen kann man ihn dann für teures Geld verkaufen.
Machen wir mal eine kleine Überschlagsrechung: Höherwertiger Whisky bringt 1, 2 oder 3 Geldeinheiten. Aber der Platz reicht insgesamt nur für 3 Fässer. Jedes weitere Fass bringt 0 (Null !) Geldeinheiten und zahlt sich höchstenfalls in den Rundenwertungen bei den Majoritäten aus. Damit ist Günther letzte Woche schon nicht glücklich geworden.
Auch die Alterung, so lukrativ sie auf den ersten Blick auch aussieht, bringt relativ wenig ein: einen einzigen Taler, sprich einen einzigen Siegpunkt pro Alterung. Selbst wenn der Preis für ein Whisky-Fass mal auf 6 oder 7 Taler steigen sollte, so waren dafür mindestens 3 oder 4 Alterungs-Aktivitäten notwendig. Den gleichen Gewinn fuhr Günther mit einem einzigen (jedem!) Highlander-Zug ein.
Fazit: Walter hatte sich aus ideellen Motiven für die Whisky-Strategie entschlossen, sie vielleicht auch nicht richtig verstanden und nicht konsequent durchgesetzt, jedenfalls wurde er weit abgeschlagen Letzter. Aarons Whisky-Welt war wieder in Ordnung.
Bleibt auch noch Moritz zu erwähnen: Er setzte strikt auf Clan-Marker und brachte es mit einem relativ kleinen Landschaftspark (wenige Verlustpunkte am Ende) auf einen beachtlichen zweiten Platz.
WPG-Wertung: Aaron, Günther und Walter blieben bei ihren 8-8-7 Punkten, Moritz reihte sich mit 6 Punkten am unteren Ende ein: „Das alte Glen More hat mir besser gefallen; vielleicht hat das jetzige mehr Potential für öfteres Spielen“.
2. “Die Crew”
Ein kooperatives Stichkartenspiel. Oh Gott, kooperativ! Aber immerhin geht es um Stiche. Da beißt selbst Walter in den sauren Apfel.
Die Karten bestehen aus 4 Farbsets mit Kartenwerten von 1 bis 9, dazu 4 Trumpfkarten mit Werten von 1 bis 4. Wie in den üblichen Stichkartenspielen spielt einer aus, die Farbe muss bedient werden, wer keine Karte der ausgespielten Farbe besitzt, darf trumpfen – sofern er einen hat – oder auch eine beliebige andere Karte zugeben. Die höchste Karte der ausgespielten Farbe bzw. der höchste Trumpf gewinnt den Stich und spielt zum nächsten Stich aus.
Das Kooperative in „Die Crew“ ist, dass die Spieler bei Rundenende, d.h. nach 9 Stichen, innerhalb der Karten ihrer Stiche ganz definierte, vorgegebene Karten haben müssen. In der ersten Runde muss nur ein einziger Spieler eine definierte Karte haben, in der zweiten Runde zwei, usw., bis am Ende wohl 9 Aufträge erfüllt werden müssen. (Warum wohl „wohl“?)
Als Koordinierungsinformation, damit auch die Chance besteht, dass der richtige Spieler die richtige(n) Karte(n) in seinem Stichen enthält, ist pro Spieler lediglich erlaubt, eine einzigen Karte aus seiner Kartenhand auf den Tisch zu legen und kund zu tun, ob es die höchste, die niedrigste oder die einzige Karten in dieser Farbe ist.
Bei uns war Günther in der ersten Runde Kapitän und musste als einziger in seinen Stichen die grüne Sechs bekommen. Er hatte selber diese Karte auf der Hand, legte sie auch aus und bekannte, dass es die höchste grüne Karte in seiner Hand war. Walter legte eine grüne Zwei aus mit dem Hinweis, dass es seine kleinste war. Moritz schloss sich sofort dieser Informationsstrategie an und legte eine grüne Vier aus, ebenfalls mit dem Hinweis, dass es seine kleinste grüne Karte war. Alle Augen richteten sich nun auf Aaron, was er zu diesem möglichen Gewinn-im-ersten-Stich beitragen konnte. Doch Aaron, der grundsätzlich selbst die kleinsten Regeldetails verinnerlicht und einhält, selbst wenn sie ihm oder dem Spielerkollektiv schaden, verzog keine Miene.
Was kann ein Bridgespieler daraus schließen?
1) Aaron hatte keine kleinere grüne Karte als die 6
2) Aaron hatte keine größere grüne Karte als die 6
3) Aaron hatte also überhaupt keine grüne Karte auf der Hand.
Dem Nicht-Bridgespieler Günther mussten wir intensiv zureden wie ein Bauer an seine kranken Kuh, bis er endlich seine grüne Sechs ausspielte, den Stich kassieren konnte und wir alle gemeinsam bereits im ersten Stich die erste Runde gewonnen hatten.
In der zweiten Runde war Günther (mit der höchsten Trumpf-Karte) wiederum Kapitän und musste wiederum die grüne Sechs nach Hause bringen, was – wie gesehen – keine übermäßig schwere Aufgabe war (oder haben wir da etwas falsch gemacht?); Walter musste die die rote Eins einsacken, was – für alle – eine deutlich schwierigere Aufgabe gewesen wäre, wenn er sie selber auf der Hand gehabt hätte. Das war aber glücklicherweise nicht der Fall und so konnten wir hoffen, dass diese Karte bei einem Spieler auf der Hand wäre, der früher oder später in einer Farbe frei war, in der Walter mit einer relativ hohe Karte oder mit einem Trumpf den Stich machen würde, und in dem diese rote Eins abgeworfen würde.
Was spielte Günther als erste Karte zum ersten Stich aus? Die Trumpf-Eins! Das ist ein absolut kontraproduktives Ausspiel. Die Trumpfkarten sind die flexibelsten Karten im ganzen Spiel. Nur mit ihnen kann man das ansonsten fast lineare Abspielen der Farbkarten in andere, notwendige, gewünschtere Bahnen lenken. Und jetzt graste Günther mit seinem allerersten Ausspiel von allen Mitspielern diese mächtigen Trumpfkarten ab! Walter war erbost. Er musste seine Trumpf 3 abgeben und fühlte sich schon halb kastriert. Er frage Günther nach der Logik für dieses Ausspiel. Günther verweigerte die Auskunft – wahrscheinlich regelkonform – aber er bekundete zugleich, dass er auch nach Spielende die Logik für dieses Ausspiel nicht verraten würde. Wie sollen wir anderen Spieler aus dem Abspielen der Karten eines Mitspielers auf dessen Hand und dessen Ambitionen schließen, wenn der vielleicht gar keine Ambitionen hatte?
Im dritten Stich, nachdem in einem blauen Stich die blaue Neun gefallen war, kam Walter wieder zu Stich und spielte in den nächsten beiden Stichen die blaue Acht und die blaue Sieben aus. Keiner konnte die Farbe mehr bedienen. Jetzt hätte
a) der Spieler mit der roten Eins diese Karte in den Stich legen müssen.
b) jeder Spieler sich von den Karten trennen müssen, die verhindern konnten, dass Günther später die grüne Sechs bekam.
Günther warf die grüne Acht (!) ab! Was musste ein Bridgespieler daraus schließen? Günther hatte offensichtlich keine Angst um seine grüne Sechs. Sie musste in seiner Hand noch geschützt sein. Also spielte Walter die grüne Sieben nach, um die anderen hohen grünen Karten herauszuholen. Und was passierte: Die grüne Sechs war die letzte grüne Karte in Günthers Hand, er musste sie zugeben, Walter behielt den Stich und wir alle hatten diese Runde verloren.
Das war zuviel für Walter. Er zermarterte sich das Hirn, um die Karten seiner Mitspieler zu lesen, und schließlich wird die „Die Crew“ nur im Stile von Mau-Mau praktiziert. Er verzichtete auf das Weiterspielen und bot seinen Mitspielern an, mit großer Freude bei deren weiteren Crew-Flügen zuzuschauen. Aber sie verzichteten dann ebenfalls auf die Weiterreise.
Und so wissen alle Nicht-Crew-Eingeweihten nicht, ob am Ende 9 Aufträge erfüllt werden müssen oder nicht. (Darum wohl das „wohl“!)
WPG-Wertung: Noch keine WPG-Wertung, Walter würde unter Bridge-Spielern die Note 8 vergeben, unter Nicht-Bridge-Spielern die Note 4, „Mau-Mau“ kann schließlich ebenfalls Spaß machen.
3. “No Return”
Insgesamt 132 Spielsteine gibt es in sechs verschiedenen Farben. Sie tragen die Zahlen von 1 bis 11, jeder Zahlenwert kommt doppelt vor. Jeweils 8 Spielsteine hat jeder Spieler auf der Hand. Pro Zug kann er kann davon beliebig viele Steine einer Farbe „spielen“. In der ersten Phase, der Aufbauphase, „spielt“ er sie, indem er sie offen auf den Tisch legt. (Achtung: Von jeder Farbe darf nur eine Reihe auf dem Tisch liegen. Man darf in einem späteren Zug eine eigene Farbreihe verlängern, aber nur „nach unten“, d.h. mit absteigenden Zahlen.) In der zweiten Phase, der Abbauphase, die jeder Spieler nach eigenem Gutdünken einleitet, „spielt“ er die Steine, indem er sie abwirft und dafür von seinen ausliegenden Zahlenreihen von unten her Steine abräumt (und als Siegpunkte beiseite legt). Die Summe der Zahlen auf den abgeräumten Steinen ist durch die Summe der Zahlen auf den ausgespielten Steine begrenzt.
Wer will, kann auch einfach vier beliebige Steine abwerfen und dafür neue Steine aus dem Nachschubsäckchen ziehen. Wenn das Säckchen leer ist, ist das Spiel zu Ende. Die noch auf dem Tisch verbleibenden Steine der Aufbauphase zählen als Minuspunkte.
Nach dem Prinzip von „Tiefseeabenteuer“ muss man also zum gerade richtigen Zeitpunkt erkennen, wann man genügend hohe/viele Steine auf dem Tisch liegen hat und mit dem Abbauen beginnen sollte. Gerade der Anfänger kann hier den Hals nicht zu voll bekommen und wird vom Spielende unangenehm überrascht.
Dabei kann man hier doch recht einfach die statistischen Durchschnitte berechnen:
In einer 4er Runde bekommt jeder durchschnittlich 33 Steine in die Hand. Nach maximal 16 Steinen in der Auslage sollte man also mit dem Abräumen beginnen. (Eigentlich viel vorher, weil gegen Spielende hin die Spieler fast immer 4 Steinen ablegen (bzw. tauschen) und das Ende somit überdurchschnittlich schnell herbeikommt.
Die 33 Steine pro Spieler besitzen zusammen einen durchschnittlichen Zahlenwert von 198. Das sind – optimal – 99 Punkte für das Auslegen und 99 Punkte für das Abräumen. Dieses “Optimum” ist natürlich nicht zu erreichen. Faustformel: Wenn man – nach wenigen Zügen – 70 Punkte ausliegen hat, sollte man ohne Bedenken seine Abbauphase einläuten.
Natürlich spielt bei diesen Betrachtungen die Zufallsstreuung eine gewisse Rolle. Wahrscheinlich die einzige, die dem Spiel Reiz verleiht.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (für das, was es ist: ein Absacker, locker, wenig Regeln), Günther: 6 (mit Tendenz zu 5, weil es etwas auszuprobieren gibt [die statistischen Grenzwerte für die Umkehr], aber wenn man hier die Daumenregeln kennt, ist das Spiel ausgelutscht), Moritz: 7, Walter: 5 (die ersten paar Mal recht hübsch, aber dann ist es nur noch ein Spiel gegen den Zufall).
Kleine Kritik am Material: Zum Ablegen der Handsteine eines Spielers wäre ein Bänkchen a la Scrabble oder a la „Just one“ durchaus angebracht. Der Verlag hat es sich gespart. Außerdem sind die Farben rot und rosa sehr schwer zu unterscheiden, so dass Fehler beim Zusammenstellen der Zahlenreihen vorprogrammiert sind.
4. “Just one”
Auch Moritz sollte das „Spiel des Jahres 2019“ kennen lernen. Und wir übrigen, wie sich das Spiel in einer 4er Runde spielt.
Günther schlug den „Weichmacher“ vor, dass ein Spieler, wie in der 3er Runde, zwei Begriffe nennen darf, aber Aaron war dagegen. Er wollte streng nach den Originalregeln spielen. Selbst unsere Standardansagen: „Ich nehme das Offensichtliche“ waren verpönt.
Glücklicherweise sind unsere Charaktere aber so verschieden, dass bei den vorgeschlagenen Worten sich kein einziges Auspatten ergab. Aaron war für das Spezielle, Günther für das Allgemeine, Moritz für das Grenzwertige und Walter für die Synonyme.
Beim Ratewort „Kaktus“ fiel Günther „Topfpflanze“ ein und Aaron „Stiefmutterstuhl“. Nachdem Moritz auch noch „Scheissus“ beisteuerte – ein umstrittenes, wenn nicht sogar ein unzulässiges Wort -, war Walter im Zweifel, wie er den Stuhl der Großmutter zu verstehen habe. Aber Moritz „US“-Endung brachte die Lösung, denn in Kaktologie war Walter nicht bewandert und Topfpflanzen gibt es wie Sand am Meer.
WPG-Wertung: Schon wieder vergessen, die Noten abzufragen.
Ein gutes Spiel, von der Öffentlichkeit honoriert, zeugt augenblicklich Junge. „Augenblicklich“ ist übertrieben, denn es dauerte geschlagene 9 Jahre bis Michael Cramers WPG-6-punktiges „Glen More“ via Kickstarter sein erstes Junges bekam.
Bei der „Mutter“ hat vor allem der Zugmechanismus überzeugt. Der ist beim Kind auch vollständig vererbt worden. Innerhalb eines Rundkurses von Landschaftsplättchen darf jeweils der an letzter Stelle liegende Spieler beliebig viele Felder vorwärts auf ein Feld ziehen und dieses an sich nehmen. Bleibt er dabei Letzter, darf er nochmals ziehen, beliebig oft, bis halt ein anderer Letzter geworden ist.
Viele Plättchen sind ein Vorteil, weil jedes einzelne einen Beitrag von Rohstoffen liefert, oder Betriebsmittel, um Rohstoffe in Siegpunkte umzuwandeln. Jedes Plättchen hat aber auch den Nachteil, dass es in der Schlusswertung 3 Minuspunkte einbringt. So lohnt es sich durchaus, auf nur die besten Plättchen zu setzen und ein kleines, aber sehr feines Reich aufzubauen.
Anspruchsvoll bzw. hübsch planungsvoll ist auch das Einbauen und Werten der genommenen Plättchen im eigenen Landschaftsgarten. Hier eine optimale Topologie hinzulegen, um mit minimalem Einsatz eine maximale Aktivierungs-Ausbeute zu erzielen, entscheidet über den Sieg.
Allerdings ist nicht alles planbar. Die Qualität und Reihenfolge, wie die Landschaftsteile ins Angebot kommen, unterliegen einem gewissen Zufallseffekt, und wenn ein bösartiger Mitspieler uns einen Knüppel zwischen die Beine werfen will und tut, hilft die beste Planung nicht.
In unserer dritten Phase des Spiels kam das Plättchen „Kenmore Fair“ ins Angebot. Sein Erwerb kostet 1 Holz. Aaron und Günther hatten gerade ihr letztes Holz verholzt, auf dem Markt gab es aktuell auch keines zu kaufen, so dass dieses Plättchen für sie unerschwinglich war. Mehr oder weniger zwangsläufig fiel es Walter als einzigem Holzbesitzer zu. Zudem konnte der es so in seinen Landschaftsgarten voller – mangels besserer Nutzplanung noch – herumliegender Rohstoffe einbauen, dass er es insgesamt 4 mal aktivieren und dabei jeweils vier verschiedene Rohstoffe abgeben konnte, so dass er damit insgesamt 32 Siegpunkte auf seinem Konto gutschreiben konnte. Die halbe Miete zum Sieg und soviel, wie Günther in der Schlusswertung insgesamt erzielte.
Walter als Sieger und Günther als Letzter: das spricht dann allerdings schon weniger für die planerische, intellektuelle Herausforderung von „Glen More II“. Es gibt einfach zu viele verschiedene Wege zum Sieg, und an welchem Weg der entscheidende Goldklumpen liegt und wer ihn findet und einsäckeln kann, das ist zu einer erheblichen Portion glücksabhängig. Gut oder schlecht?
Noch ein weiteres Kriterium für Walters Sieg. Wir haben Expansion 1 „The Dragon Boat Races“ gespielt. Hier darf man seine Bewegungspunkte auch zur Beförderung seines Schiffes auf einem Rundkurs durch die Gärten aller Mitspieler nutzen. Auf diesem Rundkurs liegen alle naslang Haufen von Bonusplättchen herum, aus denen sich der Vorbeifahrende jeweils eines heraussuchen darf. Wer zuerst lostigert bekommt auch das Beste. Eigentlich darf man erst ab Phase 2 mit seinem Boot ablegen. Aus einem Regelversehen heraus fingen wir aber unverzüglich an, die – am Anfang noch besonders überflüssigen – Bewegungspunkte in unsere Schiffe zu investieren. Und auf Walters Kurs lagen die Bonusplättchenhäufchen innerhalb der kürzesten Distanz. Der Rundkurs brachte ihm weitere 15 Siegpunkte ein und zudem eine erkleckliche Anzahl weiterer Prioritätsvorteile. Vielleicht hätte bei regelgerechtem Spiel doch Günther gewonnen. Wir werden das in der näheren Zukunft vielleicht noch entscheiden können, denn „Glen More II – Chronicles“ enthält 9 verschiedene Expansions. Da wird dieses Spiel bestimmt noch häufiger bei uns auf den Tisch kommen.
WPG-Wertung: Aaron: 8 (wollte als Primär-Strategie mit möglichst wenig Plättchen auskommen, wurde damit immerhin noch Zweiter), Günther: 8 (ein Super-Spiel mit einem Super-Zugmechanismus), Walter: 7 (der Zugmechanismus ist zweifellos gut, aber ja nicht unbekannt, komplexe Nebeneffekte mit dosierten Zufallseinflüssen stehen in Konkurrenz zur Planbarkeit).
2. “Just One”
Das Spiel des Jahres 2019 können wir nicht an uns vorbeigehen lassen, auch wenn Partyspielchen am Westpark nicht die größte Vorliebe entgegengebracht wird. Hier geht es um Wörter Umschreiben und Wörter-Erraten. Ein absolut neues Spielprinzip, oder? Wenn zwei oder mehr Mitspieler – ohne Absprache – das gesuchte Wort mit dem identischen Begriff umschreiben, patten sie sich aus und der Rater muss ohne diese Hinweise auf das gesuchte Wort kommen. Das ist nun wirklich neu, oder? Das Ratewort „Pyramide“ kann man z.B. mit a) „Weltwunder“ und b) „Tetraeder“ umschreiben. Aber bitte nicht von zwei Spielern mit jeweils dem gleichen Wort!
In einer 3er Runde darf jeder Spieler zwei Umschreibungen vorbringen. Das ist natürlich ein großer Vorteil für das Raten, denn durch konzertierte Begriffspaare kann man das Gesuchte viel leichter kenntlich machen. Gibt einer z.B. „Charme“ und „Melone“ zum Besten, dann dürfte das Lösungswort „Schirm“ doch recht nahe liegend sein. Zumindest für die Generation, die ab 1966 eine der 187 Folgen dieser Krimi-Serie im deutschen Fernsehen verfolgen konnte. Dagegen ist es fast ausgeschlossen, dass von unabhängigen Köpfen einer „Charme“ und ein anderer „Melone“ hinschreibt.
Auch das Ratewort „Musik“ kann am Westpark von einem Spieler natürlich ganz leicht mit den beiden Begriffen „Moritz“ und „macht’s“ beschrieben werden, wobei „macht’s“ als Einzelwort vielleicht nicht erlaubt ist, dafür muss man dann vielleicht „Produkt“ hinschreiben.
Eigentlich sollte man sich beim Hinschreiben der Umschreibungswörter nicht absprechen. Aber „Just One“ ist doch ein Partyspielchen. Es dient der leichten, lockeren Unterhaltung in einer gut gelaunten Runde, ggf. mit Witz und Witzen. Warum sollen sich die Rater dann im wohlverstandenen Sinne nicht wenigstens mit den Sätzen „ich nehme das Einfache, Naheliegende, nimm’ du etwas Komplizierteres“ soweit verständigen, dass sich ihre Wörter nicht auspatten. It’s party time!
Wir landeten am Schluß in der Kategorie „Starkes Team“. Das waren wir auch, obwohl (oder weil!) Aaron ganz strikt bekundete: „Ich leg’s drauf an, dass sich zwei auspatten!“
WPG-Wertung: Wir haben vergessen, die Noten abzufragen. Walter vergibt schon mal 6 Punkte. Für die beste Ausstattung von abwaschbarer Tinte und abwaschbarer Schreibunterlage, die er seit „Dampfross“ kennen gelernt hat.)
Die Westpark-Gamers bei Moritzens. Seine Kinder benötigten eine Abendbetreuung, was liegt da näher, als sie über Mit-Spielen bei der Stange zu halten.
1. “Kingdomino”
Walter praktiziert dieses „Spiel des Jahres 2017“ schon eifrig mit seinen Enkelkindern (4 und 5 Jahre), allerdings mit einer vereinfachten Siegpunkt-Zählung, Moritz kann es mit seiner 7-jährigen Siri schon absolut regelgerecht zelebrieren.
Günther ließ das nicht ungewöhnliche „Haltet den Dieb“ gegen Walter los, der sich gleich zu Beginn mit gekrönten Steinbrüchen ein siegpunktträchtiges Reich zusammenzusetzen suchte. Er selber konnte dann in Ruhe ein ausgedehntes Wiesenreich aufbauen, das – selbst wenn es nur spärlich mit Einzelkronen belegt war – einen Riesenposten Siegpunkte in seine Bilanz einbrachte. Und damit auch den Gesamtsieg. Motto: Lieber viele kleine Brötchen backen und bei der Auswahl nicht der Letzte sein, als mit Riesenraibachs mittels Multi-Kronen zu rechnen und dafür oft genug brotlose Zwischenspurts einlegen zu müssen. – Letztere „Strategie“ ist zudem besonders anfällig (und anziehend) für Sabotage der Mitspieler.
Gegen junge und alte ausgestandene Mannsbilder errang das junge Blut Siri mit einem Waldreich die Silbermedaille.
WPG-Wertung: Moritz, Günther, Walter bleiben bei ihren 6-7-7 Punkten, Milo vergibt 8 und Siri gleich 10 Punkte.
2. “Azul – Der Sommer-Pavillon”
Ein „Spiel des Jahres“ bringt nicht nur ein einmaliges Millionenscheffeln in die Kasse eines Spieleverlages, es ist selbstverständlich auch ein (spielerischer und kommerzieller) Anreiz, Variationen dazu zu erfinden und weitere Käufer-Geldflüsse in die eigene Richtung zu lenken. Die Variante 2 von „Azul“ hatte Günther nicht besonders gereizt, aber bei Variante 3 „Der Sommer-Pavillon“ schlug er wieder zu.
Als (schöner) Azul-Mechanismus, weswegen das Spiel auch den Azul-Namen zu Recht erhält, blieben die Scheiben, auf die jeweils 4 einfarbige Fliesen gelegt werden, von denen sich die Spieler bedienen können. Aber ansonsten ist fast alles anders:
Die Fliesen sind nicht quadratisch sondern rautenförmig.
Es gibt jetzt 6 anstelle von früher nur 5 Faben.
Pro Runde wird jeweils eine dieser Farben als Jokerfarbe ausgewiesen.
Die Spielertableaus enthalten kein Ablegequadrat, sondern einen in Rautenmuster eingeteilten Ablegestern.
Die jeweils genommenen Steine muss man nicht sofort in sein Spielertableau einlegen, sondern sie werden gesammelt beiseite gelegt und erst am Ende einer Runde eingeordnet. Dabei gibt es erhebliche Wahlfreiheiten. Hat man z.B. 6 Steine einer Farbe ergattert, so kann man damit das explizit ausgewiesene 6er Feld dieser Farbe belegen, oder aber – nacheinander – das 1er, 2er und 3er Feld dieser Farbe, oder eine andere beliebige andere Feldkomposition für insgesamt 6 Steine.
Siegpunkte gibt es für jedes Belegen eines Feldes im Ablegestern, dabei erhöhen bereits belegte Nachbarfeldern die Ausbeute.
Auf dem Ablegestern gibt es freie Sonderfelder, wenn deren Randfelder alle belegt sind, darf man zusätzliche Bonus-Steine an sich nehmen.
Von Runde zu Runde darf man 4 gesammelte Steine als Übertrag in die nächste Runde übernehmen.
Wer als erster Steine aus der Mitte nimmt, enthält nicht nur einen Minuspunkt, sondern soviel Minuspunkte, wie er Steine entnimmt. (Diese Änderung sollte man auch für das Original-AZUL übernehmen, denn mit diesem Aus-der-Mitte-Nehmen ist zugleich die sehr vorteilhafte Startspielerrolle verbunden, für die ein größerer Malus durchaus angebracht ist.)
Nach genau 6 Runden, wenn jede der Farben genau einmal Jokerfarbe war, ist Schluss.
Am Ende werden – erhebliche – Sonderpunkte dafür ausgeschüttet, wenn man von allen Farben die unteren Feldkategorien (alle 1er, alle 2er etc.) belegt hat. Damit wird eine Diversifizierung der Feldbelegung gefördert.
Und vieles dergleichen mehr.
Die neue Variante bietet deutlich mehr taktische und strategische „Schienen“, auf denen man zu seinem Glück fahren kann. Entsprechend größer ist auch die Möglichkeit, einem Mitspieler gegen den Wagen zu fahren, sprich: die Interaktion. Die damit verbundene größere Herausforderung ist ein weiterer intellektueller Anreiz, was glücklicherweise auch erst am Ende zu deutlich längerer Denkzeit führt. Allerdings erlebt dadurch das Leichte, Spielerische vom Original-Azul klare Einbußen. Mit der Schwägerin am späten Abend bis in die Nacht hinein würde ich doch lieber die Basisversion spielen. (Honi soit qui mal y pense)
WPG-Wertung: Günther: 8 (wie für die Basis), Moritz: 8 (1 Punkt mehr), Walter: 9 (wie für die Basis).
3. “Res Arcana”
Wo auch immer die Phantasie vom Autor Tom Lehmann oder vom Sand Castle Games Verlag das Spielgeschehen von „Res Arcana“ angesiedelt haben: Wir müssen uns eine oder mehrere Produktionsmaschinen bauen, damit Ressourcen (in 4 verschiedenen Farben) produzieren und uns dafür siegpunktträchtige Objekte einhandeln. Sobald ein Spieler 10 Siegpunkte auf seinem Konto hat, ist Schluss. Also eine ganz normale Spielearbeitswelt in dieser unserer Zeit.
Produktionsmaschinen bauen wir aus „Artefakten“, d.h. aus 8 Karten, die jedem Spieler bei Spielbeginn zugeteilt werden und die gemischt in einem verdeckten Stapel vor ihm liegen. 3 davon darf er auf die Hand nehmen und beliebig viele davon – als Teil der Maschine – vor sich ablegen, sofern er die benötigten Kosten (mittels bereits vorhandener Ressourcen) bezahlen kann. Pro Runde darf er ein weiteres Artefakt vom verdeckten Stapel auf die Hand nehmen.
Die Effekte dieser ausgelegten Artefakte bestehen in der simplen Produktion definiert-farbiger Ressourcen (zuweilen werden damit auch die Mitspieler mitbedacht), im Tausch von Ressourcen beliebiger Farben ineinander, und im Kauf von Gold gegen definierte Ressourcen. Auch miesnickelige Artefakte gibt es, die Schaden in der Auslage der Konkurrenten anrichten. (Pfui!) Und es gibt Superaktefakte, die gleich einen ganzen Schwung von Ressourcen in die Kasse eines Spielers bringen, nämlich genauso viele, wie dieser Ressourcen einer definierte Sorte in seinem Vorrat hat.
Als siegpunktträchtige Objekte liegen zum einen „Monument“-Karten aus, die gleichförmig 4 Goldstücke kosten und außer 1 bis 3 Siegpunkten auch noch Ressourcen-Nachschub bringen, zum anderen Lokalkarten, die massig Ressourcen von definierten Farbzusammensetzungen kosten und ebenfalls positive Effekte auf unser Ressourcen-Besitztum ausüben. Um letztere gibt es dann auch noch einen Konkurrenz-Run, während die Gold-Monumente eher stressfrei anvisiert werden können.
Die große Crux des Spiels ist die Prädestination des Spielerschicksals durch die zu Spielbeginn ausgeteilte Magierrolle und die ausgeteilten Artefakte. Diese Sets sind unveränderlich fix, und selbst wenn sie innerhalb ihrer Mächtigkeit eine gewisse Ausgewogenheit besitzen, sind sie a priori niemals chancengleich. Spielerglück und Spielerkönnen rütteln vergeblich daran. Moritz beklagte sich (zu Recht!): „Ich habe meine Karten zu Spielbeginn ganz genau angeschaut, sie alle verstanden und verinnerlicht. Ich habe mit maximaler Effizienz gespielt, meine Karten boten keine andere Chance, als genau so zu spielen, wie ich es getan habe. [U.a. besaß er leider keine Karte, um zu Gold zu gelangen.] Und es hat doch nur zur Silbermedaille gereicht“.
WPG-Wertung: Günther: 6 (es ist eigentlich ganz nett, auch wenn es solitär ist, ich bin halt ein Maschinenbauer), Moritz: 5 (man wurstelt vor sich hin, und dann gibt es eine einzige Interaktion und man verliert), Walter: 4 (Maschinenbau nach der multidirektionalen Phantasie eines Autors ist nicht mein Ding).
Der Gerechtigkeit halber sei angemerkt, dass das Spielmaterial sehr gut und die Graphiken darauf zum Verdeutlichen der umfangreichen Effekte sehr verständlich sind.
Nachtrag zum Spieleabend vom 16.10.2019
Teilnehmer: Aaron, Günther und Walter
1. “Sherlock – der Pate”
Nachdem Aaron sich dieses Spiel bereits zugelegt hatte, bevor wir damit nicht besonders glücklich wurden, musste es halt doch früher oder später bei uns auf den Tisch kommen.
Kurz und gut: Wir haben es mit Fast-Bestleistung gelöst.
Wie in der „Spielbox“ (oder so ähnlich) beschrieben, klärt man das Geheimnis am besten bei der abschließenden Fragestellung auf. Wir formulierten erste drei, dann nur noch zwei alternative Antwortsequenzen und kamen dabei dann auf die plausibelste und richtige Lösung.
Eine wunderschöne Karte, auf der alle handelnden Personen fein säuberlich aufgezählt wurden und die uns bei der Übersicht über die handelnden Personen sehr gut geholfen hat, war leider als vergiftet eingeordnet, sonst wären wir bei „18+ Punkten, Sherlock Holmes. Excellent. Ihr seid einzigartig“ gelandet.
WPG-Wertung: Das Spielprinzip bekommt von uns trotzdem nur eine leicht überdurchschnittliche Punktzahl zwischen 6 und 7.
2. “Rajas of the Ganges”
Vor einem Jahr und zehn Monaten zum ersten Mal am Westpark gespielt. Mit einem Durchschnitt von immerhin 7,33 Punkten darf ein Spiel auch ein zweites Mal bei uns auf den Tisch kommen.
Wir brauchten erneut ca. eine Stunde für die Spieleinführung – wenn ich mich richtig erinnere – und zwei Stunden für ein lineares, konstruktives Aufbauspiel mit marginaler Konkurrenz. „Kein so dicker Klopper“ meinte Günther und blieb bei seinen hervorragenden 8 Punkten.
Für weitere Einzelheiten verweise ich auf den Spielbericht vom 13.12.2017.
Hochgelobt. Elftausend Bewertungen bei BGG, mit einem Durchschnitt von 8,1 Punkten. Dort auf der 46ten Stelle der ewigen Bestenliste mit zehntausenden von Einträgen. Das muss doch eine geniale Komposition sein!
Leider gelten solche euphorischen, euphemistischen Fakten nicht am Westpark. Vor einem Monat wurde es hier mit Willi gespielt, und die Bilanz war mehr als nüchtern: „Danke, dass ihr mich vor einem Fehlkauf bewahrt habt“.
Nachdem wir damals eine Reihe schwerwiegender Spielfehler gemacht haben, hatte Aaron die Hoffnung nicht aufgegeben, dass das Spiel bei uns doch noch einmal zum Zug kommen und besser punkten könnte.
Bemerkenswert ist das absolut asymmetrische Design. Jeder Spieler spielt eine von vier (in der Expansion sechs) Fraktionen mit total unterschiedlichen Eigenschaften, total unterschiedlichem Startaufbau und total unterschiedlichen Siegpunkt-Quellen. (Dass so eine Konstruktion ausbalanciert sein kann, ist a priori ausgeschlossen. Offensichtlich stört das keinen großen Geist. Die Alliierten gewinnen ja auch jede WW2-Komposition.)
Die Marquise de Katz ist zu Spielbeginn als einzige auf allen 12 Spielfeldern (Lichtungen) vertreten; Sie produziert Holz und kann damit als Siegpunkt-Generator Gebäude bauen. Ihre Krieger entstehen nur dort, wo sich ihre Rekrutierer befinden; diese können sich schneller Bewegen als die Konkurrenz und sie können überall kämpfen.
Die Waldland Allianz” ist zu Spielbeginn auf keinem einzigen der Spielfelder vertreten. Sie muss sich mühsam die ersten Basen schaffen, um ihre Aktionsfähigkeiten nennenswert zu erweitern. Aber mit “Sympathie verbreiten”, revoltieren, mobilisieren und ihren Militäreinsätzen kann sie sich später überall mit links durchsetzen – wenn sie erst einmal den Durchbruch geschafft hat.
Die Horst Dynastie” hat zu Spielbeginn ihre – erkleckliche – Belegschaft in einer einzigen Ecke des Spielfeldes konzentriert. Sie kann von Zug zu Zug eine variable – wachsende / pulsierende – Anzahl von Aktionen durchführen, muss sie aber in der Art von “Robo Rally” vorprogrammieren und verliert an Terrain, wenn sie eine davon – mangels Masse, Platz oder Gegner – nicht mehr durchführen kann.
Es gibt auch noch den Vagabund – eine nonkonformistische Rolle, die in opportunistischen Beziehungen zu den Mitspielern schleichen, erkunden, helfen, scharfschießen, herstellen und reparieren kann
Die Erweiterungen Haute Culture und Riverfolk Company lassen wir mal jetzt außen vor.
Allein die Tatsache, dass es diese vielen verschiedenen Rollen gibt, deren Eigenschaften wir alle kennen, verstehen und richtig einschätzen können müssen, um das Spiel „vernünftig“ spielen zu können, ist ein Handicap. So dauerte es in der Wiederholung schon wieder über eine ganze Stunde, um den generellen Spielablauf darzulegen.
Und worum geht es? Die Spieler bauen nicht auf und bekriegen / besiegen sich nicht, um damit Siegpunkte zu machen, sie müssen im vor allem darauf achten, dass kein Mitspieler vorzeitig gewinnt. Also hauen die anderen erst einmal auf die dominierende Katze ein und Katze sowie Horst eliminieren konsequent die Sympathie-Marker der Waldland-Allianz, weil hier früher oder später deren Bomben losgehen werden.
Jeder dieser „Verteidigungszüge“ kostet Aktionen und bringt keine (kaum) Siegpunkte ein. Deshalb überlässt man sie lieber dem Mitspieler. A priori kein gutes Design. Am Westpark bestünde der wesentliche Spielreiz wohl darin, gemeinsam die Balance der Spielerdynastien zu analysieren und Spielweisen zu finden, nach denen einigermaßen Chancengleichheit hergestellt werden könnte, so dass in der Schlussphase jede Fraktion noch Aussicht auf den Endsieg hätte.
Bei uns wurde heute konsequent die – vielleicht nicht immer glücklich agierende – Katze eliminiert, so dass sie in ihren letzten Zügen mangels eigenen Lichtungen überhaupt keine Aktion mehr durchführen konnte: weder neue Gebäude bauen noch neue Kämpfer aufs Spielbrett bringen. So wäre das auch bis zum Nimmerleinstag geblieben, wenn sich nicht ein Sieger erbarmt hätte, die Ziellinie zu überschreiten. Fehlkonstruktion. Z.B. wäre bei „1830“ in einer solchen Situation sofort Spielende.
Bei uns dauerte es noch drei Runden, bis der Horst um Nasenlänge vor der Allianz die Siegpunktschwelle von 30 überschritt.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (ich finde das Spiel interessant und durchaus reizvoll, hier herauszufinden, wie man es spielen kann, damit es funktioniert), Günther: 4 (das Problem liegt im labilen Gleichgewicht des Spiels; wenn einer hier nicht mitmischt, funktioniert das Spiel nicht), Walter: 4 (Chaotisches Würfel-Kampfspiel für Leute, die chaotische Würfelkampfspiele lieben).
Hinweis für die Spieleverlage: Wenn ihr eure Spielregeln übersetzen lasst, dann bitte von Leuten, die diese Spiele auch mit Lust und Verstand schon einmal gespielt haben. Es ist ein Unding, wenn Objekte wie Krieger, Gebäude, Plättchen und Gegenstände alle einheitlich unter dem Sammelbegriff „Marker“ aufgelistet sind, sie aber innerhalb der Regeln eine absolut unterschiedliche Bedeutung und Behandlung bekommen, so dass die pauschale Verwendung von „Marker“ irreführend und falsch ist. Das Objekt „Holz“ und sein wechselndes Schicksal ist überhaupt nicht aufgeführt.
„Ein Wargame“ unkte Aaron. „Nein, ein Area-Control-Game“ widersprach Moritz. Was ist der Unterschied? Richtig: im Wargame versucht man den Gegner zu vernichten und die Erde möglichst alleine zu bevölkern, im ACG reicht es, den Bürgermeister zu stellen und damit überall sein doppeltes Süppchen mit halbem Aufwand kochen zu können. In diesem Sinne ist „Rurik“ ein ACG.
Wir bringen neue Krieger aufs Spielbrett. Wie üblich immer nur dort, wo schon welche sind. Wir breiten uns aus. Allerdings dürfen wir in echter Koexistenz mit beliebig vielen fremden Kriegern auf einem Feld stehen. Wir ziehen Steuern ein, d.h. wir nehmen wie ein echter Herrscher den Bauern die Butter vom Brot, wir bauen Festungen (zur Verteidigung), Kirchen (um fremde Krieger zu Proselyten zu machen), oder Märkte (um beim Steuern-Eintreiben noch jeweils ein Gut mehr zu bekommen). Und wir führen im Notfall auch mal ein kleines Scharmützel aus, um in einer Region die Mehrheit zu besitzen. Dafür rücken wir dann, egal ob wir gewonnen haben oder nicht, auf der Heldenskala eine Stufe höher. Wer bei Spielende hier am höchsten steht, bekommt Siegpunkte. Ein paar wenigstens, das Mütchen zum Kriegern sollte nicht ausufern.
Haben wir in einer Region die Mehrheit, so brauchen wir sowohl beim Steuereinziehen als auch beim Bauen nur die halbe Kraft, ansonsten gibt es keinen Unterschied, ob wir alleine unter potentiell lauter feindlichen Mitstreitern stehen oder ob wir unter lauter eigenen Heerscharen dort herumstehen.
Bemerkenswert, um nicht zu sagen originell und sehr hübsch, ist der Mechanismus, wie wir unsere Aktionen auswählen. Dazu besitzen wir zu Spielbeginn vier Ratsherren vom Stärkegrad 1, 2, 4 und 5, die wir pro Runde reihum auf ein Aktionstableau stellen, und damit die jeweils zugeordnete Aktion (neue Krieger, Bewegung, Angriff, Steuern, Bauen und Intrigieren – letzteres kriegen wir später) auswählen. Ein stärkerer Ratherr drängt einen schwächeren nach hinten, eine schwächerer muss sich a priori hinten anstellen. Ein Ratherr kann mit Geld seinen Positionierungsrang erhöhen (gilt nur für jeweils eine Runde) und damit einen vorderen Platz beanspruchen.
Die vorderen Plätze dürfen alles vermehrt, also mehr Krieger, mehr Bewegung, mehr Steuern etc., aber auch der Letzte innerhalb einer Spalte des Aktionstableaus darf auch noch etwas.
Sind alle vier Ratsherren positioniert (in den letzten beiden Runden kommt noch jeweils ein weiterer Ratsherr dazu), dann fängt – in Startspielerreihenfolge – der schwächste Ratsherr mit seiner Aktion an. Da muss man beim Platzieren schon aufpassen, dass man z.B. nicht mit einem schwächern Ratherrn das Laufen beginnen muss, bevor man mit einem stärkeren Ratherrn erst die Kriegerzahl erhöht hat. Oder dass man nicht kämpfen muss, wenn man das gewünschte Kämpferpotential noch gar nicht aufgebaut hat.
Das wichtigste Positionierungs- und Aktionsziel ist es, bei einem der vier Rundenenden auf den drei „Anspruchsleisten“ jemals einen der vorderen Plätze belegt zu haben:
als Herrscher mindestens einmal in 5 Regionen dominiert zu haben.
als Bauherr in 7 benachbarten Regionen gebaut zu haben. (Das sollte das leichteste Zwischenziel sein, denn ein einmal errichtetes Gebäude wird bis zum Spielende nicht wieder vom Spielbrett genommen.
als Steuereintreiber mindestens einmal 11 eingetriebenen Güter auf sein Boot geladen zu haben.
Dann hagelt es regelrecht Siegpunkte ins Kontor.
Und was macht man als Intrigant? Als Intrigant bekommt man jeweils eine Intrigantenkarte. Die Oberintriganten dürfen sie sich aus einer gegebenen Anzahl aussuchen, die Unterintriganten müssen damit vorlieb nehmen, was ihnen das Schicksal zuteilt. Die Intrigantenkarten können gesammelt oder auch so schnell wie möglich wieder ausgegeben werden. Damit darf ein Spieler zu einem beliebigen Zeitpunkt innerhalb seine Zuges eine zusätzliche Aktion (Kampf, Bewegung etc.) aufführen, oder er bekommt auch mal lediglich ein bisschen Geld dafür.
Es gibt auch noch „Tatenkarten“, wenn man deren Aufgabe innerhalb des Spiels irgendwann mal erledigt hat, bringen die ebenfalls Siegpunkte. Aber wenn die Erfüllung von Taten uns nicht mehr oder weniger von in den Schoß fällt, dann brauchen wir uns nicht weiter um sie zu scheren, sie kleckern eher mit Siegpunkten als dass sie klotzen.
Fazit: 2 Stunden leicht wogendes Area-Kontrollieren. Sehr viel hübsches, didaktisch ausgezeichnetes Material.
WPG-Wertung: Moritz: 7 (die Ratsphase ist interessant, komplex und gut), Walter: 7 (viel Interaktion, sehr klare Aktionen und Prioritäten, das Spiel ist rund), Aaron: 5 (das Spiel ist überhaupt nicht rund, die Balance zwischen Denken-Müssen und Zufall stimmt nicht, nur die Ratsherrn-Phase ist gut).
2. “Flügelschlag”
Aaron: „Spiele mit einer Solovariante sind zu einem hohen Maße nicht mein Ding. Das ist immer wieder meine Erfahrung.“ – Bei Flügelschlag bestätigt.
Heute kam es nach Jahren mal wieder zu einem Spielabbruch in Unfrieden. Als Walter in der zweiten Runde seinen dritten Zug machen wollte, behauptete Moritz steif und fest, hartnäckig und unnachgiebig, Walter habe seinen dritten Zug bereits gemacht, und er sei jetzt an der Reihe.
Wollen wir mal Walters gesamten Züge rekonstruieren. Das geht im „Flügelschlag“ ja noch leichter als das Kartenabspiel beim verlorenen Großschlemm auf der letzten Bayerischen Paarmeisterschaft.
Walter war Startspieler und hatte vom Start weg „billige“, d.h. wenig fressende Vogelkarten auf die Hand bekommen. Er behielt sich 2 davon und dazu 3 Nahrungschips, nämlich Korn, Wurm und Fisch.
1/1) Im ersten Zug legte er für 1 Korn eine Carolin-Ameise in den Wald. Eine läppische Karte, auf die man bei Aktivierung gerade ein einziges mal 1 Korn aus dem Vorrat legen darf, um in der Endabrechung 1 Siegpunkt zu erhalten.
1/2) Im zweiten Zug holte er sich 2 Eier.
1/3) Im dritten Zug legte er für 1 Ei und 1 Wurm eine Singammer in die Wiese. Eigentlich eine recht potente Karte, denn man darf sie bei Aktivierung – falls sie immer noch die rechteste Karte in ihrem Lebensraum ist – in einen beliebigen anderen Lebensraum bewegen. Damit kann man sie immer dorthin schieben, wo man für die nächsten Aktionen die meiste Potenz braucht.
1/4) Im vierte Zug holte er sich Nahrung, und zwar einen Fisch. Damit wurde zugleich seine Ameise aktiviert und bekam das erste und letzte Mal ein Korn gereicht.
1/5) Im fünften Zug legte er für 1 Ei und 2 Fische einen Braunpelikan ins Wasser und bekam dafür „beim Ausspielen“ sogleich 3 Fische aus dem Vorrat zurück. Eine positive Nahrungsbilanz.
1/6) Im sechsten Zug holte er sich nochmals 2 Eier.
1/7) Im siebten Zug besorgte er sich eine weitere Vogelkarte.
1/8) Im achten Zug legte für 2 Eier, 1 Korn und 2 Fische (Ersatzkost für 1 Wurm) eine Lincolnammer in den Wald. Sie besitzt den gleichen Vorteil wie die Singammer, nämlich dass man sie bei Aktivierung in einen beliebigen anderen Lebensraum verschieben kann. Zwei Karten dieser Art sind allerdings eher kontraproduktiv.
Frage: Woher nahm denn Walter alle diese Vögel, zu Spielbeginn hatte er doch nur zwei Vogelkarten auf der Hand? Klare Antwort: Moritz hatte einen Drosseluferläufer oder ein Zwergsultanhuhn oder einen ähnlichen Geier ausgelegt und zweimal aktiviert, so dass jeder Spieler ohne eigene Zugvergeudung zweimal eine Vogelkarte ziehen durfte.
Und wie sieht die Nahrungsbilanz aus, zum Auslegen dieser 4 Vögel fehlt doch 1 Korn? Richtig: Aaron hatte so etwas wie einen Annakolibri ausgelegt und aktiviert, so dass alle Spieler einmal kostenlos ein Futter aus dem Vogelhäuschen, sprich aus dem Würfelbecher, erhalten hatten. Für Walter war das genau das gesuchte Korn.
In der zweiten Runde war Moritz der Startspieler und Walter der Letzte am Zug.
2/1) Nachdem Moritz und Aaron ihren ersten Zug getan hatten, besorgte sich Walter in seinem ersten Zug Vogelfutter, und weil er bereits 2 Vögel im Wald hatte, bekam er gleich 2 Nahrung. Er wählte die für seine Ambitionen glücklicherweise noch vorhandenen 1 Wurm und 1 Korn.
Moritz fragte noch, ob denn jetzt noch braune Aktivierungseffekte fällig wären. Waren nicht! Die Singammer war bereits eingekornt und die Lincolnammer lag nicht mehr auf der rechtesten Stelle in ihrem Lebensraum.
2/2 Nach Moritz’ und Aarons zweitem Zug legte Walter für die gerade gezogenen 1 Wurm und 1 Korn einen Pappelwaldsänger in den Wald. Fertig. Moritz fing an, an seinem eigenen dritten Zug zu laborieren.
Jetzt wies Aaron Walter auf den Zusatztext seines ausgespielten Pappelwaldsängers hin: „Beim Ausspielen ziehe 2 Bonuskarten und behalte 1 davon“. Solche „Nachzügler“ sind am Westpark normal und werden geduldet; wir wollen ja nicht noch länger darauf warten, bis ein Spieler a) seine optimalste Optimierung herausgefunden und b) auch noch in Bürokratenmanier alle Nebeneffekte von seiner Checkliste abgehakt hat. Solange Spiele nicht in allen ihren Regeldetails beherrscht werden (wie z.B: “1830“), dürfen übersehene Nebeneffekte nachgenutzt werden.
Walter zog 2 Bonuskarten, unter anderem den „Vogelzähler“. Der verspricht ihm bei Spielende „2 Siegpunkte für jeden Vogel mit einer ?? Fähigkeit“. Diese Hieroglyphe ?? war nicht selbsterklärend, und noch lag keine einzige Vogelkarte mit so einem Symbol auf dem Tisch. Nach einiger Grübelei fragte Walter den Regelchef Aaron, was denn diese Karte bedeutete. Aaron war gerade mit einem eigenen dritten Zug beschäftigt und bat, bis zur Beendigung seines Zuges zu warten. Es dauerte auch nicht lange, dann konnte er die Kartenbedeutung im Regelheft nachschauen und erklären. Walter wählte dann aber lieber den Sperlingskundler als Bonuskarte (Siegpunkte für Vögel mit einer Spannweite kleiner 30 cm), denn er besaß bereits 4 Stück davon.
Jetzt wollte er seinen eigenen dritten Zug machen, doch ohne Wenn und Aber verwehrte ihm Moritz diesen Zug. Er behauptete, Walter habe seinen dritten Zug bereits gemacht und schlichtweg vergessen, ein drittes Klötzchen als Marker dafür zu legen. Welche die drei Züge waren, das konnte und wollte Moritz nicht sagen. Auf Walters Argumentation, mit der er a) seine Züge plausibel rekonstruieren wollte (4 Vogelkarten-Legen, 2 mal Eier, 1 mal Futter und 1 Vogelkarte in der ersten Runde) und b) dass es doch ausgeschlossen war, dass Walter bereits mit seinen dritten Zug einschließlich den Bonuskarten zu Gange gewesen war, während Aaron seinen dritten Zug noch gar nicht beendet hatte, weil er ja gerade eben bei der Bedeutungs-Nachfrage um Geduld gebeten hatte, ging Moritz gar nicht ein. Ohne jegliche Einsicht in seine potentielle (und real stattfinden sollende) Zugklauerei verbat er Walter den dritten Zug.
In dem anschließenden Hick-Hack ging Walter der Hut hoch. Das ist genau eine Verhaltenskombination (dumm plus frech), gegen die er bei allen seinen Mitmenschen höchst allergisch ist, schon seit 57 Jahren, als sein Mathematiklehrer einmal diese Kombination als von ihm nicht toleriert aufgezählt hatte. Walter brach ab!
Keinem Spieler von uns würde es einfallen, einem anderen glattweg einen Spielzug abzustreiten. Jeder würde im Zweifelsfall dem Mitspieler einen Irrtum zu seinem Gunsten zugestehen. Nur einer nicht. Und nicht einmal dann, wenn er selber absolut im Unrecht ist.
Diese Darstellung hier mag etwas subjektiv sein. Lieber Moritz, Du darfst alles anders darstellen, und zwar so, wie es in Deinen Augen gewesen ist. Ich warte darauf!
Der Spielabbruch hat das Spielgefühl, das man in Flügelschlag entwickelt, nicht beeinträchtigt. Aaron und Walter konnten überzeugend darlegen, dass wir in den 1 ¼ Runden bereits alles kennengelernt hatten, was es im Flügelschlag kennenzulernen gibt. Wie der 169te Gelbbrust-Waldsänger tickt und der 170te Blaumückenfänger vögelt, das interessiert am Westpark ohnehin niemanden.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (bleibt), Moritz: 5 (die taktische Auswahl beim Vogelkarten-Ziehen ist begrenzt, der Sieg hängt stark vom Zufall der Vogelhand in Korrelation mit dem verfügbaren Futter ab. Es gibt viel unnötigen Frust), Walter: 7 (bleibt).
Trotz Moritz’ achtmaliger Erfahrung mit diesem Spiel und seiner höchst autolaudierten Regelkompetenz haben wir letzte Woche erhebliche Regelfehler ins Spiel gebracht, die den Spielablauf und seinen Ausgang entscheidend verändert haben. Die beiden gravierendsten Fehler waren:
Wir haben vergessen, jedem Spieler zu Spielbeginn eine Bonuskarte zu geben. Sie bietet einen ersten Anhaltspunkt, in welche (unterschiedliche) Richtung sich ein jeder Spieler orientieren kann, z.B. sich verstärkt im Weinbau oder Schiffshandel zu engagieren. Ohne diese Bonuskarten sind wir alle symmetrisch im Wald allein gelassen und schlagen halt irgendeine gangbare Richtung ein. Nach Moritz’ damaliger Empfehlung sollte das zumindest in Reichweite von Erz sein.
Wir haben den Universal-Rohstoff „Fisch“ total falsch behandelt. Wenn Fische in einen der anderen Rohstoffe umgewandelt werden, so ist das „permanent“, d.h. das Sprudeln unserer Fisch-Quelle erniedrigt sich um den entsprechenden Betrag, und die Zielrohstoffquelle erhöht sich. Bei uns konnte Fisch-Krösus Moritz seine Fischquelle von Zug zu Zug umorientieren und hatte so immer und überall ausreichend Material, um sich an Verarbeitung oder Verkäufen zu beteiligen. Vielleicht hatte er seine Fische sogar nicht nur in Weintrauben, sondern sogar direkt in Wein verwandelt, aber das möchte ich hier jetzt auf keinen Fall beschwören.
Der Protokollant hat ebenfalls einen Fehler in seinen Report gebracht: Die Stadt Ragusa, nach der das Spiel benannt ist, ist nicht irgend eine real existierende ambitionierte Stadt in Sizilien, sondern das antike Dubrovnik, das im Osmanischen Reich eine große Handelsstadt war. Vielleicht sogar schon bei den Römern.
Auch wenn Ragusa letzte Woche nur gebremste Zustimmung gefunden hat, sollte es heute in einer kontemplativen 3er Runde seine offenen und versteckten Schönheiten noch einmal offenbaren können. Es war zudem eine der seltenen Gelegenheiten, wo zwei Spieler mit einem Spiel bereits erste Erfahrungen gesammelt hatten, hingegen der immer-alles-schon gespielt-habende Günther aber nicht.
Walter verlegte sich auf das neulich von Moritz angepriesene Erz, kam damit aber auf keinen Blumentopf. Der Preis war schon vom Start weg (zufällig) mit nur einer einzigen Geldeinheit pro Silberling festgelegt und blieb praktisch während des gesamten Spiels auf dieser Armutsgrenze. Walter engagierte sich wie letzte Woche auch verstärkt im Mauernbau und war froh, dass ihn hier keiner blockierte. Doch Aaron profitierte noch mehr vom gemeinsamen Mauerbau. 21 Punkte brachten ihm in der Endwertung allein seine Häuser und Türme in der Stadtmauer ein. Es reichte zum unangefochtenen Sieg.
Günther ging nicht nur hier ziemlich leer aus. Richtig, richtig: er wurde Letzter, zwar nur knapp von Walter geschlagen (das wollte Günther jetzt auf jeden Fall im Protokoll sehen), aber wenn unser strategischer Seriensieger in einem würfel- und zufallslosen strategischen Spiel an letzter Stelle landet, so ist dieses – für alle anderen – freudige Ereignis in jedem Fall eine Erwähnung wert.
Unser Spiel blieb auch diesmal nicht ohne Regelfehler. Aaron baute auch ohne ausreichenden Holzreichtum seine multiplen Städte in die Hexaringe der Grenzregion zwischen Stadt und Land. Walter tauschte in einem günstigerem Verhältnis als vorgegeben Fische in den benötigten Stein, wobei anschließend leider die „Permanent“-Regel übersehen wurde. Obwohl jeder Spieler nur 12 (in einer 4er Runde sogar nur 10) Häuser auf den Spielplan setzt, ist der Gesamt-Spielstand gegen Ende des Spiels so unübersichtlich, dass Zähl- und Wertungsfehler fast unvermeidlich sind.
Es war keine Zumutung, das Spiel erneut auf den Tisch zu bringen, aber jetzt beim zweiten Mal ist es schon ziemlich ausgelutscht.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (bleibt, „man hätte daraus etwas machen können“), Günther: 6 (das Spiel hat schon einen gewissen Reiz, aber wenn man bereits nach einer minimalen Spielerfahrung weiß, wohin man optimal ziehen muss, dann ist dieser Reiz auch schon wieder weg. Man muss auf die Details aufpassen wie ein Luchs, damit man nichts falsch macht), Walter: 7 (bleibt, da kann das Spiel ja nichts dafür, dass wir beim zweiten Spielen seinen Anfangscharme schon ausgelutscht haben).
2. “AMUL”
Der Name ist kein Sprechfehler eines Gebissträgers, der den Namen des (grandiosen!) „Kennerspiels des Jahres 2018“ nicht aussprechen kann. Großschreibung und Lautverschiebung „Z“ zu „M“ sind beabsichtigt und haben vielleicht sogar Methode.
Dieses (fast) kleine Kartensammel- und Ablegespiel ist ungefähr in der Mitte zwischen „7 Wonders“ und „Rommé“ angesiedelt. Wir fangen mit einer Hand von 6 Karten an, legen jeweils eine Karte in unsere Auslage, deren Qualifikation später unsere Siegpunkte ausmacht, und ziehen vom Nachziehstapel verdeckt eine Karte nach.
Es gibt Karten
mit festen Siegpunktzahlen, z.B. Gold.
deren Siegpunkte wachsen, wenn man mehrere davon ausliegen hat, z.B. Silber.
deren Siegpunkte abnehmen, wenn insgesamt mehrere davon ausliegen, z.B. Kamele.
deren Wert durch den Besitz anderer Karten steigt, z.B. werden Lampen wertvoller, wenn man auch Öl dazu hat.
deren Wert reduziert wird, wenn man bestimmte andere Karten ebenfalls im Sortiment hat.
Weiter gibt es Karten, die es erlauben, eine der offenen Karten am Bazar oder im Palast zusätzlich an sich zu nehmen und auszulegen. Damit wird suggeriert, man hätte einen gewissen Einfluss auf die eigene Kartenhand. Signifikant ist das aber garantiert nicht.
Ein bemerkenswerter Mechanismus ist das Handeln auf dem Markt. Jeder Spieler muss pro Zug eine der Karten aus seiner Hand in den Markt legen (natürlich die schlechteste) und danach, wenn der Markt gefüllt ist, wieder eine Karte davon an sich nehmen (natürlich die beste). Wenn man sehr positiv gestimmt ist, darf man darin so eine Art „Drafting-Mechanismus“ sehen. Doch bei den Quanten 1 gegen 1 macht das den Ochsen auch nicht fett.
Zum Schluss noch eine weitere für den Kartenwert entscheidende, für den Charakter des Spiels aber absolut untergeordnete Karteneigenschaft: Es gibt „Tischkarten“ und „Handkarten“ (und „Zwitterkarten“). Die „Tischkarten“ darf man vor sich ableben, die Handkarten muss man auf der Hand behalten, sie werden erst am Spielende komplett zur eigenen Auslage dazugezählt. Die Handkarten sammeln sich in der Hand eines jeden Spielers und beengen seine Auswahl an ablegbaren Tischkarten. Notfalls kann man sie natürlich aber auch auf den Markt geben.
Fazit: Das Glück der gezogenen Karten bedeutet die halbe, wenn nicht die ganze Miete.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (vielleicht hat das Spiel Absacker-Qualitäten), Günther: 5 (minus, das Spiel reizt mich – im Gegensatz zu „7 Wonders“ – überhaupt nicht), Walter: 5 (zuerst planmäßiges, später zufälliges Hantieren mit Plus-Minus-Karten; Kenner sind unterfordert, Enkelkinder noch überfordert).
3. “Newton”
Auch dieses Spiel haben wir letzte Woche zum ersten Mal aufliegen gehabt. Begrenzt in der Interaktion, aber vielseitig in den Zugfreiheiten.
Walter versuchte diesmal, seinen Gelehrten bei sämtliche Universitäten des Abendlandes vorbeizuschicken. Zusätzlich brachte er sogar gleich drei Famuli zur Strecke, kam in Endeffekt aber nicht über den Studentenstatus hinaus. Letzter! Ohne ein Buch, bleibst Du Eunuch.
Aaron und Günther wussten, wie man Newton beeindruckt: mit Büchern, Büchern, Büchern! In den letzten Runden scheffelten sie ihre Siegpunkte nur so auf ihr Konto und zogen als stattliche Professoren in das Walhall der Wissenschaften ein. Mit vielen Büchern, entgehst Du Newtons Flüchern!
Dazu mussten sie natürlich in den „Lehrstunden“ jede Bücherrolle aufnehmen, derer sie habhaft werden konnten. Die Konkurrenz hier ließ fast den solitären Charakter des Spiels vergessen.
Äußerst friedlich zogen wir unsere Kreise. Keiner kontrollierte Kosten- und Einnahmen bei den Zügen der Mitspieler. Jeder dachte über seinen eigenen nächsten Zug nach, auch wenn er nicht dran war. Selbst der Denker Günther kehrte seine spielerische Ader hervor und verzichtete auf ein noch genaueres Ausrechnen seines jeweils besten Zuges. So konnten wir das Spiel eine geschlagene Stunde schneller beenden als letzte Woche, wo nur Moritz mit seiner Jeden-Zug-in-einer-Sekunde-Manie uns den Atem verschlagen hatte.
WPG-Wertung: Günther setzte sich mit 8 Punkten an die Spitze der Scorer vom Westpark („Ich fand das jetzt sehr schön“).
Ragusa ist – nach Wikipedia – eine italienische Stadt mit 73.638 Einwohnern. Lautmalerisch klingen seine Vokale (italienisch „Ragusia“ – mit „i“ – noch schöner), weswegen Fabio Lopiano vielleicht diesen Namen für sein Spiel gewählt hat. Die Stadt und die Gegend drum herum ist in Hexaflächen aufgeteilt und wir müssen dort unsere Häuser bauen. Nicht in die Hexaflächen hinein, sondern auf die Ecken, an der jeweils 3 Hexaflächen aneinandergrenzen, so dass wir mit jedem Hausbau gleich an drei Hexaflächen „beteiligt sind“. (Claro, jede Hexafläche hat sechs Ecken und kann dementsprechend 6 mal „belegt“ werden.)
Jede Hexafläche im Umland symbolisiert eine Rohstoffquelle (Holz, Stein, Erz, Trauben und Oliven). Beim Belegen einer solchen Fläche bekommen wir für jedes eigene Haus, das sich dort befindet, eine entsprechende Rohstoff-Einheit. Die Hexaflächen in der Stadt sind einmal Produktionsstätten (das Weingut verwandelt Trauben in Wein, die Ölmühle produziert Olivenöl und der Silberschmied macht aus Erz Silber), andererseits Siegpunkt-Lieferanten via Kai, Markt, Steinmetz, Baumeister, Fürstenpalast und Kathedrale.
Um ein Haus im Umland bauen zu dürfen, benötigen wir eine Holzeinheit für jedes eigene Haus, das zur gleichen Hexafläche gehört. Nachdem wir ohne Rohstoffe starten, muss unser erstes Haus an einer Rohstoffquelle für Holz gebaut werden; das hier erhaltene Holz darf (muss) dann gleich für den benötigten Holz-Obolus verwendet werden.
Für ein Haus in der Stadt brauchen wir für jedes eigene Haus, das zur gleichen Hexafläche gehört, eine Steineinheit. Der Anfang des Spiels besteht dementsprechend darin, sich die nötigen Rohstoffe Holz und Stein zum Bauen, und die Rohstoffe Trauben, Oliven und Erz für die Produktion zu besorgen und dann fleißig zu produzieren. In der zweiten Phase des Spiels nutzen wir die Siegpunkt-Lieferanten in der Stadt, um unsere Produkte beim Verkauf sowie unsere finales Besitztum in der Endwertung in Siegpunkte umzusetzen.
Wenn wir an einer Produktionsstätte bauen, darf jeder Spieler, der hier bereits eine Ecke belegt hat, ebenfalls produzieren. Auch die Siegpunkt-Lieferanten in der Stadt (bis auf zwei Ausnahmen) gießen ihren Siegpunkt-Segen gegebenenfalls auch über die Mitspieler aus. Das Spiel ist also sehr konstruktiv, wir können einem Mitspieler nicht an den Wagen pinkeln, wir können ihm nur nützlich sein. (Kingmaker-Gefahr!) Genausowenig können wir einen Mitspieler direkt ausnützen, wir können nur hoffen, dass der eine oder andere bei seinem Zug auch für uns Waren- und Siegpunkt-Produktion anwirft.
Weiterhin können wir noch Schiffe kaufen und unsere Waren für Siegpunkte verschiffen, Wir können an der Stadtmauer bauen, um ebenfalls Siegpunkte daraus zu schlagen. Der Marktwert für unsere Rohstoffe geht teils zufällig, teils als Nebeneffekt unserer Aktionen rauf und runter. So läuft das Spiel brav, rund und friedlich vor sich hin. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann werkeln sie noch heut’. Glücklicherweise nicht, sondern nachdem wir 10 Häuser verbaut haben, ist das Spiel zu Ende. Schnell genug.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel ist im Design der 90er Jahre gebaut; damals hätte ich 8 bis 9 Punkte vergeben [Heute gibt es andere Ansprüche.] Nur bedingt planbar. Die Graphik ist – bezüglich der Unterstützung der Spielzüge – eine Katastrophe), Horst: 7 (es ist nicht ausgeschlossen, dass „Ragusa“ nach wenigen Spielen ausgereizt ist. [Diese Gefahr ist am Westpark praktisch nicht gegeben.] Fühlte sich von den nur 10 Spielzügen unter einen Optimierungsdruck gesetzt.), Moritz: 8 (es gibt viele unterschiedliche Strategien, die auch noch während des Spiels flexibel gewechselt werden können), Walter: 7 (gut ausbalanciert, kurze Spielzeit, man ist immer involviert, die Startspielerproblematik – der Letzte hat zweifellos Nachteile – ist nicht gelöst).
2. “Newton”
Noch so ein Punkte-Generierungsspiel. Obwohl der Mechanimus doch ganz anderes ist als bei „Ragusa“ ist das Spielgefühl doch sehr ähnlich. Anstatt unsere Häuser – repetitiv – auf Hexaflächen zu platzieren und die entsprechenden Effekt auszulösen, spielen wir – repetitiv – Aktionskarten, die ebenfalls Effekte auslösen. Interaktion marginal, Solitäreffekt hoch.
Jeder Spieler hat zu Spielbeginn 6 verschiedenen Aktionskarten, mit denen er sich an entsprechenden Feldern engagieren kann.
Die “Arbeiter” erzeugen Geld. Zuweilen braucht man das für bestimmte Aktionen. Außerdem wartet am Ende der Geldstrecke ein Siegpunkt-Bonus.
Mit “Technologie” bewegen wir unseren Famulus durch die Wissenschaft und erhalten dabei Fördermittel für unser weiteres Vorgehen, insbesondere erhalten wir am Ende gewaltige Formeln, um unseren Spiel- bzw. Wissensstand in Siegepunkte umzuwandeln.
Mit “Reisen” schicken wir unseren Gelehrten von Universität zu Universität, um unseren Wissenssstand vorwärts zu bringen. Bei manche Strecken müssen wir Geld hinblättern, um sie betreten zu dürfen.
In der “Lehrstunde” legen wir uns eine weitere Aktionskarte (mit den sinngemäß gleichen Aktionen aber gewissen positiven Nebeneffekten) zu. Da wir pro Spielzug eine Aktionskarte ablegen müssen, ist es notwendig, sich hier immer mal wieder weitere Aktionskarten zu besorgen.
Beim “Studieren” legen wir eines unserer vielen ungelesenen Bücher ins Regal. Der Platz, wohin wir das Buch legen dürfen, ist von unserem Forschungsstand abhängig. Wenn wir gezielt bestimmte Zeilen oder Spalten im Regel belegt haben, bekommen wir Siegpunkte dafür. Außerdem gibt es Vorteile an Material und Siegpunkten, wenn wir eine erkleckliche Menge unserer Bücher im Regal unterbringen konnten.
Der “Joker” erlaubt eine beliebige der hier angeführten Aktionen (nochmals) durchzuführen.
Nach 5 Aktionen ist eine Runde zu Ende. Wir wählen eine unserer gespielten Aktionskarten aus und legen sie als „Wiederholungsfaktor“ beiseite. Die Bedeutung ist: Sie verstärkt im nächsten Zug die gleichartige Aktion. Haben wir z.B. „Reisen“ als Wiederholungsfaktor beiseite gelegt und legen in der nächsten Runde eine „Reisen“-Aktion aus, so darf unser Gelehrter gleich 2 Schritte auf einmal gehen. In der „Lehrstunde“ dürfen wir uns eine höherwertige weitere Aktionskarte auswählen und beim „Studieren“ dürfen wir einen höherwertigen Platz im Regel belegen.
So ziehen wir 6 mal unsere Kreise, werden klüger, haben tolle Umwandlungsformeln für unseren Wissensstand erzielt, haben hübsche Siegpunkte-Zeilen und Spalten im Regal belegt und landen als „Analaphabet“ bzw „Genie“ in Newton’s Schoß.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (der Kartenmechanismus hat mir gut gefallen), Horst: 6 (ohne Kommentar; die vorletzte U-Bahn hupte schon), Moritz: 5 ([zu?] viele Siegpunkt-Mechanismen, es gibt [zu?] viel zu überlegen und der daraus resultierende Spaß ist nicht das Grübeln wert), Walter: 7 (rund und schön, noch einmal zu versuchen, besser zu agieren, wäre keine Zumutung. Aber wahrscheinlich agieren die Mitspieler dann ebenfalls – noch – besser. Leider fast keine Interaktion).
Das aktuelle „Kenner-Spiel des Jahres 2019“. Hierzu viele Worte zu verlieren, heißt wohl Eulen nach Athen zu tragen. Bei Google werden schon 453 Tausend Einträge zu diesem Begriff ausgewiesen (claro, nicht alle zum Spiel), und sicherlich liegt die Zahl der Spiel-Bestellungen bei Verlagen und Vertrieben in der gleichen Größenordnung.
Lassen wir jetzt die Jury von „SdJ“ selber zu Wort kommen, warum sie dieses Spiel an die Spitze der Produkte von 2019 gesetzt haben. (Ich hoffe, dass mit diesem Text kein Copy Right verletzt wird!)
„Bei Flügelschlag ist es also, dass wir ein Territorium haben mit ’nem Waldgebiet, ’nem Sumpfgebiet und ’nem Wassergebiet. Wir locken Vögel an, die zu uns kommen, und wollen eine möglichst bunte Vielfalt an Vögeln bei uns haben.“
Einspruch! Erstens „locken“ wir keine Vögel an, sondern wir kaufen sie ganz einfach und brutal in einem Vogelgeschäft. Der erste Vogel pro Runde kostet nichts, der zweite kostet ein Ei, und ab dem braven Schweppermann auch zwei. Zweitens möchten wir keine möglichst bunte Vielfalt an Vögeln haben, sondern eine Sammlung, die uns möglichst viele Punkte bringt. Das kann u.U. auch eine recht einseitige Sammlung von Enten sein. (Drittens ist das „Sumpfgebiet“ nach der Spielregel ein „Wiesenlebensraum“, aber das stört nun wirklich keinen großen Geist.)
„Die Vögel können Eier legen, wir können sie auf die Hand nehmen, und die Vögel brauchen Nahrung.“
Teilweise richtig.
a) Wir können nicht, wir MÜSSEN die Vögel sogar zuerst auf die Hand nehmen, nachdem wir sie gekauft haben. Erst in einem weiteren Zug dürfen wir sie dann in einem unserer Wald-, Wiesen- oder Wasser-Käfige aussetzen.
b) Die Vögel brauchen eigentlich keine Nahrung, nur wir Spieler müssen eine artenspezifische Nahrung abgeben, und zwar nur und genau dann, wenn wir die Vögel in die Käfige setzen. Ein einziges Mal.
c) Nicht alle Vögel legen Eier, sondern nur diejenigen in unserem Wiesenkäfig. Bei jedem neuen Platzieren eines Vogels dort bekommen wir Eier, und zwar mit wachsendem Füllungsgrad des Käfigs in steigender Menge.
Von diesem dynamischen Ausschüttungsprinzip her ist es natürlich ein taktischer Zug, möglichst schnell und einseitig die Wiese zu füllen. Doch gilt dieses Prinzip auch für die Ausschüttung anderer Ressourcen. Beim Aussetzen im Wald liefern die Vögel Nahrung, und im Wassergebiet bekommen wir neue Vögel (Vogelkarten) auf die Hand.
„Die Vogelarten sind detailverliebt gezeichnet. Die Karten enthalten viele Information zur jeweiligen Vogelart, wir tauchen ein in die ornithologische Welt. Jede Partie wird zu einer ornithologischen Fortbildungsmaßnahme. Man hat dann nicht nur Spaß gehabt, sondern auch noch etwas gelernt. – Mir geht es jetzt auch so, dass ich jetzt ganz anders durch die Welt gehe und viel mehr auf die Vögel achte, die draußen bei uns sind.“
„Detailverliebt“ ist richtig. Der ornithologische Lerneffekt ist bei mir persönlich allerdings ausgeblieben. Seit mein Freund Hans ein Beauftragter des Vogelschutzbundes ist, kann ich die Eichelhäher in unserem Garten identifizieren, ansonsten nur die Grundvögel aus dem Lied „Alle Vögel sind schon da“. „Flügelschlag“ hat mir hier keinen einzigen weiteren Vogel weder dem Namen nach, noch im Bild, noch in seiner Spannweite noch in seinem Lebensraum nähergebracht. Aber vielleicht bin ich ein Ignorant.
„Für alle geeignet, die ganz einfach strategisch denken und ihre Kartenauslage optimieren möchten.“
Ja wie sieht denn die Strategie aus? Wieviele und welche Vögel der Anfangsausstattung behalten wir auf der Hand? Behalten wir Vögel mit großen oder mit kleinem Nahrungsbedarf beim Aussetzen? Fangen wir mit Wald, Wiese oder Wasser an? Welche Vogel-Sonder-Effekte sind die besten?
Da kommt’s nämlich noch: Auf jeder einzelnen Vogelkarte steht ein anderer Effekt, der beim Ausspielen bzw. beim „Aktivieren“ eines Lebensraums zum Tragen kommt. Wir erhalten Eier, Nahrung oder zusätzliche Vogelkarten, wir dürfen gleich noch einen weiteren Vogel aussetzen, wir dürfen das Nahrungsangebot neu auswürfeln, oder wir erhalten einzelne Sonder-Siegpunkte.
Ja wofür gibt es Siegpunkte? Dafür sind verschiedene Kriterien ausgelobt. Zunächst bringt jede einzelne ausgespielte Vogelkarte Siegpunkte entsprechend dem aufgedruckten Quantum. Jedes Ei auf einer Vogelkarten liefert einen weiteren Siegpunkt. Jeder Spieler erhält zu Spielbeginn eine individuelle Bonuskarte mit Bedingungen, die er im Laufe des Spieles ganz oder teilweise erfüllen muss (meist ist es das Sammeln einer Anzahl von Vögeln mit spezifischen Eigenschaften), und die dann in der Schlusswertung weitere Siegpunkte einbringen. Zusätzliche Bonuskarten können beim Aussetzen mancher Vögel dazuerworben werden. Darüber hinaus werden für ein Spiel vier Zwischenziele definiert (z.B. die meisten Eier oder die meisten Vögel in einem bestimmten Lebensraum), wer hier den besten Erfüllungsgrad hat, bekommt weitere Siegpunkte zugeschustert.
Zurück zu Strategie-Frage? Welches ist denn nun die beste Strategie, die das Räderwerk unseres strategischen Denkens in Gang hält? Die Auswahl der kaufbaren Vögel im Vogelgeschäft ist sehr begrenzt. Fehlanzeige ist es, zu wissen, was da auf uns zukommt. Das Nahrungsangebot wird mittels eines (sehr hübschen) Würfelbechers ausgewürfelt. Auch da sind wir in Planung und Ausführung unserer Strategie stark eingeschränkt. Die zukünftigen und angebotenen Vogel-Sonder-Effekte sind gänzlich unbekannt. Ein optimaler Zugriff auf die besten Vogelkarten kommt einem Von-der-Hand-in-den-Mund-Leben gleich. Ja, ja, so mancher Fachmann hat Schwierigkeiten mit dem Begriff „Strategie“, warum nicht auch unsere Jury von SdJ!
„Vogelschlag ist ein sehr thematisches Optimierspiel, stimmig, thematisch passt einfach alles.“
Ja wenn man im Wald Nahrung bekommt und im Sumpf neue Vogelkarten, dann stimmt das einigermaßen. Bei den Sonder-Effekten auf den Vogelkarten bin ich mir da nicht so sicher. Zumindest wollen wir anerkennen, dass die Begriffsbildung des Spiels weitgehend aus der Vogelwelt stammt.
„Das Thema sorgt für einen leichten Einstieg, denn das, was die Vogelkarten, was die Vogelarten können, das macht Sinn, weil das ist aus dem Leben abgekuckt.“
Ich wüsste nicht, auf welche Weise mir das Leben neue Vogelkarten in die Hand spielt! Auch beherrsche ich z.B. die Mechanismen von Kohleförderung und Vertrieb a la „Haspelknecht“ auf Anhieb genauso gut wie den Flügelschlag beim Vögeln, ohne jemals selber unter Tage gewesen zu sein. Ressourcen zu bekommen und auszugeben ist wohl eine der grundlegendsten Erfahrungen in unserem Leben.
„Zum einen ein sehr schöner Mechanismus, dass wir so eine Art Kettenreaktion bei uns aufbauen, die es Spaß macht auszulösen.“
Kettenreaktionen, die man nicht auslöst, machen nicht nur keinen Spaß, sie machen auch keinen Sinn! Aber sind diese Kettenreationen denn ebenfalls dem Vogelleben abgekuckt? Und sind sie planbar, oder ergeben sie sich nicht einfach, weil das halt ein unausweichlicher Effekt des Spielablaufs ist?
„Das Material ist gigantisch. Toller Würfelturm … und anstelle von simplen Holzklötzchen richtige Holzeierchen als Marker, phantastische Illustration.“
Das wollen wir mal unangefochten so stehen lassen, obwohl Kugeln anstelle von Würfeln noch keinen Giganten ergeben!
„Das Thema … macht es zu einem Kennerspiel, was tatsächlich auch schon Kenner-Einsteiger spielen können.“
Bei vielen Spielen überlege ich mir, ab wann ich sie meinen demnächst schulpflichtigen Enkelkindern zumuten kann. Die 170 verschiedenen Vogelkarten mit ihren 170 verschiedenen Sondereigenschaften möchte ich ihnen aber auch dann nicht zumuten, wenn sie das Lesen und Rechnen beherrschen. Wir wollen doch spielen!
WPG-Wertung: Aaron: 5 (fast 4, zäh, zu viele Glückselemente), Günther: 6 (das Verhältnis Zufall gegenüber Planung ist negativ, ich habe es jetzt 4 mal gespielt, es hat mir nicht mehr und nicht weniger gefallen als beim ersten Mal. [D.h. unsere Zurückhaltung bei der Wertung liegt nicht daran, dass wir die Spielmechanismen nicht gekannt haben.]), Walter: 6 (etwas pampig, die planerischen Effekte sind nicht beherrschbar; aber die Mechanismen sind sauber und das Material ist sehr hübsch).
2. “Sherlock – Tod am 4. Juli”
Das Palavern um die mögliche Lösung des jeweiligen Kriminalfalls in dieser Spiele-Serie macht Spaß. Eine Weile. Das Lösen als solches ist zuweilen eine Zumutung. Z.B. hier beim „Tod am 4. Juli“.
Mörder und Mordopfer werden in der ganzen Geschichte auf sämtlichen Karten kein einziges Mal erwähnt. Und aus den Ketten im Stripclub kann sich jeder je nach Alter, Veranlagung und Erfahrung eine eigene Geschichte zusammenbrauen.
Angeblich (nach dem Text auf der Schachtel) bittet uns die Polizei um Hilfe, um herauszufinden, was passiert ist. Dabei weiß die Polizei in diesem Fall das schon vom ersten Augenblick an, bevor wir auch nur die erste Karte in die Hand genommen haben.
Kein Spiel für logische Schlussfolgerungen, sondern eines für phantasiebegabte Erzähler. Aber vielleicht ist das gewollt so.
Moritz war nicht dabei. Er darf das Spiel jetzt mit nach Hause nehmen und versuchen, den Fall alleine zu lösen. Mal sehen, ob unser phantastischster Mitspieler als Solist die Lösung findet. Wir sind gespannt.
WPG-Wertung: keine neue Wertung für eine Serie von 5 bis 7 Punkte-Spielen.